Der Wunsch Putins, die russischen Gaslieferungen von westlichen Käufern nicht mehr in Euro oder Dollar, sondern in Rubel begleichen zu lassen, hat weniger mit den Käufern zu tun, als vielmehr mit den Empfängern, den sogenannten Oligarchen.
Manchmal ist man bass erstaunt, mit welcher Unbekümmertheit und Arroganz manche Entscheidungen des russischen Diktators Wladimir Putin von der Vielzahl sogenannter Experten in den hiesigen TV-Studios beurteilt werden. Als säße da im Kreml ein Mann, der einzig darüber nachdenken würde, wie er dem Westen ein Schnippchen schlagen könne. Ein solches Beispiel ist die Bewertung der Forderung Moskaus, seine Rohstofflieferungen in den Westen in Rubel, anstatt wie bisher in den Hart-Währungen wie Dollar und Euro, zu bezahlen. Damit, so tönte es von den “Neunmalklugen”, wolle der Kreml seine Handelspartner vorführen, indem er sie zwinge, die West-Valuta bei der Russischen Zentralbank in Rubel zu tauschen. In diesem Fall unterliefen die westlichen Abnehmer das von ihnen selbst verhängte Embargo, zu dem auch das Verbot von Geschäften mit der Russischen Zentralbank gehört. Gleichsam solle mit diesem Manöver der sich im freien Fall befindliche Rubel stabilisiert werden.
Diese Logik ist genauso abenteuerlich, wie sich “Max und Moritz” das Geschehen in einer freien Marktwirtschaft vorstellen. Zum einen kann Putin jederzeit selbst die eingenommenen Devisen in Rubel transferieren! Was er übrigens mit dem größten Teil des Geldes (im Jahr annähernd 400 Milliarden Dollar) auch macht. Bekanntlich ist die im Inneren Russlands geltende Währung der Rubel. Auf seiner Basis funktioniert der innerrussische Geldverkehr in fast allen Bereichen. Vom jährlichen Ertrag verbleiben nach Erkenntnissen westlicher Wirtschaftsinstitute und Geheimdienste lediglich 20 Prozent in der Herkunftswährung.
Und genau da liegt für Putin in Wahrheit der “Hase im Pfeffer”. Diese vertraglich vereinbarte Prozedur will die “Nummer 1”, wie seine Umgebung Putin nennt, abstellen. Betroffen davon wären vor allem die rund zwanzig mächtigsten Oligarchen im Reich des neuen Zaren. Vielleicht erinnern sich noch manche an die Fernsehbilder eines Zusammentreffens des damals neuen Präsidenten Wladimir Putin mit den mächtigsten und reichsten Magnaten des Landes im Frühjahr 2000. Mit am Tisch saß das absolute Schwergewicht dieser Klasse, der Multi-Milliardär Boris Beresovski, der nur wenig “leichtere” Chodorkowski und andere, so wie auch der nicht minder mächtige Deripaska.
Unmissverständlich machte Putin klar, dass er der “Herr im Hause Russland” ist und von seinen Gästen absolute Loyalität verlange. Insbesondere sollten sich die Herren von jeder Form der Einmischung oder Beeinflussung politischer Prozesse fernhalten. Wer sich nicht daran halte, so die klare Botschaft, habe mit Konsequenzen zu rechnen. An diese Art des Umgangs gewohnt, erhob sich kein Widerspruch. Dann nahm sich der “Chef” einzelne Oligarchen persönlich vor. Besonders demütigte er Deripaska. In einer von dessen Fabriken hatte sich infolge von Schlamperei ein schrecklicher Unfall mit schlimmen Folgen für Menschen und Umwelt ereignet. Putin befahl den Unternehmer zu sich an die Spitze des Tisches und ließ sich von ihm eine Verpflichtung unterschreiben, nach der er für die Folgen des Desasters in jeder Hinsicht hafte und dafür eine Milliardensumme Entschädigung in Dollar leiste.
Deripaska war so eingeschüchtert, dass er im Laufschritt nach vorn eilte und unterschrieb. Danach vergaß er vor Aufregung, Putin dessen Montblanc-Kugelschreiber zurückzugeben. Auf dem halben Weg zurück schallte dem Vorgeführten der Ruf Putins nach: ”Halt, sie haben etwas vergessen – meinen Stift.” In gebückter Haltung bewegte sich der Superreiche zurück und legte mit einer entschuldigenden Geste das edle Stück vor dem Besitzer ab. Jeder im Raum hatte diese Zwischeneinlage als klare Warnung an alle verstanden!
