Nach München und vor den gleichen Fragen

München auf dem Titel und die tiefer schürfenden Texte zu anderen Themen. Auch eine interessante Botschaft. Sonntagszeitungen gelesen für Sie von Roland Tichy und Fritz Goergen.

In der WeLT AM SONNTAG fünf Seiten über die Morde von München: „Der ansteckende WAHNSINN“ für alle, die’s genau wissen wollen. Hängen bleibt Dirk Schümers Stück „Angst essen SEELE auf“: „Wir lassen unsere Gesellschaft nicht von Terroristen und Amokläufern kaputt machen, heißt es pathetisch. Von wegen! Sie habn geschafft, was sie wollten: Sie verbreiten Furcht.“ Wie wahr, wie wahr.

Verschweigen ist kein Journalismus

Die Frankfurter Allgemeine SONNTAGSZEITUNG, häufig für ihr erfrischendes Layout ausgezeichnet, präsentiert sich diese Woche im ersten Buch als Bleiwüste. Das ist konsequent. Die Zeitung verzichtet auf die Namensnennung und Fotos, vermutlich hält sie das für besonders pietätvoll. Politisch korrekt ist es ohnehin – „Nach dem Amoklauf in München“. Es ist leider nicht journalistisch.

Journalismus nimmt die Leser mit an die Orte des Geschehens, der Reporter ist das Auge und das Ohr des Lesers. Bei der FAS sind die Augen vor Schreck verbunden und in den Ohren ist Wachs; wie schön für die Reporter, die das Leid nicht ansehen müssen, sich in ihrer inneren Betroffenheit suhlen und den Leser nicht mitnehmen. Der würde diese Zeitung sowieso nicht kapieren.

So bleibt die Zeitung leer. Man hat schon alles anderswo gesehen. Auf Nicht-Darstellen folgt Nicht-Lesen, was sich übrigens auch darin ausdrückt, dass die Zeitung zu den Auflagenverlierern gehört. Konsequent ist auch das.

Im Wirtschaftsteil wie üblich nimmt die Qualität zu; ein kleines Stück wenigstens darüber. Dass Zuwanderung ihren Preis hat, weswegen es besser wäre, ein Eintrittsgeld zu verlangen. Nun denn. Zu spät, liebe Leute.

Ein liebedienerisches Interview mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Wesentlich bleibt hängen, dass der Frauenanteil in der bewaffneten Macht nicht nur bei Offizieren, sondern auch bei Mannschaften zu Frauschaften erhöht werden müsse. Klar, in Zeiten der Not müssen Nebenziele verfolgt werden, nicht das Hauptziel, die Bundeswehr wieder zur Wehr zu machen.

Der Geldteil zu Recht versteckt; nichts über die aktuellen  Bewegungen. Es erfreut nur die Kolumne von Thomas Meyer; der gehört nicht zur Redaktion und darf daher kritische Dinge zu  Italien sagen, dem es noch schlechter geht als den Banken.

BILD am SONNTAG mit einem bemerkenswerten Nebenschauplatz, der in der Nacht der Morde von München untergegangen war: Hat der Täter die Opfer in die Mc-Donalds-Filiale gelockt? Mit einem gefälschten Facebook-Account? Der Innenteil guter Boulevard; berührend. Dem politischen Teil der FAS-Redaktion sei eine Art Sommerpraktikum empfohlen.

In der WamS von heute anderes

Deniz Yücel schildert, wie Erdogan, „Der lupenreine DESPOT“, mit den Resten des Kemalismus vor allem in der türkischen Armee aufräumt und vor allem durch Sondereinheiten der Polizei ersetzt – noch eine Parallele zu Deutschland 1933 und folgende. Uns muss beunruhigen, was „Erdogans fünfte Kolonne in Deutschland“ gegen Erdogan-Kritiker unternehmen. Ali Ertan Toprak, Kurden-Vorsitzender, der eben in den ZDF-Fernsehrat berufen wurde, schimpfen sie „PKK-Terrorist.

Von Ansgar Graw erfahren wir, dass mit den fünf Kindern von Donald Trump, die ihren Vater auf der Convention der Republikaner wirkungsvoll unterstützten, auch dann eine neue Polit-Dynastie heranwächst, wenn The Donald nicht US-Präsident wird: „Eine neue Dynastie wird gesalbt“.

Wer IOC-Chef Thomas Bach kennt, weiß, dass ihn „Der Ordens-BRUDER“ nicht die Bohne stört, im Gegenteil. Er macht sein Ding mit Freund Wladimir Putin, was immer wer vor oder hinter den Kulissen von sich gibt. „UNHEIMLICH familär“ geht es auch zu, wenn russische Beamte von Westfirmen „wie selbstverständlich Versorgungsposten für Angehörige“ verlangen. Die Werhahn-Tochter Basalt AG beschäftigt einen „Hauptingenieur“, der einmal im Monat aus Karelien einfliegt. So viel wie Gerhard Schröder auf der Reisegegenrichtung wird er nicht kriegen und den Versorgungsfällen deutscher Parteien ist das ja auch nicht unähnlich.

„STURM auf die Windräder“ – eine neue Seite im grünen Kapitel ist aufgeschlagen. Wie Landwirte früher mit Treckern gegen Atomkraft fuhren, agieren sie und andere Aktivisten nun gegen Windkraft. Kommunen werden nun bei der Flächenvernichtung für Windräder entmündigt und Bürgerbeteiligung ignoriert wie früher für atomare Zwischenlager.

Modell Hongkong statt Migrationschaos
Neu-Karthago
Paul Romer soll Chefvolkswirt der Weltbank werden, er gilt seit Jahren als Anwärter auf den Nobelpreis. Tina Kaiser verteidigt ihn – „Irre oder IRRE gut?“ – gegen den Vorwurf des Neokolonialismus, „denn Charter Cities könnten in der Tat dazu beitragen, die Armut in der Welt zu lindern und gleichzeitig den Flüchtlingsstrom nach Europa abzumildern.“ Tichys Einblick fühlt sich geehrt. Den Vorschlag hat Fritz Goergen mehrfach gemacht.

Während Sigmar Gabriel und Andrea Nahles Projekte für Industrie 4.0 und Arbeit 4.0 bewerben mit Blick auf neue Wählerschichten, kriegen sie jetzt Konkurrenz von Wolfgang Schäuble, sein Finanzministerium „will bei der staatlichen KfW-Bank einen neuen Gründerfonds namens ‚Tech Growth Fund‘ mit einem Volumen von zehn Milliarden Euro aufsetzen“ – „Die Millarden-SHOW“. Wir sehen, die kommenden Landtagswahlkämpfe als Vorgefechte für die Bundestagswahl 2017 werfen ihre Schatten voraus.

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