Es sollte das Ende der Arbeit und der Beginn des Rentnerdaseins jedem einzelnen Bürger überlassen bleiben – natürlich mit finanziell unterschiedlichen Konsequenzen. Es wäre Teil der Freiheit mündiger Bürger, darüber selbst zu entscheiden.
Die gerade beschlossene „große Rentenreform“ verdient diese Bezeichnung nicht. Sie streut nur den Wählern Sand in die Augen. Ein böses Erwachen steht den heute Jüngeren ebenso bevor wie den Älteren, deren Angst vor Altersarmut berechtigt ist.
I.
Die Ursachen sind klar: die Umkehrung der Alterspyramide – die Invasion der Babyboomer – trifft auf sinkende Wirtschaftskraft. Für die Altersversorgung ist es der perfekte Sturm. Trotzdem hat der Kanzler nichts Besseres zu tun, als die unabweisbare Notwendigkeit eines späteren Renteneintritts abzulehnen. Für ihn ist dies eine „Frage des Anstands“. Es ist in Wahrheit eine Frage der Vernunft, die Lebensarbeitszeit an die längere Lebenszeit zu koppeln. Die sogenannte Rente mit 63 war ein Irrweg.
II.
Es wird, wenn das System weiter in den Abgrund gefahren wird, eine ruinöse Debatte darüber geben, ob die Bürger überhaupt einen Anspruch darauf haben sollen, bis zum Lebensende von der Gesellschaft versorgt zu werden. Der Sozialneid gegenüber den Rentnern und Pensionären steigt schon heute. Er steigert sich zu einer Form des Altersrassismus.
III.
Die Altersversorgung ist nicht nur eine Frage ökonomischer und rentenmathematischer Logik. Wenn immer mehr Deutsche – nicht nur die Generation Z – keine Lust auf Leistung haben, liegt das auch daran, dass sich Leistung nicht (mehr) lohnt, zum Beispiel weil die Steuerlast längst die Grenze zur Enteignung überschritten hat. Das gilt auch für Rentner. Der gleichmacherische Sozialstaat bestraft Fleiß und belohnt Nichtstun. Dennoch wird auch den Deutschen mit dem Hinblick auf’s eigene Alter nichts anderes übrig bleiben, als länger zu arbeiten.
IV.
Man könnte, sollte, müsste die gesamte Problematik aus einer ganz anderen Perspektive betrachten, auch wenn sie in keinen Gewerkschaftsschädel hinein passt. Aber es ist nun einmal so, dass die meisten Menschen nicht nur der Bezahlung wegen arbeiten. Für sie bedeutet Arbeit nicht bloß Mühen, sondern Lebenssinn, Anerkennung, Zugehörigkeit. Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass die meisten älteren Menschen den sogenannten Ruhestand als Befreiung begreifen. Das wird ihnen eingeredet. Menschen wollen aktiv bleiben, nicht zum alten Eisen geschoben – und auch nicht nur mit ehrenamtlichen Ersatztätigkeiten beschäftigt werden. Die meisten abhängig Beschäftigten empfinden die Verrentung als persönliche Kränkung, als Demütigung, nicht selten deshalb als Lebenskrise. Niemand fragt sie, ob sie außer Dienst gestellt werden wollen oder nicht. Davon sprechen Sozialpolitiker aber nicht.
V.
Man sollte grundsätzlich unterscheiden zwischen Arbeitsfähigkeit und Beschäftigungsfähigkeit. Kompetenz, Können, Erfahrung, Leistungsbereitschaft sind keine Frage einer willkürlich errichteten Altersgrenze. Sie sind höchst individuell. Menschen werden nicht in gleichem Tempo und Maße alt und krank – und es sind auch nicht alle Dachdecker.
VI.
Wenn der Tag gekommen ist, fällt die Guillotine. Im Umgang mit den Alten offenbart sich besonders drastisch, wie wenig es in Deutschland um das Individuum geht. Die Rasenmähermethode belohnt nicht nur bei der Verrentung die Mittelmäßigen und bestraft die Guten. Die erschöpften Alten atmen auf, die agilen Alten werden gedemütigt. Es steht dem Staat nicht zu, in die Freiheit des Bürgers zu arbeiten, so lange er will, einzugreifen. Deshalb ist das staatlich willkürlich festgelegte Renteneintrittsalter keine soziale Errungenschaft, sondern ein historischer Irrtum.
VII.
