Die Bürger wünschen sich eine starke Hand, obwohl sie wissen müssten, dass sie von ihr geschlagen werden. Der Bürger folgt, auch wenn ihn das Folgen noch nie von seinen Nöten befreit hat. Die Leute klagen, aber übernehmen ungern selbst Verantwortung, sondern unterwerfen sich lieber fürsorglicher Obrigkeit.
Mit nichts als dem alten Koordinatensystem im Kopf könnte man behaupten: In Großbritannien haben die Konservativen ein Desaster erlitten, aber in Frankreich sind sie dabei, zu triumphieren. Aber so einfach ist es nicht. Erstens sind die „Rechten“ in Frankreich nicht konservativ, und die Konservativen in Großbritannien nicht einfach rechts. Das Koordinatensystem stimmt nicht mehr.
I.
Man könnte es sich leicht machen und beruhigt feststellen, die Demokratie hätte sich in beiden Ländern bewährt. Wechsel sind schließlich ihr Wesen. In Großbritannien hatten die Wähler von den Tories die Nase voll, in Frankreich von den Linksliberalen. Was aber, wenn sich – wie bald auch in Deutschland – der Wechsel überwiegend als Schein entpuppt? Folgen doch in beiden Ländern die Bürger nicht aus Überzeugung neuen Kräften, sondern strafen nur verbrauchte Kräfte ab.
II.
Was also, wenn die demokratische Normalität derzeit nichts anderes ausdrückt als tiefes Misstrauen gegenüber dem Parteienstaat, so sehr der sich in England und Frankreich voneinander unterscheidet? Was kann und will der neue Labour-Premier wirklich ändern? In England ist etwa die medizinische Versorgung – ein Hauptärgernis – nicht zuletzt ein Desaster, weil sie ausschließlich der Staat mit Steuermitteln anbietet. Die Konservativen haben es nicht geschafft, wenigstens das Gesundheitswesen teilweise zu privatisieren. Erwartet das nun etwa jemand von den Linken? Was auch immer wo auch immer geschieht: Die Mitte wird bluten, ohne die Funktionstüchtigkeit der Staaten nachhaltig zu verbessern. Marine Le Pens Rassemblement National mag die Marseillaise noch so herzergreifend schmettern – den Wohlstandsverlust der normalen Franzosen kann sie so wenig aufhalten wie die Kapitalflucht der Reichen. Auch rechte Populisten vernebeln den Bürgern mit unhaltbaren Versprechen den Kopf. Den Abstieg der europäischen Demokratien kann niemand stoppen. Und die Folgen falscher Politik – ob von Merkel oder Macron betrieben – stellen jede Regierung vor unlösbare Aufgaben. Die Enttäuschung, die neue Regierungen auslösen, sind vorprogrammiert. Die Hoffnungen tragen nicht weiter als bis zur nächsten Wahl. Damit spekuliert übrigens Macron, wenn er in scheinbar selbstmörderischem Wahn durch Neuwahlen le Pen die Macht überlässt.
III.
Was wäre ein Ausweg aus dem Dilemma der europäischen Demokratien? Weniger Staat!? Das ist in krisenhafter Lage keine Parole, die bei den Wählern ankommt. Was für eine „Wende“ auch immer angekündigt wird, eine liberale Wende ist nirgends in Sicht. Denn damit lassen sich Wahlen nicht gewinnen. Keine Partei verzichtet auf die Macht, die ihr die Staatsapparate garantieren. Die meisten Bürger wollen einen Staat, der die Dinge regelt. Die Verursacher der Malaise sollen die Malaise beseitigen. Also noch mehr Staat. Dennoch wäre das Zurechtstutzen staatlicher Allmacht die einzige Möglichkeit, dem Versagen der Parteiendemokratie zu entkommen. Solange sich der Staat in alle Winkel des Lebens hinein frisst und den Bürgern Freiheit und Eigenverantwortung raubt, wird die Unzufriedenheit mit dem Unvermögen der Regierenden wachsen. Die Bürger wünschen sich eine starke Hand, obwohl sie wissen müssten, dass sie von ihr geschlagen werden. Der Bürger folgt, auch wenn ihn das Folgen noch nie von seinen Nöten befreit hat. Die Leute klagen, aber übernehmen ungern selbst Verantwortung, sondern unterwerfen sich lieber fürsorglicher Obrigkeit. Das ist der Kern der Krise der europäischen Demokratien.
