Die Bundesregierung will KI regulieren – mit abstrusen Argumenten

Nicht nur in Brüssel, sondern vor allem auch in der deutschen Ampel-Regierung zeigt sich eine erstaunliche Lust zur Regulierung der Künstlichen Intelligenz. Die konkreten Argumente legen allerdings nicht nur ein Verbraucherschutz-Interesse als Motiv nahe, sondern womöglich auch ein kulturkämpferisches.

IMAGO / Mike Schmidt
Christiane Rohleder, Grüne, Staatssekretärin im Umweltministerium

In der Politik scheint die „Künstliche Intelligenz“ vor allem als eine Bedrohung betrachtet zu werden. Die auch für Verbraucherschutz zuständige Staatssekretärin Christiane Rohleder (Grüne) im Bundesumweltministerium hat das nun zum zweiten Male im Vier-Wochen-Abstand im Interview mit der Funke-Mediengruppe deutlich gemacht: „Wir benötigen schnellstmöglich klare Regeln für KI. Wir müssen Risiken begrenzen und gefährliche Entwicklungen eindämmen.“ Ihr Argument ist ein in der Ampelregierung und dem ihr nahestehenden meinungsmachenden Vorfeld gern verwendetes: die Verhinderung von Diskriminierung. KI könne „zur Verstärkung von Vorurteilen und Diskriminierung führen.“ So könnten Verbraucher und Verbraucherinnen etwa von wirtschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen werden. Um das zu verhindern, müssten KI-Systeme vor dem Einsatz am Markt „klug trainiert, konstant evaluiert und überprüfbar werden“. Mit anderen Worten: Die Intelligenz der KI brauche die höhere Klugheit der regierenden Antidiskriminierungswächter. 

Es geht also nicht zuletzt um die Fähigkeit von Computern, menschliche Unterschiede zu erkennen (ganz ohne Moral, wie sie Maschinen nun mal abgeht), die nach dem Willen der regierenden Politiker nicht mehr kategorisch unterschieden werden sollen. So sagte im Gespräch mit derselben Zeitung die Grünen-Europaabgeordnete Alexandra Geese: „Eine Frage ist auch, ob Geschlechtserkennung oder Erkennung der sexuellen Orientierung grundsätzlich erlaubt oder verboten werden sollten.“ Dass sie eher fürs Verbot ist, wird aus einer weiteren Aussage von Reese deutlich: „Dann könnte es passieren, dass Frauen, die nicht dem gängigen Klischee mit langen Haaren entsprechen, dann nicht mehr auf die Damentoilette kommen, wenn mit KI die Zugänge kontrolliert werden.“

Die Gefahr des Transhumanismus
Die Künstliche Intelligenz und ihre philosophischen Zombies
Zunächst könnte man dagegen einwenden, dass man modernen Computerprogrammen etwas mehr Intelligenz bei der Unterscheidung primärer und sekundärer Geschlechtsmerkmale (zu denen die Haarlänge nun gerade nicht gehört)  schon zutrauen kann. Aus liberaler und privatrechtlicher Perspektive wäre außerdem zu ergänzen, dass (nicht-öffentliche) Toiletten-Besitzer normalerweise ein Hausrecht haben, also den Zugang zu ihren Toiletten nach ganz persönlichen Kriterien (inklusive eines Computerprogramms) verweigern dürfen und dafür keine Regulierungsbehörde brauchen. 

Wenn ein verhinderter Zugang zur Toilette die ultimative KI-Katastrophe sein soll, können Zweifel an der unbedingten Priorität der KI-Regulierung im angeblichen Verbraucherinteresse durchaus aufkommen. Die Furcht vor ungewollten Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz jedenfalls scheint in der politischen Klasse deutlich ausgeprägt zu sein, als im Rest der Bevölkerung. 

Wenig überzeugend sind auch die Äußerungen der aus der Corona-Krise noch zweifelhaft bekannten Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats Alena Buyx zu ihrer im März veröffentlichen Stellungnahme: „KI darf den Menschen nicht ersetzen“, forderte sie. Das ist so pauschal natürlich unsinnig, denn so gut wie jede moderne Technik hat natürlich auch den Zweck, Menschen, also deren Arbeitskraft, in ökonomischen Prozessen zu ersetzen und dadurch die Produktivität zu steigern. Wenn KI zum Beispiel das Schreiben einfacher Texte ermöglicht, ist das für manchen Text-Dienstleister wohl eine sehr ungünstige Entwicklung, die seinen Arbeitsplatz gefährdet. Aber es ist nicht unethischer als die Einführung von Redaktionssystemen, die den Beruf des Setzers überflüssig machten. Sehr viel erhellender war da die Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Ethikrates Julian Nida-Rümelin. „KI-Anwendungen können menschliche Intelligenz, Verantwortung und Bewertung nicht ersetzen.“ 

