Energiepolitik im Streckbetrieb – Habeck und Lemke zum Weiterbetrieb von Kernkraftwerken

In einem Prüfvermerk zum Weiterbetrieb von Kernkraftwerken treffen Umweltministerin Steffi Lemke und Wirtschaftsminister Robert Habeck objektiv falsche Aussagen – und das in einer Frage, in der es um die existenzielle Versorgung der Bürger in Deutschland mit Energie geht.

IMAGO / Bildgehege
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke bei einer Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt in Berlin, Mai 2022

Im März haben Bundesumweltministerin Lemke und Wirtschaftsminister Habeck einen Prüfvermerk zum Weiterbetrieb von Kernkraftwerken aufgrund möglicher Einschränkungen der Gasversorgung aufgrund des Ukraine-Krieges veröffentlicht. Sie räumten ein, dass ein Streckbetrieb der Kernkraftwerke möglich ist, stellen aber den Sachverhalt eines Streckbetriebes völlig falsch dar. Zitat: „Die Atomkraftwerke würden dann im Sommer 2022 weniger Strom produzieren, um über den 31.12.2022 hinaus im ersten Quartal 2023 noch Strom produzieren zu können. Insgesamt würde zwischen heute und Ende März 2023 netto nicht mehr Strom produziert.“

Entweder haben die Minister keine Ahnung oder sie versuchen, uns hinter die Fichte zu führen. Streckbetrieb bedeutet längere und insgesamt höhere Ausnutzung von Brennstoff über das geplante Zyklusende hinaus und damit die Produktion zusätzlicher Strommengen. Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit GRS, eine gemeinnützige Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland und der TÜVs, erklärt den Streckbetrieb:

„Am natürlichen Zyklusende kann der Reaktor nicht mehr 100 % Leistung erzeugen. Das wirkt sich dahingehend aus, dass in den Dampferzeugern nicht mehr ausreichend Dampf erzeugt wird. Dadurch fällt der Druck des Dampfes auch entsprechend ab. Mit dem fallenden Druck des Frischdampfes fallen auch dessen Temperatur und durch die Kopplung im Dampferzeuger die Temperatur des Kühlmittels im Reaktor. Das führt wiederum dazu, dass die potenzielle Leistung eines Reaktorblocks langsamer abnimmt. Dieser Prozess läuft ohne menschliche Eingriffe ab … Der Streckbetrieb ist für deutsche Kernkraftwerke genehmigt und auch schon mehrfach (in unterschiedlichen Längen) durchgeführt worden. Ein solcher Betrieb ist für mindestens 80 Tage realisierbar. Da ein Reaktorblock im Streckbetrieb täglich ca. 0,5 % seiner Leistung einbüßt, wäre er nach 80 Tagen noch bei ca. 60 % seiner ausgelegten Leistung.“

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Also würden bis zum 31.12.2022 volle Leistung und danach leicht abfallend bis auf 60 Prozent Ende März 2023 erzeugt. Die Aussage der Minister ist objektiv falsch, und zwar in einer Frage, in der es um die existenzielle Versorgung der Bürger in Deutschland mit Energie geht. In der es um Stromabschaltungen, Betriebsschließungen und Kostenexplosion geht. Kann man da zur Tagesordnung übergehen? Haben politische Falschaussagen keine Konsequenzen mehr?

Weiter erklären die Minister im Prüfvermerk vom März: „Die Beschaffung, Herstellung und atomrechtliche Freigabe zur Herstellung neuer Brennelemente für einen funktionsfähigen Reaktorkern dauert im Regelfall 18-24 Monate. Ggf. ist eine Beschleunigung auf ca. 12-15 Monate möglich.“

Der US-Hersteller Westinghouse, der zu den etablierten Lieferanten auch deutscher Atomkraftwerksbetreiber zählt, bekam nach eigenen Angaben kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine eine Anfrage der Bundesregierung, ob man kurzfristig Brennstäbe liefern könne, um die Laufzeiten der drei AKW zu verlängern. So berichtet es das Handelsblatt. Die Firma habe das bejaht und gesagt, sie sei in der Lage, bis zum Jahresende Brennstäbe zu liefern. Das wäre eine Lieferzeit von 9 Monaten. Auch hier haben die grüne Umweltministerin und der grüne Wirtschaftsminister nicht die Wahrheit gesagt. Und die gesamte Bundesregierung sieht zu, wie das Volk hingehalten wird, um die grüne Ideologie aufrechtzuerhalten. Das Fenster einer Lieferung im nächsten Frühjahr schließt sich jetzt. Die Hinhaltungstaktik funktioniert. Der Bundestag ist im Urlaub.

