Nicht Putin, sondern die CO2-Steuern treiben die Strompreise

Robert Habeck ist ein Weltmeister der Ausreden: Erst war es Putins Politik, die die Strom- und Energiepreise getrieben hat, jetzt sein Verdienst, dass sie sinken. Aber den eigentlichen Zusammenhang verschweigt er: die fatalen Auswirkungen der CO2-Steuern, die die Industrie vertreiben.

IMAGO - Collage: TE

Im November 2023 machte ich darauf aufmerksam, dass die Strompreisexplosion der Jahre 2021-23 im wesentlichen Folge der verfehlten Energiepolitik war, nämlich, dass sie auf die massiv gestiegenen CO2-Kosten und der Stillegung von 6 Kernkraftwerken zurückzuführen war. Minister Robert Habeck versuchte, die Ursache dafür Russland zuzuschreiben.

Nun sinken die CO2-Kosten und damit die Strompreise. Aber die Ursache ist fatal. Die Nachfrage nach Strom sinkt auf Grund des Rückgangs des Stromverbrauchs der energieintensiven Industrie. Damit sinkt auch die Nachfrage nach CO2-Zertifikaten, der Strompreis gibt nach. Weil das so wichtig zum Verständnis der Folgen der fehlerhaften Energiepolitik ist, zeige ich im folgenden die einzelnen Schritte. Zunächst der Börsenstrompreis des Jahres 2021: Die Strompreise vervierfachten sich – wohlgemerkt lange Zeit vor dem russischen Einmarsch.

Und dieser Anstieg ist maßgeblich von den steigenden CO2-Zertifikatspreisen geprägt, wie die übernächste Grafik zeigt:

Die nächste Grafik zeigt, wie die CO2-Preise die Erzwugungskosten der einzelnen Kraftwerksarten nach oben schnellen ließen. Bei dem Kostenvergleich der Kraftwerke springt die mit Abstand günstigste Erzeugungsform der bis zum 15.4.2023 betriebenen Kernkraftwerke ins Auge, die keine CO2-Zertifikate zu bezahlen haben. Ausgerechnet diese Kraftwerke wurden stillgelegt.

Die Strompreisexplosion hatte Folgen. Produktionsstillegungen in der Aluminium- und Stahlindustrie, der Glas- und Papierindustrie wurden begleitet von Produktionsverlagerungen in der chemischen Industrie. Die Produktion in der energieintensiven Industrie ging um 20 % zurück.

Und mit dieser Deindustrialisierung ging der CO2-Ausstoß, aber auch der Strombedarf und damit die Nachfrage nach CO2-Zertifikaten zurück. Die gute Nachricht : Der CO2-Ausstoß Deutschlands ging von 762 Mio. t CO2 in 2021 auf 673 Mio. t in 2023 zurück. Die schlechte Nachricht: Dies wurde erkauft durch eine teilweise Zerstörung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Tatsächlich fahren 2024 einige Produzenten ihre Produktion auf Grund der gesunkenen Strompreise wieder hoch. Doch sollte dadurch die Nachfrage nach Strom und CO2-Zertifikaten wieder steigen, wäre das nur ein Strohfeuer und die Strompreise ziehen wieder massiv an.

Was Deutschland benötigt, um wettbewerbsfähige Strompreise zu erreichen, ist eine Erhöhung des Angebots (etwa durch Reaktivierung der letzten Kernkraftwerke sowie eine durchgreifende Senkung der CO2-Kosten durch Anwendung der CO2-Abscheidetechnik CCS bei Kohle- und Gaskraftwerken).

Windkraftweke in Bayern und Baden-Württemberg jedenfalls gehören nicht zum Lösungsangebot. Denn diese benötigen dort eine Einspeisevergütung von 10-11 €ct/kwh. Auf diesem Strompreisniveau ist das Aus der Industrie vorprogrammiert, insbesondere wenn die massiv steigenden Systemkosten der Erneuerbaren Energien durch Leitungsbau und backup-Kosten einbezogen werden.

