Was Merkel und Merz voneinander unterscheidet, ist im Ergebnis (asymmetrische Demobilisierung, programmatische Entkernung) nicht viel. Beide machten und machen links-grüne Politik. Sie aus Überzeugung, er aus Machtkalkül. Merkel glaubte, es besser zu wissen, Merz glaubt, es besser zu können.

Ist er ein notorischer Lügner oder überschätzt er sich bloß? Rätselhafter Merz. Auf der Suche nach einer Erklärung seines haltlosen Verhaltens, kommt man an Merkel nicht vorbei.
I.
Angela Merkel lehnte ihn ab, weil sie sich selbst für berufen hielt. Heute kann man sagen: Der einzige Verdienst, den Friedrich Merz jemals für sich verbuchen konnte, war der, von Merkel als Fraktionsvorsitzender abgesägt worden zu sein. Es ist das Einzige, was ihm positiv angerechnet werden konnte. Darauf baute er auf. Mosesmäßig kam er aus der Verbannung zurück. Ausgerechnet jener Merkel, von der sich die CDU willenlos ersticken ließ, verdankt Merz sein (falsches) Image als CDU-Reformer. Die gesamte Ära Merkel höchst einträglich (kein Vorwurf) ausgesessen zu haben, wurde ihm bis vor kurzem als Standhaftigkeit angerechnet. Standhaftigkeit und Ausdauer sind aber nicht dasselbe.
II.
Was Merkel und Merz voneinander unterscheidet, ist im Ergebnis (asymmetrische Demobilisierung, programmatische Entkernung) nicht viel. Beide machten und machen links-grüne Politik. Sie aus Überzeugung, er aus Machtkalkül. Merkel glaubte, es besser zu wissen, Merz glaubt, es besser zu können. Der Unterschied zwischen den beiden liegt also weniger im politischen Handeln als in der Persönlichkeitsstruktur. Die starrsinnige Merkel ist eine postprotestantische Ideologin, Merz ein postideologischer Hallodri, der – gäbe es so etwas – den Chefideologen seiner Partei in die Verzweiflung treiben müsste. (Ist Linnemann jetzt eigentlich suizidgefährdet?) Man muss inzwischen um Merkels Gesundheit fürchten. Nicht, dass sie sich am Ende noch totlacht darüber, wie ihr einstiger Parteifeind das Werk vollendet, das sie ins Werk setzte. Merkel dachte immer vom Ende her. Merz fängt mit dem Ende an. Merz und Merkel wirkten lange wie der doppelgesichtige Janus-Kopf einer kopflosen Partei. Die Frage, wer am Ende an ihrem Untergang größeren Anteil hatte, Merkel oder Merz, ist nicht mehr von Belang.
III.
Merkel genügte es, von sich selbst überzeugt zu sein. Merz legt nicht einmal darauf Wert. Er verwechselt Unabhängigkeit mit Haltlosigkeit. Von einem, der schon vor der Wahl ins Kanzleramt so gut wie alle Prinzipien preisgibt, darf nicht erwartet werden, dass er sie bei den Koalitionsverhandlungen zäh und entschlossen verteidigt. Nachdem er sich zuerst von den Grünen abzocken ließ, die nun mitregieren, obwohl sie gar nicht der Regierung angehören, spielen sich jetzt die von den Wählern abgestraften Sozialdemokraten auf, als seien sie Koch und Kellner zugleich. Weder in der Migrationspolitik noch in der Energiepolitik wird Merz einen Politikwechsel ernsthaft anstreben. Merz will Kanzler werden, es aber nicht sein – etwas, was er mit Scholz teilt. Merz wird sein Scheitern niemals eingestehen. Er wurde gewählt, weil die Ampel versagte. Jetzt haben manche Leute sogar Angst davor, dass auch Merz scheitert. Es soll sogar bürgerliche Anhänger der Unionsparteien geben, die an ein Wunder glauben. Sie hoffen immer noch, Merz sei gezwungen, wegen seiner Unterwerfung unter die rot-grüne Aufblähung des Staatshaushalts jetzt besonders harte Koalitionsverhandlungen zu führen. Bliebe Merz tatsächlich hart, wäre er ein toter Held. Er hat sich selbst ausgetrickst. Wenn er der SPD nicht folgt, wird er nicht Kanzler, und nach Neuwahlen droht Rot-Rot-Grün. Deshalb akzeptieren viele Wähler die Fortsetzung der Ampelpolitik mit anderem Etikett. Die CDU als neue FDP: Ohne uns wäre alles noch schlimmer. Nur, dass Lindner nicht Kanzler war. Stillstand etikettiert als Politikwechsel.
IV.
Merz setzt auf die in Deutschland herrschende Staatsgläubigkeit. Es ist die Überzeugung, der Staat könne Kraft seiner göttlichen Natur alles richten. An diesem Grundirrtum der Deutschen scheitert jeder Versuch, mehr Demokratie zu wagen. Merkel war extrem staatsgläubig. Merz ist es nicht. Er folgt gar keiner Staatsphilosophie. Er hält Umfallen und Zurückrudern für liberale Tugenden. Er glaubt, auf diese Weise seinen Gegnern aus dem Weg gehen zu können. In guten alten Zeiten wurde zwischen Gesinnungsethikern und Verantwortungsethikern unterschieden. Merz ist weder das eine noch das andere. Er verkörpert den Typus des politischen Nihilisten. Windig und wendig sind nicht dasselbe. Merz ist beides.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Merz hat keine politischen Überzeugungen und er ist charkterlich nicht geeignet für das Amt des Bundeskanzlers. Man hätte ja auch FDP wählen können, aber die Leute sind auf Merz reingefallen.