Umweltministerin und Wirtschaftsminister erklärten weiter, dass für einen Weiterbetrieb der drei bereits zum 31.12.2021 abgeschalteten Anlagen Brokdorf, Gundremmingen und Grohnde rechtlich Maßnahmen erforderlich wären, die einer „Neugenehmigung“ gleichkämen. Dazu schreibt der Verband Kerntechnik: „Solange die Genehmigung für den Rückbau nicht bei den Aufsichtsbehörden eingegangen ist, gilt weiterhin ausschließlich die bestehende Betriebsgenehmigung. Gemäß Atomgesetz erlischt mit den in §7 Abs 1a gesetzten Fristen nur die Berechtigung zum Leistungsbetrieb, die Betriebsgenehmigung indes ist davon nicht berührt.Tatsächlich sind die Genehmigungen aus verwaltungsrechtlicher Sicht immer noch wirksam, da das Gesetz sie nicht aussetzt. Es sollte ausreichend sein, die Enddaten des vorgenannten §7 1a zu ändern und auf die Festlegung von Reststrommengen zu verzichten.“

Dann wären auch die Kernkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen weiterbetreibbar.
In Wirklichkeit muss die politische Debatte nicht um „Streckbetrieb“ geführt werden, sondern um den Dauerbetrieb von 6 Kernkraftwerken. Das würde die Strommärkte und ihre Preisbildung sofort entspannen.

Zweierlei Maß bei Gas

Wie bei der Kernenergie, so blockt Minister Habeck auch alle Versuche beim Gas ab, durch eigene Erdgasaufschlüsse die Importabhängigkeit zu reduzieren. Die Hälfte der Gasimporte aus Russland könnte durch Fracking des über 1000 m tief liegendem Schiefergestein gefördert werden. Axel Bojanowski in der Welt: „Gutachten deutscher Forschungsinstitute belegen, dass Fracking im Prinzip unbedenklich ist. Trotzdem hat die Politik die Technologie verboten. Dabei lagern unter Deutschland riesige Erdgas-Vorräte, die jetzt aus der Energie-Krise führen könnten.“

Zum entsprechenden Vorstoß fiel Bundeswirtschaftminister Habeck nur ein: „Die Debatte über Fracking nützt uns jetzt in dieser Zeit überhaupt nichts. Es dauert Jahre, wenn man es überhaupt machen will, um solche Vorkommen zu erschließen.“ Bei Wind- und Solarenergie hatte der gleiche Minister durchgesetzt, dass „der Ausbau der erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse ist und der öffentlichen Sicherheit dient“, um die Verfahren zu beschleunigen. Selbst Naturschutzziele wurden gekippt. Warum wird die Gasförderung in Deutschland nicht zum nationalen Interesse erklärt, anstatt in Katar zu betteln und sich auf Fracking-Gas aus den USA zu verlassen? Der Bundeskanzler muss hier eingreifen. Er kann sich ein Beispiel nehmen an den beiden Tory-Spitzenkandidaten für den nächsten Premierminister, Liz Truss und Rishi Sunak, die sich für die Aufhebung des unter Boris Johnson verfügten Fracking-Verbots in Großbritannien ausgesprochen haben. Und er kann hier sehen, wie sich weiteres ideologisch bedingtes Zögern in Verlust von Arbeitsplätzen niederschlägt: Datenbank Deindustrialisierung Deutschlands.

Die Energiewende-Konferenz der Universität Stuttgart

Die Welt, Tichys Einblick und Publico waren die einzigen Medien, die an der Fachtagung „20 Jahre Energiewende – Wissenschaftler ziehen Bilanz“ vom 8. bis 10.7. in Stuttgart teilnahmen. Organisiert wurde die Tagung vom Lehrstuhl für Energiespeicherung der Universität Stuttgart, Prof. Thess. In 13 Expertenvorträgen wurde eine schonungslose Bestandsaufnahme der Energiewende vorgenommen. Die eingeladenen Vertreter von Bundes- und Landesregierungen, Bundesoberbehörden, Bundestag und Landtagen, die durch Abwesenheit glänzten, hätten viel dazugelernt. Die Tagung hatte ein Ergebnis in der Stuttgarter Erklärung, die beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages am 26. Juli eingereicht wurde.


TE-Berichte von der Fachtagung:

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Kommentare ( 68 )

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68 Comments
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Maja Schneider
2 Jahre her

Die Tatsache, dass nur die Medien, von denen wir es auch erwartet hätten, an der Stuttgarter Tagung teilgenommen haben und diese Tagung in den sogen. Leitmedien so gut wie keine Erwähnung fand, zeigt ganz klar, wohin die Reise geht. Die Grünen in Gestalt von Habeck, Baerbock und Co als Regierungsmitglieder sind nicht daran interessiert, dem Volk(!) und dessen Wohlergehen und Schutz zu dienen sondern nur ihrer Ideologie und ihrer ureigensten Klientel. Sie sind weder gewillt noch auch nur ansatzweise kompetent genug, ihrer Partei die zwingende Notwendigkeit der Laufzeitverlängerung und des Umdenkens klarzumachen.

gast
2 Jahre her

Oh Mann. Und alles nur, weil sie mit ihrem Zwangsgebühren finanzierten 300.000 Euro Monatslohn auch noch den Kaviar im privaten Bereich dem Sender in Abrechnung gestellt hat. Wer wird denn so kleinlich sein?

