Beim Podcaster No 1 Joe Rogan erzählte der Meta-Eigner von den Pressionen der Corona- und Biden-Jahre. Nahe an „1984“ sei das gewesen. Jetzt will Zuckerberg einen freiheitlicheren Kurs fahren, aber erst mal nur in Amerika. Elon Musk ist da schon aus ganz anderem Holz. In der EU ruft schon wieder alles nach noch mehr Kontrolle.
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat einen merkwürdigen, vielleicht bemerkenswerten Satz gesagt in einem Gespräch mit dem Podcaster Joe Rogan: Die Nutzer sozialer Medien lösen demnach Regierungen und traditionelle Medien als ‚Schiedsrichter der Wahrheit‘ ab und werden zu einer „neuen Art von kultureller Elite, zu der die Menschen aufschauen“.
Das Merkwürdige daran ist, dass Zuckerberg noch im Sprechen von dieser demokratischen Medien-Revolution (oder Evolution, Emergenz) nicht vom alten Eliten-Begriff lassen mag oder kann. Er liegt ja auch nicht ganz falsch. Nicht jeder hat genug Zeit, Muße und was es sonst braucht, um auf Facebook oder X zu posten. Aber Elon Musk hat stets betont, wann immer er von diesem Zusammenhang spricht, dass nun jeder zur medialen Meinungsbildung beitragen kann: „You are the media.“
Nun, Zuckerberg verstrickt sich hier etwas in den Elitenbegriff, aber bemerkenswert bleibt sein Satz eben, weil er sich der Linie Musks ziemlich vorbehaltlos anschließt. Und diese Position wird natürlich noch politischer, weil das auch die Linie, der Weg Donald Trumps ist, der durch seine Tweets – und deren oft aufsehenerregenden Inhalt – zum Politiker geworden ist.
Nun gehört also auch Zuckerberg zum Club, hat sich in einer jener öffentlichen Beichten oder doch Gewissens-Entblößungen bei Joe Rogan auf seine Ursprünge besonnen, als er durch die Schaffung Facebook zu einer Demokratisierung des Meinungsprozesses beitragen wollte (so sagt er es heute). Nun war Zuckerberg immer der pragmatische „Typ von nebenan“, dem es vor allem auch um Entertainment, einen gewissen Wohlfühlfaktor auf seinem Medium Facebook ging, vielleicht auch einfach ums Geldverdienen. Das muss einander ja nicht ausschließen. Jeder gute Kneipenwirt muss beides verbinden, die angenehme, familiäre Atmosphäre, in der der Euro rollt. Bei Facebook fließt das Geld zudem rein algorithmisch, dank der Daten und Werbung.
Wurden „dazu gedrängt, Dinge zu löschen, die wahr waren“
Nun erklärte der Facebook-Gründer bei Rogan, was hinter dieser Oberfläche vor sich ging, vor allem, seit erst Trump – für die Dems unglücklicherweise – zum Präsidenten wurde, und dann wieder, als Covid ausbrach. Damals wuchs der Druck auf Zuckerberg und sein Team, Meinungsbekundungen auf Facebook zu zensieren. Und das zeigt schon, dass es hier auch um den Deep State geht, der sogar während Trump im Weißen Haus saß, versuchte, Einfluss auf Facebook und die Redefreiheit seiner Nutzer zu nehmen. Als überragendes Argument kam dann irgendwann in einer arrangierten Biden-Pressekonferenz der Vorwurf, dass „diese Leute“ – die sozialen Medien und ihre Macher – „Menschen töten“, indem sie angeblich falsche Informationen zu Covid oder auch nur Zweifel an der offiziellen Politik verbreiten.
Denn falsch waren viele der Dinge eben nicht, von denen die US-Regierung forderte, dass Zuckerberg sie lösche: „Sie haben uns super stark dazu gedrängt, Dinge zu löschen, die ehrlich gesagt wahr waren.“ Denn auch wenn Zuckerberg sich pro Gentherapeutikum gibt, kommt es ihm merkwürdig und nicht richtig vor, die Kritik und Gegnerschaft gegen die mRNA-Spritzen zu zensieren. Er will dem widerstanden haben, so streut er immer wieder in seine erzählten Erinnerungen ein. Jedenfalls findet Zuckerberg es (heute) lachhaft, wahre Dinge zu zensieren. Auch „Humor und Satire“ habe man verschont. Das war vielleicht nicht immer so. Aber immerhin, nun steht Zuckerberg zumindest mit einem Bein auf der richtigen Seite und nicht auf jener der Leute, die andere zensieren wollen.
Glaubwürdig erzählt Zuckerberg eine Geschichte von „Sie beschimpften uns und drohten uns mit Konsequenzen, wenn wir nicht löschen, was wahr ist“ und „brutalen“ Aktionen der Biden-Regierung, die wie ein „Stück aus 1984“ wirkten – „something taken out of 1984“.
Im Sommer 2021 berichtete auch CNN von Auseinandersetzungen zwischen Zuckerberg und der Biden-Kampagne im Jahr zuvor, als es um die Verhinderung der Wiederwahl Trumps ging: „Mitarbeiter der Präsidentschaftskampagne von Joe Biden haben Facebook wiederholt vor gewalttätiger Wahlkampfrhetorik auf seiner Plattform während der heißen Phase der Wahl 2020 gewarnt, aber eine Reihe von E-Mails zeigt, wie der Social-Media-Riese ihnen manchmal eine Abfuhr erteilte.“ Das ist milde ausgedrückt, aber allein die Berichterstattung bedeutet, dass es heftig geknirscht hatte.
