Eine Dechiffrierung der Sprache des Robert Habeck

„Wie wir sprechen, entscheidet darüber, wer wir sind“, so Robert Habeck in seinem Buch von 2018. Die „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“, die erste Publikation des Wirtschaftsministeriums unter seiner Ägide, verdient eine Untersuchung auf logische Zusammenhänge und innere Widersprüche. Von Rupert Pritzl

IMAGO / Chris Emil Janßen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck besucht die MV Werft in Wismar, 14.02.2022.

Dass Sprache unser Handeln bestimmt, ist unstrittig. Ob in der Politik die Sprache aber das eigentliche Handeln ist, was Robert Habeck in seinem 2018 erschienenen Buch „Wer wir sein könnten. Warum unsere Demokratie eine offene und vielfältige Sprache braucht“ beschreibt, darf man gewiss hinterfragen. Politische Narrative finden sich ganz besonders in der Klimapolitik, in der fortwährend hehre Ziele („Rettung des Klimas“ und „Rettung der Menschheit“) für das Handeln der Politiker vorangestellt werden und die zu hinterfragen sich die politischen Akteure verbitten. Politische Narrative können die eigentlichen Zusammenhänge kaschieren und andere kritische Auffassungen gar nicht erst zulassen. Habeck plädiert in dem Buch für mehr politische Sensibilität für das, was Sprache bewegen, aber auch anrichten kann: „Denn wie wir sprechen, entscheidet darüber, wer wir sind.“

In diesem Sinne wollen wir die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) herausgegebene „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“, die erste unter dem neuen Minister Robert Habeck verfasste Publikation, auf logische Zusammenhänge und innere Widersprüche untersuchen.

1) Die sprachlich selbstproklamierte „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ kommt inhaltlich eher einem energie- und klimapolitischen Offenbarungseid der bisherigen Regierungen gleich, denn wie lautet eine weitere Passage: „die Ausgangslage könnte herausfordernder kaum sein“ (Seite 2). Diese Verantwortungsabgrenzung – meist verbunden mit einer impliziten Schuldzuweisung an die Vorgänger im Amt – ist in Politik und Wirtschaft üblich und legitim und dient der Etablierung eines Maßstabes, an dem man selbst gemessen werden will. – Aber ist dieses „Tabula rasa“-Prinzip hier tatsächlich zutreffend?

"Eröffnungsbilanz Klimaschutz"
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Man muss bedenken, dass die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungszeit ja weitgehend die energie- und klimapolitischen Forderungen vor allem der Grünen umgesetzt hat, wie Robert Habeck in seinem Buch von 2018 auch nicht ohne Selbstbestätigung einräumt. Und an einer anderen Stelle in der „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ ist davon die Rede, dass es kein „Weiter so“ geben darf (Seite 8), was sich aber nur auf das bisherige Ambitionsniveau (nun noch: ehrgeiziger und rascher), nicht aber auf die politische Richtung und die Instrumente bezieht. – Fazit: Mit der „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ setzt die Ampel-Regierung die bisherige Energie- und Klimapolitik mit noch größerem Engagement fort.

2) „Gute Klimapolitik modernisiert das Land und sichert den Industriestandort Deutschland. Der globale Wettlauf um die klügste Strategie dafür hat begonnen“ (Seiten 1 f.). Dieses hehre Ziel kontrastiert diametral mit den fachlichen Einschätzungen und vorzeigbaren „Erfolgen“. So bezeichnet das Wall Street Journal 2019 die Energiewende in Deutschland als die „dümmste Energiepolitik der Welt“. Der Sachverständigenrat hat die deutsche Klimapolitik im Jahr 2019 in seinem Sondergutachten als ineffizient, ineffektiv, kleinteilig und teuer bezeichnet. Die Ampel-Regierung will diesen Kurs noch ambitionierter fortführen, am Ausstieg aus der Kernenergie unbeirrt festhalten, den Ausstieg aus der Kohleenergie auf 2030 vorziehen – und realisiert dabei nicht, dass kein anderes Land auf dieser Welt diesem Kurs gefolgt ist.