Den Krieg gegen die Kohle beenden

Nun soll es also doch CO2-Abscheidungen aus Abgasen, Transport von CO2 durch Pipelines und die Tiefenverpressung von CO2 auch in Deutschland geben. Allerdings soll diese Technik nach den Plänen der Ampel-Koalition nur für nicht vermeidbare Abgase aus Zementwerken und Müllverbrennungsanlagen angewandt werden. Der Elefant steht nach wie vor im Raum. Der Verzicht auf die russischen Erdgasimporte, die Stilllegung der letzten Kernkraftwerke hat es unabweisbar gemacht, dass Kohlekraftwerke in Deutschland weit über 2030 hinaus betrieben werden müssen, wenn nicht die Stromversorgung in Deutschland zusammenbrechen soll. Daher müsste eine verantwortungswusste Energiepolitik dafür sorgen, dass die CO2-Abscheidung vor allen Dingen bei Kohle- und Gaskraftwerken zum Einsatz kommen, damit deren Weiterbetrieb gewährleistet werden kann. Davor drückt sich die Bundesregierung und verbreitet stattdessen weiter das Märchen, man könne in Deutschland die Sicherheit der Stromversorgung mit Gaskraftwerken betreiben, die später zu Wasserstoffkraftwerken umgerüstet werden sollen. Wasserstoffkraftwerke werden aber den Strompreis verdrei- bis vervierfachen und damit das Ende von industrieller Produktion und des Wohlstands in Deutschland besiegeln.

Es ist schon als Politikversagen zu kennzeichnen, wenn eine Bundesregierung erst zwei Jahre nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, die Technologie der CO2-Abscheidung, die der Weltklimarat IPCC seit Jahren fordert, in Deutschland wieder ermöglicht.

Es gilt bislang das Verbot der CO2-Abscheidung (CCS) in Deutschland seit 2012.
RWE hatte im Jahre 2009 ( ich war damals Geschäftsführer der RWE für Erneuerbare Energien) eine voll funktionsfähige Pilotanlage zur Abscheidung von CO2 in einem Teilstrom des Braunkohlekraftwerks in Niederaussem errichtet. Und sie läuft immer noch erfolgreich. (S. Abb. weiter unten).

Die Entwicklung von RWE, BASF und Linde ist mittlerweile als Stand der Technik anzusehen: Die Abscheidung von über 90 % des CO2 aus einem Teilstrom des Abgases ist auf Dauer nachgewiesen, die Kosten belaufen sich auf sagenhafte 30 €/t CO2 ( P.Moser, G Wiechers, S.Schmidt,K.Stahl,G.Vorberg,T Stoffregen, VGB Powertech 1/2 , 2018, S.43). Der Wirkungsgradverlust beträgt weniger als 10% . Die Technik könnte die Emission und die CO2-Kosten von Braunkohlestrom massiv reduzieren (30 €/t CO2 anstatt 80-100 €/t CO2 Zertifikate). Das abgeschiedene CO2 aus Niederaussem ist übrigens so rein, dass es in der Getränkeindustrie für Sprudelflaschen eingesetzt wird.

Habeck und die Grünen möchten CCS auf Zementwerke und Müllverbrennunganlegen begrenzen. Die Grünen sind Gefangene ihrer eigenen ideologischen Denkverbote. Maßgeblicher Drahtzieher des CCS-Verbots in Deutschland war der damalige schleswig-holsteinische Energiewendeminister Robert Habeck: “Wir wollen kein CCS als Reinwasch-Technologie für die klimaschädliche Kohleverbrennung”.

Die Ampel-Koalition schaltet also lieber Kohlekraftwerke ab und treibt die Deindustrialisierung des Landes voran. Eine ausführliche Darstellung der Technologie und der Kräfte, die sie in Deutschland verhindert haben, finden Sie in meinem Buch „Die grosse Energiekrise“, S. 83-97.

In der folgenden Abbildung zeige ich Ihnen die noch operierende CO2-Abscheidung des Braunkohlekraftwerks Niederaussem, das 2030 stillgelegt werden soll, wenn es nach Wirtschaftsminister Habeck, dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wüst und dem RWE-Vorstandsvorsitzenden Krebber geht.

US-Energiebehörde: Bis 2050 kein Rückgang der CO2-Emissionen weltweit

Die Ampel-Politik, die die deutschen CO2-Emissionen in wenigen Jahren auf Kosten unserer Industrie und damit unseres Wohlstandes auf Null fahren will, wird umso unverständlicher, wenn man liest, was gerade eine US-amerikanische Regierungsbehörde, die U.S. Energy Information Administration (EIA) veröffentlicht hat.