IV.
Staaten sollten sich um die wenigen Grundbedürfnisse kümmern: Sicherheit nach Außen und Innen, Rechtsschutz, Hilfe für die wirklich Bedürftigen, Gewährung von Aufstiegschancen, wozu auch Bildung gehört. Ein grobmaschiger ordnungspolitischer Rahmen gehört wohl auch dazu: Soziale Marktwirtschaft. Der Staat ist keine Einrichtung zur Durchsetzung irgendeiner von Ideologie getränkten Moral. Und Demokratie ist Teilhabe. Der Staat muss sie garantieren, und die Bürger müssen sie einfordern. Die Realität sieht anders aus. Die Staaten sind offen für Zuwanderer und andere, die nichts beitragen zum Wohl ihrer Nationen – und die europäischen Werte – Individualismus, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung – verachten. Die europäischen Staaten wollen ihre Bürger erziehen und bevormunden. Sie steuern, besteuern und steuern um. Und wundern sich, dass Wachstum ausbleibt, weil Leistung nicht mehr zählt. Daran wird sich so schnell nichts ändern, mögen die geknechteten Bürger wählen, so viel und wen sie wollen. Die Schwächung der Staats- und Parteiapparate würde die Demokratie stärken. Das wäre kein Widerspruch, sondern der Beginn der Gesundung.
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Ohne Kompromisse geht es in Koalitionen nicht und im Föderalismus schon gar nicht. Halbe Sachen sind jedoch keine Lösungen in der Sache und nur politische Lösungen zur Befriedung der politischen Gegensätze in der Koalition. Man nennen das auch „Theorie des Sachzwanges“. Ursprünglich beruft sich unsere Parteiendemokratie auf das Wettbewerbsprinzip. Da jedoch die siegreiche Partei nur noch eine relative Mehrheit erreicht, ist der Wettbewerb um die beste Lösung ausgehebelt. Und so erodiert dieses Wettbewerbssystem zu seinem Machterhaltungssystem. Das alles hat mit der angeblichen Suche nach der „starken Hand“ nichts zu tun. Im Gegenteil, es geht um die Sanktion für „schlechte“ Politik.… Mehr
Es haben sich weltweit totalitäre Strukturen derart verfestigt, dass für den Einzelnen und seine Verantwortung nicht mehr viel Platz und Freiraum bleibt. Wir sehen das an Edward Snowdon, an Julian Assange und Chelsea Manning. Keiner möchte so leben und enden wie die. Sie sind einem übermächtigen Staatsapparat ausgeliefert, der die Aufklärer verfolgt, um die Aufklärung der totalitären Staatsverbrechen zu verhindern. Es gibt soviele supranationale Machtnetzwerke, dass für Europa nicht mehr viel Freiraum bleibt. Die amerikanischen Kapitalanlagevehikel wie Blackrock und Vanguard können in Deutschland mehr Macht ausüben, als das gesamte deutsche Volk. Die NATO kann uns alles vorschreiben und wir ihr… Mehr
Wozu brauchen Sie als Bürger Politiker? Alles was die Politiker in den Parlamenten entscheiden, kann von Wahlberechtigen Bürgern in der direkten Demokratie eigenverantwortlich entschieden werden. Von den politischen Entscheidern werden in den Parlamenten gerne neue Gesetze gemacht, welche von Beamten kontrolliert werden müssen. Regelmäßig werden dafür neue Beamtenstellen geschaffen, welche von Parteisoldaten auf Führungsebene bis hinunter zum Anteilungsleiter überwacht werden. Dies ist nur einer von mehrere möglichen Wegen, wie sich die Politiker den Staat zur Beute gemacht haben. In der direkten Demokratie müssen Gesetze von allen Bürgern eine Mehrheit holen um Gesetzeskraft zu bekommen. Diese Vorgang verhindert den Lobbyismus , da… Mehr
„Den Abstieg der europäischen Demokratien kann niemand stoppen.“
Den Abstieg der Demokratie oder des bisherigen Machtapparats? Ich denke nicht dass wir eine Krise der Demokratie haben, sondern eine Krise der Machtstrukturen die auf der Behauptung beruhten, wir hätten eine Demokratie.