Deutschland steht mit seinem nationalen Alleingang, aus der Kernenergie und gleichzeitig aus der Kohleenergie auszusteigen, mutterseelenallein da. Dies hat die surreal anmutende Diskussion mit dem eher folkloristischen Protest der Ampel-Regierung über die EU-Taxonomie zu Jahresanfang deutlich gemacht. Der Alleingang scheint zu verdeutlichen, dass Deutschland diesen globalen Wettlauf bereits verloren hat. – Eine Umkehrung des Gedankens führt unweigerlich zur Frage: Wenn gute Klimapolitik das Land modernisiert und den Standort sichert, was tut aber dann schlechte Klimapolitik? Ein Schelm, der Böses dabei denkt …

3) Die Zielvorstellungen des Bundeswirtschaftsministers sind äußerst ambitioniert: Es soll eine Verdreifachung der Geschwindigkeit der Emissionsminderung, eine mehr als Verdreifachung der installierten Photovoltaik-Leistung und eine Verdoppelung des Windkraftausbaus in den bis 2030 noch verbleibenden 8 Jahren erreicht werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck qualifiziert diese Aufgabe zu Recht als „gigantische Herausforderung“ und als „Herkulesaufgabe“ (Seite 12). Diese Selbstzuschreibung und Gleichsetzung Habeck = Herkules könnte vielleicht dem wichtigen Aspekt der Selbstmotivation geschuldet sein.

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Letztlich dürfte es sich aber um eine euphemistische Umschreibung eines unrealisierbaren Idealzustandes handeln, was man seit Thomas Morus auch „Utopie“ nennt. Leider fällt einem hier bildlich der Zielüberbietungswettbewerb der Politiker ein: Sie überbieten sich mit immer ambitionierteren klimapolitischen Zielvorstellungen, ohne überhaupt nur darüber zu diskutieren, ob sie die geeigneten Instrumente überhaupt besitzen. – Wie schreibt Robert Habeck treffend in seinem Buch: „Wer seine Position nur moralisierend begründet, ist oft unterlegen, meistens aufdringlich und vor allem selten anschlussfähig“? Die politische Anschlussfähigkeit von Utopien ist naturgemäß eher gering.

4) Das Bundeswirtschaftsministerium spricht von „Klimaschutz-Sofortmaßnahmen“, die dringend notwendig und unverzüglich zu ergreifen sind. In einem alarmistischen Tonfall wird zu raschem Handeln gedrängt, um die „katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise“ (Seite 32) noch zu vermeiden. Im Gegensatz dazu bemüht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in der Pressekonferenz vom 10.1.2022 das Bild von einem „Ultra-Marathonlauf“.

Doch jedermann weiß, dass es Kurzstrecken-, Mittelstrecken- und Langstreckenläufer gibt, die jeweils völlig unterschiedlichen Ansprüchen genügen müssen. Es würde realistischer Weise niemandem einfallen, einen Ultra-Marathonlauf mit einem Kurzstreckensprint gleich auf den ersten Metern zu beginnen. Nur das Bundeswirtschaftsministerium scheint den Ultra-Marathon „Klimaneutralität Deutschlands 2045“ gleich mit einem „Sofortprogramm-Sprint“ beginnen zu wollen.

5) Die Ampel-Regierung weist dem Ausbau der erneuerbaren Energien die höchste politische Priorität zu und deklariert sie zum „überragenden öffentlichen Interesse“ und zur „nationalen Sicherheit“ (Seite 14), die allen anderen gesellschaftlichen Zielen voranstehen. Dies sollte man vor dem Hintergrund beurteilen, dass Deutschland sich sämtlicher versorgungssicherer Energieträger selbst beraubt (hat) und sich energiepolitisch in eine derzeit geopolitisch brisante Abhängigkeit von Gasimporten aus Russland hineinmanövriert hat. Angesichts dieses energiepolitischen Versagens gibt es politisch schlichtweg gar keine andere Möglichkeit mehr, als den Ausbau der erneuerbaren Energien nun mit allerletzter Verzweiflung und in einem staatsbürgerlichen Akt eines „ökologischen Patriotismus“ (so Robert Habeck auf der Pressekonferenz mit Ministerpräsident Markus Söder am 20.1.2022) zu betreiben.

