Wie Juan Carlos I die spanische Monarchie demontierte

Im Übergang zur Demokratie war er die entscheidende Figur in Spanien. Dass sein Ruhm seit Jahren demontiert wird, daran hat auch eine Deutsche schuld.

PATRICIA DE MELO MOREIRA/AFP/Getty Images

Sie ist keine echte Aristrokratin. Die blonde Dame mit den sehr vollen Lippen, Corinna zu Sayn Wittgenstein, ist eigentlich auch keine 100prozentige Deutsche. Die Wahlspanierin ist dänisch-ungarischer Abstammung. Für die 54jährige ging es gesellschaftlich steil bergauf, seitdem sie in zweiter Ehe einen deutschen Aristokraten heiratete. Sie erlangte dadurch nicht nur den Titel der Prinzessin, sondern nach der Scheidung 2005 auch den Zugang zu dem inzwischen 80jährigen Juan Carlos I. Es trafen viele Interessen aufeinander. Er präsentierte ihr wichtige Persönlichkeiten, vor allem aus der arabischen Welt. Man machte Geschäfte in Saudi Arabien, Marokko und auch in Spanien. Der spanische Hochgeschwindigkeitszug nach Mekka gehörte dazu. Die Kommissionen für die royale Vermittlung landeten auf Schweizer Nummernkonten, glaubt man Medienberichten in Spanien und Corinna.

Die Zeitung El Español (Der Spanier) veröffentlichte jetzt erstmals polizeiliche Audio-Aufzeichnungen aus dem Jahr 2015 auf ihrer Webseite, in denen die Deutsche beteuert, dass sie Juan Carlos I immer gewarnt habe, dass diese Provisionszahlungen illlegal gewesen seien. „Ich wurde benutzt“, klagt sie an. Die Konten liefen demnach auf ihren Namen und der 2015 abgedankte König wolle nun das Geld zurück haben, sagt die Prinzessin. Sie fühle sich bedroht. Verständlich, denn nach seiner Abdankung ist Juan Carlos I Schutz vor der Justiz nicht mehr derselbe. Diese Konten müssten also schleunigst verschwinden, denn er kann für Straftaten seitdem vor dem Obersten Gerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden. Aufgenommen hat diese Aussagen von Corinna der derzeit wegen seiner zweifelhaften Praktiken in Untersuchungshaft sitzende Ex-Polizei-Kommissar José Manuel Villarejo. Corinnas erster Mann, der Unternehmer Philip Adkins, warnt die Spanier jedoch vor seiner Ex-Frau: „Sie lügt“, sagt er in der Zeitschrift Vanity Fair. Juan Carlos I bezeichnet er dort als „groβen Freund“, Corinna als Narzisstin. Das sieht nach internationaler Telenovela aus, wie sie besser nicht geschrieben werden kann.

Ein Mann aus dem Volk

Die Veröffentlichung der Aufnahmen sollen Juan Carlos in eine Angstattacke versetzt haben, wie die dem Königshaus nahe stehende Journalistin Pilar Eyre berichtet. Das ganze wurde aufgeheizt durch einen französischen Dokumentarfilm, den das baskische Fernsehen gerade nochmal ausstrahlte: „Der Niedergang eines Königs“ (https://www.youtube.com/watch?v=nul82teXNS8). In dem 2013 poduzierten Streifen, der sonst in Spanien bisher nicht zu sehen war, kommt der 80jährige Juan Carlos I nicht gut weg. Er bestätigt, was Corinna behauptet. „Sein Abkassieren bei Geschäften spanischer Firmen im Ausland, die durch ihn eingeleitet wurden, ist hier in Spanien schon immer bekannt gewesen,“ sagt der in Madrid lebende Intellektuelle José Miguel Monzón Navarro. Das Volk habe weggeschaut, wie bei vielen anderen Dingen: „Letzendlich ist er wie viele Politiker in diesem Land. Es hat sich als Kultur eingespielt, solche Zahlungen anzunehmen“. Schon während der Franco-Diktatur habe es zum guten Stil gehört, Beziehungen zu den Behörden und Politikern auszunutzen und Honorare für getätigte Gefälligkeiten zu zahlen oder einzustreichen.

