Freudlose Osterbotschaft – die katholische Kirche und das Klima

Es geht gegen die Freiheit. Gegen die Freuden des Lebens. Auf deren Seite stand die Kirche nie. Es geht um moralischen Druck. Darin bestand die Macht der Kirche in dunklen Zeiten. Es geht um die Missachtung der Vernunft, worin die Kirche sich seit Jahrhunderten übt.

Würde die katholische Kirche ernst nehmen, was ihre höchsten Würdenträger derzeit ablassen, müsste das Entsetzen über den Brand der Notre-Dame de Paris in die Klage münden, der verkohlte Wald aus 1.300 Eichen im Dachstuhl habe vermutlich mehr Kohlendioxyd, Stickoxyde und Feinstaub in den Himmel über Paris gejagt als der gesamte Verkehr in einem halben Jahr. Was ist schon eine zerstörte Kathedrale gegen die Klimakatastrophe! Wenigstens entspräche diese Klage der Kampagne, die der Papst und zahlreiche deutsche Bischöfe führen. Ihre unfrohe Botschaft lautet: Das jüngste Gericht ist nah, die Menschheit fährt ins Höllenfeuer der Erderwärmung.

I.

Der Papst gab der Jungfrau Greta den Segen, der Berliner Erzbischof Koch ernannte sie zur Prophetin, weil doch „unsere Gesellschaft und auch unsere Kirche von Zeit zu Zeit echte Propheten braucht, die auf Missstände und Fehlentwicklungen hinweisen und Lösungswege vorschlagen“. Der Hildesheimer Bischof Wilmer ist der Ansicht, „die Kirche muss Anwalt der „Fridays for Future“-Bewegung sein“, der Dresdner Bischof Timmerevers meint, „die Mahnung der Jugendlichen muss uns uns wachrütteln“, denn „auch wir müssen konsequent für das Morgen einstehen.“ Und Bambergs Oberhirte Schick hat eine einfache Lösung: „Durch das entschiedene und baldige Handeln der Politiker und aller Verantwortungsträger weltweit können die Anliegen der Schülerinnen und Schüler und die Schulpflicht in Einklang gebracht werden.“ Und so weiter. Wie naiv, wie falsch, wie dumm!

II.

Das Motiv solcher Bußpredigten ist in Wahrheit nicht die Sorge um die Schöpfung als vielmehr die Sorge um den Fortbestand des eigenen Vereins. Die Apokalypse folgt weder moralischer noch gar naturwissenschaftlicher Kompetenz, sondern – dies ist der Kern des katholischen Zynismus – allein dem eigenen Geschäftsmodell. Seit Menschengedenken lebt die Kirche von den Ängsten ihrer Schäflein vor Tod und Teufel. Der Teufel wird durch Inklusion gesellschaftsfähig. Die Angst vor dem Tod ist zwar unvergänglich, doch der Glaube an ein besseres Jenseits schwindet. Also müssen andere, wirksamere Ängste her. So stellt die Kirche sich an die Spitze der Klima-Angst-Bewegung.

III.

Der Kirche schwimmen in der offenen Gesellschaft die Felle davon. Denkt der antiautoritäre Mensch am Feiertag doch lieber an die Spritztour als an den Gottesdienst, und selbst am Karfreitag eher an Freizeit statt an Fasten. Mit der Klimahysterie jedoch finden die Bischöfe Anschluss an den Zeitgeist. Was für eine wundersame Dialektik. Sie sehen sich plötzlich ganz im Hier und Jetzt, und das mit aus der Zeit gefallenem Mahnen zu Askese, Einkehr, Umkehr. Auf diese Strategie kamen nicht clevere PR-Agenten, sondern Theologen.

IV.

Dazu passen die Absonderlichkeiten jenes Greises, mit dem WIR einmal Papst gewesen sind. Sein Alterszorn gilt ebenfalls nicht dem Erhalt der Schöpfung, sondern bloß dem Erhalt der Herren der Schöpfung im Priesterkleid. Dass etliche von ihnen sich an Kindern und Jugendlichen vergriffen haben, so behauptet er, dafür könnten weder sie noch der unheilige Geist etwas, der in der Kirche waltet. Die sexuelle Revolution ist´s gewesen. Verkehr und Fleischeslust.

V.

Fleischverzehr und Verkehr: Sind das nicht auch die Ursachen der Klimakatastrophe? Der Irrsinn hat Methode. Es geht gegen die Freiheit. Gegen die Freuden des Lebens. Auf deren Seite stand die Kirche nie. Es geht um moralischen Druck. Darin bestand die Macht der Kirche in dunklen Zeiten. Es geht um die Missachtung der Vernunft, worin die Kirche sich seit Jahrhunderten übt. Die Perversion des Glaubens, im Klimawandelwahn wird sie wieder virulent. Nur, dass diesmal viele jubeln, die niemals etwas mit dem Glauben am Hut hatten. Die Kirche lässt sich vor einen fremden Karren spannen. Hosianna und frohe Ostern!


