Österreich: eh scho wuascht

Das beerige der Neos-Farbe würde erlauben, die ÖVP-SPÖ-Neos-Regierung in Wien so zu nennen wie die in Ostdeutschland entstehenden von CDU, SPD und BSW: Brombeerkoalition. Gut könnte die Politik dort wie da recht ähnlich ausfallen.

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Am 24. November sind Landtagswahlen in der Steiermark. Eine neue Umfrage für die Kleine Zeitung gibt der FPÖ 30 Prozent, der ÖVP 26 und der SPÖ 24 Prozent (Schwankungsbreite 3,5 Prozent). Im Landtag sind sechs Fraktionen: ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne, KPÖ und Neos – sie kandidieren landesweit. Nur im Wahlkreis 1 (Graz und Graz-Umgebung) tritt die FPÖ-Abspaltung KFG, die Liste DNA der Corona-Politik-Kritikerin und Ärztin Maria Hubmer-Mogg sowie die auch gegen die Corona-Politik entstandene Liste MFG an. (Nebenbemerkung: Nach der Etablierung der KPÖ in Graz bleibt die steirische Landeshauptstadt ein interessantes Polit-Labor des Bröckelns der alten Parteienstruktur.)

In der Steiermark eröffnet nach der Wahl ein Vertreter der stimmenstärksten Partei die Regierungsverhandlungen. Denn das steht in Artikel 37 der Landesverfassung. ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler forderte jetzt Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf, der FPÖ und Herbert Kickl den Regierungsbildungsauftrag zu erteilen. Was er nicht dazusagte: Kickl soll beim Regierungsmehrheitsbilden selbst scheitern.

Van der Bellen hat sich – manche sagen „elegant“, ich meine: bloß tapetentürig – gegen die seit Republik-Gründung stets übliche Form entschieden, den Vertreter der stimmenstärksten Partei zu beauftragen, die Bildung einer Regierung zu versuchen. Am Ergebnis der operettigen Eintritte und Austritte durch die historische Tapetentür in der Wiener Hofburg hat das andere Verfahren nichts geändert. ÖVP, SPÖ und Neos werden die Posten unter sich verteilen. Und dann werden alle lernen, dass sich mit dem Wechsel von Schwarzgrün auf – ja welche Farben? – an der tatsächlichen Politik in der Sache nichts Nennenswertes ändert, bloß die Polit-Rhetorik. Das beerige der Neos-Farbe erlaubte übrigens, die ÖVP-SPÖ-Neos-Regierung so zu nennen wie die in Ostdeutschland entstehenden von CDU, SPD und BSW: Brombeerkoalition.

Brombeerkoalition klingt auch erheblich netter und harmloser, als die Regierungen in den genannten Haupstädten semantisch unverkleidet heißen müssten: Brandmaurer. Denn eine andere Gemeinsamkeit als den Ausschluss von FPÖ und AfD von jeder Regierung haben sie alle miteinander nicht. Dieser Ausschluss verhindert – je nach eigenem Standort – das ernüchterde oder enttäuschende Erlebnis, dass sich an der tatsächlichen Politik auch durch die Teilnahme der Ausgeschlossenen nichts Nennenswertes ändern würde. Außer der Postenverteilung.

Also ein Ergebnis ganz nach dem mit Abstand originellsten Namen der Wiener Würstelstand-Welt am Zentralfriedhof: eh scho wuascht. Siehe auch hier. (Übersetzung für Nördlichere: auch schon egal.)

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Kommentare ( 5 )

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h.milde
1 Minute her

Frage: Gibt es eine Standleitung zwischen den Ö-D-CH-F-P-B ua. „UNSERE-Demokratie-verteidigenden“-Präsidenten-Bundesräte-Ministerpräsidenten -Kanzler & €U-Komissar*Innen, deren demokratisch unlegitimierten Konsensbotschaften dann auch umgehend auf den „Telepromptern“& TV erscheint? Aber im Gegensatz zu unserem, gerne Lametta verteilenden Buntpräsidenten Steinmeier, der ua. auch mal gern den Holokaust beenden wollenden Mullahs & Konsorten gratuliert, hat sich BP von der Bellen -noch?- nicht hinreißen lassen, reGIERungsdelegitimierende Demokratiegefährder, die es wagen GEGEN die Politik & „Wahlempfehlungen“von PARTEIstaatsnahen Amts & Geschäftskirchen, Ö(un)RR & MSM zu argumentiern & wählen, öffentlich verfolgen zu lassen, und auch nicht mit Schädlingen -idsF. Rattus, lat.- verglichen. Immerhin. Ansonstsen, schaunmermal was die Steirer im November… Mehr

Dissident
35 Minuten her

Die Nehammer-ÖVP hat sich schon von den Grünen am Nasenring durch die Arena ziehen lassen, da wird man Erbschafts- und Vermögenssteuern im Abtausch mit der Kanzlerschaft von den ins linksradikale abgekippten Sozialisten (die Bezeichnung „Sozialdemokraten“ ist für das, was Babler und die ihn stützenden Leute wollen, nicht mehr angebracht) akzeptieren. Ob viele Wähler, die noch immer glauben, bei der ÖVP handle es sich um eine konservative Partei, das ebenso sehen, wage ich zu bezweifeln. Aber gut, vielleicht ist der Zeitpunkt auch in Ö gekommen, an dem eine (ehemals) christdemokratische Partei auf die in anderen europäischen Ländern inzwischen üblichen 15% gestutzt… Mehr

Talleyrand
1 Stunde her

Eigentlich ist es doch eine gute Entwicklung. Wir steuern auf ein Zweiparteiensystem zu. Die AFD bzw. FPÖ und die Andere. Da fällt bald das Wählen viel leichter.

November Man
1 Stunde her

Drei Parteien Brombeerkoalitionen bei uns im Osten oder eine ÖVP/SPD/Neos-Regierung in Österreich gibt politischen Sprengstoff und politischen Mord und Totschlag zum Schaden der Bürger und des Landes. Solche mühsam zusammengeschusterten Regierungen, aus drei völlig verschiedenen Parteien mit völlig konträren Interessen und Wahlversprechungen gegenüber ihren Wählern, müssen zwangsläufig nach kurzer Amtszeit scheitern. Die Linksextremisten eint nur die Brandmauer gegen demokratische Parteien, Macht, Posten und Geld. Solche Regierungen mit mehreren Wahlverlierern kann man getrost vergessen. Das entspräche auch in allen Fällen ganz sicher nicht dem Wählerwillen.  

Montesquieu
1 Stunde her

Die FPÖ zerlegt sich doch seit Monaten mit ihren internen Zickereien und Grabenkämpfen selber (es gibt große Paralellen zur AfD). Der meiner Meinung nach mit Abstand beste Mann, Kickl, wird von verschiedenen Seiten innerhalb der FPÖ angemauzt.Unter anderem weil man sich erhofft, ohne Kickl (der etwa 50% des gesamten FPÖ-Brainpotentials ausmacht) doch noch an die Futtertröge vordringen zu dürfen. Die intrinsischen Pferdefüße der Parteiendemokratie führen immer wieder zu den gleichen desaströsen Entwicklungen, egal wo.