Die geistige Unterwerfung unter die Grünen ist das größte Übel

Übel Nummer 1 ist der Niedergang des Landes durch den merkwürdigen Masochismus jener Parteien, die glauben, die Demokratie gepachtet zu haben, und sich von den Grünen den Marsch in den Abgrund blasen lassen. Die SPD verrät die kleinen Leute, die FDP die Freiheit des Individuums, und die Unionsparteien die Interessen der fleißigen und fähigen Bürger.

Die Deutschen werden aus moralischen Gründen hysterisch und verwechseln ihre Hysterie mit Moral. Darin besteht die ganze Farce. Wieder einmal schön belegen lässt sich das an dem weltbewegenden Ereignis, das sich im südlichen Thüringen zutrug. Die Deutschen tun, als sei der Landkreis Sonneberg fast achtzigmal so groß wie Berlin und mindestens doppelt so verrückt. Es verhält sich aber genau umgekehrt.

I.

Die einen halten die Wahl des dortigen Landrats für das Vorzeichen dafür, dass alsbald ein Asteroid in die deutsche Demokratie fährt und den Himmel verdunkelt. Die anderen sehen einen Kometen der Hoffnung am Nachthimmel aufsteigen. Hat dieses Volk noch alle Zacken am Barsch?

II.

Das Land macht schlapp. Zukunft sehen Investoren und kluge Köpfe zunehmend anderswo. Der Mittelstand darbt, die Mittelschicht schrumpft, die Zuversicht schmilzt. Es geht mit Karacho bergab. Nicht fremder Ursachen wegen, sondern weil die tonangebende Klasse der Republik mit Wonne die Äste absägt, an die sich die Deutschen klammern. Aber die Verursacher wollen nur eine echte Bedrohung erkennen, nämlich die, dass immer mehr Wähler die unsäglichen Astabsäger mit ihrer Stimme für die unsägliche Alternative beunruhigen. Änderung in Sicht? So kurz springt nur ein lahmer Gaul.

III.

Die sich für lizensierte Demokraten halten, betreiben Wählerbeschimpfung, statt den Bürgern die Hoffnung auf eine Wende zum Besseren zu geben. Den aus dem Diskurs ausgesperrten Gegner als Feind, ja als Heimsuchung zu dämonisieren, hat über Jahre nichts bewirkt. Beleidigungen ersetzen keine Lösungen, Haltungen keine Argumente. Dabei ist es doch nur ein Bruchteil der Unzufriedenen und Bedrängten, der aus Notwehr seine Kreuze bei der AfD macht. Und die wenigsten dieser Wähler halten wiederum die politischen Vorstellungen dieser Partei für insgesamt brauchbar. Sie wünschen keineswegs, dass die AfD ans Regierungsruder kommt – sie soll nur den anderen Beine machen.

IV.

Womöglich ist das im Osten etwas anders als im Westen. Warum? Zu den Gründen zählt die von den etablierten Bonner Parteien verhunzte Wiedervereinigung. Das gelobte Land der Freiheit, dass den DDR-Bürgern versprochen worden war, gab es nämlich plötzlich nicht mehr. Die Berliner Republik setzte nur noch auf „innere Einheit“, also auf Gleichschritt und Gleichmacherei. Die Ostdeutschen aber wollen sich nicht gleichmachen lassen. Davon hatten sie die Nase voll. Sie nehmen in Anspruch, anders zu ticken, und das ist ihr gutes Recht. Sie spüren den Konformismus, die Gedankenträgheit des grünen Mainstreams aus eigener Erfahrung stärker als die satten demokratieverwöhnten Wessis. Viele Ostdeutsche fühlen sich durch den ideologischen Anschluss an eine grün-rote BRD verraten – und wählen AfD, nachdem die Linke – nunmehr grün eingefärbte Kommunisten – auch keine Alternative mehr ist. Mag sein, dass Sahra Wagenknecht mit einer eigenen, neuen Partei Schwung ins Spiel bringen könnte. Die AfD hätte sie wohl am meisten zu fürchten.

V.

Noch aber besteht das Elend darin, dass es gar keine brauchbare Alternative in diesem Land gibt. Die Regierungsparteien regieren und die Unionsparteien opponieren (soweit das Wort noch irgend etwas bedeutet) am größten Teil der Wähler vorbei. Deshalb ist nicht die AfD das größte Übel der deutschen Politik. Übel Nummer 1 ist der Niedergang des Landes. Dessen Ursache ist der merkwürdige Masochismus jener Parteien, die glauben, die Demokratie gepachtet zu haben, und sich von den Grünen den Marsch in den Abgrund blasen lassen. Die SPD verrät die kleinen Leute, die FDP die Freiheit des Individuums, und die Unionsparteien haben ihre eigene Erfolgsgeschichte verraten und die Interessen der fleißigen und fähigen Bürger. Sie alle haben sich geistig den Grünen unterworfen, deren Anhänger über das bei weitem höchste Durchschnittseinkommen verfügen, und die glauben, der Staat gehöre ihnen.

