Es scheint nicht mehr weit her zu sein mit den Sonntagsreden aller CDU/CSU, nämlich dass die Schul- und Bildungspolitik das „Kernstück“, „Herzstück“ und „Filetstück“ des Föderalismus sei.
Nun wandelt die CSU auch schulpolitisch auf CDU-Spuren. Immer seltener zeigen damit beide Unionsparteien einen entsprechenden politischen Gestaltungswillen. Das war vor Jahren anders. Über Jahrzehnte hinweg stellten CDU und CSU das Gros der Schulminister in der Kultusministerkonferenz (KMK). Aber es sind weniger geworden. 2013 gab es dort sogar nur noch einen einzigen Schulminister der Union: den CSU-Mann Ludwig Spaenle, dazu die zunächst parteilose Ministerin Brunhilde Kurth auf CDU-Ticket in Sachsen.
Es mögen mittlerweile wieder ein paar mehr sein: in Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Schleswig-Holstein. Aber nun hat – das ist symbolträchtig – Bayerns wiedergewählter Ministerpräsident Markus Söder nach 60 Jahren einer CSU-Führung des Kultus- respektive Schulministeriums dieses Ressort dem Koalitionspartner Freie Wähler (FW) überlassen. Bereits zuvor war dergleichen andernorts geschehen, als CDU-Länderchefs dauerhaft oder vorübergehend dem kleineren Koalitionspartner die Schule überließen: etwa von Beust in Hamburg den Grünen, Kramp-Karrenbauer im Saarland der SPD, Bouffier in Hessen der FDP, Laschet in NRW der FDP.
Es scheint nicht mehr weit her zu sein mit den Sonntagsreden aller CDU/CSU-Granden, nämlich dass die Schul- und Bildungspolitik das „Kernstück“, „Herzstück“ und „Filetstück“ des Föderalismus sei. Praktisches politisches Handeln schaut anders aus – nun eben auch beim einstigen schulpolitischen Schwergewicht Bayern. Dort wird mit dem Fachhochschulprofessor Michael Piazolo (59) ein FW-Mann Kultus- und damit Schulminister. Als Staatssekretärin hat er die FW-Frau und Juristin Anna Stolz (36) zur Seite. Piazolo mag kein bildungspolitischer Frischling sein. Er hatte als Oppositionspolitiker einen maßgeblichen Anteil, dass die CSU – damals noch in der Alleinregierung – die Studiengebühren aufgab. Und er hat – ebenfalls als Oppositionspolitiker – einen maßgeblichen Anteil daran, dass die CSU-Alleinregierung ihr im Jahr 2003/2004 kopf- und konzeptionslos durchgepeitschtes achtjähriges Gymnasium in den Jahren 2015/2016 sukzessive preisgab und zum neunjährigen Gymnasium zurückkehrte.
Wahrscheinlich sitzt all dies quasi posttraumatisch in den Köpfen der CSU-Vorderen, so dass sich auch dort der seit Jahren in der CDU gängige Kalauer festsetzte: Mit der Schulpolitik kann man nur Wahlen verlieren, aber nicht gewinnen. Das ist natürlich Quatsch. Verlieren kann man Wahlen mit Schulpolitik allerdings, wenn man wirre Politik macht.
An einem passablen Schulminister hätte es der CSU nicht gefehlt. Bernd Sibler (47) ist seit zwanzig Jahren Landtagsabgeordneter, er war längere Zeit Staatssekretär im Kultusministerium und zuletzt nach dem rüden Hinauswurf Spaenles durch Söder im März 2018 Kultusminister. Söder konnte Bernd Sibler nicht opfern, weil er als niederbayerischer CSU-Bezirksvorsitzender eines der vergleichsweise besten persönlichen Wahlergebnisse eingefahren hatte. Wohl deshalb hat Söder ihn zum Wissenschaftsminister gemacht und die nur ein Halbjahr amtierende Wissenschaftsministerin Marion Kiechle hinauskomplimentiert. Im Hochschulbereich kann Sibler seine besondere Stärke, nämlich selbst gelernter Lehrer sein und den Schulfamilien zuhören zu können, allerdings weniger gut ausspielen.
