Erdrutschartige Verluste bei CDU, SPD, den Grünen und für die Linkspartei. Deutliche Erfolge für die AfD. Eine lachende Malu Dreyer und ein siegreicher König Kretschmann, der jetzt in Bawü auf eine grün-schwarze Koalition hofft. Eins steht weiterhin fest: Der Allparteienkampf gegen die AfD kann auch nach der Wahl die katastrophale Flüchtlingspolitik nicht heilen.
Wer täglich für Merkel betet, wäre noch vor ganz kurzem bei der Partei, die sich inhaltsleer „Die Grünen“ nennt, eine Mischung aus einem verspotteten Irren und einem schieren Hassobjekt gewesen.
Winfried Kretschmann darf das. Ihm war gewiss lange vor der Wahl am vergangenen Sonntag klar, dass er ein gutes Ergebnis mit einem moderaten Stimmenzuwachs erzielen könnte und ebenso klar war ihm gewiss, dass die CDU im Ländle einem Absturz entgegen schlitterte. Dass die CDU mit 27,00 % auf diesen Istwert bezogen über 44 % ihrer Stimmen, von 39% kommend, würde überhaupt verlieren können, damit hat sicher auch der kühne Ex-Kommunist und populäre Hobbytischler nicht gerechnet. Und auch seine angebetete Merkel hat gewiss Schlimmes befürchtet, schließlich hat sie sich noch unmittelbar vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg noch einmal selber vor Ort als Wahlkampfmotor ins Geschirr gelegt.
Auch, dass seine eigene Partei 6,1 %, also rund 25% noch einmal auf das Sensationsergebnis von 24, 2 % drauflegen könnte, hat der grüne Waldschrat mit der beim Wähler so gut ankommenden Mundart seiner Heimat sicher nicht zu träumen gewagt. Nun ist es aber so gekommen. Die Grünen und die Merkel-Union haben zusammen 57,3 % der Stimmen. Das macht zusammen 89 Sitze im Stuttgarter Landesparlament, das in der kommenden Legislaturperiode 143 Sitze haben wird. Die grün-schwarze Koalition verpasst damit die Verfassung gebende Mehrheit nur knapp.
Zurück zu Kretschmanns täglichen Merkelgebeten
CDU und grün passen zusammen wie Feuer und Eis, das bezieht sich auf die politischen Inhalte vom Großen und Ganzen bis ins kleinste Detail, und es bezieht sich auf die politische und gesellschaftliche Denk- und Empfindungskultur der Parteien und ihrer Mitglieder.
Wie von zwei unterschiedlichen Sternen standen sich Grüne und Schwarze jetzt seit Jahrzehnten gegenüber. Das allerdings galt für die klassische CDU, von der immer noch ein großer Teil der CDU-Wähler glaubt, dass es diese Partei mit Abstrichen noch gäbe. Die denaturierte Merkel-CDU dagegen ist die etwas andere Schwester der Grünen. Es ist ein großer Schmarrn, dass Merkel die CDU versozialdemokratisiert hätte. Diese Kanzlerin hat die CDU in ein vor allem grünes Abziehbild verwandelt.
Mit der Merkel-Wende in der Energiepolitik wurde die Vergrünung der CDU erstmalig brutalst sichtbar. In der Einwanderungspolitik, wenn man das Chaos der Merkelregierung denn Politik nennen will, hat die Kanzlerin die Adaption der grünen Ideen perfektioniert. Welches Politikfeld man auch immer nimmt, Merkels Idee, keine Angst vor den Grünen, das kann ich auch, keine Angst vor Erich Honecker, das kann ich auch, ist auf eine fatale Art und Weise aufgegangen. Die CDU stellt den großen Apparat der schwer angeschlagenen letzten großen Volkspartei und hält sich mit grüner Politik die Opposition vom Hals. Jedenfalls, dass ein Kretschmann politisch mit dieser Merkel wünscht ins Bett zu steigen, ist aus dessen Sicht alles andere als unverständlich.
Der Koalitionspartei der Union, die SPD, ist eine schon seit langem von den Grünen ausgelutschte Restpartei ihrer selbst. Da lief es etwas anders. Die Grünen haben der SPD die Werte geklaut, zeitgeistiges Umweltgedöns oben draufgesattelt und der SPD die Modernität, den Spaß- sowie den intellektuellen Faktor, die Lebensart und die immer neuen Modethemen abgeknöpft.
