In Deutschland kann man mit einer soliden Berufsausbildung manchen diskussionswissenschaftlichen und sozial bewegten Pseudoakademiker locker in die Tasche stecken.
Am 10. Januar „outet“ sich eine Lehrerin in Spiegel-online. Sie gesteht: „Ich gebe nur noch gute Noten“. Was sich hier einmal mehr wie ein gutmenschlicher Schenkelklopfer für alle progressiven Pädagogen ausnimmt, ist ein Skandal.
Wenn es denn so ist und sich dahinter nicht eine Fortsetzung der gefühligen Spiegel-Relotius-Storys verbirgt. Zuzutrauen wäre es der Spiegel-Redaktion, denn sie trifft damit so richtig den Geschmack derer, die sich Schule und Hochschule als Ponyhof vorstellen. Dazu gehören gewisse Teile der Elternschaft, der Bildungspolitik und der „Erziehungswissenschaftler“. Dort führt man seit Jahren und Jahrzehnten, vermehrt und ungebrochen seit „68“, einen Krieg gegen Noten und Zeugnisse. Am liebsten wäre es diesen Leuten, wenn jeder und jede ein 1,0-Abiturzeugnis sowie ein 1,0-Bachelor-Attest, ein 1,0-Master-Diplom und eine „summa-cum-laude“-Promotionsurkunde ausgehändigt bekäme.
Gar nicht so einfach zu bewerkstelligen? Doch! Immerhin kommt jetzt die Lehrerin eines NRW-Berufskollegs daher und zeigt, wie man das macht. Und blitzschnell wird sie in den Netzwerken in Personalunion zur pädagogischen Jeanne d’Arc, Rosa Luxemburg und Mutter Teresa erklärt. Warum? Weil diese Lehrerin unendlich tief in die linksideologische Mottenkiste greift. Zwei Zitate und zwei böse Bemerkungen gefällig?
Lehrerin: „Ich habe das Gefühl, dass ich durch die Notengebung meiner Aufgabe, die Schüler beim Lernen zu unterstützen, nicht mehr genug nachkomme … Seitdem gibt es in meinem Unterricht nur noch gute Noten: Jeder bekommt eine Studienberechtigung.“
Frage am Rande: Aha, hat die gute Kollegin selbst auf diese Art ihr Abitur und ihr Staatsexamen bestanden? Aber ernsthaft: Wenn alle Abitur haben, dann hat keiner mehr Abitur. Dass Studierberechtigung im übrigen noch lange nicht Studierbefähigung bedeutet, übersieht die Lehrerin womöglich absichtlich, spricht sie doch auch nur von Studierberechtigung.
Wahrscheinlich hat sie zudem nicht zur Kenntnis genommen, dass die Inflation an immer besseren Noten und an immer mehr Abiturzeugnissen die Hochschulen mittlerweile dazu zwang, Liftkurse für Studienanfänger einzurichten, weil diese aus der Schule nicht mehr mitbringen, was für eine Studium Voraussetzung ist. Und wahrscheinlich ist es noch nicht an der Lehrerin Ohr gedrungen, dass man in Deutschland mit einer soliden Berufsausbildung so manchen diskussionswissenschaftlichen und sozial bewegten Pseudoakademiker locker in die Tasche stecken kann.
Und dann fährt die Lehrerin in ihrem „Lehrergeständnis“ ganz schweres Geschütz auf. Das Geschütz trägt den Namen Tarik. Der junge Mann ist Sohn einer Familie, die vor zehn Jahren aus „einem Kriegsgebiet“ nach Deutschland gekommen war. Schwereres Geschütz gibt es in dieser „Wir-schaffen-das“-Community nicht. Tarik war durch das Abitur gefallen. Begründung der Lehrerin: Weil Tarik seine Familie finanziell unterstützen und Eltern sowie Geschwistern bei Amts- und Arztbesuchen sprachlich auf die Sprünge helfen musste. Und weil er unter enormen Erwartungsdruck seiner Eltern stand. Und weil er am Ende seiner Kräfte war … etc. etc.
