Was wir vom Betrüger John Law lernen können

Papiergeld ist geduldig – und am Ende nichts mehr wert. Davor schützen Sachwerte. Doch die fordern Anlegern viel Gefühl fürs Timing ab. Ohne Spekulation geht es nicht.

Es war einmal ein Schotte namens John Law. Ihn zog es schon in jungen Jahren nach London, wo er Gefallen am Glücksspiel fand. Danach landete er – wegen Verfolgung durch die britische Justiz nicht ganz freiwillig – auf Umwegen in Frankreich. Dort schlug er dem Herzog von Orléans ein für damalige Verhältnisse revolutionäres Papiergeldsystem vor und gründete dafür eine Bank. Deren Banknoten sollten durch Gold und Silber gedeckt sein. Das stimmte zwar nicht, tat aber dem Glauben daran in vermögenden Anlegerkreisen der Pariser Gesellschaft keinen Abbruch. Dann ging es erst richtig los: Law ließ die Mississippi-Gesellschaft konstruieren, die angeblich über ein riesiges Goldvorkommen in Louisiana verfügte. Deshalb galten die Banknoten als goldgedeckt, sodass sie Vertrauen genossen.

Law gelang es, den Mississippi-Aktienkurs in schwindelnde Höhen zu treiben. Als ehemals erfolgreicher Glücksspieler hatte er ja das entsprechende Know-how. Zur Belohnung durfte er französischer Finanzminister werden, war es ihm doch gelungen, auf dem Umweg über das Papiergeld en passant den Staatshaushalt zu sanieren. Die Spekulanten jubelten, weil Law sie mit Informationen über angeblich tolle Goldgeschäfte bei Laune hielt. Wegen des vielen im Umlauf befindlichen Papiergeldes sanken die Zinsen, und die Wirtschaft erlebte eine Scheinblüte. Der ganze Schwindel hielt vier Jahre an. Dann wollte ein Großanleger sein Papiergeld in Gold tauschen. Als ihm das nicht gelang und andere Anleger davon erfuhren, brach an der Börse Panik aus. Das Papiergeld war nichts mehr wert, während Gold seine Kaufkraft behielt.

Börsianer verfügen über viel Spielgeld

Man mag bei dieser Geschichte an den 15. August 1971 denken, als der damalige US-Präsident Richard Nixon das Goldfenster schloss, wie es damals verniedlichend hieß, was jedoch tatsächlich ein Vergehen gegen das Währungssystem war. In Wahrheit signalisierte Nixon damit, dass der Dollar nicht mehr das wert war, was auf ihm gedruckt stand. Man kann aber auch auf den Gedanken kommen, die von Law niedrig gehaltenen Zinsen mit den Nullzinsen von heute zu vergleichen. Oder auf die Idee, dass es zu den vermeintlich alternativlosen Aktien doch Alternativen gibt, wobei immer wieder auch Immobilien und Gold als Sachwerte in den Fokus rücken. Alles in allem Anlass genug, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Aktien sind Sach- und Ertragswerte in einem. Man kann sie rauf und runter rechnen, je nachdem, ob sie nach ihrer Substanz oder nach ihren Erträgen – und dann speziell nach ihren Dividendenrenditen – bewertet werden. Da ihre Kurse zuletzt besonders in Deutschland kräftig nach oben geschossen sind, ist davon auszugehen, dass den Börsianern viel Spielgeld zur Verfügung steht. Was dabei herauskommt, nennt man Liquiditätshausse, der die fundamentale Hausse folgen müsste, damit es nicht zu größeren Kursrückschlägen kommt. Fundamental, das bedeutet: weiter steigende Umsätze und vor allem Gewinne der Unternehmen, brummende Konjunktur und keine negativen Auswirkungen von Störfaktoren wie Griechenland in Europa oder Zinsanstieg in den USA. Alles in allem also Imponderabilien, die Anleger dazu zwingen, Aktienkurse möglichst permanent im Visier zu behalten.

