Nicht mal mehr auf Bundesanleihen kann man sich verlassen. Und wie steht es um Sachwerte? Bisher ganz gut, aber das kann sich bald ändern.
Peng! In der vergangenen Woche mussten Anleger, die 30-jährige Bundesanleihen in ihrem Depot halten, deren Absturz um 20 Prozent in nur drei Tagen miterleben.
Zugegeben, solche Anleihen befinden sich fast ausschließlich in den Portfolios von Banken, Versicherern, Pensionskassen und -fonds. Umso schlimmer! Denn diese Institutionen sind wegen der Reglementierung durch die ihnen aufgezwungenen Vorschriften wie Basel III und Solvency II geradezu gezwungen, in Anleihen zu investieren. Je länger deren Laufzeit ist, desto höhere Nominalzinsen werfen sie ab – und desto empfindlicher reagieren sie auf Turbulenzen an den Finanzmärkten.
Bankkunden und -aktionäre, Inhaber von Kapitallebensversicherungen und Pensionsansprüchen bekommen das zunächst kaum mit, weil die Institutionen ja nicht gezwungen sind, die Kursschwankungen ihrer Anleihen sofort zu verbuchen; für sie gilt das Nominalwertprinzip. Folglich werden daraus Zeitbomben – spätestens, sobald die Inflation an den Nominalzinsen zu nagen beginnt. Das Fatale daran ist, dass die EZB mit ihren seit März dieses Jahres ausgedehnten Anleihekäufen dieser Entwicklung auch noch Vorschub leistet.
Wem die aufgeblähte Geldmenge hilft
Real hat die Wirtschaftsleistung im Euroraum seit 1999, als der erste Countdown zur Währungsunion begann, bis 2014 um etwa 20 Prozent zugenommen. Während derselben Zeit ist die Geldmenge im Euroraum allerdings um mehr als 130 Prozent gestiegen. Sie hat sich über die einzelnen Anlageklassen unterschiedlich ausgebreitet: Über Anleihen, deren Kurse ohne nennenswerte Unterbrechungen bis zuletzt gestiegen sind. Über Aktien, deren Besitzer zwischenzeitlich zwar herbe Verluste einstecken mussten, aber unter dem Strich recht gut davonkamen. Über Wohnimmobilien, deren Preise besonders in den deutschen Metropolen und Universitätsstädten kräftig anzogen. Nicht zuletzt auch über Gold und Silber, obwohl deren Preise vom Herbst 2011 bis heute einen Teil ihres Anstiegs wieder abgeben mussten. Ganz zu schweigen von Kunstwerken, Oldtimern und sonstigen Hobbyanlagen.
Sieht man von der Anleihenhausse ab, ist das viele Geld also zum allergrößten Teil Anlagen zugute gekommen, die man gemeinhin als Sachwerte oder – wie Aktien – als Mischung aus Sach- und Ertragswerten bezeichnet. Den Weg in die produktive Verwendung hat es dagegen nur von Fall zu Fall gefunden. Oder auf den Punkt gebracht: Die aufgeblähte Geldmenge hilft zum einen den Banken, Versicherern und Systemen der Altersvorsorge, über die Runden zu kommen, zum anderen nützt sie den cleveren Anlegern, die rechtzeitig auf Sachwerte gesetzt und Gespür für das richtige Timing entwickelt haben.
Anleihen könnten Aktien anstecken
Ist jetzt, da es bei den Anleihen Peng gemacht hat, die Zinswende erreicht? Auf jeden Fall der Beginn der Zinswende, während der weitere Ablauf von den späteren Rahmenbedingungen abhängt. Wie soll man sich das vorstellen? Etwa wie folgt: Sobald zehnjährige Euronleihen weitere Anzeichen von Schwäche zeigen und ihre Renditen möglicherweise Werte um 2 Prozent erreichen, wird die EZB auf eine noch expansivere Geldpolitik umschalten. Sie wird dann statt der jetzt 60 Milliarden Euro pro Monat 80 oder 100 Milliarden über die Finanzmärkte ergießen.
Das Problem dabei: Falls sie sich damit allzu viel Zeit lässt, besteht die Gefahr, dass die Kurse der Anleihen und in ihrem Gefolge auch die der Aktien zwischenzeitlich kollabieren. Als Auslöser kommen wirtschaftliche wie auch politische Faktoren infrage, zum Beispiel zunehmende Zweifel an der EZB-Geldpolitik, mehr Inflation, von der Konjunkturschwäche in den USA ausgehende Abkühlung des Wirtschaftsklimas in Europa, Streiks (zuletzt gang und gäbe), erneute Eskalation der Ukraine-Krise und des Konflikts im ostchinesischen Meer, drohender Grexit und Brexit.
Sachwerte bleiben favorisiert, aber …..
Fazit: Finger weg von Anleihen mit mehr als zwei Jahren Restlaufzeit! Kurzläufer sind bestenfalls Liquiditätsersatz als Alternative zu Tages- und kurzfristigem Festgeld. Sachwerte bleiben zwar insgesamt favorisiert, aber mit starken Schwankungen der Aktienkurse muss gerechnet werden. Der Aufwärtszyklus der Wohnimmobilien ist noch nicht ganz zu Ende, doch vereinzelte Überhitzungserscheinungen, zum Beispiel in München und Berlin, mahnen zur Vorsicht. Die Preise von Gold und Silber müssten bald anspringen. Als Auslöser kommen in erster Linie höhere Inflationserwartungen bei anhaltend niedrigen Zinsen infrage, im Klartext: negative Realzinsen. Und wer ein Faible für Aktien hat, sollte nicht vergessen, sich mit einem ordentlichen Betrag an Tagesgeld auf Schnäppchenkäufe vorzubereiten. Denn je länger die Zitterpartie bei den Anleihen anhält, desto stärker wird sie sich vorübergehend auf die Aktienkurse auswirken.
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