Ein Paradigmenwechsel tut not. Es sollte das Ende der Arbeit und der Beginn des Rentnerdaseins jedem einzelnen Bürger überlassen bleiben – natürlich mit finanziell unterschiedlichen Konsequenzen. Es wäre Teil der Freiheit mündiger Bürger, darüber selbst zu entscheiden. Um diese „Rentenreform“ zu bewältigen bräuchten wir auch eine andere Arbeitskultur, die es Älteren erleichtert, den Beruf länger auszuüben. Selbstbestimmtere Arbeit wäre ein Schlüssel. Steigt die Zufriedenheit bei der Arbeit, steigt auch die Leistungsbereitschaft.
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Na ja, es fehlt einfach der Mut das umlagebasierte Rentensystem grundlegend zu ändern. Schon bei der Einführung des Systems unter Adenauer gab es Kritik, ob das Umlagesystem so funktioniert. Die Kritik hat Adenauer mit dem Satz „Kinder kriegen die Leute immer“ weggewischt. Inzwischen sehen wir das dies nicht stimmt. Wir brauchen ein System, ähnlich Österreich oder Schweiz, wo alle in das System einzahlen. Auch Selbständige, Besserverdiende und Beamte. In beiden genannten Ländern ist die Durchschnittsrente deutlich höher als in Deutschland. Dann sollte den Regierenden endlich verboten werden, sich immer aus dem Rententopf zu bedienen und damit versicherungsfremde Leistungen zu finanzieren.… Mehr
Es wird und kann nie absolute Gerechtigkeit geben. Der Generationsvertrag Rente basiert auf die Ausgewogenheit zwischen Einzahlenden und Beziehenden. Seit einigen Jahrzehnten hat die Pille, was die Anzahl der neu einzahlenden betrifft, diese total nach unten verändert. Die Bereitschaft Kinder aufzuziehen, ist mitsamt des ehemaligen Familienbildes, für einen zunehmenden Wohlstand zum großen Teil aufgegeben worden. Da trat etwas auf, was bei der Einführung des Rentensystems völlig undenkbar war. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte die Politik ein völlig neues System einführen müssen, anstatt, mit allen möglichen Wursteleien, ein völlig krankes System trotz aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen mühsam am Laufen zu… Mehr
Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen!
Der Sozialstaat – und damit auch die Rente – ist eine Frage von Demographie, Wirtschaftskraft und Verteilung. Das Problem des Verhältnisses von Leistungserbringern und Empfängern wird zusätzlich zur Demographie/Rente durch Massenmigration in die Sozialsysteme dramatisch verschärft. Die als „Klimapolitik“ bezeichnete Wirtschaftvernichtungspolitik wird die Rentenansprüche auf ein Niveau inflationieren, daß Aufstockung auf den Sozialhilfesatz der Normalfall werden wird. Es wird weniger zu verteilen geben. Solange es geht, wird man den Ausfall des erwirtschafteten volkswirtschaftlichen Einkommens durch Substanzbesteuerung kompensieren. Die Verteilungskämpfe um die schwindenden Ressourcen wird von denen gewonnen werden, die im Zweifel randalieren können – auf die wird der Staat am… Mehr
Umlagesysteme bedürfen der Redlichkeit der Teilnehmer. Sie müssen ihren Teil des Vertrages, der ihnen zugrundeliegt, freiwillig einhalten. Sonst brechen sie – bei Mißbrauch – früher oder später immer zusammen. Hier greift wieder das bekannte Böckenförde-Axiom. Der Staat, der am Ende bloß Verwalter, aber nicht Leister in diesem System ist, kann die Vertragseinhaltung nicht ausreichend kontrollieren oder erzwingen. Er könnte im Einzelfall sicher mehr Druck aufbauen, als er es aktuell tut, am Ende aber könnte er wichtige Vertragsverpflichtungen nicht durchsetzen. Bei den Versorgungssystemen des Sozialstaates, also Rente, Arbeitslosen- oder Krankenversicherung bedeutet das, es müssen immer genügend Einzahler vorhanden sein, um… Mehr
Die gesetzliche Rente ist der zweitgrößte Betrug an den Deutschen.
In dieser Zeit drängt es die von den Universitäten mit weitgehend nutzlosen Studienabschlüssen Kommenden in den Öff. Dienst und umgebenden steuerfinanzierten Institutionen – also müssen die Älteren möglichst zügig die Stellen frei machen.
Gerade die am Schreibtisch Beschäftigten könnten länger arbeiten, aber man will sie los werden. Welche politisch eingestiegene Leitungskraft will sich denn von älteren Fachbeamten widersprechen lassen?
