Ein Sozialist eröffnet das neue Parlament, ein Demokrat wird ausgebootet – willkommen im Bundestag 2025. Die Republik hat nicht nur Schlagseite, sie treibt blind ins ideologische Fahrwasser einer moralisierenden Doppelmoral, bei der „Demokratie“ längst zum Kampfbegriff verkommen ist.

Das fing gut an! Die neue Legislaturperiode des Deutschen Bundestags eröffnete ein Mann mit Vergangenheit als letzter Vorsitzender der SED, als Anwalt der DDR-Diktatur.
I.
Was hat es zu bedeuten, dass er es mittlerweile zum dienstältesten Abgeordneten des Bundestags gebracht hat? Ist Gysi nur ein Beweis für die Wandelbarkeit der menschlichen Natur? Ein Muster an Anpassungsfähigkeit? Oder zeigt sein (für ein paar Minuten) Aufstieg zum obersten Repräsentanten des Souveräns, dass etwas schiefgelaufen sein muss? Wie auch immer. Man nennt es Demokratie. Auch Gegner der Freiheit profitieren von der Freiheit. Links, ganz links, ist längst salonfähig. Ganz rechts natürlich nicht. Ganz rechts wird ausgegrenzt. Diese Demokratie hat Schlagseite.
II.
Wäre es mit rechten Dingen zugegangen, wäre der tatsächlich älteste Abgeordnete Alterspräsident geworden. Um das zu verhindern, wurde schon vor vier Jahren die Geschäftsordnung geändert. Alexander Gauland hat eine makellose demokratische Vergangenheit, diente der Bonner Republik in der CDU und ist auch heute kein Radikaler, obwohl er immer wieder seinen Parteifreund Höcke in Schutz nimmt. Von Demokratie versteht er mindestens so viel wie Gysi. Aber als Ehrenvorsitzender der AfD gehört er zu den Unberührbaren, ebenso wie der frühere Bundeswehrpilot Gerold Otten, der deshalb nicht Bundestagsvizepräsident werden durfte. Gegen Gauland wurde vorgebracht, man riskiere eine der Würde des Hauses unangemessene Rede. Darauf hätte man es getrost ankommen lassen können. Sicher ist, die Rede des Herrn Gysi, ein selbstgefälliges, pharisäerhaftes Gejammer über die verlorenen Errungenschaften der DDR und vermeintlich benachteiligten Ossis, war nicht zu unterbieten. Der nächste Kanzler sollte sich bei ihnen, den Ostdeutschen, im Namen aller Westdeutschen entschuldigen, forderte Gysi. Wofür? Dafür, dass die preußisch-protestantische-DDR-Errungenschaft Angela Merkel das Land herunterwirtschaften durfte? Auch sie ein Kollateralschaden der Wiedervereinigung.
III.
Ob die neue Präsidentin des Parlaments, Julia Klöckner, der zweitgrößten Fraktion den selbstverständlichen Besuch verweigerte, weil ihr der ökumenische Gottesdienst wichtiger gewesen ist? Egal. Der Skandal besteht darin, dass die Grünen ihr das Gebotene verbieten wollen. (Und von Julia Klöckner sich diese Anmaßung mit keinem Wort verbeten hat.) Es ist immer wieder ein erbärmliches Schauspiel, wie sich die Unionsparteien von der moralisierenden Überheblichkeit von Rot-Grün nötigen und vor sich her treiben lassen. Feinde der Demokratie sind auch diejenigen, die glauben, selbst darüber bestimmen zu können, was demokratisch ist und was nicht. Am Ende sind es „Demokraten“, die mit der Ausgrenzung eines Viertels der demokratisch gewählten Volksvertreter die Demokratie beschädigen. Das Ergebnis absehbar: eine Politik gegen die verratene Mitte.
IV.
Die Unionsparteien – nach dem Ausscheiden der FDP die einzige verbliebene Partei der bürgerlichen Mitte –, haben in Sachen Staatsverschuldung bereits wenige Tage nach der Wahl ihren Schwur gebrochen. Ist auch Merz ein Beweis für die Wandelbarkeit der menschlichen Natur? Ein Muster an Anpassungsfähigkeit? Wie auch immer. Man nennt es Demokratie. Seitdem sinkt die Zustimmung (sagen außer Allensbach alle Institute). Und die Werte der AfD steigen deutlich. Schwarz-Rot hätte, würde am kommenden Sonntag gewählt, wahrscheinlich keine Mehrheit mehr. Der mutmaßlich nächste Kanzler wirkt erpressbar. Dafür erntet er Verachtung. Noch ist die Regierung nicht gebildet, das Koalitionsprogramm nicht ausgehandelt. Merz kann auf zweierlei Art scheitern. Entweder kommt es zum Etikettenschwindel (rote Flasche, schwarzes Bapperl) oder er gibt gleich auf. Dann kommt es zu Rot-Rot-Grün, und zur Perversion des Wahlergebnisses. Wer noch immer die geschlossene Front gegen Rechts für das einzige Ziel von Bedeutung hält, hat kein moralisches Problem, aber ein intellektuelles.
V.
