Wien: Zehntausende demonstrieren gegen die Impfpflicht

In der österreichischen Hauptstadt Wien findet die europaweit größte Demonstration gegen die Corona-Maßnahmenpolitik statt. Die Polizei geht von 44.000 Teilnehmern aus. FPÖ-Parteichef Herbert Kickl hatte zu einer „Mega-Demo für die Freiheit“ aufgerufen.

IMAGO / ITAR-TASS

Die österreichische Hauptstadt erlebte am Wochenende eine Welle von Demonstrationen. Allein am Samstag waren 24 Veranstaltungen in Wien angemeldet. 8 weitere Demonstrationen waren angekündigt, wurden jedoch untersagt, eine davon wegen eines Formfehlers. Polizei und Veranstalter erwarteten tausende Teilnehmer am letzten Tag des Lockdowns in Österreich. Nicht alle Demonstrationen richteten sich gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung. Die Polizei Wien betonte, dass Versammlungen gemäß Versammlungsgesetz eine Ausnahme während des Lockdowns darstellten. Kleinere Kundgebungen bedürften keiner polizeilichen Begleitung und würden im Zuge regulärer Streifendienste überwacht. Die Wiener Polizei wurde von Kräften aus den anderen Bundesländern unterstützt, rund 1.400 Beamte waren im Einsatz.

Als Hauptveranstaltung galt die von der FPÖ angekündigte „Mega-Demo für die Freiheit“ am Heldenplatz. Angeführt wurde sie vom ehemaligen Innenminister und Parteichef Herbert Kickl. Hauptthema: ein „inhaltliches Zeichen“ zu setzen, gegen die „Corona-Maßnahmen-Politik und insbesondere gegen den drohenden Impfzwang“, sagte Susanne Fürst, die Verfassungssprecherin der FPÖ im Zuge der Demonstration. Sie betonte, dass man sich an alle Vorschriften halte. Die Wiener Polizei vermeldete dagegen auf ihrem Twitter-Account, dass „laufend Aufforderungen zum Tragen der vorgeschriebenen Schutzmasken“ und Kontrollen erfolgten. Das Geschehen werde per Videoüberwachung verfolgt.

— HC Strache (@HCStrache1) December 11, 2021

Im Vorfeld hatte sich Kickl in einer Video-Botschaft auf Facebook an seine Anhänger gewandt. „Mündige Bürger werden von der dümmsten, unfähigsten und sadistischsten Bundesregierung aller Zeiten unterdrückt, geächtet und erpresst. Das können und dürfen wir uns nicht gefallen lassen“, so der FPÖ-Chef. Man werde die „Fanatiker und Kerkermeister der Regierung“ mit friedlichem Protest beschämen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) warnte indes vor der Teilnahme am Demo-Samstag. Zwar sei ihm bewusst, dass viele demonstrierten, weil sie Sorgen und Ängste hätten. Er appellierte jedoch „dringend“ an alle Teilnehmer: „Bitte, lasst euch nicht von diesem miesen rechten Rand missbrauchen. Viele der Demonstranten gehen aus Sorge oder aus falschem Glauben an bestimmte, vor allem soziale, Medien auf die Straße. Sie werden damit Opfer der Rechtsradikalen, die diese Aufmärsche für etwas ganz anderes nutzen.“ Vom Corona-Leugner zum „Rechtsradikalen-Leugner“ sei es bei manchen nicht sehr weit.

Kickl betonte auf der Versammlung, dass man nicht nur die Freiheit der Ungeimpften, sondern die aller verteidige. Der „Impfzwang macht alle zu Opfern, alle“, betonte der Oppositionspolitiker. Genesene seien nur Ungeimpfte auf Bewährung, Geimpfte kämen bei den Boostern kaum noch hinterher und befänden sich in einer Endlosschleife wie bei einer „Mafia“, bei der man nicht aussteigen könne. „Alle sind sie Verlierer bei diesem System“, so Kickl. Es könne kein Kompromiss zwischen Zwang und Freiheit gemacht werden. Es gehe schon lange nicht mehr nur um Gesundheit, sondern darum, ob man in einer freien oder totalitären Gesellschaft leben wolle. Die Demonstration führte anschließend über den Wiener Ring.

Die Polizei meldete mehrere Zwischenfälle im Zuge der Demonstration. Es gab zwei Festnahmen und mehrere Anzeigen wegen Verwendung von Pyrotechnik und Missachtung der Maskenpflicht. Medienvertreter seien an der Spitze der Kundgebung von Schneebällen und Eisspitzen beworfen worden, ein Journalist sei Opfer versuchter Körperverletzung geworden. Um 15:40 ging die Landespolizei von rund 44.000 Teilnehmern aus. Bei der Vorgängerveranstaltung am letzten Wochenende hatten 40.000 Menschen an Demonstrationen in Wien teilgenommen.

Trotz ihres Engagements kann die FPÖ von ihren Corona-Protesten offenbar nicht profitieren. Das zeigen aktuelle Umfragen, in denen ÖVP und SPÖ Zugewinne verzeichnen, während die FPÖ wie Grüne und NEOS verliert – die neue Partei MFG, die gegen die österreichische Coronapolitik gegründet wurde und aus dem Stand in den oberösterreichischen Landtag einzog, nimmt zu.

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