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Da ein pragmatischer Weiterbetrieb der Kernkraftwerke aus ideologischen Gründen für die Grünen schlichtweg unmöglich ist, erscheint der alleinige Fokus auf die erneuerbaren Energien (und hilfsweise noch die Errichtung von zahlreichen Gaskraftwerken) als letzte Rettung aus der energiepolitischen Sackgasse. – Robert Habeck ist in seinem Buch von 2018 der Meinung: „Moral muss man übersetzen. Und Wahrheit muss man pluralisieren. Es gibt meist mehr als eine“. Eine solche Relativierung oder Uminterpretation der Wahrheit erscheint höchst eigenwillig.

6) Das BMWK scheint die grundlegende Problemstruktur der Klimapolitik als globales, nicht ausschließbares öffentliches Gut noch immer nicht verstanden zu haben bzw. nicht verstehen zu wollen. Andernfalls würde es nicht das Einhalten des 1,5-Grad-Pfades Deutschlands zum alleinigen Maßstab der eigenen Klimapolitik machen. Dem Klima dürfte es vermutlich völlig egal sein, ob Deutschland als emissionskleines Land (kaum 2 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen) seinen selbstgesteckten 1,5-Grad-Pfad einhält oder nicht. Die „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ listet aber in buchhalterischer Akribie und Gründlichkeit detailliert auf, welcher einzelne Sektor in welchem Jahr seine Emissionsminderungsziele um wie viel verfehlt hat.

Die „Zielerreichungslücke“, die es jahresgenau und sektorscharf zu schließen gilt, bildet das geflügelte Wort und soll den Menschen verdeutlichen, was als sogenannte „Klimaschuld“ von jedem Einzelnen im Handeln unbedingt zu beachten ist. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass nur klimaneutrales Handeln in allen Situationen den Menschen vor dem angedrohten „schlechten Klimagewissen“ schützt. Und zu einer solchermaßen „klimaneutralen Bundesverwaltung“ zählt natürlich auch der Kantinenbetrieb (Seite 11): Die Veggie-Day-Diskussion aus dem Jahr 2013 lässt grüßen.

7) Es ist selbstreferenzielle klimapolitische Bauchnabelschau, wenn Deutschland die nationale Einhaltung des 1,5-Grad-Pfades weiterhin zu seinem Schwerpunkt für die Klimapolitik macht. Deutschland erliegt auch hier wieder einer unheilvollen Realitätsillusion, wenn es das Ziel der Stabilisierung des Weltklimas allein durch ambitionierte nationale Anstrengungen zu erreichen versucht. Eine effektive Klimapolitik muss sich vielmehr daran orientieren, dass der 1,5-Grad-Pfad weltweit – oder zumindest von den Hauptemissionsländern – eingehalten wird und dafür internationale Verhandlungslösungen anstreben.

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Effektive Klimapolitik muss eine Klimaaußenpolitik sein, was im Koalitionsvertrag ja auch festgelegt ist. Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht nur wohlmeinende Bekundungen bleiben, sondern das BMWK (zusammen mit dem Auswärtigen Amt) tatsächlich internationale Verhandlungen anstrebt, um einen einheitlichen CO2-Preis möglichst weltweit zur Anwendung zu bringen (Seite 23).

8) Sachverhalte werden nicht dadurch wahr, dass man sie verbalisiert und kommuniziert. Insofern ist Sprache nicht gleich Realität, und Sprache steht dann – ganz im Gegensatz zum eingangs genannten Petitum von Robert Habeck – eher für Nicht-Handeln. Die Zustandsbeschreibung: „Die deutsche Klimapolitik ist eng mit der EU-Klimapolitik verbunden“ (Seite 5) und die programmatische Aussage: „Wir brauchen … eine stärkere europäische Ausrichtung unserer Klima- und Energiepolitik“ (Seite 32) sprechen jedenfalls der Tatsache Hohn, dass Deutschland mit seinem nationalen Alleingang beim Kernenergieausstieg im Jahr 2011 und mit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2000 keinerlei Rücksicht auf die europäische Energie- und Klimapolitik genommen hat.

Vielmehr hat Deutschland die negativen Auswirkungen seiner Energiepolitik auf seine Nachbarn abzuwälzen versucht und den gesamteuropäischen Zusammenhang der Emissionsminderung durch das Europäische Emissionshandelssystems (EU-ETS) lange Jahre bestritten.