Verkürzen wir die Soap: „Tarik hatte sich trotz aller Herausforderungen im letzten Schuljahr in fast allen Fächern auf Noten zwischen eins und drei verbessert, nur in einem Nebenfach stand er auf mangelhaft und in einem Prüfungsfach auf ausreichend. Damit würde er beim Abi wieder knapp scheitern. Mir wurde klar, wie ungerecht das in diesem Fall wäre.“ Naja, nicht einmal in NRW kann man mit einer einzigen Fünf, noch dazu in einem Nebenfach, durchfallen. Aber das nur am Rande.
Denn die Kollegin wusste sich und Tarik anders zu helfen: „Auf meine wiederholte Fürsprache hin entschied sich ein Kollege, ihm doch eine bessere Note zu geben, und so durfte ich ihm wenig später zu seiner bestandenen Hochschulreife gratulieren.“ Wenn das keine Story für einen ZDF-Mehrteiler ist!
Aber wieder ernsthaft: Die Schulverwaltung in NRW ist aufgefordert, dieser Sache schleunigst nachzugehen. Entweder verstößt diese Lehrerin – mit oder ohne Rückdeckung ihrer Schulleitung? – tagtäglich gegen ihre Dienstpflichten. Oder sie ist ihrem Beruf psychisch nicht gewachsen. In beiden Fällen gehört sie nicht auf einen Heldensockel, sondern unter Kuratel gestellt oder in die Registratur versetzt. Dort kann sie dann in kreativem Stil Abiturnoten bilanzieren.
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Das ist ein Fake. Abgesehen davon, daß jeder Lehrer schon im Studium die Frage behandelt, was „Bewerten“ eigentlich heißt und wozu Noten da sind, zeigen ein paar Jahre Erfahrung in der Schule, daß linke Blütenträume von wißbegierigen und an der Sache interessierten und durch die Unterrichtsgestaltung motivierten Schülern an der Wirklichkeit zerschellen. Die Konsequenz ist Frontalunterricht nach Hattie und Abschulen der Ungeeigneten in frühen Jahren.
Man muß die hier geschilderte Praxis der Notenvergabe nicht verbrämen („Gerechtigkeit“, „Solidarität“, „Kampf für die Untersrückten“). Seit die Versetzung der „Regelfall“ sein soll und die „Nicht-Versetzung“ eines Schülers die absolute Ausnahme, werden Noten- ich kenne das aus dem Bereich des NRW-Gymnasiums – „hochgezogen“. Ein „ausreichend“ (oder besser) muss man ja nicht begründen in einer Versetzungskonferenz, aber ein „mangelhaft“ bedarf ausführlicher Dokumentation. Im Zweifelsfall auch gegenüber der Aufsichtsbehörde (Regierungspräsidium). Da muss nachgewiesen werden, dass man dem Schüler ausreichend Gegelenheit gegeben hat, seine Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Und dies erst recht, wenn gegen die Note vor dem Verwaltungsgericht geklagt wird. Viel… Mehr
Da fällt mir ein Witz ein.
Was sagt ein Klempnergeselle zu jemanden der Sozialwissenschaft studiert hat?
,,BigMäc mit Pommes und Cola bitte.“
Oder vlt. doch eine wahre Geschichte, man weiß es nicht.
Ach Herr Kraus, wie soll das denn funktionieren? Die Schulverwaltung von NRW ruft beim Spiegel an und die sagen dann: „Logisch geben wir Ihnen den Klarnamen der Protagonistin.“
Entweder ist es eine erfundene Geschichte oder eben nicht. Die Wahrheit wird der Spiegel nicht rausrücken.
Das gezielt verursachte Bildungsdesaster muß ich leider bestätigen. Eine Studentin mit Abitur im Fachbereich Maschinenbau einer Hochschule ! fragte mich, was Sinussatz und Cosinussatz seien ( braucht man zur Berechnung von schiefwinkligen Dreiecken, mathematisches Basiswissen, früher ), sie hätte die Namen auch noch nie gehört. Das ist der Nachwuchs einer runtergewirtschafteten, ehemals führenden Ingenieursnation.
Na, für einen Listenplatz bei den Grünen ist ein abgebrochenes Studium geradezu der bildungsmäßige Goldstandard. Das reicht dort selbst für höchste Weihen.