Sie hat eine Projektion der globalen CO2-Emissionen bis 2050 vorgenommen und resümiert:„Wir prognostizieren, dass die globalen energiebezogenen CO2-Emissionen aus dem Verbrauch von Kohle, flüssigen Brennstoffen und Erdgas in den nächsten 30 Jahren in den meisten Fällen, die wir in unserem International Energy Outlook 2023 (IEO2023) analysiert haben, zunehmen werden.“

Die Welt wird also noch 2050 CO2 in leicht gestiegener Höhe emittieren, so sagt es uns eine Behörde der Demokraten-Biden-Regierung (!). Doch unsere Regierung setzt unbeirrbar weiter, koste es, was es wolle, auf CO2-Minderung durch erneuerbare Energien auf null CO2, auch wenn es unbezahlbar wird und weltweit der CO2-Ausstoß nicht zurückgeht.


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Kommentare ( 37 )

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37 Comments
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BellaCiao
9 Monate her

Michael Kellner (Grüne), der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (BMWK), „glänzt“ bei Phoenix-TV – „Unter den Linden“, vom 11.03.2024, mit billigsten und vollkommen unsachlichen Ausreden sowie dummdreister Polemik in Replik auf die völlig gerechtfertigte Kritik des Bundesrechnungshofes bezüglich des Sachstandes zur „Energiewende“: Standortfrage – Wer hilft der deutschen Wirtschaft? (Video) https://youtu.be/Upnf-57JvME?t=96 Das ist ein dermaßen unernstes und absurdes Ablenkungsmanöver, dass man unterstellen muss, dass Habeck und seine grünen Staatssekretäre genau wissen, was sie anrichten, und sich von jeglicher Kritik nicht davon abhalten lassen wollen, ihre Degrowth-Agenda ungebremst fortzusetzen. Die Antworten von Herrn Staatssekretär Kellner zielen nur darauf ab,… Mehr

Last edited 9 Monate her by BellaCiao
Mulle67
9 Monate her

Es drängt sich die Frage auf, wohin die ganzen extra Steuereinnahmen durch die CO2-Steuer gehen. Um den Bürgern die Einführung der Steuer schmackhaft zu machen, hieß es damals, dass die Bürger die CO2-Steuern erstattet bekommen sollten…

Dr. Wolfgang Monninger
9 Monate her

CCS als „game chancer“ wird immer noch krass unterbewertet. Vahrenholts sehr wichtiger Artikel versucht dem abzuhelfen. Erstaunlich dabei ist, dass sowohl die Klimasektierer als auch die Klimarealisten CCS nach wie vor ablehnen: Die Klimasektierer lehnen es ab, denn CCS würde den großen Satan CO2 aus dem Spiel nehmen. Mit fast sofortiger Wirkung könnte der Ausbau der sogenannten Erneuerbaren eingestellt werden, mit allen Konsequenzen. Die Klimaskeptiker andererseits finden das CCS unnötig, weil dadurch nichts gewonnen sei. Denn wenn CO2 kein Klimakiller sei, brauche man CCS nicht, es koste nur Geld. Beide irren. 1) Die Klimasektierer irren, weil sie nicht akzeptieren wollen, dass die deutsche… Mehr

Eddy08
9 Monate her

Ich weiß ja nicht wo, aber bei uns steigen die Energiekosten weiter, Strom ist für uns nicht billiger geworden, Gas wird nun auch wieder teurer dank der Ampel…Vielleicht machen der Staat und die Konzerne ordentliche Gewinn, deren Gewinn ist aber unser Verlust

colic
9 Monate her

Märchen Nr. 1: Verminderung des CO2 Ausstoßes ist eine gute Nachricht. CO2 bewirkt am Klima gar nichts.
Märchen Nr. 2: Russland ist in die Ukraine einmarschiert. Russland verteidigt sich gegen die Kriegsverbrecher (NATO)

elly
9 Monate her

eine 12-15% Partei diktiert die gesamte Politik: Wirtschaftspolitik, Außenpolitik, Innenpolitik, Landwirtschaftspolitik …

Sonny
9 Monate her

Herr Vahrenholt, es ist völlig nutzlos, dieser Ampel-Politsekte mit handfesten Argumenten zu begegnen. Damit können die überhaupt nichts anfangen.
Für uns aber sind diese Fakten die Bestätigung unseres Bauchgefühls und dem, was wir durch diese idiotische Politik zur Kenntnis zu nehmen gezwungen werden.