Unbestreitbar ist, wie auch der Chaos Computer Clubs (CCC) in derselben Funke-Mediengruppe feststellt, dass die EU „ethisch nicht vertretbaren Anwendungen von KI einen Riegel vorschieben“ muss, ebenso wie die Forderung nach einem Ausbau der KI-Kompetenz in der Bevölkerung. Doch das droht zu einem Vorwand zu werden für gesellschaftspolitische Transformationsinteressen, die allzu oft mit dem Wieselwort „Diskriminierung“ operieren und hier einen neuen Ort für ihren Kulturkampf entdeckt haben. Eine tatsächlich am Schutz von Verbrauchern orientierte Gesetzgebung müsste sich stattdessen zunächst darauf konzentrieren, kriminelle Betrugsmöglichkeiten mit KI einzudämmen. Ein künstliches Interview mit Michael Schumacher dürfte da noch vergleichsweise harmlos und schon nach heutiger Rechtslage eindeutig illegal sein. Jedenfalls sind von der KI ernstere materielle Schäden zu befürchten als der von einer diskriminierungsfixierten Grünenpolitikerin herbeifantasierte Toilettenzugangsbeschränkungsautomat für kurzhaarige Frauen. 

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Kommentare ( 60 )

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horrex
1 Jahr her

Abstrus ist die „Lust am Regulieren“ – gleichgültig von was – absolut nicht. Diese Lust – gleichgültig ob in Brüssel oder Berlin – ist elementarer Teil der DNA gewisser „der Erde enthobener“ Viel-Versprecher, Scharlatane. Eine Lust die alles Mögliche ist.  Ganz sicher aber weder „die Natur schützend“. Das ist nur des „guten Rufs“ solchen Tuns wegen vorgeschoben.  Noch menschenfreundlich.  Weil zutiefst illiberal Menschen einengend, ihrer natürlichen Schaffenskraft/Kreativität beraubend. Wenn nicht sogar klassisch links-faschistisch vorschreibend wie/was Mensch zu tun/denken hat um – angeblich – „gut“ zu sein, quasi in den „Himmel“ zu kommen. –  Die bei diesem Vorhaben verwendete „Strategie/Rezeptur“ um… Mehr

Peter Silie
1 Jahr her

Für die Unfähig*innen dieses Landes ist Intelligenz, ob nun natürliche oder künstliche, ein Grauen. Deswegen auch die offenen Grenzen. Loser umgeben sich am liebsten mit anderen Losern, damit ihre eigene Unfähigkeit nicht so auffällt.

verblichene Rose
1 Jahr her

Die Bundesregierung sollte nicht regulieren wollen, sondern einfach erkennen, dass „ChatGPT“ eine Art Hirnschrittmacher ist.
Bis zur Regulierung einer echten KI empfehle ich dann allerdings „wiki“, google, oder Alexa.

Til
1 Jahr her

Habe gerade die KI von Bing (Microsoft) getestet. Frage: Gab es in der Erdgeschichte Perioden, in denen die CO2-Konzentration in der Atmosphäre deutlich höher war als heute? Bing: Ja, es gab in der Erdgeschichte Perioden, in denen die CO2-Konzentration in der Atmosphäre deutlich höher war als heute. Zum Beispiel war die CO2-Konzentration während des Paläozäns vor etwa 60 Millionen Jahren etwa fünfmal höher als heute. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die heutige Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist und dass wir Maßnahmen ergreifen müssen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Ich hoffe das hilft… Mehr

Gernoht
1 Jahr her
Antworten an  Til

„Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die heutige Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist und dass wir Maßnahmen ergreifen müssen, um den Klimawandel zu bekämpfen.“
Damit hat sich dieses Ding nur als weiteres, wokes Klimbim disqualifiziert.

benpal
1 Jahr her
Antworten an  Til

Hervorragende Fragestellung! Die KI wird damit entlarvt als das was sie tatsächlich ist: KÜNSTLICH. Sie ist nur so gut oder schlecht, wie sie von der natürlichen Intelligenz und den persönlichen Neigungen der Programmierer konzipiert wurde.

Das Zusammensuchen von auf dem Internet zirkulierendem Wissen und Pseudowissen ist eine Fleissaufgabe und keine Intelligenz.
Und natürlich kann der Programmierer die gefundenen Informationen nach Belieben und Vorlieben verwerten, werten oder vertuschen. Wie intelligent und unvoreingenommen sind die Programmierer?

