Das Virus zeigt die neurotische Ausrichtung der deutschen Politik - und in Wechselwirkung mit ihr die Ausbreitung individueller Neurosen als Folge des Lockdown.
Vor eineinhalb Jahren erschien in der Edition Tichys Einblick mein Buch „Die neurotische Nation“. Eine knappe Geschichte der Bundesrepublik, die von der Erkenntnis ausgeht, dass nicht nur Individuen, sondern auch Gesellschaften an neurotischen Störungen leiden. Ich sollte nun ein Kapitel anhängen. Das Virus zeigt die neurotische Ausrichtung der deutschen Politik – und in Wechselwirkung mit ihr die Ausbreitung individueller Neurosen als Folge des Lockdown.
I.
Was sind Neurosen? Auslöser sind falsch verarbeitete traumatische Erlebnisse. Also Krisen. Also Ängste. Politik ist neurotisch, wenn sie einseitig bestimmte Aspekte der Gefahr übertreibt und andere, gravierendere Bedrohungen verkennt. Genau das ist jetzt zu beobachten. Die Gesamtfolgen des Lockdown werden die medizinischen Folgen der Pandemie bei weitem übertreffen.
II.
Es gibt verschiedene neurotische Stile. Deutschland ist eine schizoide Gesellschaft. Sie weiß nicht, für welchen Weg sie sich entscheiden soll. Das Führungspersonal weiß nicht, was es will, weil es selbst angstbesetzt ist und bloß nichts riskieren möchte. Der zwanghafte Politiker kann nichts weniger ausstehen als Unübersichtlichkeit. Wenn schon die Beschwörung von Ordnungsliebe und Disziplin – die geliebten Sekundärtugenden – nicht garantiert, dass die Krise bewältigt wird, fällt er selbst in einen neurotischen Zustand. Deshalb will er auch keine Perspektiven entwickeln. Er eiert herum. Vorgestern ging es um den Zeitraum der Infektionsverdoppelung, gestern um die Reproduktionszahl, heute gilt als neues Maß, es dürften täglich nur noch wenige hundert Ansteckungen dazukommen. Morgen wird man ein anderes Kriterium finden. Alles nur, um Normalität, so lange es geht, zu verbieten. Der Neurotiker befindet sich im permanenten Ausnahmezustand. Daraus entsteht der größte Fehler: die Lähmung der Bürger, die Drosselung des Aufbruchs. Eine deprimierte Gesellschaft. Angststarre als Dauerzustand.
III.
Die Geschichte der Republik ist auch eine Geschichte von Irrtümern, die aus einer neurotischen Verkennung der Realität begangen wurden. Die Folgen der irrealen Angst vor der Kernenergie etwa sind offenkundig. Nicht zuletzt ist eine gescheiterte Energie-und Klimapolitik die Folge. Folge ist unter anderem der irre Angriff auf die wichtigste Branche – der Autoindustrie. Die totale Moralisierung der Politik – auch eine Folge der totalen moralischen Katastrophe vor 75 Jahren – muss hier nicht weiter beschrieben werden. Und jetzt das Virus.
IV.
Merkel. Zwei Worte innerhalb weniger Tage legen die Neurose der ewigen Kanzlerin frei. „Öffnungsdiskussionsorgie” und „demokratische Zumutung”. Das erste Wort bestätigt, dass die Kanzlerin von Demokratie nichts hält. Wer von Demokratie nichts hält, muss vor dem Volk Angst haben. Es zumindest für dümmer halten als sich selbst. Das zweite Wort – landauf, landab bejubelt – löscht das erste Wort keineswegs aus. Bezeichnend, dass kaum einer das falsche Deutsch bemerkt hat. Nicht die Zumutung ist demokratisch, ganz im Gegenteil: Die Zumutung ist durch und durch undemokratisch. Nur ein Freud’scher Versprecher?
Dennoch steigt die Zustimmung. Ein neurotisches Volk fühlt sich von einer neurotischen Führung gut bedient. Sehnt sich nach einer alles regelnden Obrigkeit. Sicherheit kommt lange vor Freiheit. Es könnte einem schlecht werden. Der Untertan wird auch noch zum idealen Bürger erklärt. Er kuscht. Aus Angst. Die angstbesetzte Politiker zusätzlich schüren.
V.
Gilt im Grunde für alle Virologen: Je apokalyptischer sie reden, desto häufiger sind sie zu sehen. Der Marktwert der Übertreiber ist höher als der der Verharmloser. Der übelste Kriegsgewinnler heißt Lauterbach. Mit unverhohlenem Grinsen im Gesicht prophezeit er der Pandemie ein langes Leben. Dabei ist seine gute Laune verständlich. Der zweitklassige SPD-Politiker verdankt es dem Virus, dass er in jeder zweiten Talkshow sitzt und als Epideologe (kein Druckfehler, d. V.) Horrorszenarien verbreitet. Gibt es dagegen keine Mundschutzpflicht? Seine ganze Bedeutung verdankt Professor L dem neurotischen Schrecken, den er selbst nährt. Die Zahlen sind es jedenfalls nicht. Je länger der Freiheitsentzug währt, desto länger erfreut er sich dieser Aufmerksamkeit. Das Virus ist sein bester Freund. Er genießt dessen Präsenz sichtbarer als alle anderen.