„Wenn er der SPD nicht folgt, wird er nicht Kanzler, und nach Neuwahlen droht Rot-Rot-Grün.“ Das halte ich für eine gewagte These. Wie wäre es denn damit: die CDU entsorgt Merz mitsamt der Brandmauer und wird Juniorpartner in einer konservativen Koalition, wenn sie ihre Eier wiedergefunden hat!
Merz wurde am 11. November 1955 in Brilon geboren, lebt aber in Arnsberg-Niedereimer. Seit dem träumt er von Brilon. Doch er verwechselt das etwas und strebt nach einer Billion. Kaum einer schafft das. Doch Merz schafft das. Damit schafft er uns und wir sind im Eimer.
Bei Esken mögen Sie recht haben.
Aber Merz hält sehr viele Wähler für dumm. Und da hat er ausdrücklich recht!
Ich verstehe die Aufregung nicht so recht. Die einzig glaubwürdige Aussage von Merz, an der Brandmauer festzuhalten, implizierte doch gleichzeitig, daß seine ganzen übrigen Versprechen nichts wert sein würden. Das wurde hier bei Tichy übrigens zur Genüge beschrieben. Das konnte eigentlich aber auch so jeder mitdenkende CDU-Wähler begreifen. Auch wenn sich jetzt ein paar von denen aufregen – die meisten dürften sich nicht betrogen fühlen.
Herr Herles, Sie schreiben „Stillstand etikettiert als Politikwechsel.“ Wirklich? Ist es nicht so, dass es kein Stillstand ist und das System sich rückwärts bewegt? Außerdem bin ich der Meinung, dass tatsächlich ein Politikwechsel erfolgt, jedoch in eine negative Richtung. Wenn die »Negativelite« regiert, kann doch nur etwas Negatives herauskommen.
Merz hat ja verlauten lassen, er werde vom ersten Tage als Kanzler an seine Richtlinienkompetenz nutzen.
Ob er bis dahin die Richtlinien gefunden hat? Und wenn, dann genauso schnell wieder verloren?
Es wird spannend.
Es gibt Leute, die Lügen und Täuschen, wenn Sie das Maul aufmachen.
Ich denke, auch politische Hochstabler gehören vor Gericht. Denn sie können Milliardenschweren Schaden anrichten…
Jeder, der an den menschengemachten Klimawandel glaubt, ist dumm !
Nein, es gibt den Klimawamdel, nur die Vorstellung unserer Politiker dass man das Klima national in Deutschland retten kann ist völlig naiv, teuer und gefährlich.
Ich war zwar früher nicht dabei aber ich bin überzeugt, dass die jetzigen Politiker und Journalisten der Mainstreammedien die Verlogensten von allen sind. Wenn diese politische Klasse und diese Medienmacher nicht konsequent abgewählt und ausgetauscht werden, stirbt die Demokratie in Deutschland. Was wir in den Mainstreammedien sehen, hören und lesen, ist eine total konstruierte Wahrheit. Es ist nicht die Realität. Ein großangelegter Kehraus ist fällig. Der Bürger verträgt die ungeschminkte Wahrheit. Erst wenn er die erfährt, kann er entsprechend urteilen und wählen. Insofern sind die Medien entscheidend in einer Demokratie, wohin das Pendel sich neigt. Die politisch völlig einseitigen Altmedien… Mehr
Haben Sie schon einmal etwas von dem „Marsch durch die Institutionen“ gehört? Den 68er mit ihren Nachfolgern, die Grünen, die linken SPD-Genossen und die umbenannte SED, ist es gelungen, ALLE wichtigen Redaktionsstuben und Staatsämter zu besetzen. Das Wahlvolk ist nicht dumm, nur indoktriniert, okay, manche sind auch strunzdumm.
Ohne neutrale Hilfe aus dem Ausland dauert es mindestens eine Generation, wenn überhaupt, um diese Schieflage wieder auszugleichen.
Aber ich rechne mit einem durch höhere Gewalt (Krieg, Naturjatastrophen) erzwungenen Systemwechsel. Dann sind die Kommunisten und Sozialisten vollkommen abgemeldet. Sozialisten und Kommunisten sind doch Parasiten. Aufbauleistung ist deren Fachgebiet.
Die herzliche Abneigung zwischen Merz und Merkel ist uralt. Im Jahre 2002 ergab sich folgendes: „Als Merkel in den Januartagen 2002 nahezu alles versuchte, um Kanzlerkandidatin der Union zu werden, waren es Merz und seine Verbündeten des Anden-Paktes um Roland Koch, Günther Oettinger und Christian Wulff, die für Edmund Stoiber kämpften. Und nicht nur das: Bis zuletzt hatten sie auch eine kleine Revolution in den CDU-Führungsgremien ersonnen, um Merkels Ambitionen zu beenden. Nur Merkels überraschende und weitgehend geheim gehaltene Fahrt nach Wolfratshausen verhinderte einen Clash, der noch garstiger ausgefallen wäre.“ (Zitat aus: https://table.media/berlin/analyse/friedrich-merz-und-angela-merkel-eine-geschichte-des-grossen-grabens/ . Frau M. vergisst so etwas niemals,… Mehr
Was war denn in Wolfratshausen geschehen? Gab es dort ein Abendessen mit den Verfassungsrechtlern?
Wolfratshauser Frühstück bezeichnet ein Treffen zwischen der damaligen Bundesvorsitzenden der CDU, Angela Merkel, und dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber, das am Freitag, dem 11. Januar 2002 in Wolfratshausen im Haus Stoibers stattfand.