Ausnahme: Habeck, Filosoff und Künast, Volljuristin.
Wer ist Filosoff? Den kenn ich nicht.
Viele Abiturienten, die sich um eine Ausbildung bewerben, schaffen nun mal nicht die leichtesten Auswahltests, und haben es leichter einen Studienplatz in den Sozialwissenschaften zu erhalten. Da werden 20 Semester planlos absolviert, dann abgebrochen, um irgendwo in einer staatlichen, oder parteinahen Einrichtung unterzukommen. Praktisch handelt es sich bei diesen Absolventen um lebensuntaugliche Organismen, die durch abstraktes Gedankengut zwar auffallen, intellektuell aber nicht mehr zu bieten haben, als bei einem Discounter der Regale zu füllen. Das Abitur ist inzwischen so gewöhnlich wie Sonderangebte in den Non Food Raufen von Lebensmittelmärkten. Von daher ließen sich hunderte von Lehrstülen an den Universitäten abwickeln,… Mehr
>Die Schulverwaltung in NRW ist aufgefordert, dieser Sache schleunigst nachzugehen.
Die Schulverwaltung wird feststellen, dass das alles so seine Ordnung hat.
Nein. Auch wenn man das glauben möchte, soweit geht’s dann doch nicht. Das liegt unter anderem daran, daß die grünlinksbewegte Lehrerschaft von work-life-balance beseelt im Eingangsamt bleibt und die zugegeben wenigen karriereorientierten Kollegen eher politisch nüchtern eingestellt sind. Wenn die dann Dezernent sind, haben sie sich lange genug mit der Weichspülpädagogik der Teilzeitkolleginnen herumgeärgert, die ihnen zudem zu Konrektorzeiten am Stundenplan herumgenörgelt haben, und lassen sich solch ein Gehabe nicht bieten.
Ob das immer politische Einstellung ist oder oft nicht nur schlichtweg Bequemlichkeit, könnte man hinterfragen. Es gilt im Grunde die Formel „gute Noten = keine Probleme“. Ein Lehrer, der auch schlechte Noten vergibt, muss sich hingegen oft mit der Formel „schlechte Noten = schlechter Lehrer“ gegenüber den Eltern auseinandersetzen. Aber die Problematik der bevorzugten Benotung bestimmter Schüler könnte man relativ einfach bei zumindest schriftlichen Arbeiten erreichen, nämlich durch die Anonymisierung der Klausuren. In vielen Hochschulen ist es schon längstens Standard, dass auf Prüfungen keine Namen, sondern nur Matrikelnummern angegeben werden. Und da kennen die Profs die geprüften Studierenden sowieso normalerweise… Mehr
Kennen Sie die Arie des Farinelli aus der Oper „Rinaldo“ von Georg Friedrich Händel (um 1600)? Damals war das Libretto italienisch, Händel hat es mit nach England genommen und seine erste Oper dort daraus komponiert: „Lascia ch’io pianga – mia cruda sorte e che sospiri – la libertà …“. (Lass‘ mich mein schreckliches Schicksal beweinen und nunmehr die Freiheit atmen …).
Ihr zweiter Absatz konterkariert den ersten. Wer nicht wahrhaben will, daß er eine schlechte Leistung abgeliefert hat, unterstellt dem Lehrer Mißgunst ihm gegenüber und hält ihn für einen schlechten Lehrer. Wenn der Lehrer gute Noten gibt, ist er der beliebteste. Das mit den anonymen Arbeiten ist immer mal wieder ausprobiert worden. Das Ergebnis war stets, daß es keinen Unterschied in der Bewertung gab. Ich kenne auch einige Lehrer, die die Hefte immer von hinten aufschlagen, um den Namen nicht zu sehen. An den Hochschulen hat sich ebenso gezeigt, daß das Anonymisieren der Arbeiten nichts verändert. Bei einer mir bekannten Grundschule… Mehr
Spiegel-Relotius-Story, Stoff für eine ZDF-Soap oder Skandal?
Was fuer eine Frage: ARD und vor allem ZDF sind die gelebte Doku-SOAP zu dem Thema – Arbeitstitel: ‚Scheiss auf die Wahrheit, meine Meinung zaehlt mehr‘