Wie Schweden die illegale Migration kontrolliert

Schweden hat etwas für EU-Länder Einzigartiges erreicht: Mehr Zuwanderer verlassen das Land, als neu dazukommen. Die Regierung sieht das als Erfolg. Die Gründe? Klare Kommunikation, schärfere Regeln, auch was das Wohlverhalten angeht. Man schaut auch genauer hin, wer überhaupt im Land ist.

Migrationsminister Maria Malmer Stenergard, Stockholm, Schweden, 08.08.2024

„Die Mehrheit derjenigen, die derzeit in Europa Asyl suchen, hat keinen Schutzbedarf, und das muss sich ändern.“ Und daraus folgt, dass eine Mehrheit der Asylbewerber Europa wieder verlassen muss, zumindest was Schweden angeht. Denn von der schwedischen Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard von den konservativen Moderaterna stammt dieser Satz. Die schwedische Mitte-Rechts-Regierung wird nicht müde zu betonen, dass sie eine wirkliche Kehrtwende bei der Einwanderung vorantreibt.

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Inzwischen haben „die Bemühungen der schwedischen Regierung … Früchte getragen“, wie Richard Wahlström, Sprecher für die Migrationsministerin, gegenüber TE hervorhebt. Die Zahl der Asylanträge befinde sich „auf einem historischen Tiefstand“, die Zahl der mit Asylanträgen verbundenen Aufenthaltsgenehmigungen gehe weiter zurück.

Das vielleicht Erstaunlichste: Schweden verzeichnet „zum ersten Mal seit 50 Jahren eine Netto-Auswanderung“, also einen negativen Migrationssaldo. Die Zahlen von diesem Jahr (ausgewertet bis Ende Mai) zeigen, dass insgesamt mehr Zuwanderer Schweden verlassen haben, als neu dazukamen. Und das sieht man als Erfolg an. Diese „Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Einwanderung“ sei „notwendig, um die Integration zu stärken und die soziale Ausgrenzung zu verringern“, so Wahlström.

In der ersten Hälfte des Jahres 2024 haben nur etwa 5.000 Menschen in Schweden Asyl beantragt. Das sind 25 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der „Anteil Schwedens an der Gesamtzahl der Asylbewerber in Europa“ sinkt damit.

Die Gründe: Glasklar sein, Wohlverhalten fordern, Betrug bekämpfen

Die Gründe für den Erfolg sind vielfältig. Zum einen sei die Regierung „von Tag eins an“ eindeutig gewesen: Wer in Schweden bleiben wolle, müsse die Sprache lernen, sich (wirtschaftlich) selbst erhalten und „die schwedischen Werte“ respektieren.

Daneben hat man die relevante Gesetzgebung schon jetzt verschärft und will weiter in diese Richtung gehen. So würden die Regeln für den Familiennachzug und die Staatsbürgerschaft sowie die „Anforderungen an das Wohlverhalten“, also die Befolgung von Regeln aller Art, gerade verschärft. „Betrug und Missbrauch“ gehe man systematisch an. Daraus folgt offenbar auch der gehäufte Widerruf von Aufenthaltserlaubnissen.

Durch diese Maßnahmen erhöht man laut Wahlström die Anreize, Schweden zu verlassen, für die, die diesen Bedingungen nicht zustimmen wollen. Man überlässt die Ausreiseentscheidung also teilweise den Migranten, ist aber glasklar bei der Formulierung der eigenen Anforderungen.

Zentrale Unterbringung, geringere Leistungen

Daneben kümmert sich die Regierung aber verstärkt um die „Registrierung der Bevölkerung“ – man findet also heraus, welche „Fälle“ sich überhaupt im Land befinden und behördliche Aufmerksamkeit verdient haben. Auch das erhöhe wiederum die Ausreisen.

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Die Ministerin bestreitet nicht, dass Schweden an dieser Stelle noch immer gewaltige Probleme hat: „Wir haben viele Menschen, die in Schweden bleiben, obwohl ihnen das Asyl verweigert wurde. Sie tauchen unter. Daher werden wir das ändern.“ 60 Prozent der Zuwanderer in Schweden wohnen bei Verwandten und seien dort für die schwedischen Behörden kaum greifbar, wie Bild die Ministerin zitiert. Künftig sollen Zuwanderer vermehrt in Aufnahmezentren untergebracht werden, und „sobald die Entscheidung gefallen ist, dass sie das Land verlassen sollen, werden sie in ein Rückkehrzentrum gebracht“.

Daneben sagte Malmer Stenergard laut Bild, dass man auch die Höhe der Sozialleistungen, die Zuwanderer erhalten können, begrenzen will. „Derzeit kann man die gleiche Summe erhalten wie bei einer niedrig bezahlten Vollzeitstelle. Das ist eine absurde Situation, die Anreize schafft, nicht zu arbeiten, sondern stattdessen von der Gesellschaft zu leben.“ Olaf Scholz sieht ja nun ein ähnliches Problem, wenn auch nur bei einem Teil der Asylbewerber, den offenen Dublin-Fällen.

