Wahlkampf zwischen Platzpatronen-Duell und journalistischem Wattebällchen-Pingpong.
Diese Kolumne hätte ich sogar schreiben können, wenn ich mir das Platzpatronen-Duell Merkel/Schulz nicht angeschaut, sondern in dieser Zeit 90 Minuten lang Sport oder Lektüre betrieben hätte. Aber keine Sorge, lieber Leser, ich habe mir den journalistischen Wattenbällchen-High-Noon namens TV-Duell angetan.
Trotzdem will ich erst einmal sehr grundsätzlich werden. Nach meinem Verständnis ist es der Job und das verfassungsmäßig garantierte Recht der Presse, ja deren Pflicht, real praktizierte Politik nicht nur zu berichten, sondern sie kritisch zu begleiten. Dann wäre sie wirklich und zu Recht die vierte Gewalt im Staate. Andernfalls funktioniert Gewaltenteilung nicht mehr – vor allem nachdem das Parlament aufgehört hat, die Regierung zu kontrollieren, und die Regierung begonnen hat, das Parlament und dessen Regierungskoalition zu kontrollieren. Nun haben wir zu erheblichen Teilen auch noch eine privatrechtlich organisierte und eine öffentlich-rechtliche Presse (sie nennt sich Qualitätspresse), die als Kontrollinstanz ausfällt, weil sie sich wie eine Hofberichterstattungsinstanz von der Regierung diktieren lässt, was und wie oft sie fragen darf.
Wenn solchermaßen die Fäden der eigentlich ersten „Gewalt“ namens Parlament und der „vierten“ Gewalt namens Presse im Bundeskanzleramt zusammenlaufen, liegt der Begriff „total“ oder „totalitär“ in der Luft. Putin, Erdogan und Lukaschenko lassen grüßen – um nur mal lebende Exemplare „gelenkter“ Demokratie zu nennen.
Aber zurück zu den „Star“-Journalisten! Brav und zahnlos waren sie. Es kam auch deswegen kein Leben in die Bude, zumal die Amtsinhaberin über mindestens 80 Minuten hinweg die Schlaftablette gab und der Herausforderer sich willentlich oder unwillentlich immer wieder von eigenen Genossen absetzen musste.
Ständig lagen mir Fragen auf der Zunge, die hätten gestellt werden müssen im TV-Duell. Stattdessen: Leitkultur, Fehlanzeige! Griechenland, Fehlanzeige! Kirchenasyl, Fehlanzeige! Was sind denn die „Fluchtursachen“? Doch wohl zu 90 Prozent wirtschaftliche Begehrlichkeiten? Auch hier Fehlanzeige! Kosten der Energiewende, Fehlanzeige! Größenordnung des Familiennachzuges, Fehlanzeige! Man begnügte sich mit Antworten der Art „Diesen Weg werden wir weiterbeschreiten ….“ oder „Daran müssen wir weiterarbeiten ….“ Stattdessen ein gemeinsames Eindreschen auf Trump und natürlich auf Orban, dem man eigentlich dankbar sein müsste, dass er die Grenzen dichtgemacht hat. Wie wäre es hier mit der journalistischen Provokation gewesen? Zum Beispiel der These: Ohne Orban und seine Grenzschließungen gäbe es heute keine Bundeskanzlerin Merkel mehr!
Mein Resümee: Ich hätte doch Sport treiben oder 50 Seiten eines guten Buches lesen sollen. Denn hier traten zwei plus vier Leute auf, die bei mir den Eindruck nährten, wie wenn jetzt schon Koalitionsverhandlungen für eine neue GroKo anstünden. Aber wahrscheinlich will das der deutsche Wahl-Michel so. Er will nicht belästigt werden. Er will ein „weiter so!“ Insofern hat der deutsche Michel die Regierung und den Journalismus, den er verdient. Mein Trost: Immerhin habe ich mir die nachfolgende „Evaluation“ des Duells bei Anne Will mit dem Baron, Müntefering und Gottschalk gespart. So konnte ich wenigstens meinen Erdnusskonsum stoppen, weil ich – siehe diesen Text – in die Tasten greifen musste.
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Wir erleben zur Zeit etwas, was es meines Wissen so noch nie gegeben hat: Ein Land – Deutschland – „DDR-isiert“ sich vollkommen freiwillig und fast ohne Widerstand. Freiheit des Denkens scheint in der Wohlstandsgesellschaft mit zu grossen Unbequemlichkeiten verbunden zu sein. Man erträgt sie nicht.
Und unsere politische Klasse – der Ausdruck „Elite“ verbietet sich eigentlich für dieses pseudointellektuelle Lumpenproletariat – verfällt in Sektiererei. Komplett mit allem Zubehör: Hohepriester, Prediger, Inquisitoren…
Wenn es nicht so traurig wäre, man müsste als Sozialwissenschaftler frohlocken, ein solches Phänomen beobachten zu dürfen.
…und viel wichtiger noch: Was sagen die Kandidaten zur Zukunft? Welche Visionen haben sie? Welche Ziele? Wie soll die Republik in ein paar Jahren aussehen?