VI.

Das haben, wie die gegenwärtige Debatte in der CDU zeigt, noch immer nicht alle kapiert.

Wären CDU und CSU das, was sie einmal waren, müssten sie derzeit 40 Prozent der Wählerstimmen einsammeln können. Aber sie wollen alles sein, nur um Himmels willen nicht „rechts“. Ihr Zustand nach der verheerenden Ära Merkel, an der sie kleben wie die letzte Generation am Asphalt, sorgt dafür, dass ein Teil der Enttäuschten und Erbosten wählt, was sich selbst als letzte Alternative anpreist. Wäre die AfD einigermaßen bei Verstand, würde sie sich der liberal-konservativen Mehrheit der Gesellschaft gegenüber öffnen; dann bekäme sie 30 Prozent und wäre koalitionsfähig. Sie ist aber in einer Verfassung, die selbst Ungarns „rechter“ Premier Orban für so abschreckend hält – etwa in der Europapolitik – dass nicht einmal er mit dieser Alternative kooperieren möchte. Die AfD ist ein Symptom der kranken Nation, keine Therapie. Sie ist weder Hoffnung noch ernste Gefahr. Daran wird Herr Sesselmann in Sonneberg nichts ändern.

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Kommentare ( 141 )

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lube
1 Jahr her

Da ist er wieder, der alte Westdeutsche wir haben uns alle lieb Journo. Nein die AfD ist die einzige Partei die nicht gegen die Bevölkerung Politik macht.Der Rest zeigt seine Verachtung jeden Tag und wird nicht für Zukunftslösungen gebraucht. Die wollen nur unser Gekd für sozialistische Experimente. Das ganze Ausland hält die für verrückt.

Phakinee
1 Jahr her

Lieber Herr Herles: . Ich finde es peinlich, wie sie Sie sich winden, um sich, wie ich finde, ihren ehemaligen Kollegen anzudienen, die Sie so oder so auch weiterhin als rechtsextrem gewordenen alten weißen Mann verbellen: . „Wäre die AfD einigermaßen bei Verstand, … dann bekäme sie 30 Prozent und wäre koalitionsfähig.“ | Die AfD ist bei Verstand, genau wie ihre Wähler … sie bekommt 30 % (einfach mal bis zur nächsten Wahl abwarten!) und ist koalitionsfähig. Die Frage ist nur, ob es die unsägliche Merzelpartei und ihr bayerischer Wurmfortsatz sind. | „Die AfD ist ein Symptom der kranken Nation,… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Phakinee
Unglaeubiger
1 Jahr her

Passt gut dazu: Scholz fordert vom Volk Respekt und Zusammenhalt! Ein Sprachrohr der Grünen, die derzeit mit großem mangelndem Respekt zu kämpfen haben? Ein Forist meinte: Es gab einmal eine Zeit, das war Zwerge werfen erlaubt und er wünsche sich diese Zeit sehnlichst zurück! Volle Zustimmung, diese geistigen Zwerge müsste man wirklich schnellsten so weit wie möglich ins Nirwana werfen!

hert
1 Jahr her

„Die geistige Unterwerfung unter die Grünen ist das größte Übel“ greift zu kurz. Es ist dieser gefährliche ideologisch verbrämte Zeitgeist, der alle Alternativen quasi verteufelt. Er betrifft Deutschland im Besonderen, hat inzwischen aber das gesamte sog. Abendland infiziert.
Ich kann jedem nur empfehlen einmal das Heimkehrer Denkmal in Friedland zu besuchen und in aller Ruhe die Inschriften der Heimkehrer zu lesen…
Übrigens, ich gehe da eher mit dem durchaus fragwürdigen Brecht: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“

horrex
1 Jahr her

„Unterwerfung“Das ist der Name des Kerns des Problems. Wie Ochsen bei der Viehauktion lassen sich immer noch (80%?) sich durch die politische Manege führen. Ohne auch nur zu „strampeln“. Nicht nur durch die Strategien der Führer des „Islam“! Ebenso durch Strategien von Utopisten/Weltuntergangspropheten, angebliche „Retter“ und von geblicher Tugend. Leute die wirklich Alles im Sinn haben. NUR nicht unser Bestes. – • Sicherlich mehr als ein Dutzend mal hab ich hier schon auf Michel Houellebecq und seinen Roman „Unterwerfung“ hingewiesen. Seit 2015. Für lausige 12 € hier im shop zu haben. So „relevant“ für das was hier seit Madame M.… Mehr

