Nach dem rot-grünen Desaster in Bremen sind jetzt die geduckten konservativen Kräfte, vorallem in der Union und in der noch nicht revitalisierten FDP, aufgefordert sich zu emanzipieren. Die Mehrheit der Nichtwähler wieder für demokratische Teilhabe zu gewinnen, ist ein Gebot der Demokratie.
Landtagswahlen – Bürgerschaftswahlen in den Stadtstaaten folgen eigenen, manchmal gegenläufigen Gesetzmäßigkeiten im Vergleich zu den Bundestagswahlen. Dennoch lässt sich aus jeder Regionalwahl, so auch aus der Wahl im kleinsten Bundesland Bremen ein Erkenntnisgewinn auch für die Bundesrepublik, wie sie steht, fällt und liegt, herausfiltern.
Verfassungsändernde Mehrheit für Nichtwähler
Die Partei der Nichtwähler hat in Bremen mit 50,03 % die absolute Mehrheit der Stimmen errungen. Nach Abzug ungültig abgegebener Stimmen und jener Stimmen, die für Splitterparteien (Sonstige 10,1%) abgegeben werden, hätte die Nichtwählerpartei eine satte absolute Mehrheit, die, in Parlamentssitzen ausgedrückt, in Richtung auf eine Verfassung ändernde Mehrheit deutet.
Die Wahlbeteiligung wird zu Recht als historisch niedrig bezeichnet. Dabei wird dennoch viel zu wenig Gewicht auf die Tatsache gelegt, dass es sich um einen unguten und lang anhaltenden Trend handelt, dessen vorläufiger Höhepunkt mit dem historisch niedrigsten Wahlbeteiligungswert von 49,7 % jetzt in Bremen erreicht wurde. Nur in den ostdeutschen Bundesländern gab es noch niedrigere Wahlbeteiligungen.
Handelt es sich in Bremen gerade noch um eine veritable, dem Wunschbild der Verfassung genügende Wahl oder schon um eine Farce? Oder, um im Lokalkolorit zu bleiben, um ein bloßes Ia, Wauwau, Miau und Kikereki der Bremer Stadtmusikanten?
Der Verlust von rund 6 % der Stimmen, bezogen auf eine gesunkene Wahlbeteiligung gegenüber der vorangegangenen Bürgerschaftswahl in Bremen von 2011, hat den amtierenden SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen wenigstens zum Verzicht auf eine dritte Amtszeit veranlasst. Die Bremer SPD befindet sich in einer tiefen Krise und ihr Schwesterlein in Gestalt der ebenfalls schwer gerupften Grünen, die knapp die Hälfte ihres aktuell übrig gebliebenen Marktwertes von 15,3%, nämlich 7,2 % verloren haben, befinden sich in einer noch größeren Krise, die sie nur durch Verdrängung aus ihrem Bewusstsein getilgt haben.
Rot-Grün hat in Bremen weit brutaler abgewirtschaftet, als es den Zahlen nach den Anschein hat. In Bremen konnte man seit 70 Jahren einen Besenstiel zur Wahl stellen und SPD drauf schreiben, er wäre gewählt worden. Das aktuelle Wahlergebnis offenbart den tiefen Fall der Bremischen Sozialdemokratie, die von ganz oben sukzessive immer weiter abgestiegen ist.
Mit eisenharter Kontinuität heruntergewirtschaftet
Die Bremer Sozialdemokratie hat die von ihr verwaltete schöne Hansestadt Bremen über Jahrzehnte heruntergewirtschaftet und das mit einer eisenharten Kontinuität. Gerade mal sieben SPD-Bürgermeister haben sich in Bremen in den vergangenen 70 Jahren die Türklinke zu dem historischen Rathaus der Stadt in die Hand gegeben. Ein nie aufgedeckter Bremer Sozi-Filz, den man in der Stadt für das Normal Null der Politik nimmt, hat jeden Wettbewerb von Personen, aber vor allem auch von Ideen unterdrückt. Ein hochideologischer Westsozialismus war das einzige, was die Sozialdemokratie in der eigentlich konservativen Stadt Bremen in den letzten fünfzig Jahren zustande gebracht hat.
In der kurzen Zeit einer CDU-Beteiligung an der Bremer Landesregierung gab es eine relative Verlangsamung der Negativentwicklung der Stadt und sogar kleine Lichtblicke – das soll hier nicht verschwiegen werden. Beispiel Bildungspolitik:
„Kann weder schreiben noch lesen, bin in Bremen gewesen“.
Dieser netter Spruch sagt viel über Bildungsrealität in der Wesermetropole. Die drastischen Bildungsexperimente senkten das Schulniveau in Bremen über Jahrzehnte dramatisch. Richtig krass und skurril waren jahrzehntelang die Verhältnisse an der Universität. Die „Universität“ Bremen, die 1971 auf dem Höhepunkt der 68er-Bewegung unter hysterischen Anti-Vietnamprotesten gegen jeden sich Professor nennenden Lehrer, gegen jeden Politiker, jeden Bauarbeiter, gegen das herrschende System, die herrschende Klasse, den Kapitalismus, gegen das Eigentum an Produktionsmitteln an Grund und Boden und gegen jede Mitbestimmung des Lehrkörpers im universitären Bereich und für Drogen, Revolution und Flower Power gegründet wurde (siehe diesen kleinen Trailer über die Gründung der Universität (https://www.youtube.com/watch?v=aSLffJELoSU) war über Jahrzehnte eine niveaulose, hochideologisierte, städtische Einrichtung, an der, wie es unter Studenten hieß, einem die Abschlüsse besonders in Fächern wie Soziologie mit Prädikat hinterher geworfen wurden.
Diese rote und dann sehr schnell grüne Kaderschmiede hat der Stadt Bremen und den Bremischen Bürgern nachhaltig Schaden zugefügt, was aber so bis heute Niemandem bewusst zu sein scheint, was mindestens niemand sagt und was auch bis heute in keiner Weise selbstkritisch reflektiert wird. Stattdessen überwiegt immer noch der bierernste Stolz auf die wilden Zeiten und darauf, die Autoritäten erschüttert oder weggeblasen zu haben. Wozu, weshalb, warum der permanente Protest gut war, das bleibt offen. Allein der Schlachtruf „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ war noch keine sonderlich intelligente Begründung für die ungeheure Destruktion um ihrer selbst Willen, die jahrzehntelang en Vogue war.
Getreu dem Motto der 68er, die mit ihrem angekündigten langen Marsch durch die Institutionen frei nach ihrem damaligen Halbgott Mao Tse Tung, als Graswurzelakademiker im Staatsdienst den verhassten Staat von innen heraus aufmischen wollten, stellten sich die Genossen in Bremen in den Jahren 1970 bis 1984 gegenseitig selbst ein, selbstredend in den bequemsten Beamtenstatus. Jedenfalls wuchs in dieser Zeit der Bremische Beamtenapparat exorbitant mit der Folge, dass Bremen heute die dicken Beamtenpensionen an die Protestideologen von damals darstellen muss und jetzt von Kinderarmut zu reden hat.
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