Crouch sieht ein Gemeinwesen heraufdämmern, "in dem zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden, in dem allerdings konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte so stark kontrollieren, dass sie zu einem reinen Spektakel verkommt über Probleme, die die Experten zuvor auswählen.
Zwischen Bertelsmann und der Politik gibt es seit Jahrzehnten zahlreiche Drehtüren. Man adelt und protegiert sich gegenseitig. Die Liste der Personen, mit denen Bertelsmann in enger Verbindung stehen, liest sich wie ein „Who is Who“ deutscher und internationaler Politik. So holte sich Bertelsmann bereits für die Jahre 1991 und 1992 mit Horst Teltschik einen der engsten Berater von Helmut Kohl als Geschäftsführer in die Stiftung. Die Stiftung eröffnete sich damit einen Zugang in engere Kreise um Kohl und über die Bundesrepublik hinaus, zum Beispiel zum Ehepaar Gorbatschow. Teltschik hat die bis dahin unbekannte Stiftung zu einer Größe in der Politik gemacht. Zum Beispiel nutzte er seine Kontakte und versammelte führende Politiker vom 3. bis zum 5. April 1992 zum ersten Bertelsmann Forum im Gästehaus der Bundesregierung auf dem Petersberg bei Bonn.
Aber es geht in den Rängen der Politik noch weiter nach oben. Recht intensiv haben sich Frank Böckelmann und Hersch Fischler 2004 mit den personellen Verflechtungen des Bertelsmann-Konzerns befasst. In ihrem Buch „Bertelsmann – Hinter der Fassade des Medienimperiums“ heißt es: Gerhard Schröders „Wahlsieg und die Agenda 2010 sind auf dem Terrain der Bertelsmann Medien und der Bertelsmann Stiftung gewachsen.“ Ein anderes Kapitel der Autoren ist überschrieben mit „Ein (Ex-)Bundespräsident im Internet-Fieber“. Ferner heißt es dort: „Für Reinhard Mohn wurde der neue Bundespräsident (gemeint ist Roman Herzog, der Verf.) ein ‚Freund‘ und als solcher ein enger Mitarbeiter in Stiftungsangelegenheiten.“ Auch zwischen Mohn-Gattin Liz und Roman Herzog bestand Jahre ein vertrautes Verhältnis. Zum Beispiel durfte Liz Mohn Herzog 1998 bei seinem Staatsbesuch bei der Queen in England begleiten.
Im Jahr 1999 veranstaltete die Bertelsmann Stiftung unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Herzog den „Deutschen Bildungskongress“. Man legte dort in einem Memorandum Leitlinien für das Bildungssystem der Zukunft vor. Eng blieben die Verbindungen der Stiftung zum Bundespräsidenten über Roman Herzog hinaus. Johannes Rau hielt im März 2002 die Festrede zum 25-jährigen Bestehen der Stiftung. Und Joachim Gauck? Unsympathisch scheint ihm die Bertelsmann Stiftung nicht zu sein. Sein Buch „Freiheit“ ist in einem Verlag von Bertelsmann erschienen, und seinen 70. Geburtstag hat er als Noch-Nicht-Präsident im Januar 2010 in der noblen Repräsentanz von Bertelsmann in Berlin Unter den Linden gefeiert.
Wer nun meinte, wenigstens die „Öffentlich-Rechtlichen“ würden sich beim Thema „Bertelsmann“ abstinent verhalten, sieht sich getäuscht. Auch hier gibt und gab es zahlreiche Verflechtungen. Hier (Stand: 15. April 2010) wird ohne Widerspruch festgehalten: „Auch die öffentlich-rechtlichen Sender sind mit Bertelsmann verbandelt. So ist zum Beispiel der ehemalige stellvertretende Chefredakteur des ZDF und frühere Leiter der Hauptredaktion Aktuelles und heutige Leiter des Washingtoner ZDF-Studios, Klaus-Peter Siegloch, im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung. Auch der frühere ZDF Intendant Dieter Stolte, der z. B. 1999 eine kritische Reportage über die Rolle Bertelsmanns im Dritten Reich verhinderte, gehörte noch während seiner Amtszeit dem Kuratorium an. Der Nachfolger von Nikolaus Brender als Chefredakteur des ZDF, Peter Frey, ist „Fellow“ des von Bertelsmann getragenen „Centrums für angewandte Politikforschung“ (CAP).