Im Regelfall verwöhnen Sie Ihre Leser mit interessanten und scharfsinnigen Gedanken. Diesmal ist aber leider schon die Analyse missglückt, sodass die Schlussfolgerungen nur unter Bedingungen, wie sie im Bundeswirtschaftsministerium herrschen, als großer Wurf akzeptiert würden. Einen Umstand lassen Sie zunächst ganz außer Betracht: Sie sagen richtig, dass der Sozialneid, die Missgunst zunehmen wird. Das hängt mit zwei Dingen zusammen: Die Finanzlöcher werden wegen der grünen Schrumpfwirtschaft und der gleichzeitig (auch deshalb) überbordenden Verschuldung nicht mit neuen Schulden gestopft werden können. Das werden Sie nicht anders sehen. Aber Ihre Argumentation basiert immer noch auf einem Gesellschaftsbild homogener weißer Gesellschaften. In einer… Mehr
Anrechnung auf die Rente ist ganz nett, macht aber legalen Zuverdient wegen der Besteuerung und der Krankenversicherung noch lange nicht attraktiv.
Hm, erzählt da jemand mit einer sehr auskömmlichen Rente aus dem ÖRR-Zwangsabgabentopf etwas über Renteneinschränkungen von hart arbeitenden Einzahlern ?
Ich sehe da noch einen anderen Aspekt: Überakademisierung und zu viele Laberjobs, die nichts zur Wertschöpfung beitragen, sondern nur Kosten verursachen. Neulich war im SWR irgendeine promovierte „Sprachwissenschaftlerin“ von irgendeiner Uni, um für ihre große Errungenschaft zu werben: Das Wort „Frollege“, welches Kollegen bezeichnen soll, mit denen man auch privat befreundet ist. Dies mache es überflüssig „mein Kollege und Freund“ sagen zu müssen. An deutschen Unis werden Doktoren und Professoren dafür bezahlt, dass sie sich Dinge ausdenken, die auch einem Grundschüler einfallen können. Anderes Beispiel: Die Techniker-Krankenkasse produziert Youtube-Videos, in denen zwei offenkundige „Experten“ uns die schwierige Kunst erklären, wie… Mehr
„Es steht dem Staat nicht zu, in die Freiheit des Bürgers zu arbeiten, so lange er will, einzugreifen“ Das ist doch Unsinn. Bei uns arbeiten Leute mit über 70 quasi noch in Vollzeit! Wenn ein Unternehmen Interesse an dem Arbeitnehmer hat, wird es ihm nach dem Erreichen des Renteneintrittsalters ein attraktives Angebot z.B. auf Stundenbasis machen. Wie hoch diese Basis ist, liegt dann allein im Ermessen des Rentners. Es ist unredlich, Rentner und Pensionäre als Adressaten des Sozialneides in einen Topf zu werfen. Zwischen einer durchschnittlichen Beamtenpension und einer Durchschnittsrente liegen Welten und zudem hat der Rentner in der Regel… Mehr
…wenn dieser Staat für die Pensionen überhaupt jemals Rückstellungen vorgenommen und aufgebaut hätte. Das muss jedoch bezweifelt werden. Würde man die rund 7,5 Billionen Euro verpflichtende Pensionsansprüche bis 2065 in die allgemeine Staatsverschuldung mit einrechnen, lägen wir nicht mehr bei 62%, sondern irgendwo bei 245% Staatsverschuldung!
Kleine Korrektur für ihren letzten Satz, „werden hätte sollen“ statt „wurde“ trifft es deutlich besser, denn dass der Staat eben keine Rückstellungen für seine Pensionen bildet ist ein riesiges Problem. Mir ist allerdings auch klar, dass man Rückstellungen eben auch nur dann bilden kann wenn dazu die Mittel vorhanden sind und das Geld reicht nun mal hinten und vorne nicht. Man muss dringendst an der Ausgabenseite arbeiten (arbeiten im Sinne von sparen ?) und dabei sind Beamtenpensionen ein erheblicher Posten, den es sukzessive zu reduzieren gilt. Die Rentendiskussion bei der gesetzlichen Rentenversicherung ist in meine Augen ein reine Blendgranate, auch… Mehr
Gegen Rentenerhöhungen sind, wie auch gegen Mindestlöhne, nur Leute, die selber mehr als das haben.
Beides ist notwendig. Und zum Rest? Remigration!