Spanier wollen keine Korruption mehr

Aber seit dem Zusammenbruch des spanischen Finanzsystems durch Korruption und den katastrophalen Folgen, sieht alles anders aus. Seit 2012 wollen die Spanier nicht mehr tolerieren, dass Vetternwirtschaft an der Tagesordnung ist. Seitdem spielt sich vor ihren Augen auch die Demontage der Monarchie ab, die Teil einer systematischen Korruption ist. „Sie reicht vom Königspalast bis in die Unis und in die Justiz“, klagt der Universitätsprofessor Jose Penalva an, der darüber schon viel geschrieben hat.

Über die blonde Corinna amüsierte sich die spanische Presse lange, aber dann flog immer mehr Dreck aufs Königshaus. Juan Carlos Töchter Elena und Cristina könnten auf den vielen Titelbildern nicht trauriger aussehen. Der eine Schwiegersohn soll zuviel gekokst haben, der andere hat in die falschen Kassen gegriffen und wurde jetzt dafür verurteilt. Immer wieder wurde spekuliert, dass Juan Carlos der eigentliche Drahtzieher bei der Veruntreuung und dem Waschen von Geldern der auf Mallorca ansässigen Stiftung Nóos war. Sein Schwiegersohn Iñaki Urdangarin soll wie Corinna, nur Mittel zum Zweck gewesen sin.

Die Monarchie als Auslaufmodell

Die von Natur aus ernst blickende Königin Sofía macht dennoch gute Miene zum sehr bösen Spiel. Die Griechin ist eine Monarchin mit bester Erziehung und ist Kummer gewohnt. Sie musste Corinna viele Jahre in diesem Possenspiel an ihrer Seite ertragen. Denn das Vertrauen des Königs in die Deutsche ging so weit, dass sie am Ende direkt neben dem Palast bei Madrid lebte. Der Skandal um die Aussagen gegen Juan Carlos I hat inzwischen solche Ausmaβe angenommen, dass jetzt der Geheimdienstchef vor einem parlamentarischen Ausschuss darüber sprechen soll. Dieses Treffen zwischen Félix Sanz Roldán und den Vertretern der verschiedenen Parteien wird noch vor der Sommerpause stattfinden. Die extrem linken Parteien in Spanien sehen jetzt endlich die Chance, ihre Republik zurückzuerobern: „Wir hoffen, dass sich die neue Regierung dieser korrupten Monarchie annimmt, ihr den Prozess macht“, sagt der Vorsitzende von Izquierda Unida Alberto Garzón.

Der separatistische katalanische Regierungschef Quim Torra will sich bei offiziellen Veranstaltungen noch nicht einmal neben den aktuellen König Felipe VI setzen, sei es ihm die Hand geben. Ob angesichts eines solchen Szenario seine 12jährige Tochter Leonor, die derzeit auf die Thronfolge vorbereitet wird, diese jemals antreten wird, bleibt fraglich.

Das öffentliche Meinungsforschungsinstitut CIS will das Thema Monarchie nicht anpacken. Aber eine Umfrage von Ipsos Global ergab, dass das spanische Königshaus von allen in der Welt, das am wenigsten geliebte ist. Demnach sind 52 Prozent der Spanier dafür, dass ein Referendum abgehalten wird über den Fortbestand der Monarchie.

Die Aussagen Corinnas, die den abgedankten und von einem Hüftschaden gezeichneten König endgültig zu Fall bringen könnten.

