Lieber schlecht bremsen als gar nicht bremsen. Aber deshalb FDP?

Es bleibt nichts anderes übrig, als die Partei zu unterstützen, die am ehesten in die Lage ist, das Übel zu mildern. Entscheidend ist, wer im gegenwärtigen Kulturkampf die Grünen am besten bremst.

TE gibt keine Wahlempfehlung ab, versteht sich überparteilich und kritisiert alle. Man liest bei TE ja kaum einmal ein gutes Wort über die „Liberalen“. Ja, die Anführungszeichen à la „DDR“ haben sie verdient. Und, zweites Ja: Alle Parteien sind Teile eines reformbedürftigen Systems. Daran wird sich so schnell nichts ändern. Hier sind Gründe des Kolumnisten, trotzdem FDP zu wählen.

I.

Die FDP ist nicht das geringste Übel. Es hilft bei dieser Wahl nicht, das geringste Übel zu wählen, weil es keines gibt. Dazu ist die Lage viel zu übel. Also bleibt nichts anderes übrig, als die Partei zu unterstützen, die am ehesten in die Lage ist, das Übel zu mildern. Der GAU, das größte anzunehmende Unheil, wäre ein SED-Sozialistisch-Grüner Pakt unter Merkelimitator Scholz. Am zweitschlimmsten wäre Rot-Schwarz-Grün. Man kann schlecht vorhersagen, ob dabei ein Kanzler Scholz oder ein Kanzler Laschet der üblere Kanzler wäre. Wer es gut meint mit den ehemaligen Volksparteien, die diese Republik verkommen lassen, wünscht beide ins Purgatorium der Opposition. Aber die Zeiten sind vorbei, in denen das Wünschen noch geholfen hat. Entscheidend ist, wer im gegenwärtigen Kulturkampf die Grünen am besten bremst. Die haben faschistoide Züge entwickelt, von denen auch ihr putziger Geschlechterkampf nicht ablenken kann. Weder CDU noch SPD sind dazu Willens und in der Lage. Es bleibt nur eine starke FDP, ob im Geflacker einer Ampelkoalition unter Scholz oder im Nacken von Laschet, wenn der sein schwarz-grün-gelbes Fähnchen in den Wind hält.

II.

Man sollte der FDP nicht jetzt schon Verrat unterstellen. Sie hat vor vier Jahren lieber nicht als schlecht regiert. Die Begründung war stichhaltig, auch wenn ihr das bis heute übel genommen wird. Christian Lindner hat damals bewiesen, dass er sich von der Greenpeace-Propagandistin Merkel nicht kaufen lässt. Das Beste, was die FDP damals hätte bewirken können, wäre das rasches Zerbrechen der Koalition gewesen. Zwar wird die FDP kein zweites Mal besser nicht regieren wollen. Aber ob mehr oder weniger schlecht regiert wird, welche Koalition zustande kommt, hängt wesentlich von der FDP ab. Das ist nicht nur ein frommer Wunsch. Im Unterschied zu Scholz, der ein Linksbündnis nichts ausschließen mag, hat sich Lindner bereits klar gegen eine Ampel ausgesprochen: „Mir fehlt die Fantasie, welches Angebot Frau Baerbock und Herr Scholz uns machen könnten, das sie gegenüber ihrer jeweils linken Parteibasis vertreten könnten”. Selbst wenn zu befürchten ist, dass man seiner Fantasie aufhilft – eine möglichst starke, also den Grünen ebenbürtige – FDP wäre Sand im Getriebe einer links-grünen Regierung. Sie würde sich selbst vernichten, sollte sie alle ihre Grundsätze für ein paar Ämter opfern.

III.

Dazu kommt: Weder Laschet noch Scholz sind so total fixiert auf Grün wie Merkel. Es ist davon auszugehen, dass beide nicht versuchen würden, Lindners FDP so kaltschnäuzig wie Merkel über den Löffel zu balbieren. Schon deshalb, weil sowohl Scholz als auch Laschet weit größere Probleme mit ihren eigenen Parteien haben als Merkel vor vier Jahren. Merkel lag die CDU zu Füßen. Laschet wird von der eigenen Partei eher als schwach empfunden. Die SPD wiederum ist die größte Herausforderung für Scholz. Schon zweimal sind SPD-Kanzler, die nicht Parteivorsitzende waren, an der SPD gescheitert. Sie hießen Schmidt und Schröder. Scholz wie auch Laschet brauchen eine starke FDP als Stütze.

IV.

Söders CSU plakatiert den Slogan. „Damit Deutschland stabil bleibt.“ Schon wieder ein GAU, diesmal ein größter anzunehmender Unsinn. Söders CSU hat der Kanzlerin, die Deutschland die Stabilität gestohlen hat, den Steigbügel gehalten und sie dann auch noch auf’s Pferd gebunden. Alles, was diesem Deutschland noch bleibt, ist die stabile Seitenlage. Warten, bis der Notarzt kommt. In dieser Notlage ist es wiederum nur die FDP, die einigermaßen solide Grundsätze vertritt: Weniger Staat, mehr Freiheit, weniger Steuern, mehr Innovation, weniger Ideologie, mehr Vernunft. Ja, Manches ist nur Geklingel, aber nicht alles. Bei den anderen klingelt es nicht einmal mehr.