Man findet auf youTube einen ganzen Kanal der AfD mit wunderbaren Mitschnitten aktueller Wahlkampfauftritte. Tolle eloquente Redner, auch unterhalb der Parteiführung. Das sehe ich mir an, um nicht rettungslos in die Depression zu verfallen. Ja, es gibt noch viele gute Leute mit Verstand und Herz in diesem Land. Nicht in den ÖR Anstalten, sondern auf youtube kommen sie zu Wort, weil ihnen die Politik öffentlich den Mund verbietet.
Auch wenn sie die Zerstörung nicht mehr aufhalten werden, sie geben doch ein Beispiel dafür, daß noch aufrechte Demokraten für etwas kämpfen, an das sie glauben.
Rein menschlich macht mir das Hoffnung.
Gut beschrieben. Meine „Theorie“ zu Merkels Motivation: Merkel is imSozialismus aufgewachsen, sozialisiert worden und „groß“ geworden. Sie war mehr als eine Mitläufer. Sie war eine Stütze des Systems und hätte sicherlich in der DDR Karriere gemacht. Die freiheitlich demokratische Grundordnung des Klassenfeindes BRD war ihr immer verhaßt. Der Klassenfeind mußte zu jeder Zeit mit allen Mitteln bekämpft werden. Diesen Haß auf unsere freie und freiheitliche Gesellschaft hat sie nie abgelegt und versucht weiterhin alles, um unsere freie Gesellschaft zu beschädigen. Sie hat bereits mehr als den halben Weg zurückgelegt. Ironie der Geschichte aus meiner Sicht: Die ehemaligen Ossis wählen mittlerweile… Mehr
Es wird ja immer wieder gern ins Feld geführt, die BRD hätte die DDR einfach übernommen und einkassiert. Ein Vierteljahrhundert später kommt man nicht umhin, seine Meinung noch einmal zu überprüfen. Zumindest politisch scheint mir einiges dafür zu sprechen, dass die DDR zäher ist, als manch einer für möglich gehalten hat.
Ja Herr Ost, da zitieren wir die deutschen Klassiker, eine Kultur die es ja lt. Özugus gar nicht gibt. Man sollte ihr unsere Klassiker täglich um die Ohren hauen, damit sie mal was anderes kennenlernt , denn nach ihrem Spruch scheint sie nur den Koran zu kennen.
Diese schrieb Ich letzte Woche bei Hugo Müller-Vogg,dem ist nichts hinzu zufügen:Old-Man • vor 4 Tagen
Ich glaube,Ich werde mir das Spektakel bei einer guten Flasche Wein anschauen,aufnahmebereit muss Ich ja nicht sein,denn meine Wahlentscheidung steht schon lange fest.Aber Hexe Kaukau und den Klabautermann in einem Studio,abgehorcht und breit geklopft von der Spitze des Deutschen Meinungsmanipulier Fernsehen ,das wird ein Fest der Sinne!!
Aber danach denke Ich dann doch wieder,warum hast Du dir das angetan,du alter Zausel!!
Heute sage Ich mir es dann noch einmal:warum hast Du dir das angetan,du alter Zausel????
Sie haben mit jedem Wort Recht Herr Kraus!!
….wären es noch Platzpatronen gewesen……
Am lustigsten fand ich, wie Merkel, ganz die Kanzlerin, diverse Präsidenten und Organisationen (UN) aufzählte, mit denen sie dies und das besprochen habe und Schulz aus dem Off immer rief „Ja…ja.. genau..ja..“
Da wirkte er, wie ein Looser, der auf dem Schulhof versucht, in den Kreis der angesagten Schüler vorzudringen und es nicht schafft.
Wie armseelig die Presse ist, merkte man am Ende, als Herr Klöppel versuchte, das Diktieren der Duell Anzahl, durch einen Witz ins lächerliche zu ziehen.
Dem schwante wohl, was man da gemacht hat. Was für Pfeiffen. Kein Wunder das die GroKo sich aufführen, wie Gutsherren.
Ich habe das TV-Duell glücklicherweise nicht gesehen. So, wie Sie es beschrieben haben, klingt es auch nicht nach Duell, sondern eher nach Synchronschwimmen.
In der Art: „‚Mal sehen‘, sprach der Blinde zum Lahmen, ‚es wird schon gehen‘.“
Habe das TV-Duell nicht gesehen, aber laut „Business Insider“ beschwerten sich viele Zuschauer wohl, dass die Moderatoren, besonders Strunz, zu AfD-mäßig gefragt hätten: „Auch bei Twitter stieß die Rolle der Moderatoren auf Kritik — vor allem die überspitzten Fragen erinnerten viele an die Rhetorik der AfD. Das Duell war in die Themenkomplexe Flüchtlingspolitik, Außenpolitik, soziale Gerechtigkeit und innere Sicherheit eingeteilt. Besonders bei der Flüchtlingspolitik und der inneren Sicherheit hatten viele Zuschauer das Gefühl, die AfD habe jetzt schon den Erfolg gefeiert, im TV-Duell stark präsent gewesen zu sein.“ Wenn man mal die Twitter-Accounts anklickt, stellt man fest, dass diese „vielen… Mehr