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Kommentare ( 19 )

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Peter Gramm
6 Jahre her

wer sich einen derartigen Blödsinn wie ein Königshaus heute noch finanziert hat doch wohl keine anderen Probleme mehr. Völlig anachronistisch und von vorvorgestern. Wenn man den ganzen Tag nicht arbeiten muß kommt man halt auf blöde Ideen. Man legt einen Brotwolf nach dem anderen auf Kiel und läßt dann die ganze Sippe vom Steuerzahler durchfüttern. Ein paar mal im Jahr tritt man dann in Faschingskotümen vors Volk und macht Winkewinke. Wir groß sind eigentlich die Targetsalden mit Spanien? Irgendwie kann ich schon verstehen dass sich die Katalanen von diesem Haufen loslösen wollten. Zum Bespassen fährt man dann ins Ausland und… Mehr

Henni
6 Jahre her

Muss man da noch lange nachdenken? Alle profitieren und profitierten von seinem Geld, selbst Sophia und Filipe. Schäbige Charakterzüge bleiben schäbig, ob mit Titel oder ohne. Filipe ist zu allem Unglück für die Monarchiliebhaber, auch noch so was von fad, langweilig, blaß, leer, mir fällt nichts weiter ein. Er ist sicher kein schlechter Mensch, schon mal gar nicht wie sein Vater, aber äh. Ein Referendum hierzu wäre sicher der Untergang. Viva la Spania e il Re.

Mozartin
6 Jahre her

Dieser Artikel fällt wirklich in politische Berichterstattung und nicht ins Boulevard, obwohl ich da auch gerne stöbere. Früher wäre es keine Frage für mich gewesen, den Spaniern den Abschied von der Monarchie nahezulegen, aber seither gab es mindestens das Verschwinden der Democrazia Chistiana (DC), das ich als Unvermögen des Christentums sehe, noch politische Herrschaft zu stabilisieren und ich glaube kein europäisches Land zeigt irgendene Vorliebe zu Gottesstaaten. Dann bleibt in manchen Ländern nun mal nur die konstitutionelle Monarchie. Sie darf nicht zuviel kosten, muss ihre repräsentativen Pflichten erfüllen und sollte eine Art Vorbild sein. Juan Carlos war das sicherlich, als… Mehr

Armin Reichert
6 Jahre her

Also ich muss hier jetzt doch mal eine Lanze für die Corinna brechen. Die Corinna ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, liebevolle Mutter und will sich zukünftig noch mehr wohltätigen Zwecken widmen. Und in ihrer Wohnung duftet es nach frischen Blumen und man sieht sie auf Fotos mit so tollen Menschen wie Bill Clinton, sie ist übrigens langjähriges Mitglied der wohltätigen „Clinton Global Initiative“. Und ihre „Geschäfte“ werden mit absoluter Diskretion abgewickelt, weltweit, in allen Branchen. Eine tolle Frau und Mutter, die leider noch nicht den richtigen Mann an ihrer Seite finden konnte, kein Wunder, wenn man 16 Stunden am Tag für… Mehr

Mozartin
6 Jahre her
Antworten an  Armin Reichert

Danke für die Querverweise.
Die Prinzessin sieht aber sehr viel besser aus als Bill Clinton.
Da würde ich den Spaniern zurufen wollen, dass ihre Monarchie dann vielleicht doch auf mehr zurückblicken kann als ein Bill Clinton.
Greifen eigentlch nur Männer so bei Frauen „daneben“?
Wohl nicht, wenn die Prinzessin in der Stiftung ist.
Bill Clinton besuchte zumindest auch „privat“ Frau Merkel?

