Unser Kolumnist Ludger K. hatte sich lange eingeigelt, doch das hat seine Stacheln nur noch spitzer werden lassen. Ein Mailwechsel von Dezember 2017 mit einem unserer Leser offenbart vieles über Schreibblockaden, Gegenwartswut, Bettina Röhl und die Lust an Wiederkehr.
Gesendet: Sonntag, 17. Dezember 2017 um 20:48 Uhr
Von: „H…X….l@web.de“ <H…X….l@web.de>An: „Ludger K.“ <mail@ludger-k.de>
Betreff: Ihre Kolumne
Sehr geehrter Herr Kusenberg,
Zwei der von mir auf Tichys Einblick besonders gerne gelesenen Autoren sind dort derzeit (Stand: Ende 2017) nicht mehr aktiv: Sie und der „Grund“ (☺) ihres einstigen Engagements beim Einblick, Bettina Röhl. Darf ich zumindest Sie fragen, warum Sie nicht mehr schreiben? Erlaubt es Ihre Zeit familiär und beruflich nicht mehr? „Eigenartig“ und „Bettina Röhl direkt“ sind formal noch als Kolumnen gelistet beim Einblick, nur erscheinen schon seit Monaten keine neuen Beiträge mehr. Weil Ihre Kolumne noch gelistet ist, nehme ich einmal an, dass es eher NICHT politische Gründe sind, die Sie vom Schreiben abhalten.
Ich würde mich über eine kurze Rückmeldung von Ihnen freuen! Ihre Stimme fehlt mir sehr beim Einblick!
Mit freundlichen Grüßen und die besten Wünsche für volle Häuser bei Ihren Tourneen
Horst XexxxlXxxxxxerweg 11xx4x3 Xxxxxxberg
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Gesendet: Freitag, 29. Dezember 2017 um 20:48 Uhr
Von: „Ludger K.“ <mail@ludger-k.de>An: „H…X….l@web.de“ <H…X….l@web.de>
Betreff: Re: Ihre Kolumne
Lieber Herr Xexxxl,
ich danke Ihnen herzlich für Ihre Zuschrift und grüße Sie aus Münster, wo ich grad (bis einschl. Silvester) eine tägliche Varieté-Show moderiere.
Ihre Frage ist berechtigt, doch mein zögerliches Antworten hat vielleicht schon erahnen lassen, dass das Finden einer Erklärung gar nicht so leicht ist. Nur so viel: Ich bin nicht rausgeschmissen worden! 😉 Ich habe einfach ab einem gewissen Punkt nix mehr geliefert. Dies ist das Resultat aus verschiedenen, einfachen Sachverhalten: Eine gewisse Aufschieberitis, mit der ich generell zu kämpfen habe, dazu (glücklicherweise) zahlreiche kraftzehrende Aufgaben, die ich als wirtschaftlich bedeutsamer einstufen musste. Der Hauptgrund meines Rückzugs jedoch liegt eher darin, dass mich das Kommentieren des Zeitgeschehens immer weniger reizt und ich stattdessen immer mehr abtauche in Gedanken und Schriften, die viele als „weltfremd“ einschätzen würden.
Das tägliche Kleinklein und Gezeter in der Politik um Bagatellthemen, die mit reißerischem Aufgemache von ihrer Bedeutungslosigkeit ablenken wollen, das ständige Abspulen einer immer gleichen Phraseologie scheint nicht mal mehr der Verachtung wert zu sein. Ich verzweifle an meiner Gegenwart. Wer im falschen LAND lebt, den falschen BERUF ausübt, die falschen MENSCHEN um sich hat, der muss nicht verzweifeln, all dies lässt sich tauschen – ich aber lebe wohl einfach in der falschen ZEIT. Die Bismarck-Ära hat es mir angetan. Vorbei. Das Land, das ich liebe, gibt es nicht mehr, meine Seelenverwandten sind tot, meine Interessen haben kaum einen sog. „Markt“. Zudem möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich für mein Schreiben bei TICHY einen hohen Preis zahle: Ich bin in meiner Zunft ein Ausgestoßener, dem ungeniert Steine in den Weg gelegt und ins Gesicht geschmissen werden, weil ich mich erdreiste, nicht mit dem Strom zu schwimmen und das auf der Bühne auch einigermaßen offen zu sagen.
Versuchen wir nach all dem Trübsinn einen versöhnlichen Abschluss: Vielleicht lässt mich ein gewisser Pragmatismus oder gar eine neu entfachte Schreibfreude zurück ins Leben finden nächstes Jahr, es gibt dafür durchaus Anzeichen. 🙂 Irgendwann werden auch im Jahre 2018 die Blumen wieder sprießen, wird die Sonne uns wieder erwärmen und auch mich vielleicht zu neuen Taten treiben – vielleicht werde ich im Frühjahr eine neue, überarbeitete Kolumne anbieten mit regelmäßigen (Live-)Videos, das wär’ doch was! Wenn es so weit ist, dann werde ich einfach kurz vor meinem Comeback unseren kleinen Mailwechsel hier 1:1 veröffentlichen, damit alle wissen: Er ist wieder da! 😉 Keine Bange, Ihre Adressdaten werde ich ggf. unkenntlich machen, ist doch Ehrensache. 🙂 Für Ihre Schmeicheleien danke ich Ihnen und wünsche privat das Allerbeste.
