Wir dürfen unsere Werte nicht verschleudern

Gerade in Zeiten des Umbruchs dürfen wir nicht bei der erstbesten Gelegenheit unsere Werte über Bord werfen. Im Gegenteil: Gerade jetzt braucht es Standhaftigkeit. Wer unsere Werte nicht teilt, kann und darf für uns kein Partner sein.

Ismail Tipi, Landtagsabgeordneter CDU Hessen

Es ist die sprichwörtliche Wahl zwischen Pest und Cholera: Lieber das Gas der Russen, die einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in Europa führen, oder den Wasserstoff der Kataris, die Menschenrechte mit Füßen treten und Pate stehen für radikal-islamistischen Terrorismus?

Ich will nicht so tun, als ließe sich diese Frage einfach beantworten – ganz im Gegenteil: Unsere globalisierte Welt ist komplex. Wir müssen der Wahrheit ins Gesicht schauen, unverblümt und schonungslos: Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Auch wenn der Wind weht und die Sonne scheint, werden wir nicht allein mit unseren Energieressourcen auskommen, sondern sind auf Energieimporte und damit auch auf ausländische Partner angewiesen. Diese Wahrheit musste jetzt auch der grüne Bundeswirtschaftsminister erkennen.

Guten Morgen, Deutschland. Zynisch könnte man jetzt fragen: Na, gut geschlafen? Aber sind wir ehrlich: Die romantischen Träumereien von der schönen neuen Welt waren schon lange Luftschlösser erster Güteklasse. Der Krieg in der Ukraine holt auch unsere Ampelkoalitionäre zurück in die Wirklichkeit, auf den harten Boden der Tatsachen.

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Was also tun? Ich glaube wir sind gut beraten, wenn wir uns nicht von einem Despoten lossagen, nur um dem nächsten in die weit geöffneten Arme zu fallen: Wir dürfen nicht den russischen Autokraten gegen den arabischen Familienclan austauschen, der von Menschen- und Frauenrechten ebenso wenig wissen will wie der russische Kremlchef von Völkerrecht und staatlicher Souveränität.

Bei aller Notwendigkeit eines raschen politischen Wandels dürfen wir nicht vergessen, wer uns freudig erregt die Hand hinstreckt: Das arabische Emirat Katar finanziert radikal-islamistische Terrorgruppen, gilt als treuer Unterstützer der in Deutschland völlig zurecht verbotenen Terrorgruppe Hamas und versorgt die Glaubensbrüder mit Waffen und Munition.

So unschön diese Wahrheit ist: Das Blut unzähliger unschuldiger Menschen, Frauen und Kinder klebt an den Händen, die nun der Bundeswirtschaftsminister ergreifen will. Im Bemühen um die Versorgungssicherheit möchte die amtierende Bundesregierung wohl nicht allzu wählerisch sein. Robert Habeck sieht in den Scheichs vom Persischen Golf das geringere Übel.

In meinen Augen ist das blanker Hohn: Es ist unfassbar, dass sich der Bundeswirtschaftsminister anmaßt, das Leid von Menschen gegeneinander aufzuwiegen. Natürlich macht uns der Angriffskrieg des russischen Machthabers Wladimir Putin betroffen – nicht zuletzt, weil er mitten in Europa tobt, praktisch vor unserer Haustür. Das Leid der Menschen, der Flüchtlinge und derer, die in den Kriegsgebieten gefangen sind, ist nach wie vor unermesslich – und umso beschämender ist die deutsche Zurückhaltung, hierauf zu reagieren.

Das Spiel der Kataris ist jedoch nicht minder gefährlich: Obgleich die Scheichs nicht selbst als Kriegsparteien auftreten, so sind sie doch die treibende Kraft hinter dem Dschihad verschiedener Islamistengruppen, deren Terroranschläge und Gewalt gegen die lokale Bevölkerung ebenso Angst und Tod bringen. Ich möchte mir nicht anmaßen, zwischen diesen Optionen zu entscheiden und empfinde es zugleich als vermessen, wie sich die Bundesregierung in Katar anbiedert. Ich will nochmals in aller Deutlichkeit sagen: Das ist beschämend.

Gerade in Zeiten des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs, in denen mitunter auch die Machtverhältnisse der westlichen Welt neu geordnet werden, dürfen wir nicht bei der erstbesten Gelegenheit unsere Werte, Prinzipien und Überzeugungen über Bord werfen. Ganz im Gegenteil: Gerade jetzt braucht es Standhaftigkeit.

Was könnte uns besser als Leitschnur in unsicheren Fahrwassern dienen als die Werte, die wir uns mit unserer Verfassung zu eigen gemacht haben: Freiheit. Demokratie. Rechtsstaatlichkeit. Die unbedingte Achtung der menschlichen Würde. Wer diese Werte nicht teilt, kann und darf für uns kein Partner sein. Das muss so deutlich gesagt werden. Und eben diese Deutlichkeit erwarte ich auch von der Bundesregierung.

