Ästhetische Zerstörung einer Stadt, provinzieller Größenwahn, Filz, Willkür und Blödheit in Vollendung - also der Zustand der deutschen Demokratie unter der flackernden Sonne des Spätmerkelismus.
Ein Dreifachskandal ist aus der sogenannten Hauptstadt zu melden. Die Rede ist dabei (vorerst) nur von einer knappen halben Milliarde Steuermittel. Im öffentlichen Bewusstsein also kaum der Rede wert. Zumal es ja auch „nur“ um Kultur geht. Genauer: Um einen Museumsbau am Kulturforum Berlin. Zu beklagen sind aber neben Verschwendung auch die weitere ästhetische Zerstörung einer Stadt, provinzieller Größenwahn, Filz, Willkür und Blödheit in Vollendung – also der Zustand der deutschen Demokratie unter der flackernden Sonne des Spätmerkelismus.
I.
Erster Teil. Zerstörung. Da stehen zwei der unbestreitbar bedeutendsten Architekturikonen der Moderne nahezu nebeneinander: Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie und Hans Scharouns Philharmonie. Und was geschieht? Das unvergleichliche Ensemble wird zerstört, indem die Fläche und damit die Sichtachse zwischen den beiden Bauwerken mit einer überdimensionierten Hässlichkeit in Gestalt eines Oktoberfestbierzeltes zugestellt wird. Ein zusätzliches, die Nationalgalerie ergänzendes Museum fände an anderer Stelle, etwa an deren Rückseite, mühelos Platz. Das zeigen verschiedene städtebauliche Entwürfe – von Scharoun selbst bis zu dem von Stephan Braunfels. Nicht bloß nach dessen Ansicht schreit alles nach einem Platz, einer Piazza, einem Forum in der Tradition der europäischen Stadt von der Antike bis zur Renaissance – das es in Berlin nicht gibt. Dort gibt es nur Aufmarschalleen, im doppelten Wortsinn großspurige Schneisen, wie die Potsdamer Straße an dieser Stelle, die aber niemand antasten mag. Berlin hat die Jahrhundertchance des Mauerfalls architektonisch schon weitgehend vertan. Nun wird auch noch der letzte zentrale Ort Zentrum verbaut. Der Skandal erster Teil lässt sich auf den Punkt bringen: Es gab nicht einmal einen städtebaulichen Wettbewerb. Die Fürsten im Berliner Senat wollten sich nicht mit Vorschlägen auseinandersetzen, die ihre Beschränktheit hätte in Frage stellen können. Da ist doch noch ein Grundstück, knallen wir es zu!
© Braunfels Architekten
II.
Zweiter Teil: Verfilzung. Beim Architekturwettbewerb um das neue Museumsgebäude am falschen Ort kreuzten sich Kleingeistigkeit mit dem ortsüblichem Politfilz. Das Ergebnis war ausgeschnapst. Es sollten unter sorgsamer Strippenziehung der Schweizer Senatsbaudirektorin Regula Lüscher die Schweizer Weltstararchitekten Herzog und de Meuron gewinnen. Die hatten zwar keine originelle Idee, aber so etwas wie deren Elbphilharmonie wollte man, koste es was es wolle, eben auch in Berlin unbedingt haben. Zumal die Berliner es nicht selbst bezahlen müssen. Dafür ist der Bund zuständig. Die Scheune wird zwar nicht annähernd so hübsch wie die Elbphilharmonie. Aber vielleicht wenigstens genauso schlecht geeignet. An der Elbe passt die Akustik nicht annähernd zu den Lorbeeren. An der Spree kommen die Bilder mit Kunstlicht unter die Erde – was ein gewaltiger Nachteil ist. Man muss sich nur einmal einen Tageslichtkunsttempel ansehen, etwa die Pinakothek der Moderne in München, die nicht nur größer und schöner ist, aber nur ein Drittel soviel gekostet hat wie die Berliner Reithalle nach Gutsfrauenart.
III.
Womit wir beim dritten Teil des Skandals wären: Verschwendung. Weil für die Bilder in den Untergrund hinein gebaut werden muss, wo in Berlin bekanntlich nur Morast und Grundwasser zu finden sind, wird allein die Betonwanne Unsummen verschlingen. Man hat das auf der Museumsinsel gerade vorgemacht. Unglaublich aber wahr: Bereits jetzt, vor Baubeginn hat sich die vorgesehene Bausumme verdoppelt! Und der Haushaltsausschuss des Bundestags, die Große Koalition der Verschwender, nickt es ungeniert durch. Obwohl so gut wie alle Fachkundigen warnen – vom städtebauliche Desaster ganz abgesehen. Übrigens haben neben der Großen Koalition auch Linke und Grüne dem Irrsinn zugestimmt. Unkenntnis, Desinteresse, Banausentum, Mauscheleien – eine wüste Melange.
Aber eine Dame hat sich das Projekt zur Herzensangelegenheit gemacht, die ganz nah bei der Kanzlerin sitzt. Kulturstaatministerin Monika Grütters – einschlägig erfahren auch als Mitglied im hauptstädtischen Politfilz als gescheiterte Berliner CDU-Vorsitzende. Die Kunstscheune soll das Denkmal sein, das sie sich ohne Rücksicht auf Verluste selber setzt. Weder gebremst von Sachverstand, noch von Verantwortungsgefühl, schon gar nicht vom einem die Regierung kontrollierenden Parlament oder gar vom schwäbischen Hausfrauenverstand ihrer Herrin. So mausert sich das Kulturforum Berlin zum Mahnmal der Merkelzeit.
