Mit der Radikalforderung nach dem Austritt aus der EU, also deren Abschaffung, macht sich die AfD zum Bürgerschreck. Offenbar will sie nicht regieren, sondern lieber weiter schimpfen und protestieren.
Die AfD hat sich mit einigen Punkten in ihrem jüngst beschlossenen Programm für die Bundestagswahl selbst dahin bugsiert, wo die anderen im Bundestag vertretenen Parteien sie sehen möchten: ins politische Abseits. Denjenigen Kräften in der AfD, die meist mit dem Namen des thüringischen Landeschefs Björn Höcke oder dem mittlerweile zumindest offiziell aufgelösten „Flügel“ bezeichnet werden, ist es auf dem Parteitag bei der Festlegung des Wahlprogramms gelungen, einige spektakuläre Spitzen unterzubringen. Die schrillste dieser Bürger-schreckenden Forderungen ist die nach dem „Dexit“, dem Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. Diese Forderung stand nicht im Entwurf, sondern kam über einen Änderungsantrag ins Programm. Jeder weiß, dass das kein Austritt wäre, sondern das Ende der EU bedeutete.
Um so leichter macht man es den Regierenden. Große Teile der Linken und auch Teile der Grünen haben eine vergleichbare Feindschaft einst gegen die Nato und generell gegen jegliches (westliches) Militär erhoben. Deswegen waren sie früher für die Union, für die FDP und auch die SPD (als diese Parteien noch programmatisches Rückgrat besaßen) nicht koalitionsfähig – zu Recht.
Wer eine politische Wirklichkeit, die für alle etablierten Parteien eine Art Staatsräson darstellt, in Bausch und Bogen verdammt, bricht die Brücke der Verständigung ab und beraubt sich selbst der Anschlussfähigkeit, ohne die in einer Vielparteiendemokratie keine konstruktive Politik möglich ist.
Kritik an der EU ist im bürgerlichen Teil der deutschen Gesellschaft womöglich mehrheitsfähig, erst recht nach deren erneutem Totalversagen in der Pandemie. Aber nun hat sich die AfD ein Programm gegeben, das potentielle neue Wähler im bürgerlichen Spektrum der Gesellschaft zumindest auf diesem Politikfeld eher abschreckt. Sie erklärt sich damit selbst zu einer Protestpartei. Noch wichtiger: Sie hat sich selbst den Weg aus dem Abseits verstellt. Mit einer Partei, die die EU verlassen will, wird auch in einer postmerkelschen Union oder FDP nach Lindner niemand eine Zusammenarbeit eingehen wollen oder können. Im Kanzleramt wird man zufrieden sein.
Bemerkung: Der ursprünglich in diesem Artikel genannte Satz: „Es sind nicht souveräne Nationalstaaten, die Frieden und Wohlstand in Europa gefährden, sondern es ist die EU, die der Brandstifter in Europa ist“ stammt nicht aus dem angenommenen Änderungsantrag, sondern einem abgelehnten anderen.
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Wer glaubt, dass das Land mit den meisten Nachbarn weltweit so was wie „autark“ sein kann, der hat die deutsche Geschichte nicht verstanden. Der Rahmen der EU ist das Mindeste, das sein muss. (Mit GB, also plus die pazifischen Ableger AUS/NZ). Am besten mit USA/Kanada/Japan, auch Russland – wäre schön, wenn Rossia endlich mal ein anständiger Staat werden würde. China ist zum Glück weit weg und den Moslem nehmen wir als Markt, halten ihn aber draußen mit seinem mörderischen Unfug. Afrika dito. Mittel- und Südamerika sollten wir eine Chance geben – wenn die wollen. Nebenbei bemerkt: Indien ist das zweitgrößte… Mehr
Austreten ist gut. Wenn bei einem Unterstützungsverein auf Gegenseitigkeit der Hauptzahler austritt, ist fraglich, ob der Verein so weiterexistiert. Das ist viel krasser als wenn Bayern als Nettozahler beim Länderfinanzausgleich durch Austritt aus Deutschland austreten würde.