Denn nichts anderes besagt der vorletgzte Satz: „Die Schwächung der Staats- und Parteiapparate würde die Demokratie stärken.“
„Die Bürger wünschen sich eine starke Hand, obwohl sie wissen müssten, dass sie von ihr geschlagen werden.“ Lassen Sie doch bitte solche Verallgemeinerungen Herr Hermes. Ich sehe mich als Bürger dieses Landes und wünsche mir Freiheit und weniger Staat. Diese Übergriffe aus Berlin und Brüssel müssen gestoppt und der staatliche Einfluss auf seine Kernaufgaben reduziert werden. Das Parteiensystem in seiner jetzigen Form ist am Ende und reißt die Demokratie mit in den Abgrund. Die AFD ist auch nicht das Problem, sondern nur das Ergebnis und die Folge einer Politik nach Gutsherrinnenart von Frau Merkel. Verfeinert und weitergeführt, von einer Ampel… Mehr
Menschen, die sich eine starke Hand, starke Führung wünschen, sind entweder bequem oder unfähig es selbst zu tun bzw. zu leisten. Also gute Eigenschaften für ein Sklaventum.
Ein Zitat : “ Im Westen ist alles besser, sogar die Gehirnwäsche. „
Friedliche Proteste sind in Ordnung, dass was wir derzeit erleben sind allerdings demokratiefeindliche Aufmärsche. Wer demokratisch gewählte Parteien und Personen in der Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Rechte und Pflichten behindert, ist kein Demokrat. Wer dazu noch Gewalt als legitimes Mittel ansieht, hat nichts verstanden und nichts gelernt und ist mehr Nazi, als diejenigen die er als solche bekämpft. Wenn dann noch Minister, Bürgermeister und Co vorneweg mitmarschieren oder dies auch nur als legitimes Mittel anerkennen, haben sie als Politiker in einer Demokratie nichts verloren. Sie sind schlimmer, als jede herbeiphantasierte Gefahr von Rechts und ihres Amtes unwürdig.
Stimme Ihnen vollkommen zu!! Die sog. „repräsentative Demokratie“ ist eine Art Pseudodemokratie, die sich hervorragend dafür eignet, ein „Elitensystem“ aufrechtzuerhalten, um den Bürgern zu sagen, wo es lang zu gehen hat. Wenn der nicht will und das ganze anders sieht, dann wird mit allen denkbaren – vor allem massenmedial-propagandistischen – Mitteln versucht zu manipulieren und mental zu infiltrieren, notfalls (und immer häufiger) auch mit juristischen Mitteln. Mehr direkte Demokratie „wagen“? Nein, sie muss rigoros vom Volk eingefordert werden!!!
Was nach der Lekture bleibt ist das was Scholl-Latour schon vor Jahren festgestellt haben soll: „Ich fürchte nicht die Stärke des Islam, ich fürchte die Schwäche des Christentums.“ Womit er wohl weniger dasjenige Christenum der heutigen Repäsentanten gemeint hat, sondern wohl weit eher das was den Kern christlicher Ethik tatsächlich ausmacht. – • „Oma“ hätte vermutlich zu den heutigen Verhältnissen gemeint: „Wenn dem Och zu wohl ist geht er aufs Eis, bricht sich beide Beine und wird so zum Fall für den Metzger.“ Ein Satz, ein „Bild“ mit dem man auch das berühmt-berüchtigte Phänomen der „dritten Generation“. Als auch die… Mehr
„Und Demokratie ist Teilhabe.“ Deswegen gibt es in ganz Europa nur eine einzige Demokratie, nämlich die Schweiz. Nur dort können die Bürger kommunal (u.a. auch bei der Einbürgerung!), kantonal und auf Bundesebene über die Politik und ihre Lebensbedingungen entscheiden, alle anderen Europäer dagegen dürfen alle paar Jahre einen Vormund wählen, der dann bis zur nächsten Vormundschaftswahl mehr oder weniger machen kann, was er will; der Wähler dagegen hat bis dahin nichts zu melden. Der Begriff „mündiger Bürger“ ist deshalb reiner Hohn, ebenso ist „repräsentative Demokratie“ eine Falschbezeichnung, da der Repräsentant selbst im besten Fall ja nur seinem Gewissen unterworfen ist,… Mehr