Wie Robert Habeck Kanzler werden kann – aber auch jemand anderer

Es ist üblich, über „Kanzlerkandidaten“ kleinerer Parteien zu lästern oder lachen. Vorsicht: Ein Viertel der Mitglieder des Bundestags kann jederzeit beantragen, einen deutschen Staatsbürger über 18 Jahren zum Bundeskanzler zu wählen.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Die normale Tour. Der Bundespräsident schlägt nach Gesprächen mit den Bundestagsfraktionen einen Kandidaten für das Amt des Bundeskanzlers vor.
Im Bundestag wird ohne Aussprache gewählt.
Der Kanzlerkandidat braucht in der ersten Wahlphase die absolute Mehrheit der Abgeordnetenstimmen: „Kanzlermehrheit“.

Kommt die im ersten Durchgang nicht zustande, hat der Bundestag – ohne Vorschlagsrecht des Bundespräsidenten – 14 Tage Zeit, einen anderen Kandidaten zum Kanzler zu wählen. Die Zahl der Wahlgänge ist nicht begrenzt. Auch dabei ist die absolute Mehrheit notwendig (Artikel 63, 3 GG).

Ist diese zweite Phase auch nicht erfolgreich, muss der Bundestag in einer dritten Phase unverzüglich erneut abstimmen. Gewählt ist dann, wer die meisten Stimmen erhält (relative Mehrheit).

Ist der Bundeskanzler mit absoluter Mehrheit gewählt, muss der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte nur die relative Mehrheit, muss der Bundespräsident ihn entweder binnen sieben Tagen ernennen oder den Bundestag auflösen (Artikel 63, 4 GG).

Das konstruktive Misstrauensvotum. In jeder Phase einer Legislaturperiode reicht ein Viertel der Mitglieder des Bundestags, um zu beantragen, einen deutschen Staatsbürger über 18 Jahren zum Bundeskanzler zu wählen – der übrigens nicht dem Bundestag angehören muss. Abgestimmt muss 48 Stunden nach dem Antrag werden (Artikel 67 GG). Der Bundespräsident muss den Gewählten ernennen.

Ein Viertel der 630 Abgeordneten des nächsten Bundestages wären 158 MdBs. So viele werden die Grünen nicht haben, aber die fehlenden würden sich quer durchs Parlament sammeln lassen. Und schon wäre das nötige Viertel beisammen, um Habeck als Kandidaten im Misstrauensvotum ins Rennen zu schicken.

Soweit ich sehe, wäre Habeck der einzige unter den sichtbaren Mitgliedern des Bundestags, der die Chuzpe hätte, als Kanzler schlicht durchzuziehen mit wechselnden Mehrheiten, was er will. Der Mittel gibt es genug, um hinter den Kulissen die nötigen Mehrheiten in geheimen Abstimmungen zu besorgen.

Keine Perspektive, die ich mir wünsche, aber eine sehr realistische. Zumal Habeck auf jubelnde Bestnoten der öffentlichen Zeugnisstelle Medien zählen könnte.

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Kommentare ( 2 )

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Reimund Gretz
3 Stunden her

#Bundestagswahlkampf #Bundestagswahl2025 #Vertrauensfrage
Wagenknecht (BSW) jetzt auch noch Kanzlerkandidatin!
Sollte man den Kanzler in Deutschland direkt wählen können, wenn jede Partei einen Kanzlerkandidaten aufstellt was mein ihr dazu?

Elmar
3 Stunden her

Wenn ich die Wahl zwischen Robert Habeck und Dieter Bohlen hätte, würde ich mich für Dieter Bohlen entscheiden.