Die Börsianer bekommen weiterhin, was sie so gern haben: Spielgeld. Auch in Europa.
Der Berg kreißte fast ein Jahrzehnt lang und gebar – eine Maus! Oder in der Sprache der Börsianer: Die amerikanische Notenbank Fed hievte am Mittwoch den Leitzins um 25 Basispünktchen auf die Spanne zwischen 0,25 bis 0,5 Prozent. Wow! Damit brachte sich Fed-Chefin Janet Yellen gerade noch rechtzeitig in Sicherheit, bevor sie hätte riskieren müssen, für total unglaubwürdig erklärt zu werden. Denn nichts anderes als diese Zinserhöhung hatten Börsianer schon monatelang erwartet.
Aber warum dann das ganze Ritual im Vorfeld, von heißen Diskussionen über mögliche negative Auswirkungen des höheren Zinses auf die US-Wirtschaft bis zu Wetten über die Höhe als solche? Na klar, die Amis sind Weltmeister im Vermarkten ihrer Ideen, von halbfertigen IT-Lösungen im Silicon Valley bis zu Zinsschritten, deren Bedeutung fragwürdig ist. Yellen durfte die Befürworter des Zinsanstiegs um 25 Basispünktchen einfach nicht enttäuschen, also folgte sie ihnen. Mit großer Wahrscheinlichkeit auch deshalb, weil ein Anstieg im nächsten Jahr nicht mehr zur schwächelnden amerikanischen Konjunktur passen dürfte.
Wie das? Weil die alles andere als robust ist. Dazu nur drei wichtige Indikatoren. Erstens: Die Industrieproduktion ging zuletzt im Jahresvergleich um nahezu 1,2 Prozent zurück. Zweitens: Der besonders konjunktursensible Einkaufsmanager-Index fiel jetzt zum ersten Mal seit Jahren unter die Marke, die Wachstum anzeigt. Drittens: Der wiedererstarkte Dollar wirkt sich negativ auf amerikanische Exporte aus. Immerhin, zumindest die Baugenehmigungen sind um 11 Prozent gestiegen – allerdings hochgetrieben durch eine allzu lockere Kreditpolitik der Financiers.
Fazit: Die US-Zinserhöhung ist Kosmetik. Sie gibt der Fed die Chance, den Leitzins bei abflauender Konjunktur zu senken und nach langer Pause wieder Anleihen aufzukaufen. Diese Perspektive spricht dafür, dass die Börsianer weiterhin etwas bekommen werden, was sie so gern haben: Spielgeld. Auch in Europa.
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