Gewalt: Wie die Bilder sich (nicht) gleichen

Ohne den Islam und sein kulturelles Umfeld als "Dünger für eine gewaltsame, freiheitsraubende, rückwärtsgewandte Welt" gäbe es Gewalt und Terror in dieser Qualität und Quantität nicht. Sonntagsblätter für Sie gelesen von Roland Tichy und Fritz Goergen.

In der Frankfurter Allgemeinen am Sonntag hängt diesmal an Bedeutung das Feuilleton die Politik ab: Im ersten Teil der Zeitung liest man die Nachrichtenstücke, die weitgehend so konform sind wie die Medienberichterstattung eben in Deutschland zu einem Thema ist, wenn erst die Kanzlerin die Linie vorgegeben hat: Erdogan ist eigentlich gut, der Putsch böse, das Volk hat ihn niedergeschlagen; auch wenn man das Unbehagen der Autoren spürt: Sie formulieren es nicht.

Das Feuilleton dagegen bringt die Einsicht dreier türkischer Autoren: Bülent Mumay schreibt, wie ein „Putsch getwittert wird“; tatsächlich war es ja fast eine Live-Show auf Twitter in allen Stufen. „Die Gesellschaft wurde von Twitter informiert, die Politiker waren über FaceTime im Fernsehen zu sehen, und die Soldaten kommunizierten über WhatsApp. Nur eine Sache fehlte ….die Toten auf den Straßen waren keine Pokémon-Monster“. Aber die Türken sind aufgewacht „in einem Land, das über Nicht ein ganzes Jahrhundert verloren hat.“ Moderne Technologie aus dem Westen in der Hand islamistischer Mullahs und ihrer Politiker – das wird uns weiter befassen.

Can Dündar schildert seine persönliche Lebensgeschichte der Putsche und der niedergehenden Demokratie in der Türkei. sein bitteres Fazit: „ Wieder wurde ein Putsch angezettelt, der die schwache Domkratie des Landes vollständig ausetzt. Wieder sind die Gewinner die Vertreter vom politischen Imam. Die Geschichte der Putsche Geschichte, Erdogan der absolute Machthaber.

Bei Ece Temelturkan vermischt sich Fiktion eigener Texte und Wirklichkeit. Sie schaut aber auch dahinter, und beschreibt wie rechtzeitig die Imame in den Moscheen zur Demonstration aufrufen – gespenstisch, wie er die „Allah akbar“-Rufe der Erdoganisten beschreibt. Das sind die Rufe, die in Deutschland ja geflissentlich überhört werden, ob in Ankara, Istanbul, Paris oder Nizza. Temelurkan beschreibt, wie die Türken am Morgen danach aufwachen „in dem Bilder umgehen, wie einer jener zum Schutz der Demokratie auf die Straße gerufenen Menschen einem Soldaten, der sich ergeben hatte, die Kehle durchschneidet“.

Es sind diese Bilder, die ja im offizielle Journalismus ausgeblendet werden, schließlich ist Erdogan unverzichtbare Stütze der Merkel-Flüchtlingspolitik. Die Morde von Nizza in der FAS auf einer Seite, und konventionell: Der psychisch kranke Einzeltäter, die Begründungs-Retorte, um der Wahrheit nicht ins Auge schauen zu müssen, und wäre nicht auch der Suizidpilot Andreas Lubitz, der die Machine von German Wings an die Felswand steuerte, ein Prunkstück des IS gewesen? Weniger augenzuzwickende Analyse ist kaum mehr möglich.

Bild am Sonntag folgt nicht der offizielen Lesart. „Blutige Rache an Soldaten, viele Tote“ ist schon auf der Titelseite zu lesen, und im Innenteil von der „Blutnacht am Bosporus“. Hier werden sogar die unerträglichen Bilder gezeigt, die so gar nicht zur Genugtuung der westlichen Politik von Obama bis Merkel über die Niederschlagung des Putsches passen. Sicherlich wird das Blatt vor den Presserat gezerrt; schließlich sollen deutsche Medien ja Grausamkeiten nicht zeigen, die nicht in das geschönte Bild des friedvollen Islams passen. Und dann als Kontrastprogramm die Urlauber an der türkischen Mittelmeerküste. Hierin liegt wohl die Stärke von Angela Merkel: Jeder darf Urlaub machen, wo er will; was schert uns Biedermänner und Biederfrauen das Näherrücken des Islamismus? Wenn doch Urlaub gebucht ist?

Auch die Berichterstattung über den islamistisch geprägten Anschlag in Nizza packt auf der menschlichen Ebene; „Von Silan kam nur der Koffer zurück“, so die Zeile, die alles sagt. Bleibt nur offen: Warum wird diese packende Strecke ausgerechnet von Margot Käßmann und ihrem wirren Geschwurbel beendet, die alles zerredet und vergackert, was vorher ausgesprochen wird?