Det
2 Jahre her

Die sichersten AKW der Welt sollen still stehen und 10 km von der deutschen Grenze läuft das älteste in Betrieb stehende Kernkraftwerk (Beznau, CH, seit über 50 Jahren in Betrieb). Grün muss man sein, um dumm Karriere zu machen ?

AnSi
2 Jahre her

Alleine dieser Satz: „Der Bundestag ist im Urlaub.“ lässt einem doch die Nackenhaare aufstellen! Die machen URLAUB, während ganze Wirtschaftszweige überlegen müssen, ob sie bis zum Jahresende schnell noch Produktionen _ins Ausland_ verlagern und ob Menschen weiter beschäftigt werden können etc. pp.! Da müssen WICHTIGE Entscheidungen getroffen werden, die unser aller Zukunft betreffen und die Herr- und Frauschaften machen URLAUB! Das ist der Hammer! Nicht nur, dass sie das Volk _ihren Arbeitgeber_ seit Jahren nach Strich und Faden belügen (ok, die sind so doof, die merken nicht mal, dass sie gequirrlte Sch*** erzählen), nein, die lassen dieses Volk auch einfach… Mehr

Proll27
2 Jahre her

Wir stehen vor spannenden Zeiten. Um das Ungemach wenigstens etwas zu lindern hoffe ich, dass es die Grünen und große Teile der Roten zertrümmern wird. Ersatzlos und für immer. Es wird rumpeln, aber die Dummdeutschen haben unser Land in diese Lage manövriert. Durch diese hohle Gasse müssen wir kommen, denn es führt kein anderer Weg zurück in die Freiheit. Stellen wir die Energiepolitik vom grünen Wasserkopf auf die Füße: Kernkraft, Kohle, Gas (aus Russland und aus Niedersachsen). PV und Wind sind marginal.

Wolfgang Schuckmann
2 Jahre her

Kemfpert ist ein wissenschaftliches Neutrum, denn in dem Moment wo der Blackout da ist, ist die Dame nicht mehr da.
Deshalb, es ist höchste Zeit, dass mit diesen Leuten Tacheles geredet wird. Hier haben Ummäntellungen nichts zu suchen. Bei dem Thema Energie geht es um Alles oder Nichts. Wir sollten wirklich darüber nachdenken, ob wir uns das, was sich diese hellwachen Pappkameraden ausgedacht haben, gefallen lassen sollen. Ich denke keinesfalls!

November Man
2 Jahre her

Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden: die Deutschen glauben sie. Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgten sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung als ihre wirklichen Feinde.“
Napoleon Bonaparte

Cenuit
2 Jahre her
Antworten an  November Man

@ November Man Ja, es wird oft benutzt – doch dies ist Fake -news anno dazumal 1814. Auch hier wurde schon Fake News , zugunsten eigener Interessen betrieben; demzufolge liest es sich , nach historischen Recherchen , dann so : Schon seit mehr als 200 Jahren ist diese Fälschung einfach nicht totzukriegen: Selbst heute noch wird in den Sozialen Medien Napoleon ein Zitat zugeschrieben, in dem er sich angeblich negativ über die Deutschen äußert. „Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche“, soll vom französischen Kaiser überliefert sein. „Ich brauchte nur meine Netze auszuspannen, dann liefen… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Cenuit
Christoph Mueller
2 Jahre her
Antworten an  Cenuit

Auch wenn das Zitat nicht von Napoleon stammt, so passt es ganz genau auf die heutige Situation in Deutschland.

Kassandra
2 Jahre her

Und Aserbaidschan, mit dem vdL erst neulich einen Liefervertrag abgeschlossen hatte, scheint erneut in Armenien zu zündeln.
Apropos Sanktionen hinsichtlich Russlands: kann sich noch jemand erinnern, wie sie die kommende Hungersnot wegen fehlenden Getreideanbaus in der Ukraine im Frühjahr an die Wand malten? Hört man nichts mehr von.
Scheint es nur mir, dass wir inzwischen in einer riesigen Propagandablase leben, in der wir nach Belieben von wem auch immer in Angst gehalten werden können?
Göring auf die Frage vor dem Nürnberger Tribunal, warum die Tyrannei so lange geduldet wurde:
„Man muß #ihnen# nur Angst genug machen.“

Julius Schulze-Heggenbrecht
2 Jahre her

Zur Glaubwürdigkeit der Politclowns kann man nur noch Alexander Solschenizyn zitieren:

Wir wissen, sie lügen.

Sie wissen, sie lügen.

Sie wissen, dass wir wissen, sie lügen.

Wir wissen, dass sie wissen, dass wir wissen, sie lügen.

Und trotzdem lügen sie weiter.

Biskaborn
2 Jahre her

Lügen, Verschleiern, Hinhalten ist die einzige Kompetenz der Grünen Politikdarsteller. Egal was Wissenschaftler ausführen, wenn zum Beispiel Frau Kemfert Windflaute und Dunkelheit der Nacht zum Mythos erklärt, dann ist das so ohne Widerspruch zur Kenntnis zu nehmen, sonst kann sie sogar auf ihren Heimatkanal ZDF böse werden.