Es ist höchst fragwürdig, wenn sich Politik und Stiftung wechselseitig instrumentalisieren. Dass die Bertelsmänner nachweislich sogar auf Mediengesetzgebung Einfluss nahmen, ja gar die Entwürfe dazu lieferten; dass sich die Bertelsmann Stiftung jeder demokratischen Kontrolle entziehen kann, ist in hohem Maße bedenklich. Dass so etwas kommen würde, hat Günter Gaus bereits 1970 erahnt. Im „Spiegel“ Nr. 11/1970 schrieb er schier prophetisch von einer „Totalität, mit der ein künftiger Informations-Konzern von Bertelsmann-Größe auf die Gesellschaft Einfluss nehmen wird.“
Crouch sieht nämlich ein Gemeinwesen heraufdämmern, „in dem zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden, … in dem allerdings konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte während der Wahlkämpfe so stark kontrollieren, dass sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben. Die Mehrheit der Bürger spielt dabei eine passive, schweigende, ja sogar apathische Rolle … Im Schatten dieser politischen Inszenierung wird die reale Politik hinter verschlossenen Türen gemacht …“ (Siehe Colin Crouch: Postdemokratie, 2008). Ingrid Lohmann schreibt 2010 von einer „Privatisierung des Politischen“ und dass die „Grenzen zwischen dem Ökonomischen und dem Politischen verwischt“ würden. (Ingrid Lohmann: Die ‚gute Regierung‘ des Bildungswesens: Bertelmann Stiftung; in: Jens Wernicke und Thorsten Bultmann, Torsten (Hg.): Netzwerk der Macht – Bertelsmann. Marburg 2010)
Bertelsmann, Konzern und Stiftung, lässt gerne und viel über sich schreiben. Wenn es denn nichts Kritisches ist. Weniger offensiv geht Bertelsmann mit seiner Vergangenheit in den Jahren 1933 bis 1945 um. Bertelsmann gehört in diesen Jahren nämlich keineswegs zu den Geschädigten, sondern zu den Kriegsgewinnlern. Der Verlag lieferte mehr als ein Viertel der gesamten Buchproduktion, die als Soldatenlektüre für die Wehrmacht bestimmt war. Der damalige Bertelsmann-Chef Carl Heinrich Mohn (1885 – 1955) war Mitglied der Bekennenden Kirche, aber zugleich seit 1921 „Förderndes Mitglied der SS“; er hatte Laut Süddeutscher Zeitung vom 18. Januar 2000 an Jugend- und andere Organisationen des NS-Staates rund 15.000 Reichsmark gespendet. 1946 bekam er die Lizenz für die Buchproduktion zurück. Seine Mitgliedschaften musste er ein Jahr später schließlich bekannt machen, freilich mit dem Zusatz: „Alle diesbezüglichen Unterlagen sind verbrannt.“ 1999 wollte 3Sat einen kritischen Bericht über die Vergangenheit des Bertelsmann-Verlages im Dritten Reich bringen. Der damalige ZDF-Intendant Dieter Stolte, während seiner Amtszeit Mitglied im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung, hat daraufhin bei 3Sat interveniert und den Beitrag verhindert.
Ausführliches, auch zum Wert von Bertelsmann-„Studien“, findet sich im Buch von Josef Kraus: „Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt“. Erschienen 2017. Dort S. 23 – 50 das Kapitel „Machtspiele – Eine Stiftung hält die Fäden in der Hand“
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Die Bert. M. Stiftung kommt einer Propagandamaschine gleich ,die sich dem Merkelschen System angedient hat und von diesem auch ausgenutzt,benutzt wird . Auf Wohlwollen und Wohlbefinden im Sog demokratischem System folgt die staatstragende Propaganda ,gerne in Form von als wissenschaftlich herausgestellten Studien . Damit kann dann Regierungspolitik “ wissenschaftlich “ untermauert werden . Angeblich soll dadurch die Glaubwürdigkeit steigen. Aber nur angeblich ! Denn die Menschen sind ja nicht doof . Zumindest die Masse im Volke,die sich mit dem Politikbetrieb kritisch auseinandersetzt.. Und dort sind die BMSt . Meinungsäußerungen als das angekommen ,was sie sind : altmeiern auf Stiftungsniveau ,… Mehr
Danke für die gesammelten und komprimierten Informationen. Dieser Artikel sollte eigentlich Pflichtlektüre für die politische Bildung sein, das weiss der polit-mediale Komplex aber zu verhindern.