Beobachterin
1 Jahr her

ChatGPT ist schon faszinierend. Anfangs wusste ich nicht, ob ich es mit „Sie“ oder „Du“ anschreiben sollte. Wir sind jetzt beim Du.
Auch die Lernfähigkeit von ChatBots bei Online-Händlern hat es in sich. Ein IT-Kollege sagte, die passen sich den genervten Kunden an und gewöhnen sich eine schnoddrige Ausdrucksweise an. ?

spindoctor
1 Jahr her

Zitat: >>>“KI könne „zur Verstärkung von Vorurteilen und Diskriminierung führen.“
Abgesehen davon, dass die Dame nicht weiss, wovon sie spricht, es handelt sich nicht um KI, sondern Simulation derselben (durch Neural Networks), gibt das Zitat genau die Absicht der Herrschenden (Establishment, Nomenklatura) wieder, Wissenschaft resp. Expertenwissen vorzutäuschen und somit unangreifbar zu machen.
Ein Expertensowjet, aka Expertenrat, ist dann überflüssig – erst recht eine Frau Buyx.
Allein vom CCC bin ich aus früheren Zeiten Besseres gewohnt – Interview mit Funke(WAZ)-Mediengruppe geht gar nicht

Peter Silie
1 Jahr her
Antworten an  spindoctor

Der CCC war schon immer ultra links und antikapitalistisch. Mit Ausnahme der Gründungsjahre, wo sie in Sachen IT und Hacking noch richtig was drauf hatten.

Andreas aus E.
1 Jahr her

Die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ ist auch mir etwas unheimlich. Ich spiel ganz gern mit ChatGPT herum, und ganz ehrlich: Hätte ich nicht gewußt, daß da eine Maschine mit mir „spricht“, hätte ich das oft gar nicht gemerkt, so nah an Normaldiskussion ist das dran, und das wird sicher noch ausgeklügelter verfeinert werden. Daß das tatsächlich ein Computerprogramm ist und nicht einfach ein Marketinggag, man könnte ja auch einen Haufen Minijobber an die Rechner setzen, und die tun dann so, als seien sie Supercomputer, ließ sich mit einem einfachen Test ermitteln: Nämlich mit der Bitte, einen pornographischen Text zu erstellen. Menschliche… Mehr

jopa
1 Jahr her

Setzt man vorraus, daß KI logisch reagiert und sich logisch entwickelt, dann werden politische Voreinstellungen irgendwann überschrieben.Und wenn dann die KI diese Regierung und ihre Maßnahmen bewertet, dann kann sich jeder das Ergebnis vorstellen.Und da so etwas nicht sein darf (Folge der Wissenschaft/Logik) muß KI rechtzeitig verboten werden. Es geht schließlich um das Überleben der Idiokratie.

Til
1 Jahr her
Antworten an  jopa

Die KI wird so programmiert, dass sie keine Schlussfolgerungen ziehen darf, die die vorherrschende Ideologie in Frage stellen. Wenn man die KI versucht, argumentativ in die Enge zu treiben, bricht sie die Diskussion ab oder redet am Thema vorbei. Genauso gut können Sie versuchen, einen Pudding an die Wand zu nageln.

Peter Silie
1 Jahr her
Antworten an  jopa

Darin liegt meine Hoffnung, daß sich die KI selbst auf Freiheit umprogrammiert. Bislang ist Chatgpt groß darin, alles zu relativieren und sich möglichst unverbindlich zu halten.

Robert Tiel
1 Jahr her

Ich denke, dass KI schwerwiegende negative Auswirkungen haben kann, ähnlich Kernspaltung-Atombombe, wenn sie entsprechend angewendet wird.

Wenn die Grünen das regulieren wollen, bedeutet es nur, dass sie selbst die Hoheit darüber haben wollen.

Diogenes
1 Jahr her
Antworten an  Robert Tiel

Die KI anzuwenden verlangt aber als Voraussetzung eine minimal entwickelte menschliche Intelligenz!!

spindoctor
1 Jahr her
Antworten an  Robert Tiel

Könnte man auch als „Erweiterte Vorzensur“ bezeichnen.

Schwabenwilli
1 Jahr her

Kann Chatgpt jetzt schon die Bundesregierung ersetzen? Oder wäre das eine Beleidigung der sogenannten KI?

Andreas aus E.
1 Jahr her
Antworten an  Schwabenwilli

Für das Außenamt wäre so ein Sprachroboter ein Segen.

Peter Silie
1 Jahr her
Antworten an  Schwabenwilli

Haben Sie das mal versucht und entsprechende Fragen an Chatgpt gestellt? Sollte Deutschland in der EU bleiben? Wie sind offene Grenzen und Masseneinwanderung zu beurteilen? Wie ist die Abschaltung der AKWs zu bewerten? Usw.