V.

Selbst wenn Sie mit mehr oder weniger Würgen im Hals lieber eine „Alternative“ wählen – sie bewegen oder verhindern damit nichts. Besser gar nicht wählen? Geistiges Auswandern senkt weder Steuern noch stoppt es die übrigen Zumutungen des Staats. Also lautet mein Slogan: Lieber schlecht bremsen als gar nicht bremsen. Deshalb FDP.

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Kommentare ( 210 )

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WandererX
3 Jahre her

Einverstanden: Strategisch zu wählen macht heute mehr Sinn als gesinnungsmäßig.

Alexis de Tocqueville
3 Jahre her

Nö.
Kompromisse schön und gut, aber bitte keine faulen. Man muss auch mal für etwas einstehen, woran man glaubt. Ich glaube, das Gegenteil des grünen Woke-Faschismus ist richtig.
Darum ohne Wenn und (L)aber AfD, und wenn dadurch Rotrotgrün regiert, dann sei es eben so. Dann eben Lernen durch Schmerz.
Wenn mehr Leute sich einfach mal für was gerademachen würden, hätte es nie eine „asymmetrische Mobilisierung“ oder Frau Bundeskanzler Merkel gegeben.

Friedrich Boulder
3 Jahre her

Ich habe 1984 das erste mal in der DDR gewählt und alle Kandidaten der nationalen Front durchgestrichen. Ich konnte am nächsten Morgen ohne Ekel in den Spiegel gucken und 5 Jahre später ist die SED-Herrschaft in der DDR zusammengebrochen.
In 3 Wochen mache ich genau das Gleiche indem ich blau wählen. Am Montag, 27.09.2021 werde ich ohne Ekel in den Spiegel gucken können und innerhalb dieses Jahrzehnts wird die aktuelle links-grüne Macht zusammenbrechen.

Armin Reichert
3 Jahre her

Wenn ich FDP höre, kommt mir immer dieses Bild von Philip Rösler mit Klaus Schwab in den Sinn und dann muss ich brechen:
https://twitter.com/philipproesler/status/1306108110688464896

Ach übrigens, Rösler macht gerade Wahlkampf für die FDP:
https://twitter.com/philipproesler/status/1432936513768132608

Last edited 3 Jahre her by Armin Reichert
Juergen P. Schneider
3 Jahre her

Ich habe noch nie strategisch gewählt und werde es auch zukünftig nicht tun. Wenn die rot-rot-grüne Idiotenallianz dadurch an die Macht kommt, dann soll es eben so sein. Vielleicht brauchen die Deutschen diesen Schock, um endlich einmal wach zu werden.

Eckhard
3 Jahre her
Antworten an  Juergen P. Schneider

Herr Schneider hat recht, das sog. „strategische“ Wählen ist Quatsch. Jeder Wähler steht allein in seiner Wahlkabine und sollte seiner Lebens- und Politik -Erfahrung folgen. Wahlstrategien sind eine Erfindung von Politikern und Großjournalisten die Wahlniederlagen schönreden.
Außerdem merke :„Wenn Wahlen etwas ändern könnten, wären sie schon abgeschafft.“ 68iger Sponti Spruch

Cluny
3 Jahre her

Herr Herles, alles okay, bis auf das: „Selbst wenn Sie mit mehr oder weniger Würgen im Hals lieber eine „Alternative“ wählen – sie bewegen oder verhindern damit nichts.“ Natürlich bewegt und verhindert auch das! Und bei der FDP haben sie Kubicki vergessen, der sich für die FDP in den letzten Wochen sehr laut gegen die Coronamaßnahmen positioniert hatte -um dann bei der entscheidenden Abstimmung im BT (Verlängerung der Lage) nicht abzustimmen! Da weiß man schon, wie die FDP dann in der Regierung agieren würde. Vergessen Sie’s, das ist Bauernfängerei! Es gibt tatsächlich nur eine sinnvolle Wahl, und das ist die… Mehr

Alexis de Tocqueville
3 Jahre her
Antworten an  Cluny

Wieso sollte es einen überhaupt im Hals würgen, die einzige Partei zu wählen, die nicht sozialistisch und faschistoid drauf ist? Die einzige, wo Vernunft, Fakten und Logik noch eine Rolle spielen, wo noch diskutiert wird, die demokratisch und rechtsstaatlich gesinnt ist und sich zur Verfassung bekennt, statt selbige zu verbiegen, bis sie Klimagendergaga diktiert?

