In Berlin hat der Vater zweier Gymnasiasten gegen die Verwendung der „genderneutralen“ Sprache an deren Gymnasium in Friedrichhain-Kreuzberg sowie gegen die dort im Ethikunterricht dargestellte Identitätspolitik und die „Critical Race-Theory“ geklagt. Im Eilverfahren hat die 3. Kammer des Verwaltungsgericht Berlin die Klage zurückgewiesen. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Hintergrund: Der Vater hatte – ehe er im Februar 2023 vor Gericht zog – im Oktober 2022 in einem 15-seitigen Beschwerdebrief an die Schulaufsicht kritisiert: „Die Gendersprache greift in den Schulen immer mehr um sich. Ich möchte aber, dass meinem Kind in der Schule normgerechtes Schreiben beigebracht wird.“ Dem Vater missfällt besonders der Unterricht einer jungen Lehrerin; diese „gendert auffällig und extrem konsequent, nicht nur schriftlich in Unterrichtsmaterialien und E-Mails, sondern auch sprachlich, mit Pausen für den Stern.“ Schüler, die dies nicht täten, würden sich isoliert fühlen. Der Vater kritisierte zudem die im Unterricht praktizierten „Pronomen-Stuhlkreise“ einer anderen Lehrerin. Während der Stuhlkreise müsse jedes Kind äußern, mit welchem Pronomen es angesprochen werden möchte. Der Berliner Vater spricht hierbei von einem „Zwangs-Outing“.
Nun also das Urteil der 3. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts. Der Text des Urteils liegt uns noch nicht vor. Wir haben uns deshalb erst einmal die Presseerklärung des Gerichts vom 27. März 2023 angeschaut und müssen feststellen: Das Gericht hat seine Ablehnung der Klage des Vaters äußerst dürftig, ja hanebüchen begründet. Nachfolgend nehmen wir uns sieben Aussagen des Verwaltungsgerichts (VG) vor.
1. Das Verwaltungsgericht Berlin will vor dem Hintergrund des staatlichen Erziehungsauftrags in der Schule in diesem Beschwerdefall nicht erkennen, dass das elterliche Erziehungsrecht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit verletzt ist und die Schulaufsicht einschreiten müsste. Unser Kommentar: Laut Grundgesetz Art. 6 sind Pflege und Erziehung der Kinder das vornehmste Recht der Eltern. Das gilt im besonderen für Fragen der Werteerziehung und der Sexualerziehung.
2. VG Berlin: Die Schulleitung habe den Lehrern die Verwendung genderneutraler Sprache im Unterricht ausdrücklich freigestellt und gleichzeitig klar darauf hingewiesen, dass die Regeln der deutschen Rechtschreibung im Lehr- und Lernprozess einzuhalten seien. Unser Kommentar: Diese Sätze passen nicht zusammen. Die Gender-Sprache weicht von den Regeln der deutschen Rechtschreibung ab. Beliebigkeit hat hier nichts zu suchen. Sie wäre zum Nachteil der Heranwachsenden.
3. VG Berlin: Gegen die Vorgabe der deutschen Amtssprache verstoße eine genderneutrale Kommunikation der Schulen mit Eltern- und Schülerschaft nicht, da diese angesichts der breiten öffentlichen Diskussion selbst bei Verwendung von Sonderzeichen hinreichend verständlich bleibe. Unser Kommentar: Nein, die Gendersprache ist eben in vielen Fällen nicht verständlich, grammatikwidrig oder gar Unsinn. Etwa der Satz: „Letztes Jahr gab es drei tote Radfahrende.“ Oder die Redewendung „Planetin Erde“. Oder „Mitgliederinnen“ oder „Gästinnen“. Oder „Spatzinnen und Spatzen“ …. Außerdem steht die öffentliche Diskussion (nicht leider die veröffentlichte Diskussion) frontal gegen die Gendersprache. Je nach Umfrage wird die Gendersprache von 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung abgelehnt.
4. VG Berlin: Der Verwendung genderneutraler Sprache könne schließlich nicht das Gebot der politischen Neutralität im Schuldienst entgegengehalten werden, weil mit ihr nach Auffassung der Kammer keine politische Meinungsäußerung einhergehe und heutzutage überdies sowohl die Verwendung als auch die Nichtverwendung eine politische Zuschreibung zuließen. Unser Kommentar: Klar, die Verwendung der „Gender“-Sprache soll unter Aufsicht des Staates eine „richtige“ Haltung gegenüber Fragen einer „diversen“ Geschlechtlichkeit signalisieren. Anders ist es nicht zu erklären, dass das „grün“ geführte Bundesfamilienministerium über die Amadeu-Antonio-Stiftung eine Meldeplattform finanziert, auf der Kritik an der Genderideologie angeprangert werden kann.
5. VG Berlin: Der Eilantrag könne außerdem deshalb keinen Erfolg haben, weil der Vater keine schweren und unzumutbaren Nachteile seiner Kinder durch die angegriffene Schreib- und Sprechweise nachgewiesen habe, zumal der Spracherwerb bei den beiden Zehntklässlern weitgehend abgeschlossen sein dürfte. Unser Kommentar: Gerade der letzte Halbsatz ist voll daneben. Wenn dem so wäre, zumal nach den katastrophalen Ergebnissen Berlins in Schulleistungstests, dann würde sich jede weitere sprachliche Bildung über die 10. Klasse hinaus erübrigen.
6. VG Berlin: Die Behauptung des Vaters, dass Gendersprache, Identitätspolitik und „Critical Race-Theory“ einseitig dargestellt und seine Kinder „indoktriniert“ würden, habe sich nach den von der Kammer eingeholten Stellungnahmen nicht bestätigt. Unser Kommentar: Diese „Stellungnahmen“ würden uns doch sehr interessieren, vor allem deren Verfasser. Bis wir darüber genauere Informationen haben, vermuten wir mal ganz freimütig, dass es sich hier um Stellungnahmen etwa des „Genderkompetenzzentrums“ der Humboldtuniversität Berlin handelt.
7. VG Berlin: Den Kindern sei es grundsätzlich zuzumuten, mit den Auffassungen und Wertvorstellungen einer pluralistischen Gesellschaft – trotz eines möglichen Widerspruchs zu ihren eigenen Überzeugungen – konfrontiert zu werden.
Unser Kommentar: Erziehung zur Toleranz gegenüber Minderheiten und Mini-Minderheitenpositionen ist das eine. Eine Indoktrination, die solche Mini-Minderheitenpositionen zum Standard macht, verstößt gegen den Bildungs- und Erziehungsauftrag von Schule.
Fortsetzung der „Genderpädagogik“ mit anderen Mitteln
Was das VG Berlin hier macht, ist die verwaltungsgerichtliche Fortsetzung der spätestens seit 2018 praktizierten, hochkarätig ideologisierten „Genderpädagogik“ des Bundeslandes Berlin. Dort werden bereits Kita-Kinder auf „Gender“, „Trans“, „Divers“ und Co. getrimmt. Siehe dazu die 140-seitige Handreichung aus der Feder von QUEERFORMAT und dem Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg. Der Titel der Handreichung sagt schon alles: „Murat spielt Prinzessin, Alex hat zwei Mütter und Sophie heißt jetzt Ben – Sexuelle und Geschlechtliche Vielfalt als Themen frühkindlicher Inklusionspädagogik.“