EU: Kontrolle statt Dynamik
1984, das ist zufällig das Geburtsjahr von Zuckerberg (und das von Pawel Durow), aber es geht um den berühmten Roman, zu dem ironischerweise sogar der Anzeigenmeister Robert Habeck – mit seinen Razzien im Morgengrauen bei friedlichen Bürgern – ein Vorwort geschrieben hat, in dem er eine „liberale“ Gesellschaftsform verteidigt, die der Grüne angeblich selbst vertritt. Was Zuckerberg also anscheinend sagen will: Die Biden-Regierung versuchte, auf Facebook eine Version der Geschichte und der Gegenwart zu präsentieren, die nicht den Tatsachen entsprach.
Was nicht passt, soll gelöscht werden. Das ist ja seit langem auch in Europa der neue Standard der Medienbetreuung. Es wird versucht. So forderte Friedrich Merz umgehend irgendeine obskure „demokratische Kontrolle“. Die müsse es auch in der digitalen Welt geben. Wortverbindungen gibt es: Merz will nun höchst „demokratisch kontrollieren“, ob hier irgendwo durch eine Freiheit gegen die Freiheit eines anderen verstoßen wird. Vermutlich geht es aber auch hier – wie im Fall des Weißen Hauses – nur darum, dass die alte ‚Elite‘ tun kann, was sie möchte, ohne deshalb auf Gegenwehr zu stoßen. Der gerade erst zu einer gewissen Macht gekommene Bürger soll wieder entmachtet werden. Und das nur, weil Zuckerberg angekündigt hat, auf „Faktenchecker“ und die Unterdrückung der von ihnen indizierten Texte und Memes zu verzichten.
Den etablierten, eingesessenen ‚Eliten‘ geht das Gesäß ganz gehörig auf Eis. Auch Saskia Esken konnte nicht anders, als umgehend auf das neue Digitale-Dienste-Gesetz der EU zu verweisen: „Wir können nur an die EU-Kommission und die zuständigen Behörden appellieren, die Einhaltung der Pflichten … hart einzufordern“. Die Europäische Union – ein Pflichtenstaat, Pflichten, die drakonisch überprüft werden, vielleicht auch so ein bisschen wie in „1984“ von George Orwell, vorbei das Europa der Menschen-Rechte.
Aber man muss auch etwas Wasser (vielleicht sogar ziemlich viel) in Zucks Wein tun: Denn im EU-Teil seines Facebook-Reichs will er das Faktenchecken ja weiterhin bestehen lassen. Man darf daran erinnern, dass Zuckerberg schon vor der Verabschiedung des DSA (Digital Services Act) zu Treffen mit der Kommission ging, um freiwillige Verpflichtungen etwa in Sachen Corona-Berichterstattung einzugehen. Und auch nach dem Inkrafttreten war es neben anderen Zuckerberg, der die EU durch unmittelbare Zugeständnisse von einem Verfahren mit am Ende möglichen Geldstrafen abhalten wollte. Hier hängt also einer sein Fähnchen dann doch sehr in den Wind der Gegebenheiten, lässt in den USA das politische Spektrum der Trump-Reps zu, doch folgt in Europa den Spuren der totalitären Avantgarde, die Meinungszensur für ein angemessenes Mittel des 21. Jahrhunderts hält.
Musk nahm den schweren Weg
Ganz anders ist da Elon Musk, der eben kein Grashalm im Wind ist, sondern ein Überzeugungstäter, der Twitter – wie allseits bekannt – aus ideellen und politischen Gründen übernahm. Musk zahlte einen hohen (damals vielleicht überhöhten) Preis für Twitter, um es zu jener Free-Speech-Oase zu machen, als die es angeblich einmal gegründet worden war und als die es nun real auf den Rest der Gesellschaft ausstrahlt, verschiedener Gesellschaften, um genau zu sein. Und daher rührten auch einige der ‚Anpassungsschwierigkeiten‘ der bis dahin bestimmenden Kreise und rühren sie bis heute. Heute betrachtet scheint der Kaufpreis gering im Gegensatz zu dem immensen globalen Wert, den X für die Menschen mittlerweile einnimmt.
Die Länder und Kontinente – also vor allem die USA und Europa, die EU – beharren auf ihren eigenen Regelungsmechanismen. Dennoch setzt sich die Meinungsfreiheit, soweit sie gewährt wird, durch. So scheint es zumindest derzeit. Eine große, ja sehr große Plattform, auf der es Meinungsfreiheit gibt – sogar sehr weitgehend für Anhänger der Hamas im Gazastreifen, mit der Musk nicht sympathisiert –, kann durchaus eine gewisse Dynamik entfalten, auf die andere dann reagieren müssen. Vor diesem Müssen – dieser Pflicht – haben die Politiker Angst. Denn sie setzt sie unter Druck, etwas zu tun, was sie nicht tun wollen. Musk ging den schweren Weg des Achilles und erntet dafür heute einen gewissen Ruhm, aber auch einen Gegenwind, der noch einmal stärker werden könnte.
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