Die heutige EU muss sterben, damit Deutschland leben kann. An diesem Satz ist alles richtig.
Diese Behauptung können Sie sicher auch durch Fakten untermauern.
Sie meinen, sich mit diesem Pseudodialekt („säggs’sche Dumpfbacken“) über die Sachsen erheben zu können? Warum dann nicht gleich das Gaucksche „Dunkeldeutschland“? Ihre Arroganz möchte ich haben!
Übrigens: Höcke ist Thüringer, verehrter „weiterdenkender Mensch“!
Zu dieser „Radikalforderung“ verweise ich auf einen aktuellen Essay von Dushan Wegner: Macht, Freiheit und Dexit
Tut mir leid, ich weiß nicht, wie ich diesen Artikel verlinkt bekomme, ihr könnt ihn aber problemlos im Netz abrufen.
Die Europäer brauchen diese EU nicht.
Wir Europäer brauchen eine EU souveräner Nationalstaaten.
Also das, wofür die Gründerväter der EWG noch standen.
Dieses wäre nicht nur demokratischer, sondern letztlich auch wirtschaftlich erfolgreicher.
Wenn es bei der Konzeption eines europäischen Zentralstaates bleibt, werden neue Mitglieder ausbleiben und bisherige Mitglieder werden aussteigen. Das wäre dann das Ende der an sich guten Idee eines vereinten Europa.
Es ist doch so: Wäre diese Forderung in dieser Form von der FDP oder der CDU gekommen, würden wir jetzt eine Woche begeisterte Artikel auf diesem Blog lesen, dass die „bürgerlichen Parteien“ endlich aufgewacht wären.
Exzellent erkannt. Es zeigt wie selbst wir durch die kollektive Wahrnehmung der Mehrheitsgesellschaft beeinflusst werden. Wir, die eigentlich das pawlowsche Mitläufertum erkennen und zwischen den Zeilen lesen können sollten. Ganz entkommt man dem Framing nie. Würde sich die FDP diesen Satz ins Wahlprogramm knallen, dann würde das wahrscheinlich als Phönix aus der Asche und „endlich wieder klare Kante/bürgerlich/freiheitlich/liberal/rechtsstaatlich“ repliziert werden.
Dann wäre der Brexit ja auch ein Bürgerschreck gewesen. Die Abstimmung zeigte was anderes. Ob sowas auch als EU Mitglied möglich gewesen wäre :
„Londoner strömen in Pubs“
Punkt kurz nach Mitternacht traten am Montag weitreichende Lockerungen der restriktiven Corona-Maßnahmen in Großbritannien in Kraft
Ein Dexit wird leichter zu realisieren sein als ein Nordeuro unter Ausschluss der südlichen EU-Länder. Im Übrigen sind gerade die Südeuropäer mitunter wohlhabender als die Deutschen – nur sind sie nicht so dumm, dass sie ihr hart verdientes Geld dem Staat massenhaft in den Rachen werfen, damit der es in Brüssel versaubeutelt.
Zurück zur vollen nationalen Souveränität und – wie wir in diesen Tagen lernen – zum innernationalem Föderalismus! Alles andere ist und bleibt Narretei, Utopie, Unfug!
„Ich gebe aber zu bedenken, dass Deutschland allein – auch mit seiner kleinen D-Mark – aber außenpolitisch nur wenig Gewicht hat. Das würde den Amis gefallen“
Deutschland ging es am besten, als es am wenigsten außenpolitisches Gewicht hatte.
Die EU ist außenpolitisch ein Zwerg! Sie wird nicht im Entferntesten ernstgenommen, wie man an der Behandlung von v.d.L. durch Erdogan erkennt, die ich ihr als Person zwar von Herzen gönne, die aber diesbezüglich Bände spricht.