Sonny
6 Jahre her

Der moralisch erhobene Zeigefinger aus Deutschland ist ziemlich unpassend. Naiv zu glauben, hier in Deutschland wäre es viel besser. Wir haben zwar keine Monarchie (mehr), aber das „Eine Hand wäscht die andere“ funktioniert hier wie auch anderswo auf der Welt nach wie vor hervorragend.
Der einzige Unterschied – Juan war wohl etwas einfach gestrickt und nicht intelligent genug, seine zahlreichen Verfehlungen geschickt zu verstecken und zu verschleiern.
Oberstes Gebot – vertraue niemandem.

gast
6 Jahre her

Die Monarchien in Europa sind ja praktisch überholt und ohne Einfluss. Sie können nur weiterleben, wenn das jeweilige Volk sie verehrt und für bedeutsam erachtet. In England z. B. wird das wohl immer so sein. Vor vielen Jahren kaufte ich im Campingurlaub in Frankreich mit dem Frühstück eine Bildzeitung, auf deren Titelseite ein Bild von Lady Di war und dann ca. 2 Seiten Text. Ein Engländerin aus dem Nachbarzelt, die mich vorher und hinterher keines Blickes gewürdigt hat, fragte mich, ob ich ihr (mit meinem Schulenglisch) den Text übersetzen könnte. Die Sache war ihr so ernst, dass ich mir alle… Mehr

Mozartin
6 Jahre her
Antworten an  gast

Es ist die lebendige Erinnerung an nicht wenig „gloriose“ Geschichte.
Britains will never be slaves, auch nicht von Frau Merkel.
„und die kann dann auch mal anders heissen“?
Darüber, solange sie sich in diesen Traditionen bewegen oder neue Legitimitäten aufbauen können, siehe Diana, haben Königshäuser sehr viel Einfluss.
Aber ein „Volk von Dienern am Weltwohl“ werden die Briten nun mal nicht.

Oswaldo
6 Jahre her

Eigentlich liegen Juan Carlos‘ Missetaten weniger im Bereich der Großwildjagd, so widerlich diese diese ist, sondern sind sehr wesentlich politisch. Er hat dem Linksliberalismus Tür und Tor geöffnet. Keine zehn Jahre nach Francos Tod stand nicht wie geplant ein konservativ-dynastischer Regent an der Spitze eines konservativen Landes, nein, der Rotsozialist Gonzalez war Ministerpräsident und bereitete die Ökonomisierung aller Lebensbereiche vor. Juan Carlos hat aus einem Land, in dem alles Wirklichkeit war, woran Viktor Orban noch werkelt, ohne Not ein Land gemacht, das im gleichen Irrlicht steht wie weite Teile Europas und darin liegen seine Schuld und sein Versagen.

Luisa Nemeth
6 Jahre her
Antworten an  Oswaldo

Zustimmung. Das sind seine „Verdienste“, die sich offenbar „vererben“. Leider.

Babylon
6 Jahre her

Monarchien können heute nur überleben wenn sie Stil und Format haben und am besten „gar nichts tun“ wie der japanische Tenno , dessen alleinige Aufgabe es ist, den Staat als solchen zu verkörpern
in transzendentem Sinn, also als Idee.

Alles andere ist grober Unsinn und damit überflüssig.

Luisa Nemeth
6 Jahre her
Antworten an  Babylon

Und wenn man den Reiseführern glauben kann, arbeiten – gerade die unteren Gesellschaftsschichten – gerne für ihren Tenno.

Der nachdenkliche Paul
6 Jahre her

„Merkel schon“???

Habe ich da richtig gelesen. Soll ich das als Satire verstehen, dann ist es schlechte Satire. Ist es ernst von Ihnen gemeint, dann liegen Sie aber völlig neben der Spur.
Wenn schon „Raffke-Mentalität“, dann geht es Merkel nur darum, uns das Geld abzunehmen und weltweit zu verteilen.
Die wirkliche Raffgier ist ihre politische Raffgier, wovon diese Frau offensichtlich nicht genug kriegen kann.

Flavius Rex
6 Jahre her

Der jahrhundertelange Niedergang Spaniens geht sowieso mit der Machtergreifung der Bourbonen einher. Wird Zeit, dass man diese feine Dynastie verjagt.