VI.
Die individualpsychologischen Folgen kann jeder in seinem eigenen Umfeld beobachten. Psychologen warnen längst vor den gesundheitlichen Folgen. Nicht nur bei Kindern und Eltern. Ich erkenne im eigenen Umfeld zunehmende Aggression. Übrigens in München mehr als in Berlin. Das ist klar: Je restriktiver sich der Staat aufführt, desto geringer ist der Spielraum der seelischen Entlastung. Und desto deutlicher die neue Spaltung. Im einen steigt hysterische Angst, im anderen die Lust auf provozierende Ignoranz. Wenn der Mensch gezwungen wird, sich nur noch mit Krankheit und Tod zu beschäftigen, wenn er von früh bis spät traktiert wird mit – lächerlich geringen, doch in Summe und Wirkung stets steigenden – Opferzahlen, dann wollen die einen von der Gefahr nichts mehr wissen und die anderen lassen sich davon verrückt machen. Der neurotische Untertan ist der perfekte Untertan.
VII.
Wenn der Lockdown weiter geht, wird aus der kollektiven Neurose eine kollektive Psychose.
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Sehr gut Herr Herles. Ich mit ihrem Beitrag voll einverstanden.
Es gilt: Den Sockenschuss in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.
Aber: Wer zu spät kommt….. oder gar Corona leugnet, ………den holt die nächste Psychose demnächst als Klimawandel wieder ein.
Mehr und mehr gefällt mir dieser Herles …
Ja, dieses Volk ist schizophren. Und es ist denkfaul, oder denkunfähig geworden. Gerade SZ, ZON , SPON Leser bilden sich ein, sie wären intellektueller als der Rest der Republik und folgen doch völlig unkritisch dem Diktat der linken Journalisten.
Die Journalisten und Merkel machen eines gleich: sie vermitteln den Leuten das Gefühl gut & edel zu sein. Wohlgemerkt nur das GEFÜHL wird vermittelt. Die wahre Schäbigkeit unserer Gesellschaft kann man derzeit sehr gut in den Kommentaren lesen. Egal, ob es um shut down geht oder um Masken.
Schade um das viele Geld, das seit Jahren in die Bildung gesteckt wurde.
Welche Bildung??
Jawoll Herr Herles. Vielen Dank für Ihre unverhohlene Wut. Heute unterschreibe ich uneingeschränkt jeden Satz von Ihnen. Was noch anzumerken wäre, haben ein Großteil der Kommentatoren bereits erledigt.
Wir hatten ja schon mal einen Psychopathen, dem es gelang, in Deutschland die Macht zu ergreifen. Wir sehen jetzt genau das Gleiche: Die Herde panischer Schafe bejubelt die Beschränkung ihrer demokratischen Grundrechte. In 50 Jahren werden wir in den Geschichtsbüchern über die Periode des Corona Faschismus lesen! Es wird allerhöchste Zeit den Anfängen zu wehren!
Das Ängstliche in der Politik dürfte wohl eher der Mittelmäßigkeit praktisch aller Politiker in den hohen Ämtern zu verdanken sein. Was Merkel und ihre freudschen Versprecher betrifft, da bin ich inzwischen der Ansicht, dass sie nicht halb so sprachlich unbeholfen ist wie es vermutet wird. Was sie sagt ist stets wörtlich zu nehmen. Wie wörtlich, das merkt man erst in der Rückschau.
Ab Juli wird sich ein Füllhorn über die EU ergiessen.
Frau Merkel hat bereits mitgeteilt, der EU auf Grund der Krise mehr Geld aus Deutschland zu überweisen.
Warum immer „deutsches“ Geld?
Lieber Herr Herles, oft bin ich nicht einerstanden gewesen mit allem was sie zu sagen hatten. Vor allem auch deswegen, weil sie es sich nie verkneifen konnten im Nebensatz gegen die AfD zu stänkern. Wenn sie jetzt von Angst bei den Politikern reden, dann haben sie vollkommen recht. Die meisten haben noch nie volkswirtschaftlich produktiv gearbeitet, von Wirtschaft keine Ahnung und sind weitgehend bildungsfern, soweit es sich um Wissenschaft handelt. Geben sie sich einfach mal einen Ruck in diesen schweren Zeiten und geben sie zu, daß die AfD Fraktion im Deutschen Bundestag aus Leuten besteht, die niemals auf die Idee… Mehr
gut gebrüllt, Löwe!
„Allons enfants de la Patrie …“
Die „Gruppe-Merkel“ zahlt Milliarden in die EU-Kasse (Frankreich, Italien, Spanien) aus deutschen Steuergeldern, ich zahle 10 Euronen on Top für jede CD von „Les Brigandes“, die ich kaufe – freiwillig.
Schon komisch die Sache mit dem Nationalismus und der EU-Hörigkeit.
Und jetzt habe ich bestimmt „HaldenMielke“ aufgeweckt.
„It’s a strange, strange world we live in, Master Jack.“
Eher ein kollektiver KO, eine kollektive Pleite. Allerdings natürlich nicht für unsere Regierung und ihre Taschenträger. Die können ja auf keinen Cent verzichten.