Um noch einmal auf Gysi zurückzukommen (und um meine „Fans“ nicht ganz zu enttäuschen): Die Sache mit der „Wiedervereinigung“ ist tatsächlich in die Hose gegangen, wenn auch anders, als der zum Musterdemokraten ernannte Lieblingssozialist der Deutschen meint. Alles, was damals geschah, gehorchte der Machtlogik des damaligen Kanzlers der Einheit und dem gefühlsduseligen Nationalrausch jener Tage. Die Bonner Republik hat sich aufgegeben – und damit auch die Ostdeutschen verraten, die genau das ersehnt hatten, was nun zugrunde ging. Das Ergebnis ist heute zu besichtigen. Immer mehr Planwirtschaft, immer mehr Staat. Ein Alterspräsident Gysi und die im Osten bereits stärkste Partei sind Errungenschaften der sogenannten Wiedervereinigung. Und das Parlament tagt am richtigen Ort, genau dort, wo die deutsche Demokratie schon einmal zugrunde ging: im Berliner Reichstag.
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Rot-rot-grün wird sich nicht ausgehen. Die kommen auf rund 38%.
„Ein Anfang ohne Zauber.“ Kein Wunder, sieht es doch vielmehr nach dem Ende aus.
„Diese Demokratie hat Schlagseite.“ Das trifft den Nagel auf den Kopf.
Für Segelkundige noch weiter gedacht. Das rot-grüne Wasser läuft bereits
über den linken Rand. Schluß mit lustig!
„Wer noch immer die geschlossene Front gegen Rechts für das einzige Ziel von Bedeutung hält, hat kein moralisches Problem, aber ein intellektuelles.“
Nein Herr Herles, beides trifft zu. Das moralische Problem ist das schwerwiegendere. Das die alte Bundesrepublik mit der Wiedervereinigung unterging, wollte kein Deutscher und war auch nicht Kohls Schuld. Er hat versucht was ging. Der 2.WK ging nun auch im Westen verloren.
Als doppelter Fan von Herrn Herles, also mit und ohne Anführungszeichen, ein paar Anmerkungen: Weder die Union noch die FDP sind bürgerliche Parteien, und das schon sehr, sehr lange nicht mehr. Der „gefühlsduselige Nationalrausch“ der Wiedervereinigung war ausschließlich einer der West-Eliten. Weder Ossis noch Wessis waren sich besonders zugetan. Die Bonner Republik hat sich nicht aufgegeben, sondern ist von der Union verraten worden. Ersehnt hatten sich die Ostdeutschen den Wohlstand der Bonner Republik, nicht diese selbst. Die stärkste Partei im Osten, ist die stärkste Einzelpartei Deutschlands, und sie ist kein demokratischer Unfall wie ein Alterspräsident Gysi, sondern der letzte Beweis… Mehr
In großen Teilen gebe ich Ihnen recht.
Was ich aber insbesondere seit dem Mauerfall hasse wie die Pest ist diese Verallgemeinerung und zwar die aus dem Westen, genauso wie die aus dem Osten, a la „Weder Ossis noch Wessis waren sich besonders zugetan.“
Das Problem war nämlich zunächst die Mauer.
Ost wie West sollte sich dennoch heute dafür schämen, anstatt aufeinander herum zu hacken!
Manchmal hilft nur die Verallgemeinerung, um zum Wesenskern der Dinge vorzudringen.
Vielen Dank an die politisch und wirtschaftlich ungebildeten Wähler, weiter so, Kommunal- und Kreiswahlen sind schon in Sicht.
Schuld haben nicht die Politiker, verantwortlich seid einzig und allein IHR❗
„Ein Anfang ohne Zauber“ – ich glaube, die Grünlinken inklusive SPD und Teilen der CDU sehen das nicht so. Sie haben mehr bekommen, als sie sich vor ein paar Monaten je hätten erträumen können. Plus die Lizenz zum finalen Angriff auf die Demokratie, um sie endgültig in „unsere Demokratie“ verwandeln zu können. Wenn das nicht zauberhaft ist…
Ein bekennender Kommunist eröffnet als Alterspräsident das Parlament. Ein noch schlimmerer Kommunist wird anschließend als Bundestagsvizepräsident vom linksextremen Kartell gewählt. Während man einen völlig unbescholtenen und hochqualifizierten Kandidaten der AfD diskriminierend aus ideologischen Gründen dreimal durchfallen lässt. Die Wahl zum Bundestagsvizepräsidenten ist in erster Linie eine Personenwahl bei der es nach Qualifikation gehen sollte und keine Parteienwahl. Während man eine hochqualifizierte Person der AfD durchfallen lässt, wählt man einen Grünen zum Bundestagsvizepräsident von dem keine Qualifikation für das Amt bekannt ist. Dieses Kartell-Parlament ist so schlecht wie das letzte Parlament auch. Dieses undemokratische Kartell betrachtet die demokratische AfD nicht als… Mehr
Betrachtet die CDU als Teil der Nationalen Front unter Führung von RotGrünen: Es paßt alles. Fast wie in der DDR: Die CDU als Blockflöte, Wackeldackel und Klatschhase. Nbb: Rot und Grün gemischt gibt: Braun. Also vorwärts Genossen/Volksgenossen.
Nee, echt jetzt, Herr Herles?
Wusste gar nicht, dass Sie auch schlechten Klamauk können.