9) Gleichheit und Gerechtigkeit scheinen dem BMWK wichtiger zu sein als Effizienz und Innovation. Dies ist für ein Wirtschaftsministerium, in dem Ludwig Erhard als Wirtschaftsminister die Grundlagen für die Soziale Marktwirtschaft gelegt hat, nicht nur ungewöhnlich, sondern sogar ein Systembruch. Denn „alle Sektoren müssen ihren Beitrag zum Erreichen des Klimazieles leisten“ (Seite 8), was doch deutlich einer marktlichen Koordinierung und einem sektorübergreifenden CO2-Preis widerspricht. Wie dann gleichzeitig auch das Ziel des BMWK erreicht werden soll, privates Kapital für den Klimaschutz zu mobilisieren und Klimaschutz als Geschäftsmodell im Gebäudesektor auszugestalten (Seite 28), ist angesichts dieser marktskeptischen Sichtweise unverständlich.

Marktliche Orientierung und Technologieoffenheit bilden die Grundvoraussetzung dafür, dass deutsche Unternehmen neue klimaneutrale Technologien und Verfahren entwickeln und in den Markt bringen. Nur so können sie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessern und von der Transformation zur Klimaneutralität profitieren. Das Papier des BMWK lässt diesen marktoptimistischen und technologiefreundlichen Geist allerdings (fast) vollständig vermissen.

10) Auch wenn es das erklärte Ziel von Robert Habeck ist, „Bürokratie, die die Transformation hemmt, abzubauen sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen“ (Seite 9), so dürften gerade die neu angekündigten Gesetze und bürokratischen Reglementierungen in allen Bereichen vermutlich exakt das Gegenteil der Entbürokratisierungs- und Beschleunigungszielvorstellung bewirken. Und auch die vielen neu geschaffenen Stellen in der Ministerialverwaltung in Berlin,  verbunden mit einer staatsoptimistischen Gestaltungsvorstellung deuten eher darauf hin, dass staatliche Regulierung und Bürokratisierung deutlich zunehmen und die individuelle Freiheit der Konsumenten und Produzenten weiter eingeschränkt wird.

11) Man braucht kein Prophet zu sein, um zu erkennen, dass die angekündigte drastische Beschleunigung der Energiewende enorme weitere gesamtwirtschaftliche Kosten hervorrufen wird. Das EEG-Fördervolumen wird sicher weiter zunehmen aufgrund der eher weniger geeigneten Lagen. Der flächendeckende Bau neuer Gaskraftkraftwerke mit bis zu 40 GW Leistung wird erhebliche private (oder aber staatliche) Investitions- oder Fördermittel benötigen. In der Förderpolitik im Gebäudebereich (zum Beispiel „Bundesprogramm Energieeffiziente Gebäude“) sind mittlerweile nicht mehr darstellbare Fördervolumina erreicht, die einen „Förderstopp“ erzwungen haben und eigentlich ein unverzügliches Umsteuern aus haushaltspolitischer Sicht erfordern.

Materialschlacht
Wie die Energiewende Ressourcen und Landschaft verschlingt
Und die Carbon Contracts for Difference (CCfD) werden zu einer hohen Dauersubventionierung ganzer Branchen führen, die möglicherweise in einer staatlich gelenkten Subventionswirtschaft – oder wie BDI-Präsident Siegfried Russwurm formuliert – „energetische Staatswirtschaft“ enden wird. Das Nachsehen werden vor allem die mittelständische Wirtschaft und die Handwerksbetriebe haben, die bei der Subventionierung leer ausgehen und nicht von ermäßigten Strompreisen profitieren, sowie überhaupt die Steuerzahler, die letztlich alles zu schultern haben werden.

12) Es ist en vogue, politische Narrative zu bedienen. Märchenerzählen ist Bestandteil der politischen Rhetorik. Daher verwundert es nicht, wenn das BMWK einen Idealzustand euphemistisch umschreibt: „Eine auf Erneuerbare Energien beruhende Energieversorgung garantiert deutlich höhere heimische und dezentrale Wertschöpfung als das bisherige Energiesystem, welches zu weiten Teilen auf dem Import von fossilem Öl, fossilem Gas und Steinkohle basiert“ (Seite 11). Ja, ja, der „Glaube versetzt Berge“, ob dies aber auch hier der Fall ist, mag man zurecht bezweifeln.