Mehrfamilienhäuser werden uninteressant

Etwas anders steht es um Immobilien, um Wohn- wie auch um Gewerbeimmobilien. Zwar sind ihre Preise zuletzt ebenfalls kräftig gestiegen, aber sie bewegen sich in langfristigen Zyklen. Und weil man sie im Gegensatz zu Aktien nicht mal eben mit Gewinn verkaufen kann, müssen Anleger den zyklischen Verlauf ihrer Preise besonders beachten. Ich ziehe im Folgenden eine aktuelle Studie von vdpResearch heran. Derzufolge stieg der deutsche Immobilienpreisindex 2014 insgesamt um 4,7 Prozent, das höchste Plus seit der Indexberechnung im Jahr 2003. Maßgebend dafür waren die Wohnungspreise, die um durchschnittlich 5 Prozent zulegten. Seit 2003 verzeichneten sie einen Anstieg um 22 Prozent.

Spannend wird es, wenn man den Index auseinandernimmt. Was besonders auffällt: 2014 ragten Mehrfamilienhäuser mit einem Preisanstieg von 6,9 Prozent heraus. Ihre Preise stiegen sogar stärker als die Neuvertragsmieten, die um 4,8 Prozent zulegten – ein erstes Warnsignal, vor allem falls daraus ein Trend würde. Ein Faktor, der hier eine große Rolle spielt, ist der Zins. Wer in Mehrfamilienhäuser investiert, sagt sich: Steigende Mieten und weiterhin niedrige Zinsen bringen unter dem Strich so lange auskömmliche Renditen, wie in den Mieten noch etwas Luft nach oben ist und wie die Zinsen unten bleiben. Doch dieser Gedanke ist gefährlich. Denn zum einen steigen die Nebenkosten, nicht zuletzt wegen der hohen Grunderwerbsteuer in den meisten Bundesländern und wegen der vielfach höheren Grundsteuer, immer weiter. Und zum anderen erweist sich die gerade beschlossene Mietpreisbremse nicht allein als Miet-, sondern auch als Stimmungsdämpfer. Kurzum, Investitionen in Mehrfamilienhäuser dürften sich, abgesehen von Toplagen, nicht mehr lohnen.

Eine Wette gegen das Papiergeldsystem

Das niedrige Zinsniveau hat bisher noch nicht zu einem steigenden Goldpreis geführt. Handelt es sich bei den Aktionen von John Law und Richard Nixon etwa um Ausnahmefälle, ist am Ende Papiergeld für Anleger sogar interessanter als Gold? Die Frage lässt sich einfach beantworten: Solange es keine Geldentwertung durch Inflation und auch keine Inflationserwartungen gibt und solange das allgemeine Preisniveau – wie derzeit – sogar leicht fällt, gibt es keine größere Flucht ins Gold. Dabei ist allerdings zu unterscheiden zwischen der westlichen Hemisphäre, für die das im Großen und Ganzen gilt, und der östlichen, in der Gold immer schon eine besonders große Wertschätzung genießt. Nun mal angenommen, die Inflationsrate in der Eurozone nähere sich der von der EZB angepeilten Marke von 2 Prozent.

Dann würden potenzielle Goldanleger zu rechnen beginnen und, ein anhaltend niedriges Zinsniveau vorausgesetzt, zum Ergebnis kommen: nominal 1 Prozent Habenzins auf dem Konto (zurzeit fast schon überdurchschnittlich) minus 2 Prozent Inflation ergibt einen Realzins von minus 1 Prozent. Dann doch lieber rein ins Gold, zumal die Inflation, sobald sie aufkeimt, nicht so einfach bei 2 Prozent zu stoppen sein wird.

Zugegeben ein spekulativer, womöglich etwas zu früher Gedanke, aber nicht von der Hand zu weisen. Zumindest für Anleger, die zwei bis drei Jahre Zeit mitbringen, dürfte er sich reichlich auszahlen. Es handelt sich um eine Wette gegen das Papiergeldsystem. Wie die ausgeht, hat John Law drastisch vorgeführt.




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