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Kommentare ( 76 )

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WandererX
5 Jahre her

** Das AUCH katholisch stark mitgeprägte Mittelalter wird mal wieder – wegen der Kirche – als dunkel und vernunftlos dargestellt, dabei brachte ja das christliche Denken gerade lichterne Vernunft in Herz und Seele, verbesserte atemberaubend das Reflexionsvermögen der Menschen über sich und die Umgebung! Über Licht und Vernunft erfand das kathol. Hochmittelalter die moderne Kunst. Auch das Planen von Welten (siehe Klöstergrundrisse als Verknüpfung ohne materiellen Zentralkern) wurde durch Mönche ag dem 7. Jh. erfunden. Nordeuropäisches Rechtsdenken war dabei behilflich, aber die Kirche nahm das bene mit verstand und großer Vernunft auf. Moderna ist ein Begriff, der schon im 6.… Mehr

WandererX
5 Jahre her

Dass in der sogenannten Offenes Gesellschaft (sprich grenzlosen…) der kath. Kirche die Felle (das Weltliche also) davonschwimmen würden, ist grundlegend falsch, im Gegenteil: der Universalismus in der Politik gibt den Machtpolitikern in der Kirchen großen Auftrieb und neue Macht, denn die jungen Bürger suchen irgendwo Halt. Die Kultur der Gesellschaft der Deutschen und deren Staat kann sie (und soll sie ja offiziell) ja nicht mehr bieten. Wo aber keine stolze Kultur gelebt wird, da reiben sich die Polit- Priester die Hände: sie füllen das mentale Vakuum aus. Offene Gesellschaft heisst NICHTgesellschaft: statt Gesellschaft gibt es eine Kultgemeinschaft. Nur die großen… Mehr

Kassandra
5 Jahre her

Wenn in in jedem Kubikmeter Holz 1 Tonne CO2 gespeichert ist entweicht das Gas immer. Beim Verfaulen nur ein wenig langsamer, als wenn man sie verbrennt.
Nur wenn man komplett entholzt wären wir das Gas auf ewig los – aber uns wahrscheinlich auch.

bfwied
5 Jahre her

Wer stehen bleibt, den bestraft das Leben, so hieß es doch so schön von Gorbatschow! Die Kirche brauchte über 100 Jahre, bevor sie die Lehre von Galilei anerkannte, und erst in unseren Tagen wurde er halbherzig von ihr rehabilitiert. Die Kirche verbreitet noch heute ein Weltbild, das nicht vom Geist geformt wird, sondern von schlichtem Glauben, und daher ist sie des Menschen nicht würdig und eigentlich obsolet. Jetzt wollen die Gläubigen-Führer, die sich immer noch als „Vater“ oder „Hirte“ bezeichnen, einen Modernisierungsschub entfachen, indem sie dem Ökohype, für den schon ein autistisches Kind requiriert wurde und der für Fachkreise nicht… Mehr

WandererX
5 Jahre her
Antworten an  bfwied

Die Kirche brauchte 360 Jahre im Fall Galilei, um diesen zu tolerieren, also zuzugeben, dass es auch andere legitime Denkwelten gibt als die religiös- metaphysische des Christentums. Als vorherrschend ihr gegenüber anerkannt hat sie dessen Lehre natürlich NICHT.
Das kann sie als Kirche natürlich auch nicht. Sie hat nur den 450 Jahre alten jesuitisch- monistischen Anspruch der Gegenreformations Ära in den letzten Jahrzehnten endlich aufgegeben und eine Pluralität des Denkens wieder etwas besser akzeptiert.

Sonny
5 Jahre her

Wundert dieses durchsichtige Spiel und Ablenkungsmanöver auch nur noch irgendjemanden?
Zwei Fliegen mit einer Klappe, würde ich mal sagen. Kommt her, ihr kleinen Kinderlein, kommt zu mir, ich bin „der Gute“.
In Anbetracht des weltweit wahrscheinlich millionenfachen Kindesmißbrauchs in Kirchen und Sekten ist das Ganze besonders **.

Pankratius
5 Jahre her

Danke für den Super-Artikel, Herr Herles. Das Geschäftsmodell aller Jenseits-Ideologen ist der Ritt auf der Todesangst. Da die nie versiegt, ist das Modell recht zukunftsbeständig. Aber die Entmystifizierung des Todes und das Verständnis seiner denkbar banalen Wirklichkeit lassen tendenziell die Angst vor ihm und einem höheren Wesen schwinden. Natürlich nur in den Grenzen, die der Selbsterhaltungstrieb gewährt. Der Entmystifizierung des Todes folgt die Entmystifizierung, Banalisierung und Marginalisierung aller Jenseits-Glaubenslehren. Dem kann nur mit banalster Gewalt entgegengearbeitet werden (Islam) oder mit neuen Drangsalierungsgeneratoren, denen etwas mystisch-Bedrohliches anhaften sollte. Und da ist die Klimareligion mit ihrer pseudowissenschaftlichen Bemäntelung, ihren Zuchtvorgaben, Entsagungsverlangen, ihrem… Mehr

Falk Kuebler
5 Jahre her

Normalerweise lese ich Herles‘ Kommune gerne und empfinde mich in einer gewissen Resonanz. Auch hier konnte ich die in Freidenkerkreisen seit langem er- und bekannte Übertragung Religion->Klimareligion wiederfinden.

