Man kann tatsächlich beide ablehnen, Trump wie Merkel, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Obwohl der eine im Wahlkampf von der anderen profitiert hat, und die andere nun im Wahlkampf vom einen profitieren wird.
So schlicht wie Trump funktioniert die Welt nicht. Und das ist gut so, wenn es auch noch nicht jeder Trumpadorant verstanden hat. Wie könnte ich Trump freundlicher kommentieren als Angela Merkel? Ich kann doch nicht der einen vorwerfen, das Land diskursfrei auf den Kopf zu stellen und zugleich die Dekrete des Herrn Trump als Neuerfindung der Demokratie preisen. Das Idiotische an der deutschen Trump-Debatte ist, dass die Bewunderer ihn toll finden, weil die Basher ihn für tollwütig halten.
I.
Das Schlimmste sind nicht die Lügen. Das Schlimmste sind Politiker, die ihren eigenen Lügen glauben, wenn sie sie nur oft genug wiederholen. Das tun alle. Aber Trump, der Nichtpolitiker, lügt im Rausch des Triumphes, der Selbstverzückung, der Selbsttäuschung noch unverfrorener.
II.
So einfach ist es, die Lüge aus der Welt zu schaffen: Wir erklären sie zu Alternative Facts. Grundsätzlich ist alles wahr, was über Trump gesagt wird. Aber bekanntlich ist nichts wahr ohne sein Gegenteil.
III.
Am meisten ist Trump von sich selbst bewegt. Also steht er an der Spitze einer Bewegung.
IV.
Pro und Contra: Beide Seiten ernennen Trump zur selffullfilling Prophecy.
V.
An die Adresse der Bewunderer: Dass der deutsche Mainstream Trump für unsäglich hält, bedeutet nicht, dass er ein großer Staatsmann wäre.
VI.
An die Adresse der Verteufler: Dass Trumps Benehmen alle Befürchtungen bestätigt, bedeutet nicht, dass sein Charakter Verfassungsrang besäße. Die Demokratie in Amerika ist nicht beendet.
VII.
Wer für mehr Demokratie ist, ist gegen das Establishment. Dieser Satz erweist sich gerade als Bullshit. Er ist so verkehrt wie der Satz: Wer für Trump ist, ist gegen unabhängige Medien.
VIII.
By the way: Wer gegen den Euro ist, ist auch nicht gegen die Europäische Union. Oder: Wer Merkels Politik kritisiert, gehört nicht automatisch in die AfD. Aber genau nach diesem Muster operieren Meinungsmacher und Politiker.
IX.
Man kann tatsächlich beide ablehnen, Trump wie Merkel, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Obwohl der eine im Wahlkampf von der anderen profitiert hat, und die andere nun im Wahlkampf vom einen profitieren wird.
X.
Das Phänomen Trump wird in der deutschen Populismus-Debatte instrumentalisiert. So hat man das auch mit den (echten) Flüchtlingen getan. So wie nicht jeder Flüchtling ein potentieller Terrorist ist, ist nicht jeder Trumpanhänger ein potentieller Rassist, usw.
XI.
Wer gegen Trump ist, ist für das Establishment. Der Satz ist so blödsinnig wie der Satz: Wer gegen Erdogan ist, ist für Gülen.
XII.
Dass die Demokratie in den USA untergehe, ist nichts als ein panisches Gefühl. Dass dies gerade in der Türkei geschieht, ist dagegen Tatsache. Wo bleiben die Massenproteste gegen Erdogan?
XIII.
Die Friedenspreisträgerin, die Trumps Sohn eine „alternative“ Pflegefamilie anbieten möchte, empfiehlt sich als Erziehungsberechtigte. Dann müsste allerdings Böhmermann sein pädagogisches Fachurteil revidieren, wonach Trumps Sohn „will grow up to be a fine, well-mannered genteleman like his father.“
XIV.
Weshalb regen wir uns über einen Entertainer an der Macht auf? Es ist doch nur konsequent. Wir haben dem Entertainment längst die totale Herrschaft überlassen. Halten den Klassenclown Böhmermann und die Moralpornographin Carolin Ehmke für geistige Koryphäen.
XV.
Trump paraphrasiert Goethe. Von hier und heute gehe eine neue Epoche der Weltgeschichte aus. Hält er sich für einen Revolutionär? Oder nur für einen Goethe? Vermutlich traut er sich beides zu. Richtig ist nur, dass wir sagen können, wir seien dabei gewesen.
XVI.
Goethe irrte im Detail. Die Kanonade von Valmy, die er beobachtet hatte, war eine Schlacht, die wegen schlechten Wetters abgebrochen wurde. Aber eine neue Epoche hatte tatsächlich begonnen. Zuvor schon.
XVII.
Thomas Bernhards Erfolgsstück „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ vereinigt in der neuen amerikanischen Fassung beide Rollen. Die dritte Rolle ist die Sängerin der „Königin der Nacht“. Hillary Clinton alias Florence Forster Jenkins.
XVIII.
Jeder Kaiser hat das Recht, nackt vor sein Volk zu treten. Ja, aber dazu gehört ein Volk, das nicht blind ist.
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