Stenergard: Bildungsniveau in Afrika und Nahost niedriger

Die schwedische Migrationsbehörde schätzt, dass in diesem Jahr rund 11.000 Menschen aus der Ukraine in Schweden Schutz suchen werden (erste Jahreshälfte: 5.500), das sind 3.000 mehr als in der letzten Prognose angenommen. Gleichzeitig wurde die Prognose für die Zahl der Asylbewerber aus anderen Ländern nach unten korrigiert: „Der Trend einer sinkenden Zahl von Asylbewerbern in Schweden hält an“, sagt Annika Gottberg, Generaldirektorin der schwedischen Migrationsbehörde.

Stenergard stellt Unterschiede zwischen verschiedenen Zuwanderergruppen fest: „Wenn man sich die ukrainische Gruppe ansieht, hat sie sich relativ schnell integriert. Sie lernen Schwedisch recht schnell. Ihre Kultur ist im Allgemeinen der schwedischen Kultur ähnlicher als die von Menschen aus Afrika oder dem Nahen Osten.“ In diesen beiden Regionen sei zudem „das Bildungsniveau niedriger“ und „die Kulturen anders“, so Stenergard.

Die Einwanderung aus diesen Kulturkreisen will ihre Regierung daher, so weit es geht, beschränken. Nur so könne man die Integration in die schwedische Gesellschaft sicherstellen. „Wir müssen sicherstellen, dass diejenigen, die kommen, nicht nur physisch die Grenze des Landes überqueren, sondern auch die Grenze zur Gesellschaft überschreiten und Teil dieser werden“, sagte die Ministerin laut Bild.

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Kommentare ( 33 )

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HansKarl70
3 Monate her

Am Ende wird das Geld gewinnen. Davon bin ich fest überzeugt. Warum? Ganz einfach, Europa und im speziellen Deutschland kann sich die Vollversorgung von Millionen Unberechtigten überhaupt nicht leisten und das wird unweigerlich irgendwann zu Aufständen führen, die niemand mehr in den Griff bekommt.

Last edited 3 Monate her by HansKarl70
DeppvomDienst
3 Monate her

Für Deutschland sind das eher keine guten Nachrichten. In unserer ZNA beobachte ich immer öfters Patienten aus dem nicht- europäischen, muslimischen Ausland mit schwedischen Papieren. Als ich bei einem psychisch auffälligen Herren mal nachforschte, fand ich heraus, das er in Schweden polizeilich gesucht wurde und die Papiere eigentlich eingezogen worden seien, in Mecklenburg war er wegen Sozialbetrug und Identitätsfälschung aufgefallen und nun bei Clanmitgliedern vor Ort unter gekommen. Ich denke daher, das die wenigsten die Schweden verlassen, auch nach Hause zurück kehren.

Hueckfried69
3 Monate her

Es gibt ein paar Länder wie z.B.Schweden, Dänemark,Italien), von denen wir etwas über Migrationspolitik lernen könnten. Aber unsere rotgrüne Regierung will dies gar nicht. Zudem spitzen tausende rotgrüner RichterInnen bereits die Griffel, um der Regierung einen dicken Strich durch sämtliche Abschiebe- und Bezugskürzungsrechnungen zu machen. Allein schon deshalb wird sich mal wieder nichts ändern. Die Justiz wird wieder demonstrieren wollen, wer hier Koch und wer Kellner ist.

leonaphta
3 Monate her

Sehr geehrte Redaktion! Ich habe vor 2 Stunden einen Kommentar geschrieben, der sich mit den von der Schwedin erwähnten „anderen Kulturen“ beschäftigte, ein zentraler Punkt der Diskussion um MIgranten. Ich habe das Urteil eines Gerichts in Weimar zitiert, das es verteidigte, daß die AfD in Thüringen vom Verfassungsschutz in die Menschenwürde verletzende Ecke gestellt wurde, weil sie von „inkompatiblen Kulturen“ sprach. Genau das hat die Schwedin angesprochen. Könnten Sie daher den Kommentar bitte freischalten? leonaphta  1 Sekunde her Afrika und der Nahe Osten: In diesen beiden Regionen sei zudem „das Bildungsniveau niedriger“ und „die Kulturen anders“, so Stenergard. Der Intelligenzquotient… Mehr

DDRforever
3 Monate her
Antworten an  leonaphta

Aber genau das macht doch die BRD aus. Sie holt diejenigen zu sich die ihr ähnlich sind. Sie Einschätzung der schwedischen Ministerin zur Südsahara. Und das Wahlverhalten sowie die Folgsamkeit beim Kampf gegen rechts spricht Bände.

