Wie werden Schulden zurückgezahlt? Entweder nur zum Teil oder gar nicht. In letzter Zeit häufen sich dazu einige originelle Vorschläge. Warum Anleger sie beachten sollten.
Das unerträgliche, seit über fünf Jahren anhaltende Gezerre um die vermeintliche Lösung des Griechenland-Problems auf offener Bühne lenkt vom Geschehen hinter der Bühne ab: Die Staatsschulden wachsen weltweit ins Unermessliche. Viele Banken sind de facto pleite, weisen jedoch wertlose Forderungen als werthaltig aus. Ratingagenturen haben dieses Problem mit dem aktuellen Downgrading vieler Banken und Länder endlich wieder mal in größerem Umfang publik gemacht.
Griechenland gehört zwar in relativen Zahlen zu den ganz großen Schuldensündern, steht aber diesbezüglich – was die Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung betrifft – nicht schlechter da als Irland und Portugal. Zieht man statt der relativen die absoluten Schuldendaten in Betracht, geht die schlimmste Gefahr natürlich von den großen Ländern aus, angeführt von den USA, Frankreich, Großbritannien und Japan.
Um welche Schulden handelt es sich eigentlich? Die offiziellen Daten führen am Problem vorbei, weil sie nicht die in die Zukunft gerichteten staatlichen Versprechen zu Renten, Pensionen und Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit berücksichtigen. Nur durch diesen Trick war in Deutschland die Rente mit 63 durchsetzbar. Der Gedanke dahinter: reine Klientel-Politik. Das heißt, ältere Menschen bilden das interessanteste, weil wachsende Wählerpotenzial; also schenkt die Große Koalition ihnen einen gemütlichen Lebensabend.
Ein gewisses Durcheinander
Schulden haben zwei Gesichter: neben dem des Schuldners auch das des Gläubigers. Und welche europäischen Länder gehören zu den größten Gläubigern? Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Was Deutschland angeht, ist die Sache klar: Wir stehen auch für andere Euroländer ein. Bei Frankreich kann man weniger sicher sein, denn das Land ist in so manchem wichtigen Wirtschaftszweig nicht wettbewerbsfähig, folglich unter anderem auch in der Gläubigerfunktion problematisch. Und was Großbritannien betrifft, wissen wir spätestens seit der Parlamentswahl vom Mai, dass das Land eigene Wege zu gehen gedenkt.
Nun könnte man den Standpunkt vertreten, jedes dieser drei Länder müsste nur dafür sorgen, dass die vergebenen Kredite nicht in den Himmel wachsen, und schon wäre alles bestens. Doch so einfach geht es nicht. Denn Schuldner und Gläubiger sind international derart eng miteinander verflochten, dass jedes Land zum Beispiel neben dem eigenen Rechtssystem auch das des jeweiligen Partners beachten muss. Daraus entsteht ein gewisses Durcheinander, das sich in extremer Form immer abspielt, wenn mal wieder die Griechen die Bühne betreten.
Tagesgeld vorhalten!
Beim Verfolgen der Finanznachrichten dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass die große Fondsgesellschaft Pimco gerade massiv Anleihen verkauft hat. Um genau zu sein: amerikanische Staatsanleihen. Diese Entwicklung geht einher mit hohen Kursverlusten der Bundesanleihen. Oder andersherum betrachtet: mit steigenden Renditen, sprich Zinsen, diesseits und jenseits des Atlantiks. Im Klartext, es handelt sich um eine klassische Zinswende. Aber wie vereinbart sich das mit der Beibehaltung des de facto Null-Leitzinses durch die EZB? Ganz einfach: Dieser Zins ist in erster Linie eine Art Aushängeschild für das Spektakel, das die EZB mit den Geschäftsbanken betreibt, während die Renditen von deutschen und amerikanischen Staatsanleihen den Marktzins widerspiegeln. Der Markt wird sich weiter durchsetzen und auch die Aktienkurse nach unten mitreißen, sodass die hier vor einer Woche empfohlene Strategie, einen möglichst hohen Betrag als Tagesgeld vorzuhalten, nochmals unterstrichen sei.
Unter dem Aspekt der Anlagestrategie wäre damit an sich alles gesagt – wenn, ja wenn es keine weiteren Konsequenzen gäbe. Die wird es aber geben, und zwar aus den anfangs genannten Gründen: Schulden, Banken, Griechen & Co. Ausgangspunkt: Die Schulden können nie und nimmer zurückgezahlt werden. Folglich müssen die Gläubiger sich etwas einfallen lassen, um die dadurch entstehenden Verluste aufzufangen. Aber wie? Zum eigenen Nutzen und zum Schaden anderer, indem sie die Lasten neu zu verteilen versuchen.
Bloß nicht langfristig binden!
Der Internationale Währungsfonds IWF, dessen Führungsriege sich gerade zusammen mit der Bundesregierung an den Griechen die Zähne ausbeißt, hat dazu bereits einen Vorschlag unterbreitet. Er läuft darauf hinaus, dass Lebensversicherer, Banken und deren Gläubiger einen Großteil der Lasten auf sich nehmen sollen. Damit deren Proteste nicht zu laut werden, schwebt dem IWF auch noch vor, das Schuldenproblem mittels Vermögensabgabe durch die Reichen zu lösen und mehr europäische Solidarität einzufordern.
Das große Wunschkonzert, das aus solchen Vorschlägen hervorgeht, wird weiter gehen. Aus Anlegersicht betrachtet, hat es noch nie geschadet, in solchen Phasen ruhig‘ Blut zu bewahren, das Tagesgeldkonto aufzufüllen und die Finger von allem zu lassen, was Anleger lange bindet und ihnen wenig bringt. Letzteres gilt für das Gros der Kapitalpolicen, Riester-Renten, langlaufenden Anleihen und entsprechenden Rentenfonds.
Zugegeben, ich äußere diese Warnungen bereits seit geraumer Zeit, will damit aber vor allem zum Ausdruck bringen, wie wichtig sie mir sind. Gewiss ist das Horten von Tagesgeld auf längere Sicht nicht der Anlageweisheit letzter Schluss. Während die Kurse von Anleihen und Aktien purzeln, vermittelt es jedoch das schöne Gefühl, auf der richtigen Seite zu sein, und allein schon das ist ein erheblicher Gewinn.
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