Ihr Ludger Kusenberg
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“Der Hauptgrund meines Rückzugs jedoch liegt eher darin, dass mich das Kommentieren des Zeitgeschehens immer weniger reizt und ich stattdessen immer mehr abtauche in Gedanken und Schriften, die viele als „weltfremd“ einschätzen würden.“ Exakt bei mir dieselben Gründe, weswegen ich immer weniger “Mainstream“ lese. Wenn überhaupt lese ich 1 – 2 x die Woche einen Artikel hier oder auf ähnlichen Portalen. Alles andere würde für mein Nervenkostäum einfach nicht verträglich sein. Ich habe vorhin zufällig auf der Welt in der Geschichtsrubrik einen Artikel gelesen über die ME – 163 (Raketenjäger im 2. WK der Deutschen). Da ging mir fast der… Mehr
Werter Hr. Kusenberg,ich möchte Sie auch bitten weiterzumachen. Sie haben das Talent Dinge und Geschehnisse klar und deutlich auszusprechen. Menschen wie Sie sind selten, wir brauchen Sie… Sokrates wurde im alten Athen wegen Aufhetzung der Jugend angeklagt,und musste den Schierlingsbecher trinken. Sein Vergehen bestand darin, auf Athener Plätzen Jugendliche in Gespräche zu verwickeln. Der Philosoph erreichte es , daß den Anderen irgendwann die angelernten Argumente ausgingen, und sie gezwungen waren ,das erste Mal in ihrem Leben ihre eigenen grauen Zellen zu gebrauchen. Solche Jugendliche ,die selbständig denken,sind für alle Machthaber eine große Gefahr. Und dieses Talent ,die Menschen zum eigenständigen… Mehr
Ich verstehe vollkommen. Manchmal verzichte ich auf Kommentare, weil ich gefühlt alles schon mal geschrieben habe und mich nur pausenlos wiederholen würde. Es ändert sich nichts oder nur sehr wenig und das frustriert. Ich hoffe dennoch, dass die vielen Kommentare des Zuspruchs hier Auftrieb geben und das Kämpferherz in den Vordergrund treiben.
Danke für alles, was Sie bisher geschrieben haben. Ich wünsche mir auch, dass „Sie sich wieder aktivieren“.
Treffen sich zwei Syrer in einer Duisburger Moschee, fragt der eine: „Wie kommst du denn hierher?“
Antwortet der andere: „Mir haben sie Schutz vor dir gewährt.“
Ja, ok, ich weiss schon, aber Herr Kusenberg Sie sehen – Sie werden gebraucht. 😉
lieber Herr Kusenberg, den „Schmeicheleien“möchte ich mich uneingeschränkt anschließen – denn jedes Wort ist wahr: Sie fehlen, Sie fehlen, Sie fehlen auch mir und meinem Mann sehr. Auch wir sind in einer Arbeit (ihrem´amtlich) tätig, in denen uns und unseren Kindern „Steine in den Weg und ins Gesicht geschmissen“ werden. Wer, außer Ihnen könnte das SOO treffend ausdrücken. Auch wenn Sie manchmal alles hinschmeißen wollen: davon profitieren am Ende nur die Zerstörer und Sie würden Ihnen damit unendlich viel Gewicht verleihen. DAS haben DIE nicht verdient. Wohl aber haben Sie es verdient, von Ihrer Fan-Gemeinde Applaus zu bekommen und Mut… Mehr
Ihr Antwortschreiben an Herrn Xexxxl macht Lust auf mehr. Teilen Sie uns Ihre Gedanken mit. Speziell ihr Interesse an der Bismarck-Ära finde ich wiederum interessant. Dass Sie an unserer Zeit verzweifeln, ist sehr gut nachzuvollziehen. Doch vergessen Sie nicht: Es gibt Menschen, die ähnlich wie Sie empfinden. Lassen Sie uns nicht allein, wir freuen uns darüber, von Ihnen zu hören. In der Finsternis erkennt man das Licht leichter.
war neulich in bochum. besucht hab ich dort den bismarkturm. für bochum ist das ding riesig… gebaut zu ehren von bismark. mit spenden finanziert. Nein nicht so spenden wie die cdu-sp (a)d’e heute von daimler bekommt.von bürgern der stadt. danach im biergarten hab ich für unsere kanzlerin spenden sammeln wollen…. richtig… nix gabs.!
Sehr geehrter Herr Kusenberg, schön, dass Sie wieder da sind! Ich kann Sie so gut verstehen! Lassen Sie sich bitte nicht in’s Boxhorn jagen von der immer größer werdenden Zahl von Meinungsterroristen und politischen Umerziehern. Ich habe das alles schon mal miterleben müssen. Und darum habe ich noch Hoffnung, dass auch dieses mal die Menschen sich nicht ewig so gängeln lassen. Auch wenn etliche Sozialwissenschaftler meinen, einen Weg gefunden zu haben, grundlegende Sozialisationen, angelegt im Menschen über zig-tausenden Jahren, abschalten zu können. Hoffentlich wird das Erwachen auch wieder so sanft, wie vor 29 Jahren. Oftmals erfolgten große politische Umbrüche nämlich… Mehr
Bismarck-Ära: der Mann hat Geschmack! Ich sage: 1900. Der Höhepunkt der deutschen und westlichen Zivilisation. Jaja, heute gibt’s bessere Medizin und Google. Aber heute, wie Ludger Kusenberg völlig zutreffend sagt, ertrinkt die Qualität in einem Meer des Stumpfsinns. Banale, dafür um so unverschämtere Menschen speien mir jeden Tag ihre „News“ in’s Gesicht. Terrorisieren mich mit ihren dummen Ansichten und „Haltungen“. Was Jonathan Swift vor langem wusste: „Gegen jeden intelligenten Menschen verbünden sich zehn Mittelmäßige, um ihn zu demontieren“. Heute ist es das Grundprinzip der Gesellschaft.
Willkommen zurück, Herr Kusenberg.