Kaktus 61
9 Monate her

Die USA sind nicht auf Kurs. Deutschland war es (auch) nicht. Jetzt bringe ich es auf Kurs.“

Allmachtsphantasien eines Realitätsleugners, verantwortlich für die Talfahrt der Landeswirtschaft und hart gerügt vom Bundesrechnungshof. Deutscher Vizekanzler und Wirtschaftsminister 2024. Da fällt selbst einem Zyniker nichts mehr ein, außer Kinderbuch.

Kassandra
9 Monate her
Antworten an  Kaktus 61

Man muss sich doch fragen, welchen Kurs er meint – und wenn das die UN Agenda 2030 ist, wird er nicht unrecht haben, dass er mit der Umsetzung des Plans, uns zu verarmen und die beteiligten Länder und Menschen gleich zu stellen, schon recht weit gekommen ist – denn sie scheffeln Gelder mit Chuzpe von reich nach arm und verhindern hier durch Energieverteuerung wie -mangel, dass weiteres Wachstum und damit Reichtum entsteht. Auch, wenn das lange abgenickte Vorgehen dem Bürger nirgends in allen Auswirkungen bekannt sein dürfte – und sich die 17 Ziele so im Überfliegen erst mal gar nicht… Mehr

P.Schoeffel
9 Monate her
Antworten an  Kaktus 61

Woran der Zyniker allerdings verzweifelt, ist die Unbeirrbarkeit, mit der das bundesdeutsche Wahlvolk an dem Irrsinn festhält. Und sich auch noch zu Demonstrationen für den Wahnsinn treiben läßt.
Deutschland: Die weltweit größte geschlossene Anstalt.

November Man
9 Monate her

Habeck hat die USA scharf für ihre „Klimapolitik“ und die bislang schlechte Klimabilanz gescholten. Bei einer Diskussionsveranstaltung mit Studenten der Columbia-Universität in New York sagte der Kinderbuchautor:
„Entschuldigung, aber Sie sind nicht auf Kurs. Die USA sind nicht auf Kurs. Deutschland war es (auch) nicht. Jetzt bringe ich es auf Kurs.“
Und weiter:
„Löst die Scheißprobleme, die wir jetzt haben.“
Die USA hätten pro Kopf einen der höchsten CO2-Ausstöße weltweit und nicht die nötigen Schritte eingeleitet, um daran bis 2050 substanziell etwas zu ändern.

Michael M.
9 Monate her
Antworten an  November Man

Unfassbar, den Typ kann man doch wirklich nicht mehr ernst nehmen. Was glaubt der eigentlich wer er ist?!
Den Kurs den wir hierzulande fahren führt doch geradewegs in den Komplettruin und der Herr Kinderbuchautor merkt das noch nicht einmal.

LiKoDe
9 Monate her

Die „Russen“ sind natürlich auch passende Prügelknaben für Personen wie Hr. Habeck.

Habeck: “Wir wollen kein CCS als Reinwasch-Technologie für die klimaschädliche Kohleverbrennung”.

Hinter Habecks Aussage stecken naturwissenschaftlich-technisches Unvermögen und daraus folgend fehlendes naturwissenschaftlich-technisches Urteilsvermögen.

Denn gemäss seiner Aussage könnte man damit sämtliche naturwissenschaftlich- technischen Massnahmen zur naturwissenschaftlich-technischen Behandlung von für Naturwissenschaftler und Ingenieure unerwünschten aber gegenwärtig (noch) nicht vermeidbaren Abfallprodukten ablehnen.

Man stelle sich vor, man würde überall solche Massnahmen abschaffen, weil sie tatsächliche Reinwasch-Technologien sind: Keine Katalysatoren mehr in mit Kraftstoff betriebenen Fahrzeugen … .