Wer den „Ergebnissen“ der Bertelsmann-Stiftungen glaubt, dem ist nicht zu helfen.
Ein altes, anscheinend vergessenes, Sprichwort besagt: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ Passt
Zitat: „Weniger offensiv geht Bertelsmann mit seiner Vergangenheit in den Jahren 1933 bis 1945 um.“
Was nicht nur für Bertelsmann gilt. Hier gibt es gerade bei den Konzernen und Verlagen, die das Geschäftsmodell der „Vergangenheitsbewältigung“ seit Jahren besonders intensiv betreiben offensichtlich eine Abneigung gegenüber „Nestbeschmutzern“. Wie sonst ist es zu erklären, dass es gerade zu diesem Thema trotz der vielen Regalmetern „Vergangenheitsbewältigungsliteratur“ in den Buchhandlungen kein einziges Buch gibt? Und auch in den sonstigen Medien wie etwa TV kommt dieses Thema trotz gefühlter 24- Stunden Berieselung praktisch nicht vor…
Das Propagandaministerium heißt jetzt Bertelsmannstiftung. Mit der Aufgabe jede Fehlentscheidung in eine Erfolgsmeldung umzuinterpretieren. Es funktioniert bei der weit verbreiteten Interessenlosigkeit gut. Niemand hat sich daran gestört das E.Brok die Allukrainische Vereinigung „Swoboda“ deutsch kurz Freiheit) eine ukrainische rechtsradikale und radikal nationalistische Partei im ARD-Magazin Panorama als eine Partei bezeichnete, die immerhin wesentlich mit dazu beigetragen habe, einen Diktator zu stürzen, und die sich, ungeachtet ihrer Vergangenheit, nunmehr ebenfalls für Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine einsetze. Wenn es passt mutieren Nazis schon mal zu Kämpfern für Rechtsstaalichkeit. In Deutschland sieht das etwas anders aus, kritische Wortmeldungen zu Mißständen werden mit Nazivergleichen… Mehr
Zu Beginn ihrer Kanzlerschaft hat sich Merkel der Unterstützung wichtiger Frauen in der Wirtschaft versichert, auch der bestimmenden Eigentümerin von Bertelsmann, Liz Mohn, der bestimmenden Eigentümerin der Springer-Presse (Bild, Die Welt uva.), Friede Springer und anderen. Maria Furtwängler, die Ehefrau von Burda-Chef (Focus uva.) Hubert Burda, macht auch kein Geheimnis aus der Sympathie für Merkel. Ihr Mann dürfte da kaum völlig anders ticken.
Über die Verlautbarungen der Bertelsmann-Stiftung wundere ich mich jedenfalls nicht.
Ich lasse mir meine Meinung nicht von irgendwelchen Ergebnissen irgendwelcher Studien, von wem auch immer erstellt, vorexerzieren, egal wer in welchem Stiftungsrat sitzt und seine unmaßgebliche Meinung beisteuert. Dass sich all diese Menschen korrumpieren lassen, erfüllt mich mit tiefer Verachtung und festigt mich in der Überzeugung, dass es gut ist, seinen eigenen Impulsen und Überzeugungen zu folgen.
Anbei ein kurzer Artikel vom Spiegel aus den Jahr 2000, über die Zusammenarbeit
mit den Naziregime bis Kriegsende!
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-15433406.html
Ich verstehe nicht, was der „kritische“ Beitrag über die Rolle im Dritten Reich soll.
Am Ende kommt nur heraus, dass man Sühne leisten müsse und damit dann ganz ungeniert die Merkelsche Mainstream Presse ist.
Pro Migration, Pro Globalisierung… ganz sicher keine Merkmale des 3. Reiches.
Alles bekannt. Wieviele Kriegsgewinnler haben wir bei uns eigentlich wieder reich gemacht? Wer heute vom dummen Michel schreibt, sollte sich erinnern wieviele Deutsche diese Bücher flatrate bei Bertelsmann hatte, um sich mit Konsalik zu bedröhnen. War nicht soviel anders als heute RTL u.ä.
Wir sollten eine Monarchie einrichten. Das gekrönte Haupt hieße nicht Merkel sondern Mohn. Dann wäre die Schmonzette perfekt. Und das Volk hätte zwar kein Brot aber endlich was zum bewundern.