Ganz schwach (und das war für mich bei Hermes unerwartet) fand ich – subjektiv – den Abschnitt IV. Eines Herles eigentlich nicht würdig, weil doch allzu arg – in meinen Augen sogar plump – „ad hominem“…

Gerda Hesse
5 Jahre her
Antworten an  Falk Kuebler

Schuld ist etwas Persönliches. Da kann man nicht die 68-er verantwaortlich machen für Kindesmißbrauch.Ein Täter ist ein Täter und kann sich nicht hinter dem „Zeitgeist“ verstecken.

Falk Kuebler
5 Jahre her
Antworten an  Gerda Hesse

Ihr Kommentar hat mich erst richtig verblüfft, weil ich ihn als Antwort auf meine Bemerkung zu Herles-IV einfach nicht verstehen konnte.

Erst nach längerem Nachdenken wurde mir klar, dass Sie, Frau Hesse, sich gegen das 68-er-Vorschieben gewandt haben. Genau das war aber nicht von dem armen von Herles „beschimpften“ („Absonderlichkeiten jenes Greises“) Benedikt gekommen, sondern von Franziskus!

WGreuer
5 Jahre her

Ich für meinen Teil habe auf die sprichwörtliche Scheinheiligkeit der Kirchenoberen, ihren Opportunismus und Anbiederung an den Islam schon länger meine Konsequenzen gezogen und bin ausgetreten. Damit schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe ich haben mehr Geld, und die Kirche weniger Geld, das sie für ihre scheinheilige Propaganda verwenden kann.

Mir tut es nur um die vielen, guten und engagierten Pfarrer leid, die sich bei dem, was die Bischöfe, Kardinäle und auch neuerdings der Papst da fabrizieren und von sich geben, da wohl ziemlich verar*** vorkommen müssen. Mich wundert, dass nicht mehr den Bettel hinwerfen.

Ostfale
5 Jahre her
Antworten an  WGreuer

Den Bettel hinwerfen kann man, mehr oder weniger leichten Herzens. Viele Pfarrer sind sehr wahrscheinlich tatsächlich einer Berufung und vielleicht sogar einem Ruf gefolgt. Sie wollen in Wort und der sauberen Tat Gottes Wort vermitteln und auch leben. Dafür haben sie ein Gelübde abgelegt. Ähnlich dem guten Offizier, dem Berufssoldaten schlechthin, der ebenso ein Gelöbnis auf sein Vaterland ablegt, dieses und seinem Volke treu zu dienen, es zu verteidigen und Schaden von beiden abzuwenden. Und wer solch ein Gelübde oder Gelöbnis ablegt, wirft beides nicht in den Dreck, auch wenn die ‚Obrigkeit‘ genau das vorexerziert.

herbert b.
5 Jahre her

„Sie sehen sich plötzlich ganz im Hier und Jetzt.“ Ich glaube –
nein, ich bin fast überzeugt, lieber Herr Herles, die waren nie
woanders. Mir fällt es schon lange schwer, „Geistliche“ mit
Gottesglauben in Verbindung zu bringen (Päpste, nicht nur
der aktuelle, eingeschlossen). Eigenartig, nicht? Diese „Typen“
bringen Anlagen mit (im weitesten Sinn Schwadronierfähigkeit),
die sich wohl noch am besten mit diesem Beruf (eher selten:
Berufung) zur Deckung bringen lassen.
Hosianna? Oder vielleicht doch besser: ojemine. (?)

Nachdenkerin X
5 Jahre her

Wenn nun nach der evangelischen Kirche auch die katholische so „grün“ tönt, treten vielleicht als Ersatz für Katholiken, die enttäuscht aus dieser allzu weltlichen Kirche austreten, massenhaft Grüne ein? Inzwischen halte ich sogar das für möglich …

zukunft2018
5 Jahre her
Antworten an  Nachdenkerin X

Geht mir ganz genauso. Nach 53 Jahren…?

Nachdenkerin X
5 Jahre her
Antworten an  zukunft2018

Ich bin eher kirchenferne Protestantin und stelle aus aus einer entfernten Position heraus nur fest, daß die Oberhäupter der katholischen Kirche nicht mehr ihre eigene Sache vertreten. Ich komme mir vor wie der Städter, der mit Verwunderung sieht, wie ein Bauer sein fruchtbares Feld verkommen läßt oder sogar Müll darauf ablädt, oder wie der medizinische Laie, der nicht versteht, daß ein Arzt die Grundsätze seines Metiers vernachlässigt.