Dass der Industriestandort Deutschland seinen gesamten Energieverbrauch wohl kaum mit den nur im Inland erzeugten Windkraft und Photovoltaik-Anlagen wird decken können, sondern auf einen erheblichen Import von im Ausland gewonnener dekarbonisierter Energie (vor allem in Form von Wasserstoff) angewiesen ist, wird nur am Rande vermerkt (Seite 11), aber vom BDI-Präsidenten Russwurm hingegen deutlich angemahnt. Sprache scheint auch hier eher Nicht-Handeln zu kaschieren.

Vergangenheitsbewältigung mal anders
Hat Deutschland eine historische Klimaschuld?
Dietmar Bartsch hat dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in diesem Zusammenhang denn auch „Klimaheuchelei“ vorgeworfen (Welt vom 19.1.2022), weil Deutschland auf den Import von Atom- und Kohlestrom in den nächsten Jahren aus den Nachbarländern angewiesen sein wird. Aber diese Vorhaltung hat Robert Habeck wahrscheinlich nicht wirklich ernst genommen angesichts der erheblich schwerer wiegenden moralisch empfundenen „Klimaschuld“. Denn auch hier scheint der Gegensatz zwischen Anspruch und Wirklichkeit durch eine moralisch-orientierte Semantik nur beschönigt zu werden.

13) Paradox ist der Wechsel der Grünen von einer Naturschutz- zu einer Klimaschutzpartei. Verniedlichend wird davon gesprochen, vor allem durch „Rechtsänderungen“ (Seite 19) die bisher langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen und den Netzausbau beschleunigen zu wollen. Im Klartext heißt das, dass die Beteiligungs- und Einspruchsmöglichkeit für Bürgerinitiativen, die seit Jahrzehnten das treueste politische Klientel der Grünen sind, beschränkt werden sollen.

Und in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten waren es doch gerade die Grünen, die diese umfangreichen Beteiligungs- und Einspruchsmöglichkeiten durchgesetzt und so (fast) alle Infrastrukturvorhaben (auch von doch erwünschten Bahntrassen) zeitlich verschleppt oder nahezu unmöglich gemacht haben. Es bleibt spannend, wie die vielen Bürgerinitiativen hierauf reagieren und die Grünen als Partei diesen politischen Spagat bewältigen werden.

Robert Habeck beendet sein Buch mit der Aussage: „Politik ist Sprache, und Sprache ist Politik. Wenn sie eine Wirklichkeit schafft, dann ist immer auch die Frage, welche Wirklichkeit sie schafft.“ Welche energie- und klimapolitische Wirklichkeit Robert Habeck mit seinen Aussagen in der „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ zu erschaffen versucht, wird allerdings ein Rätsel bleiben.

Dr. Rupert Pritzl, stellvertretender Referatsleiter im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und Dozent an der FOM Hochschule, München, gibt seine persönliche Meinung wieder.

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Kommentare ( 23 )

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ketzerlehrling
2 Jahre her

Handeln tun immer andere, das ist nicht die Stärke der Deutschen. Das Reden dagegen schon.

Mayor Quimby
2 Jahre her

Die Diskussion über die EU-Taxonomie zu Jahresanfang hat vor allem eines deutlich gemacht: Am 31. 12. 2021 werden die Deutschen Kernkraftwerke – wegen Fukushima – von den Deutschen abgeschaltet, am nächsten Tag, dem 01.01.2022, werden sie von der EU zur grünen Energie erklärt – wegen dem Klimawandel.

Das konnte natürlich keiner voraussehen.

Man stelle sich vor, das wäre noch vor der Abschaltung geschehen.

