Fidel Castro ist tot

Mit Castros Tod stirbt auch ein Stück der antiwestlichen Revolutionsromantik im Westen selbst. Castros Abgang ist ein Segen für die von ihm ein halbes Jahrhundert lang geschundene Insel Kuba.

Historisch gehört Castro in die Kategorie der revolutionsromantischen „linken“ Terroristen. Er hat den Westen vor allem dank der strategischen Lage seiner Insel Kuba (an der dichtesten Stelle 150 km von der USA entfernt) in Zeiten des Kalten Krieges, der ziemlich schnell nach Beendigung des zweiten Weltkrieges begann und mit der Implosion der Sowjetunion Ende der achtziger Jahre endete, politisch, militärisch anfällig gemacht. Er hat mit seiner kommunistischen Machtübernahme 1959 der Sowjetunion latent die Möglichkeit eingeräumt in unmittelbarer Nähe der westlichen Führungsmacht USA atomar bestückte Raketen zu installieren. So hat er den Westen mit Hilfe seines großen Bruders UdSSR geostrategisch gepiesackt, Stichwort Kuba-Krise.

Die weitaus fatalerer Rolle spielten Castro und sein Adlatus Che Guevara allerdings im Inneren des Westens selbst: Die neue Linke (New Left) in den USA wie dann auch die sogenannte 68er-Bewegung samt ihrer Vorläufer in Europa, also die Pop-und Luxuskommunisten, wie ich sie genannt habe, jene Mischung aus schülerhafter, studentischer, intellektueller und linksfanatischer Totaldestruktion und Besserwisserei, deren Erben heute den Westen unreflektiert und kaum noch reflektierbar beherrschen, waren wesentlich vom Dritte-Welt-Völkermörder Mao Tse Tung (Kulturrevolution) in Marsch gesetzt worden.

Gottvater Mao und Jesus Che Guevara

Mao wurde der 68er-Gottvater, Che Guevara der „Jesus“ dieser neuen Bewegung, wie Mitglieder der APO-Bewegung es selbst einmal in einer Karikatur, die 1968 kursierte, in einem luziden Moment bildhaft darstellten. Rudi Dutschke und die Mitglieder der berüchtigen Kommune 1 waren auf dieser Abendmahldarstellung die Jünger, die um ihren Fidel, ihren Che und ihren feisten Mao herumsaßen.

Che Guevara kam bereits 1967 ums Leben und wurde zu dem Märtyrer der Bewegung. Fidel Castro blieb der Weltrevolution bis gestern erhalten.

Die beiden europastämmigen Lateinamerikaner Fidel und Che waren den Westlern der neuen Linken und der 68er-Bewegung kulturell näher als der aus der Ferne sprechende Gott Mao. Sie waren in Europa etwas eher angekommen und sie waren, obwohl Moskaubezogen, historisch gesehen Geschmacksverstärker des Ungeistes von Mao Tse Tung.

Castro brachte ein wenig Salsa – oder Sambagefühl und ein bisschen Latin-Lover-Gedusel in die Revolutionsromantik der Zeit. Die Betonköpfe in Moskau und Ostberlin fühlten sich durch den tanzende Cuba libre-Kommunismus trotz politischer Sympathie und vielerlei Hilfen für Kuba herausgefordert. Walter Ulbricht und Erich Honecker passten nicht so recht zur heißen Sonne Kubas.

Dafür irrlichterten viele europäische „Intellektuelle“ wie Mister 68, Hans Magnus Enzensberger („Der Tumult“) und der Multimillionenerbe Giangiacomo Feltrinelli, einer der finanziellen Unterstützer der 68er-Bewegung aus Italien und später selber terroristisch aktiv, geschmeidig auf Castros Schoß. Auch Jean Paul Sartre hatte Castro zusammen mit seiner Weggefährtin Simone de Beauvoir Anfang der sechziger Jahre mehrfach besucht und wahre Hymnen an den furchtbaren Diktator Castro geschrieben. Obwohl ihm Unrechtsstaat, obwohl ihm Hinrichtungen, Konzentrationslager und das diktatorische Moment der Castro-Diktatur bekannt waren, faselte er öffentlich von dem Humanismus, den er in Castro erkannt haben wollte: „Ich grüße in Ihnen den Humanismus“.

Cuba libre

So war das 68er-Idol Castro mit seinem Kuba-Mythos einer derjenigen, der die innere Zerstörung des Westens, der seine Orientierung, seinen Kompass verloren hat, beschleunigte. Die Schizophrenie, mit der die revolutionsbesoffenen Westlinge die Freiheit des Westens über alle vernünftigen Grenzen hinaus mißbrauchten, um eben genau diesen Westen unter dem Stichwort ideologischer Verbesserung zu zerstören, ist im Westen seit langem Normal Null geworden.

Macht den Westen kaputt, der euch kaputt macht, macht den Kapitalismus kaputt, der euch kaputt macht und macht kaputt, was euch kaputt macht und alles macht euch kaputt, das ist der Mao’sche Virus der Kulturrevolution, in Deutschland rausgebrüllt von 68er-Sänger Rio Reiser (Ton, Steine, Scherben), den Claudia Roth einst managte, was immer das bedeutet hat.

Auch wenn Fidel Castro dem chinesischem Erzfeind Sowjetunion formal eher zugewandt schien, war Castro historisch das Komplement zu eben dem neuen Kommunismus der neuen Linken unter Mao Tse Tung.

In den USA war new left nicht ohne Black Panther denkbar, aber auch die Black Panther-Bewegung holte sich entscheidende Impulse bei Fidel Castro und seiner Kuba-Revolution.

Fidel Castro ist ein Weltstar der Selbstzerstörung der westlichen Wertegemeinschaft, ein Verunsicherer und vor allem ein ganz hundsordinärer kommunistischer Diktaktor, der sein Land wirtschaftlich an die Wand fuhr und vom wirtschaftlichen und technischen Fortschritt abschnitt. Dennoch blieb Castro ein Mythos, der bis zuletzt von stupiden Revolutionsromantikern verehrt und gestützt wurde, auch wenn inzwischen sein Bruder Raoul schon länger den Geschäftsführer der Castro-AG mimt.

Im Kommunismus sind Erbrecht und verwandtschaftliche Privilegien abgeschafft, aber die Erbfolge gilt trotzdem wie bei Königs.

Jetzt steht die Queen, deren Abdankung lange überfällig ist, einsam als Dauerregentin an der Spitze ihres bröckelnden Imperiums.

Castros Tod ist ein später Befreiungsschlag, der die kubanische Gesellschaft befreien und in den Westen zurückführen wird: Cuba libre.

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