Gerro Medicus
3 Jahre her

Sehr geehrter Herr Herles, die von Ihnen als schlechte, aber immerhin Bremse beschriebene FDP hat nicht einmal diesen Titel verdient. Denn zwischendurch gibt sie auch noch mal richtig Gas und befördert die Regierungsvorhaben, anstatt sich mit der wohl einzig wahren Opposition zu verbünden. Parteiideologie ist also stets wichtiger als die Verhinderung von wirtschaftlichem, migrations- und energiepolitischen Wahnsinn. Im manchem ähnelt die FDP da auch den Grünen, denn bei beiden Parteien tummeln sich Leute, die die Alimentation durch Staatsgeld dringend benötigen, da sie keine reale Chance auf dem Arbeitsmarkt hätten, ein vergleichbares Salär auch nur annähernd zu verdienen. Ausnahmen wie Kubicki… Mehr

Nibelung
3 Jahre her

Diese Partei braucht doch niemand, denn der Begriff Liberal soll etwas vorgauckeln, was es überall in der Gesellschaft gibt und kein Pradikat einer bestimmten Gruppe ist und eigentlich seinen Wert verliert, wenn man sich bei jedem andient, der völlig andere Ansichten vertritt, die sogar dem eigenen Anspruch wiedersprechen. So wird ein Allerweltsbegriff bis zur Unkenntlichkeit verzerrt und an ihren Taten kann man sie messen und das war die letzten 50 Jahre nicht weltbewegend, im Gegenteil, ihre einzige Intention bestand darin, als Mehrheitsbeschaffer am Regierungsgeschäft beteiligt zu werden und das versuchen sie nun wieder und haben sie bei der letzten Wahl… Mehr

Sonny
3 Jahre her

Nein danke.
Für mich gibt es schon seit einiger Zeit keine andere Alternative zum jetzigen Debakel mehr als diejenigen, die von den Altparteien geschmäht werden.
Die AfD ist die einzige Partei, die die Möglichkeit hätte, diesen Selbstzerstörungszug aufzuhalten. Die FDP wäre dazu nicht in der Lage. Allerdings würde ich einem Bündnis zwischen FDP und AfD meine Zustimmung geben. Da sind wir dann wieder beieinander.

Wilhelm Roepke
3 Jahre her

Die FDP kann man schon wählen, aber sie wird der Grösse der Probleme nicht gerecht. So bescheuert es vielleicht klingt, aber es braucht jetzt die AFD für die nächsten 12Jahre im Bundestag, damit a) der demokratische Meinungskorridor überhaupt erhalten bleibt b) für bestimmte Themen die Einstimmigkeit verhindert wird und c) nach dem Zusammenbruch von Währung, Wirtschaft, Stromversorgung und innerer Sicherheit eine Partei übrig ist, die ein Sammelbecken programmatisch Überzeugter schon mal geschaffen hat. Dass die AFD irgendwann Umweltprobleme ernst nehmen wird, ist eine Zeitfrage, die vom Ausland kommen wird. Aber die großen Probleme sind national zu lösen. Daher ist es… Mehr

Cluny
3 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Ja, gut zusammengestellt und formuliert, so sehe ich das auch. Dies ist keine Wahl wie andere! Es ist wahrscheinlich die letzte Chance, die unser Land hat. Mit bißchen FDP ist es da nicht getan, und seine Berührungsängste gegenüber der AfD wird man doch vielleicht in den Griff kriegen können??!

Gerro Medicus
3 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Es ist nicht bescheuert, Herr Roepke. Die AfD ist mehr als notwendig. Lassen Sie sich doch nicht durch das Nazigeblöke der anderen Parteien beeindrucken, und lassen sie sich auch nicht durch den Quatsch beeindrucken, den einzelne AfDler zugegebenermaßen absondern. Wie die NPD ist auch die AfD mit Sicherheit von V-Leuten des VS unterwandert. Die Legitimation dafür ist rechtlich unhaltbar, aber das interessiert in einem Land, dass durch massenhafte _suspendierung unserer Grundrechte den Titel Rechtsstaat nicht mehr verdient, nicht. Wer AfDler Nazis nennt, der verharmlost in eklatanter Weise den Nationalsozialismus. Und versucht nach der Methode Haltet den Dieb die eigenen Verfehlungen… Mehr

Grenz Gaenger
3 Jahre her
Antworten an  Gerro Medicus

„Daher ist das wichtigste Ziel der BTW 2021 jetzt, RRG zu verhindern.“
Sehr kurzsichtig gedacht. Das wichtigste Ziel der BTW 2021 ist: ein „Weiter so“ Richtung Links-Grün zu verhindern, denn genau das würden Sie mit Ihrer Stimme für die CDU unterstützen, so links-grün wie sie sich durch Merkel machen ließ. Oder glauben Sie ernsthaft, „dä Öcher Jong“ wird sich gegen Merkel stellen und deren unheilbringenden Kurs der letzten 16 Jahre beenden? Das könnte er jetzt schon beweisen, aber dafür fehlen ihm sowohl die Überzeugung als auch die Cojones.