Monostatos
1 Jahr her

Was Sie so alles wissen, lieber Herr Herles: # „Sie (die Wähler der AfD) wünschen keineswegs, dass die AfD ans Regierungsruder kommt – sie soll nur den anderen Beine machen.“ # „Mag sein, dass Sahra Wagenknecht mit einer eigenen, neuen Partei Schwung ins Spiel bringen könnte. Die AfD hätte sie wohl am meisten zu fürchten.“ Echt jetzt? # „Die AfD ist ein Symptom der kranken Nation, keine Therapie.“ Das würde für jede ernstzunehmende Oppositionspartei gelten, weil die nicht nur die Mainstream-Medien Regierungspropaganda betreiben. Meine Sicht: „Die geistige Unterwerfung unter die von den Grünen aggressiv eingeforderte Ausgrenzung der AfD, aller Andersdenkenden… Mehr

cernunnos
1 Jahr her

liberal-konservativ“ ist das gleiche wie „linksliberal“, es existiert nicht. Beides ist die gleiche trübe Suppe in der SPDCDUFDPGrüne etc herumschwappen. Sollte die AfD sich dem öffnen dann unterscheidet sie sich in nichts mehr gegenüber dem Parteienblock.

Carl22
1 Jahr her

“ Die AfD ist ein Symptom der kranken Nation“. Sagt Hr. Herrles. Sie sei aber „keine Therapie“. Nun, die AfD vertritt am ehesten die Programmatik und Politikpraxis der frühen BRD, die von Heinemann, Adenauer, Erhard, Strauß, Ehler, Eppler u.v.a.m. Und sie bietet keine Therapie an, sondern setzt auf Rückbesinnung, Bewahrung des Bewährten und Verbesserung des Schadhaften. Das Volk kann dem in der Wahlhandlung zustimmen und sagt damit: so und durch diese Partei will es vertreten sein. Niemand ist krank, niemand braucht hier Heilung.

Demokrat1
1 Jahr her
Antworten an  Carl22

wikiquote/helmut Schmidt:
„Mit einer demokratischen Gesellschaft ist das Konzept von Multikulti schwer vereinbar. Vielleicht auf ganz lange Sicht. Aber wenn man fragt, wo denn multikulturelle Gesellschaften bislang funktioniert haben, kommt man sehr schnell zum Ergebnis, daß sie nur dort friedlich funktionieren, wo es einen starken Obrigkeitsstaat gibt. Insofern war es ein Fehler, daß wir zu Beginn der 60er Jahre Gastarbeiter aus fremden Kulturen ins Land holten.“ – Hamburger Abendblatt, 24. November 2004

LiKoDe
1 Jahr her

Die AfD ist ein Anzeichen einer von dummen, hypermoralischen und grössenwahnsinnigen Kleinbürgern [Grüne, Linke, FDP, SPD, CDU, CSU, Kirchen …] verrücktgemachten, zerrütteten und geschädigten Nation, die auf die Politik dieser dummen, hypermoralischen und grössenwahnsinnigen Kleinbürger mit purer Verzweiflung und mit noch verhohlener Wut reagiert, anstelle diesen Augiasstall mit Mistgabeln auszumisten.

alter weisser Mann
1 Jahr her
Antworten an  LiKoDe

Großes Geschwafel, mit dem Sie den Augiasstall auch nicht ausmisten. Dazu braucht man im Grunde schon etwas Druck auf dem Kessel.

hinnerk
1 Jahr her

Lieber Herr Herles, in diesem Kommentar von Ihnen bin ich anderer Meinung was die Wähler und Wählbarkeit der AFD betrifft. Die Leute, die ich kenne und die AFD wählen, tun dies nicht, weil Sie nur das kleinste Übel wählen wollen. Natürlich gibt es die auch. Haben Sie die Wahlprogramme der AFD zu den letzten beiden Bundestagswahlen gelesen? Hören Sie regelmäßig Debatten im Bundestag? Die besten und kritischsten Beiträge, sowie Anfragen an die Regierung (siehe Oppositionsarbeit) kommen hier fast immer von den Blauen. Das Parteiprogramm ist zu gefühlt 90% identisch mit dem Unionsprogramm von 2005. Das muss ja damals fürchterlich rechts… Mehr