Dass ein solches Rückgrat wohl aber zu viel verlangt ist, zeigt ein Blick auf des Deutschen liebstes Hobby: Während der FC Schalke 04 kurz nach dem Start der russischen Invasion den Schriftzug des Hauptsponsors Gazprom von den Trikots entfernen ließ und nun auch ein lukratives Angebot des russischen Ölkonzerns ausgeschlagen haben soll, schämt sich der FC Bayern München nicht dafür, den Schriftzug der staatlichen Airline Katars weiter auf seinen Trikots zu zeigen. Ich habe es schon mehrfach gesagt und wiederhole es gern wieder: Diese Doppelmoral ist zynisch und macht mich ebenso sprachlos wie wütend.

Jetzt ist die Zeit zu handeln, nicht nur im Fußball, sondern auch in der Politik. Wir müssen uns lossagen, von alldenjenigen, die unsere Werte mit Füßen treten. Dieser Prozess wird schmerzhaft und mitunter auch entbehrungsreich. Am Ende steht doch aber die eine Frage: Welchen Wert hat unsere Freiheit noch, wenn wir sie selbst abschaffen? Die Antwort sollte hoffentlich jedem klar sein.

Deswegen fordere ich einmal mehr: kein Ausverkauf unserer Werte, sondern entschlossenes und entschiedenes Handeln. Hierzu braucht es nur drei Buchstaben: MUT und TUN. Werte verkommen, wenn wir sie nicht leben. Leben heißt, ihnen täglich neuen Sinn einzuhauchen, sie zu verinnerlichen und uns zu eigen zu machen. Das ist unser Auftrag – gerade dann, wenn die See um uns herum rauer und stürmischer wird. Hier stellt sich die Scheidefrage: Halten wir Kurs oder versinken wir?

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Kommentare ( 28 )

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Robby
2 Jahre her

Was spricht dann dagegen, das eigene Erdgas und -öl in Niedersachsen zu fördern? Das wäre eigene Wertschöpfung, klimafreundlicher, als Gas und Öl über lange Strecken erst herbeizuholen, machte uns unabhängiger von Diktaturen aller Art. Aber Deutschland ist ja spätestens seit Ihre Parteifreundin Merkel regiert hat, so rohstoffarm wie noch nie. Was spricht dagegen, Kohlekraftwerke nicht abzuschalten, sondern das CO2 abzuscheiden, wenn es denn klimaschädlich ist? Warum hat man zum Jahresanfang bestehende Kraftwerke schnell noch abgeschaltet, obwohl man wusste, dass die Gasspeicher leer waren? Warum sind neu zu bauende Gaskraftwerke klimafreundlicher als vorhandene Kernkraftwerke, deren CO2-Ausstoß doch eher gering ist? Warum… Mehr

Joama
2 Jahre her

Aus verschiedenen Gründen muss ich dem Artikel widersprechen. Zum einen finde ich die „wertegeleitete“ Außen- und Wirtschaftspolitik vermessen. Wer sind wir, um uns als moralischer Lehrmeister der Welt aufspielen zu wollen? Außerdem haben wir selbst im eigenen Land Demokratiedefizite, die erst einmal behoben werden müssten: die politische Einseitigkeit der staatlichen Medien, die offizielle Benachteiligung und Diffamierung der demokratisch gewählten Opposition, die der Bevölkerung aufgezwungene ideologische Sprachregulierung etc. Aber selbst wenn man der Meinung ist, dass am deutschen Wesen die Welt genesen soll, verstrickt man sich unweigerlich in heillose Widersprüche, wenn man anfängt, mit „Werten“ zu argumentieren. Wenn wir nur noch… Mehr

Gilbert T
2 Jahre her

… Werte, die wir uns mit unserer Verfassung zu eigen gemacht haben: Freiheit. Demokratie. Rechtsstaatlichkeit. Die unbedingte Achtung der menschlichen Würde. Wer diese Werte nicht teilt, kann und darf für uns kein Partner sein.

Für mich ist unser Staat kein Partner mehr. Er tritt die Verfassung mit Füßen, schließt mich mit 2G jahrelang vom gesellschaftlichen Leben aus und missachtet meine Menschenwürde, indem er mich durch Zwang impfen will. Zumindest was die Corona-Maßnahmen betrifft, haben wir unsere Werte schon bedenklich zusammengestrichen.