IV.
Von einer echten Bananenrepublik unterscheidet sich die Bundesrepublik nur noch dadurch, dass genügend Geld da zu sein scheint, um den geistigen Verfall zu finanzieren. Der unsterbliche Satz aus der Serie Kir Royal, den Mario Adorf als Fabrikant Haffenloher zu Reporter Baby Schimmerlos spricht, lässt sich mühelos paraphrasieren: „Wir scheißen uns sowas von zu mit unserem Geld…“
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Wie ist es möglich, dass ein paar politische Kulturbanausen ohne Geschichtsbewusstsein
und Sinn für architektonische Ensembles ihre schrägen Ideen in unser aller Hauptstadt
verwirklichen? Berlin ist nicht ihr Eigenheim, und sie sind nicht der Große Kurfürst oder der Alte Fritz! Da wir alle zahlen, wäre eine bundesweite Volksabstimmung angemessen! Auch was das Besiedeln und Besudeln unser aller Hauptstadt anbelangt …
Der Begriff „galoppierende Inflation“ ist mir wohl bekannt.
Was wir in „Merkels Sonnenuntergang“ erleben
nennt man wohl „galoppierenden Wahnsinn“.
„Es gab nicht einmal einen städtebaulichen Wettbewerb.“ (Ideenwettbewerb) Man sollte einmal versuchen, die Kräfte genauer zu entziffern, die diese Scheunen-Selbstbefriedigungs-Lösung geschaffen haben und ihre Motive offenlegen. Nicht einmal architektonische Zitate, die über eine kulturelle Funktion Auskunft geben könnten, sind erkennbar, nur körperhafte Anonymität inmitten von fragwürdiger Beliebigkeit. Schicksal einer verödenden Metropole. Wenn das vorläufige Resultat wirklich nur der Dummdreistigkeit einer Person (Regula Lüscher) zuzuschreiben wäre, dann wäre Berlin eben nur Teil des Görli und hätte es nicht besser verdient. Die nach Schweizer Drogen Süchtige hätte offensichtlich ihre geforderte Dosis geschenkt bekommen. Berlin bewiese, es besäße nur eben einmal mehr kein… Mehr
Ästhetische Zerstörung einer Stadt, provinzieller Größenwahn, Filz, Willkür und Blödheit in Vollendung sind in Summe politische Untreue, die in Deutschland nicht strafbar ist, weil niemand, auch nicht die Väter des Grundgesetzes, jemals auf den Gedanken gekommen sind, daß es nach dem 1000 jährigen Reich wieder zu einem kollektiven Staatsversagen kommen wird. Politische Untreue -nicht nur in Berlin – alles zu Geld machen, nichts investieren, Zukunft verbauen – Versager und Unfähige, inhaltlich insolvente Parteien (!) verheizen das Land, hinterlassen verbrannte Erde. Politische Untreue in Kombination mit Insolvenzverschleppung und Machtmißbrauch. Von Amts wegen passiert in diesem Land nichts. Deutschland ist am Ende… Mehr
Also ehrlich Herr Herles, ich bin heilfroh, dass die nicht für diesen „freien Platz“ ein überdimensioniertes Denkmal mit Merkels Abbild inklusive Hammer und Sichel in Betracht gezogen haben…aber vielleicht kommt auch das ja noch. Ich geh´ jetzt meine Atemübungen machen, damit sich mein Puls beruhigt.
„Die Scheune wird zwar nicht annähernd so hübsch wie die Elbphilharmonie.“
Für einen Heuspeicher irgendwo in Utah oder Kansas wäre das Ding ok.
„Der unsterbliche Satz aus der Serie Kir Royal, den Mario Adorf als Fabrikant Haffenloher zu Reporter Baby Schimmerlos spricht, lässt sich mühelos paraphrasieren: „Wir scheißen uns sowas von zu mit unserem Geld…““
Beste Folge der Reihe, noch heute sehenswert. Liegt leider ganz viel Wahrheit drin. Der kleine Monolog von Mario Adorf am Ende der Folge gehört zu den Glanzstücken der deutschen Fernsehgeschichte.
Besser baute man eine riesige Moschee wie in Köln oder Duisburg.
Richtig! Es gibt dafür ja sogar schon Bauideen von Speer für Germanistania – einfach paar Minarette dran, je 1km hoch, fertig.
Alles richtig, sehr geehrter Herr Herles, und schon allein die Nachbarschaft einer solchen Scheune zur zierlichen Kirche von Stüler, ist ein Wahnsinn. Die Zerstörung der Sichtachse und die Verschandelung der Aussicht aus der Nationalgalerie, ist ja oben dankenswertersweise sehr realistisch dargestellt. Natürlich wäre da ein Platz wunderbar, ein gepflegter Platz, wie er in Berlin leider so gut wie überhaupt nicht vorkommt. Alle Beteilgten errichten sich hier ein irrsinnig teures Denkmal der vollkommenen Geschmacklosigkeit, man sollte später ihre Namen Tag und Nacht mit Leuchtschrift über ihre Bierzeltfassade laufen lassen.
„Von einer echten Bananenrepublik unterscheidet sich die Bundesrepublik nur noch dadurch, dass genügend Geld da zu sein scheint, um den geistigen Verfall zu finanzieren.“
Mit wenigen Worten das ganze Elend umschrieben. Stark!
Betr.: Kunstscheune – Hässlich und am falschen Ort.
Es ist traurig und Verschwendung, aber man kann doch alles wieder abreissen.
Die falschen Flüchtlinge wird aber nie mehr los.