Christian Rainer, Herausgeber des österreichischen Nachrichtenmagazins Profil macht die journalistischen Abwägungen der Berichterstattung über den Themenkreis Terror und Islam transparent. Sie hatten als Titel vorbereitet: „Was dürfen Muslime?“ und mussten am Freitag auf Nizza reagieren. Den neuen Titel, der ihnen einfiel, machten sie dann doch nicht: „Ihre Ziele: Was Terroristen wollen. Unsere Antwort: Was Muslime dürfen.“ Amok oder Terror schien ihnen nicht klar genug.

Rainer erzählt, wie erin einem Video mit Kollegen darüber spricht, „ob der Islam ein fruchtbarer Boden für terroristische Entwicklungen ist, fruchtbarer als das Cristentum oder der Atheismus. Ich meine, das ist er … Und ich weigere mich, diese Aussage als Pauschalverdacht qualifizieren zu lassen.“ Und weiter:

„Wenn sich etwa ein führender Repräsentant deutscher Muslime im deutschen Fernsehen empört vom Terror distanziert und diesen mit einem ‚Tropfen Gift in einem Wasserglas‘ vergleicht, zugleich aber seine ‚klare Präferenz für einen Gittesstaat gegenüber der Demokratie‘ äußert, dann wird mir schlecht: Dieser Mann ist nicht nur fruchtbare Erde, er ist Dünger für eine gewaltsame, freiheitsraubende, rückwärtsgewandte Welt – mitten in Deutschland.“

Wie Christian Rainer seinen Leitartikel schließt, sei allen Amts- und Bedenkenträgern in Politik und Medien ins Stammbuch geschrieben:

„Gibt es eine Häufung von derartigen Gewaltexzessen bei Menschen, die in einem kulturellen Umfeld aufwachsen, das Gewalt nicht prinzipiell ächtet, sondern partiell hochachtet? Ich denke ja.

Und wie viele Generationen braucht es, bis sich jemand, der epigenetischen Übertragung entwindet, wenn mit dieser Tradierung das Weltbild eines orthodoxen Islams weitergegeben wird? Ich fürchte viele.“

Die Autoren in Profil schreiben sonst eher auf der politisch korrekten Welle – – etwa in „Heilige Vielfaltigkeit“. Aber wo der Herausgeber klare Worte findet, ist Hoffnung.

Die FAS zeigt als Titelbild türkische Zivilisten, die einen Panzer ohne Waffen lahmlegen, die WamS türkische Zivilisten, die Soldaten misshandeln, die sich ergeben haben. Beide sind dem Aufruf Erdogans gefolgt. Die Macht der Straße ist unter Beweis gestellt. Einsetzbar ist sie für fast beliebige Ziele.

„Nach dem PUTSCH ist vor dem Putsch“. Die WamS-Geschichte von Denit Yücel ist schon in seiner problemlosen Taxifahrt in der Nacht der stümperhaften Revolte zum kaum bewachten Flughafen, auf dem Erdogan eine Art Wahlkampf-Statement abgibt, eine Story für sich. Sein Fazit sollten wir uns merken: „Erdogan ist das Volk, und das Volk ist Erdogan, und wer gegen ihn ist, ist Putschist.“ Noch eine Lektion Yücels ist empfehlenswert, wo jetzt alles streitet, ob der Putsch inszeniert war oder nicht: „Dieser blutige, aber stümperhafte Putsch muss nicht inszeniert gewesen sein. Er kommt nur wie gerufen.“ Mehr muss man über Erdogan nicht wissen, wenn man nur den einen Satz von ihm kennt, den die WamS als Titel wählte: „Der PUTSCH ist ein Geschenk Allahs.“

Auch bei Nizza verlässt die WamS die allgemeine Berichterstattungswelle: „Leben verpfuscht? DSCHIHAD hilft“. Florian Flade schreibt:

„Die IS-Ideologie bietet eben nicht nur radikalisierten Islamisten eine geistige Heimat. Sie eröffnet auch suizidalen Persönlichkeiten (TE-Frage: der Autor meint Personen?) eine ebenso brutale wie spektakuläre Exit-Strategie aus dem eigenen, gefühlt oder tatsächlci verkorksten Leben. Dem eigenen Ende einen vermeintlichen Sinn geben. Den Selbstmord politisch aufladen und überhöhen … Das ist das perfide Erfolgsgeheimnis des IS-Angebots: Werde Märtyrer. Kurzes Bekenner-SMS genügt.“

Ja, aber Christian Rainer nicht vergessen. Ohne den Islam und sein kulturelles Umfeld als „Dünger für eine gewaltsame, freiheitsraubende, rückwärtsgewandte Welt“ gäbe es Gewalt und Terror in dieser Qualität und Quantität nicht.

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