Manfred_Hbg
2 Jahre her

Zitat: „Ich will nochmals in aller Deutlichkeit sagen: Das ist beschämend.“ > Das ist nicht nur einfach beschämend, das ist grade auch für unsere „Altparteienelite“ doppelt und dreifach beschämend. Denn die haben doch -egal ob in der Regierung oder Opposition sitzend- die letzen 15-20 Jahre daran mitgewirkt das es zu dem heutigen beschämenden Mißstand bzw MißständEN gekommen ist. Und alle die gewarnt und hingewiesen hatten, waren Hetzer, Spalter, Abgehängte, Verschwörungstheoretiker, Demokratiefeinde, Nazis, Reichsbürger uam. Bemerkenswert finde ich bei der heutigen dbzgl Debatte – soweit es hier dann überhaupt wirklich eine solche gibt, dass niemand -weder in den „Qualitätsmedien“, noch im… Mehr

RMPetersen
2 Jahre her

Wenn ein Staat russisches (- oder katarisches oder … Gas kaufe, ist deren jeweilige Regierung nicht „(m)ein Partner“.
Wer so denkt und Geschäftsbeziehungen nur mit denen eingehe, welche die eigenen politischen Vorstellungen teilt (- um einmal den Gummibegriff „Werte“ klar zu benennen) dann könnte es bald sehr einsam werden.
Das führt zB zu Entscheidungen wie des Bundesstaates Kalifornien, die Wirtschaftsbeziehungen mit 28 US-Bundesstaaten abzubrechen, weil dort die eigenen Vorstellungen zu LSBTIQ+ oder BLM oder Abtreibung bis kurz vor der Geburt nicht übernommen werden.

chloegrace1312
2 Jahre her

Schön, dass alle Welt im Westen immer über Werte redet. Darüber wird dann vergessen, dass wir als rohstoffarmes Land nun mal auf Energieimporte angewiesen sind. Und leider liegen viele dieser Energievorkommen in Staaten, die mit der hiesigen Wertevorstellung recht wenig gemein haben. Nun, so ist das Leben. Irgendeine Kröte wird man immer schlucken müssen. Also entweder wir machen uns selbst die Hände schmutzig und starten das Fracking der Gasfelder in Niedersachsen oder erschließen die Gasfelder im Mittelmeer vor der griechischen Küste. Oder wir kaufen unsere Energie in Russland oder Katar oder USA (auch Fracking). Fakt ist jedoch, dass Werte keine… Mehr

Donald G
2 Jahre her

Wir dürfen nicht den russischen Autokraten gegen den arabischen Familienclan austauschen!? Doch, das dürfen wir! Das müssen wir aktuell sogar. Wenn auch nicht auf Dauer. Denn der arabische Familienclan bedroht uns weder mit Kernwaffen noch überfällt er grade einen Nachbarn und bedroht die Anderen. Denn er weiß sehr gut, dass er militärisch ein winziger Zwerg ist, der sich ohne fremde Hilfe nicht verteidigen könnte. Umso wichtiger ist es zu verhindern, dass sich ihm andere als Schutzmacht anbieten und seine Rohstoffe kassieren. Vor allem jene Staaten, die unsere Lebensart, unseren Wohlstand und unsere Freiheit bedrohen. Das dieser Clan aus skrupellosen Verbrechern… Mehr

hoho
2 Jahre her

Kann es sein dass ISIS auch die materielle Unterstützung aus Katar bekommen hat? Oder waren das diese mysteriöse „moderaten“ Islamisten? Wenn wir schon über die Terrorunterstützung sprechen. War es nicht so dass GB und USA die Kosovaren in Training und Logistik unterstützt haben, wenn es um den bewaffneten Aufstand in Kosovo ging? Was Ukraine angeht – da muss man wohl noch ein Paar Jahre warten bis es klar wird was genau direkt vor dem Krieg passierte, wer, wenn und wie provozierte usw. So wie ich es sehe, haben wir jetzt kaum die Wahl und müssen wir den Krieg zu dem… Mehr

ketzerlehrling
2 Jahre her

Netter Beitrag, nur nicht richtig. Wir dürfen den russischen Autokraten nicht durch Familienclans ersetzen ….! Wie kommt Deutschland, oder der Großteil der Deutschen dazu, andere als Autokraten zu bezeichnen, als Schlächter usw., wo sie selbst genau dasselbe tun. So wie sich die Deutschen heute verhalten, haben sie sich vor 80 Jahren verhalten. Was folgte, weiss jedes Kind und verfolgt zumindest uns Deutsche heute noch. Nur weil sie heute eine angeblich genau umgekehrte Ideologie verfolgen, oder vorgeben, sie zu verfolgen, ändert dies nichts an ihren Verbrechen an der Menschlichkeit.

Mausi
2 Jahre her

Wer weiss denn überhaupt noch um „unsere Werte“? Werte bekommt man durch Erziehung. Und Erziehung leistet auch der Kindergarten und die Schule. Werden den Kindern wirklich „unsere Werte“ beigebracht? Oder seit Jahrzehnten nur noch sozialistische Ideen und neuerdings sexuelles Modebewusstsein?

Fazit: Wir haben unsere Werte längst verschleudert.

Last edited 2 Jahre her by Mausi
F.Peter
2 Jahre her
Antworten an  Mausi

Und insbesondere die Regierungspartei der letzten sechzehn Jahre hat auf unsere Werte keinen Pfifferling gegeben. Wenn es anders wäre, hätten wir heute andere Zustände in diesem ehemals lebens- und liebenswerten Land!