Dass eine Kabinettsbildung zumal in Bayern immer einer Quadratur des Kreises gleichkommt, das haben viele Söder-Vorgänger sogar in Alleinregierungen erlebt, zählen bei der Nominierung zu Ministern doch mindestens vier Kriterien: regionale Herkunft, Konfession, Geschlecht und Alter. Bei inkl. Ministerpräsident maximal 18 Kabinettsposten, die die Bayerische Verfassung vorschreibt, eigentlich ein unmögliches Unterfangen, dem diesmal sogar so renommierte und nunmehr vormalige Minister wie Marcel Huber und Winfried Bausback zum Opfer fielen. Man könnte auch sagen: Spaenle, Kiechle, Bausback, Huber – so manche politische Leiche pflastert seinen Weg. Ob sich das irgendwann rächen wird, zum Beispiel wenn Söder in Personalunion auch noch CSU-Vorsitzender werden will?
Aber sei’s d’rum: Gewiss wollten die Freien Wähler ein „großes‘“ Ministerium ergattern: Mit dem Schulministerium ist ihnen dies auch gelungen. Denn eines der beiden anderen „großen“ Ministerien (Inneres, Finanzen) wollte die CSU nicht zur Disposition stellen. Dennoch muss man festhalten: Die Schulpolitik ist der CSU mittlerweile – auf gut bairisch – „wurscht“.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Das G 8 wurde von Stoiber nach dem 60,7 % Wahlerfolg 2003 innerhalb eines Jahres
durchgedrückt. Noch vor der Wahl hat er ein G 8 in Bayern ausgeschlossen. Nach einigen
Jahren mit großen Problemen mit dem G 8 lief es in den letzten Jahren doch ganz gut.
Deshalb war es schon eigenartig nun wieder zum G 9 zurückzukehren.
Ich jedenfalls kann mit einem FW Kultusminister leben.
Hauptsache Rot- Rot – Grün kommt in Bayern nicht über 33 %.
Also mir sind die FW in Bayern bis jetzt nicht als besonders links-grün aufgefallen. Von daher verstehe ich die Aufregung jetzt nicht so ganz…
Mir ist dieser Professor immer noch deutlich lieber als ein Grüner „Bildungsminister“ bei einer zuvor befürchteten Koalition der CSU mit den Grünen. Dieser Kelch ist Gott sei Dank an den Bayern vorbei gegangen.
Auch unter der CSU wurden schon Grün-Sozialistische Einflüsse auf die Schulbildung sicht- und erlebbar….sage nur Islamunterricht…Schreiben nach Gehör…Inklusion….usw.
Na schaun wir mal, so falsch war es ja nun wirklich nicht zum G9 zurück zu kehren. Als Prof. sollte der Mann das Schulsystem als solchen kennen. Vielleicht ist er ja doch der richtige Mann dafür.
Ein Prof hat so ziemlich gar nichts mit dem Schulwesen zu tun. Allerdings stimme ich Ihnen zu, dass die Rückkehr zu G 9 einfach nur sinnvoll und gut ist.
Bisher fand ich nur interessant, wie man in Bayern (und wohl nicht nur dort) Wissenschaftsministerin werden kann (s.u.!). Es lag nahe, daß man ebenso kurz und bündig Ministerin a.D. werden kann. Hauptsache scheint zu sein, keine unnötigen gefährlichen Parteifreunde zusätzlich am Kabinettstisch zu haben.
Markus Lanz vom 13. 6. 2018, ab 51:58 bzw. 54:29:
https://www.youtube.com/watch?v=72coCJTVtxU
Wenn Aldi auf der anderen Straßenseite ist, benötigt man weder Bildung noch Führerschein.
Grmpff! Sibler ist sicher vieles, aber alles andere als eine geeignete Koryphäe für das Bildungsministerium.
Das Innen- und Finanzministerium sind eben wichtiger. Auch könnte sich der FW-Bildungsminister angreifbar machen, was sich medial ausschlachten lässt, aber politisch weniger relevant als Finanzen oder Sicherheit ist.
SCHULPOLITIK IM FREIEN FALL Was brauchen sie noch alles an schulpolitischen Katastrophenmeldungen, bis sie einsehen, dass linksgrün in der Bildung nicht funktioniert? Es ist doch seit Jahrzehnten bekannt, dass es ein enormes schulisches Leistungsgefälle gibt zwischen Bundesländern mit eindeutig linker Ausrichtung wie Nordrhein-Westfalen oder Bremen und eher konservativ (als man es noch so nennen konnte) geführten Bundesländern. Ein Leistungsgefälle zugunsten der konservativ geführten Bundesländer natürlich.Die jetzt irrwitzigerweise zunehmend hingehen und sich an das weniger erfolgreiche Modell anpassen. Baden-Württemberg ist unter grüner Ägide schon hinten runter gefallen, Bayern wird folgen. Auch hier wieder das Phänomen, das seit Jahren in unserer Gesellschaft… Mehr