Legolas
3 Monate her

Mit keiner der Altparteien ist in der BRD eine ähnliche Politik überhaupt nur denkbar. Die Fraktion Rotgrün lehnt jede auch noch so marginale Änderung, die auch nur zu einer Begrenzung der Masseninvasion beitragen könnte, vehement ab. Die CDU bläst sich immer kurz vor Wahlen ganz groß auf wie im Moment mal wieder Merz. Sie will und wird aber überhaupt nichts ändern, da die Masseneinwanderung auch ihr Baby ist. Schließlich hat eine CDU-Regierung die Grenzen geöffnet und den UN-Migrationspakt und Resettlementabkommen unterzeichnet. Und die Zerstörerin Deutschlands, Merkel ist noch immer ihre größte Heldin. Wenn die Deutschen wollen, dass in 15 Jahren… Mehr

Ahnungslos
3 Monate her
Antworten an  Legolas

Ich glaube, ich muss Ihre Hoffnungen zertrümmern. Es wird von so vielen Seiten gleichzeitig dagegen gearbeitet, dieses Land zu erhalten, dass man auch bei ständiger Nachrichtenversorgung nicht mehr mitkommt. Ob es nun die Flutung mit Migranten ist, die Wirtschaftsdemontage, die Erstickung in Bürokratie, v.d.L Green Deal Visionen, der Euro, die Schulden auf nationaler und EU-Ebene, die Einflussnahme fremder Weltmächte, das Nicht-Sanieren-Wollen von Infrastruktur/Sozialversicherungssystemen/Bildungssystem und und und….. Sorry, aber Deutschland hat fertig. Leider…*schnief* Es wird in den nächsten Jahren ein Arbeitslosen- und Abgaben-Tsunami auf die Deutschen zukommen, der Elend auslösen wird. Und dann werden die selben Politiker immer noch von sozialer… Mehr

fatherted
3 Monate her

Die schwedischen Großstädte sind bereits „fallen cities“….dort hat die Polizei gar nichts mehr zu sagen….dort herrschen die Clans…..was oft nicht kolportiert wird….mit massiver Waffengewalt…unter anderem automatischen Waffen die auch auf einfache Bürger in Form eines „drive by“ gerichtet werden. Selbst wenn man versucht nun umzusteuern….Schweden hat fertig….das ist auf dem Land wohl noch nicht angekommen….aber die Städte sind gefallen…noch schlimmer als Berlin, Duisburg und Co.

Boris G
3 Monate her

Erstaunlich, was die Schwedendemokraten da innert kürztester Zeit durch die Duldung einer konservativ-liberalen Regierung erreichen konnten. Eine Blaupause für Deutschland? Wohl eher nicht.

Dirk Plotz
3 Monate her

Das ist wieder reinste Schönfärberei, praktisch unhinterfragt übernommene Regierungspropaganda der Schweden, die genau so wenig wie die deutsche Regierung müde wird, wie toll sie vorankommen, wie gut die eigene Politik wirkt, wie top die Politiker sind. Fakt ist und bleibt: Die Migrantenzahlen gehen nur runter, weil die Aufnahmeprogramme gekürzt bzw. beendet wurden. Würde das Außenministerium unter Anna Lena Baerbock (Grüne) das Einfliegen von Afghanen beenden, könnte sich die Regierung auch auf einen Rückgang der Migrantenzahlen berufen, ohne das substantiell etwas erreicht wurde. Die Migrantenkriminalität in Schweden explodiert wortwörtlich. Die Bandenkriege werden dort zunehmend mit militärischem Gerät ausgefochten, Ukraine sei dank.… Mehr

U.S.
3 Monate her
Antworten an  Dirk Plotz

Sehr gut !! Ich danke für diese Informationen über die tatsächlichen Immigrations Verhältnisse in Schweden, und in EU Europa.
Wie sieht’s in Realität aus in Polen, Osteuropa?

Moses
3 Monate her
Antworten an  Dirk Plotz

Ich möchte ein paar Wörtchen zur Verteidigung Schwedens sagen. Die Kürzung der Sozialhilfe und die strenge Verpflichtung, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, sind zweifellos einer der Gründe, warum Migranten Schweden verlassen.

Tatsächlich sinkt die Zahl der Migranten aufgrund der verschärften Bedingungen für den Erhalt von Asyl. Die deutlich rückläufige Zahl der Anfragen nach Asyl zeigt jedoch die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen.

Klausklein
3 Monate her

Übertragen auf Deutschland bedeutet es wohl: Wer in Deutschland bleiben wolle, muss die Sprache nicht lernen, braucht sich (wirtschaftlich) nicht selbst erhalten und muss „die deutschen Werte“ nicht respektieren.

Kaltverformer
3 Monate her

Mit der Nettoabwanderung wäre ich etwas vorsichtig und würde das hinterfragen.
In Deutschland flüchten die jungen, gut ausgebildeten Biodeutschen und dafür kommen eben „die Anderen“.

weihnachtsmann_frau_lein
3 Monate her
Antworten an  Kaltverformer

Wenn ich noch länger bis zur rente hätte, sprich: lange genug, um auch an einem neuen, ausländischen wohn- und arbeitsort noch eine auskömmliche existenz aufzubauen, dann wäre ich schon längst weg. So bleibt mir als alternative nur die vorbereitung der auswanderung, wenn ich in rente gehe *).
Vorzugsweise ungarn, aber offen für fast alles (tipps immer gerne – vermisse hier, wie in allen alternativen medien, eine feste rubrik, in der zielländer umfassend, mit pro & contra, vorgestellt würden).
*) es sei denn, es käme noch rechtzeitig zu einer blauen kehrtwende des irrsinns

Last edited 3 Monate her by weihnachtsmann_frau_lein