Kretschmann, der hinter seiner Teddybärenmaske wohl kaum ein gänzlich unfanatischer Mensch geworden sein dürfte – die Grünen beherbergen in ihren Reihen einige Fanatismen und Fanatiker, die mehr oder weniger identisch sind mit dem, was der KBW (kommunistischer Bund Westdeutschland), von dem sich Kretschmann heute so wortreich distanziert, sich seinerzeit auf die Fahnen geschrieben hatte. Der alte Spruch, du kriegst die Leute aus den K-Gruppen, aber die K-Gruppen nicht aus den Leuten, mag für Kretschmann nicht zutreffen. Dafür ist er ja bei den Grünen.
Die ideologischen Extremismen in der Bildungspolitik seiner zuständigen Minister hat Kretschmann nicht erfunden, aber er macht sie mit. Die Grünen sind eben die extreme Pazifisten-Partei, die die Bundeswehr in den ersten Krieg der Republik in Ex-Jugoslawien im Jahr 1999 mitgeführt hat. Und das ist ein Argument, das auch bei den besten guten Onkels der Partei insofern zu berücksichtigen ist, als es in der grünen Partei immer wieder extreme Ideen schaffen, politisch relevant zu werden, die dann von anderen gedeckt werden. Die extremistischen antideutschen Nie-wieder-Deutschland-Ideen der Obergrünen Claudia Roth etwa lässt Kretschmann bestehen, obwohl man von ihm erwarten darf, wenn er den betulichen Bürgersmann gibt, dass er sie öffentlich in die Schranken weist.
Bei den Grünen, die die Bürgerlichen mehrheitlich (trotz eigenen Wohl- oder Luxuslebens) für schlichtweg absurd – für gefährliche Spießer – halten, gibt es schon lange eine geradezu wollüstig zu nennende Koketterie mit dem Gedanken die Sauertöpfe von der SPD mit der ewigen Sozialdemokratie (150 Jahre) endlich abzustoßen und stattdessen mal den Thrill des Fremdgehens zu testen, sprich mit der CDU zu koalieren.
Umgekehrt gibt es in der CDU schon aus Vor-Merkel-Tagen naseweise „Vordenker“, die es leid sind, immer von den Grünen attackiert, beleidigt und beschimpft, einerseits nicht für voll genommen und andererseits wahlweise als reaktionär, rückständig, rechts, kriegstreiberisch oder böse dämonisiert zu werden. So gibt es eben diese Sehnsucht in der CDU endlich auch als gute Menschen gesehen und begriffen zu werden und auf der grünen Siegerstraße mitzufahren.
Kretschmann betet also alltäglich zu wem auch immer, wie er die Welt wissen ließ, dass Merkel ihm erhalten bleibe.
Und was macht Merkel?
Merkel verkündete nach der Riesenklatsche, die die Wähler ihr am vergangenen Wahlsonntag in drei Bundesländern verpasst haben, dass sie ihre Einwanderungspolitik, deretwegen nach allgemeiner Einschätzung die Wähler die CDU verlassen haben, dass sie genau diese „Politik“ fortsetzen würde, mit dem angehängten Mantra: Europäische Lösung her, eine Türkei-Lösung mehr, Eindämmung der Zuwanderung und blabla mehr.
Merkels Signal ist klar: Fortsetzung der grünen Politik unter schwarzer Flagge mit der freundlichen Assistenz der SPD im Bund. Und im Blick auf 2017 und das Geschehen, das sich im jetzt anlaufenden Wahlkampf noch entwickeln kann, träumt sie gewiss auch schon mal von Schwarz-Grün.
Wenn Merkel könnte, wie sie wollte, wäre eine Anweisung „Sofort mit den Grünen koalieren“ aus der Zentrale der Bundes-CDU an die Landes-CDU Baden-Württemberg und deren Chef Guido Wolf ziemlich wahrscheinlich. Merkel könnte der Selbstüberschätzung vieler CDUler erlegen sein, dass sie selbst und ihre Partei resistent wären und im Infight mit den Grünen nicht dasselbe Schicksal wie die SPD und deren Matadore erleiden würden. Sie kennt die Kampfmaschinen der Grünen offenbar nicht und sie übersieht, dass eine ideologisch gebundene Partei wie die grüne in der Auseinandersetzung mit einer „bürgerlichen“ Partei, die mehr eine Karriere- und Postenpartei ist, als dass sie Inhalte transportierte, viele Vorteile auf ihrer Seite hat.
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