IJ
2 Jahre her

Sehr geehrter Herr Dr. Pritzl, ich respektiere Ihren Versuch, den schönschwätzerischen Schwurbeleien von R. Habeck etwas Logisches und Rationales zu entlocken. Ihr Artikel zeigt jedoch, dass es nicht der Mühe wert ist. Ich kann nichts anderes als banales, peinlich dummes Zeug erkennen. Es sind verschwurbelte, monokausale, infantile Träumereien eines Kinderbuchautors. Hätte er Ökonomie studiert, was man eigentlich von einem Wirtschaftsminister verlangen sollte, wäre er schon im Grundstudium gescheitert. Was ist nur mit diesem Land los, dass einem derartig unfähigen, wirtschaftlichen Traumtänzer und potenziellem Bankrotteur erlaubt wird, die wirtschaftlichen Geschicke dieses Landes zu bestimmen.

Last edited 2 Jahre her by IJ
alter Preusse
2 Jahre her

Wenn ideologisierte Fanatiker Macht ausüben wird es für den Normalbürger teuer und gefährlich, wie es das 20. Jahrhundert in Deutschland 2x bewiesen hat.
Vielleicht hat sich der Irrsinn auch in 12 Jahren erledigt und das hoffentlich mit weniger schlimmen Folgen.

Last edited 2 Jahre her by alter Preusse
FKR
2 Jahre her

Die Erde dreht sich weiter und das Klime ändert sich stetig. Und wenn die Rettung so gelingt wie die Rettung vor Covid, dann tun sie,als wäre es das Ergebnis grüner Gebetsmühlen. Wenn dazu noch Deutschland verarmt,kann man ja stolz posaunen: Immerhin haben wir das vierte Reich verhindert. Arm aber sexy .
Ich bin dann mal weg

imapact
2 Jahre her

„Sachverhalte werden nicht dadurch wahr, dass man sie verbalisiert und kommuniziert.“
Widerspruch. „Sachverhalt“ ist ein Begriff, mit dem ein tatsächlicher Zustand beschrieben wird, eben „wie sich eine Sache verhält“. Die oben zitierte Feststellung trifft vielmehr auf bloße Behauptungen oder dogmatische Einstellungen zu.

Olaf W1
2 Jahre her

Nun, jetzt haben wir es doch schwarz auf weiß, auf welcher Brennsupp’n die Ampel dahergeschwommen kam. Kein Sachverstand, kein Erfassen von kausalen Zusammenhängen und schon gar keine fachspezifische Expertise. Am Beispiel Habeck hier, bisher ein erfolgloser Kinderbuchautor, der sich nach eigener Aussage an Müsli mit Wasser delektiert, wird ein Ministerium in die Hände gelegt, dass voll Untergebener ist, die genauso dem ideologischen Wahnsinn wie ihr Chef anheim gefallen sind. Das ist so, wie wenn ein Facility-Manager eine Operation am offenen Herzen oder Gehirn machen würde, weil er drei YouTube-Videos geguckt und zwei Seiten Überschritten in der Google-Suche gelesen hat. Das… Mehr

Talleyrand
2 Jahre her

Begriffsstutzigkeit ist hochansteckend und die Grünen sind der auffällige Hotspot. Sofort Lockdown und Quarantäne!

taliscas
2 Jahre her

Ich frag mich immer noch, ist der Habeck so dumm wie sein Programm oder ist er ein verhetzter Ideologie, dem die Wirkung seines desaströsen Tuns egal ist?
Das alles hat mit Wissenschaft und Vernunft nicht das geringste mehr zu tun, das ist Zerstörungsgeilheit und reine Rechthaberei, vulgo Dummheit. Womit ich meine eigene Frage beantwortet hätte. Danke, Robert.

Orlando M.
2 Jahre her

Robert Habeck: „Wie wir sprechen, entscheidet darüber, wer wir sind“
Als Industrieentwickler, der neben der internen Entwicklung allein dieses Jahr schon vier Dienstleistungsaufträge in Arbeit hat, sage ich:
„Wie wir handeln, entscheidet darüber, wer wir sind!“
Das Gesprochene ist wichtig aber die Taten wiegen wesentlich mehr. Wörter sind biegsam, Messwerte weniger.
Das gilt ganz besonders für Politiker und erklärt so einiges von deren Verständnis von Politik und warum uns niemand mehr in der großen Politik (international) ganz ernst nimmt.
Die Macht des Wortes wird von jenen besonders hoch geschätzt, die keine anderen Mittel besitzen.