Kreml kündigt jahrzehntelangen Deal auf
Aber Putin wäre nicht Putin, wenn er nicht auch einen Deal mitgebracht hätte, der da kurz und knapp lautete: ”Ihr haltet euch aus meinen Dingen raus, und ich halte mich aus euren heraus.” Da aber bei Treffen in solchen Kreisen immer auch die Devise: ”Nur Bares ist Wahres” gilt, machte der Kremlherr auch gleich noch die Schatztruhe auf. Ein Fünftel der Erlöse aus den Rohstoffexporten könnte die ”feine Gesellschaft” unter sich aufteilen. Gar nicht erwähnt werden musste, dass die Betreffenden keinerlei Befürchtungen vor Polizei und Justiz bei der Abwicklung ihrer Geschäfte haben müssten. Sie genossen quasi eine vom Zaren verbriefte Immunität.
Nur zwei der Mitspieler hielten sich nicht an die Regeln. Der eine war Boris Beresovski, zu dem Putin zuvor eine enge Beziehung aufgebaut hatte. So finanzierte dieser gewaltige Medienguru PR-Kampagnen, um die Popularität des Jelzin-Nachfolgers in bis dahin nicht gekannte Höhen zu treiben. Den ersten Fehler machte B., als er in der Moskauer neureichen Schickeria mit seinen guten Kontakten zu “meinem Freund Wladimir” prahlte. Nichts verachtet Putin mehr als Geschwätzigkeit. Schnell kühlte sich das Verhältnis ab. Der Ausgestoßene wollte dies nicht hinnehmen und begann öffentlich, Putins Politik zu kritisieren. Mehr noch – er gründete oppositionelle Organisationen und unterstützte kremlkritische Parteien. Schließlich kam es so, wie es immer kommt! Er wurde außer Landes getrieben und gründete in New York das Emigranten-Center “Freedom House”. Gleichzeitig finanzierte er Anti-Putin-Kampagnen in allen Gattungen der Medien. Sechs Mordanschläge des russischen Geheimdienstes schlugen fehl. Mittlerweile galt B. als der bestgeschützte Mann der Welt. Am Ende doch alles vergeblich!
Man fand den Mann aufgehangen in seinem Londoner Penthouse. Es sollte wie Selbstmord aussehen, aber die Experten des britischen Geheimdienstes fanden heraus, dass die Verknotung des Strickes nicht vom Toten selbst gefertigt sein konnte, sondern von Dritten – möglicherweise sogar erst nach dem Tode – “fabriziert” worden sei. Abschließend konnte der Tathergang aber nicht ermittelt werden.
Ein weiterer, der aus der Reihe tanzte, war der Öl-Tycon Michail Chodorowski. Auch er gründete eine Anti-Putin-Partei. Als die Verstaatlichung seiner Ölfirmen drohte, versuchte er, diese in letzter Minute an US-Unternehmen zu verkaufen. Doch wieder war Putin schneller. Chodorowski wurde verhaftet und verbrachte viele Jahre unter verschärften Bedingungen in den Straflagern Sibiriens. Schließlich wurde er in den Westen entlassen und zum Schweigen verpflichtet. Doch der Mut verließ ihn nicht. Erst in dieser Woche warnte er den Westen vor weiteren Aggressionen und Angriffskriegen Russlands: ”die Ukraine ist erst der Anfang.”
Nur wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verfassten siebzehn Oligarchen einen offenen Brief an Putin, indem sie die kriegerischen Handlungen scharf verurteilten und die sofortige Beendigung forderten. Der Kreml reagierte unmittelbar. Alle siebzehn wurden zu Putin einbestellt. Wladimir Putin eröffnete ihnen kurz und bündig, dass sie sich nicht an die Vereinbarung von 2000 gehalten hätten. Damit sei der gesamte Deal in Frage gestellt. Sollte sich so etwas wiederholen, müssten sie harte Konsequenzen tragen. Was Putin nicht sagte, war, dass er die Strafe schon beschlossen hatte.
Rubel Poker über Exporterlöse nur Nebenschauplatz
Der vereinbarte Anteil aus den Exporterlösen könnte, im Falle der Bezahlung in Rubel auch nur in der heimischen Währung in Moskau überwiesen werden. Dies alles natürlich nur unter strikter Kontrolle der Geldflüsse und deren Verwendung. Die Verärgerung des Westens war für ihn nur ein Nebeneffekt. Es leuchtet ein, dass dieses Manöver die Oligarchen schmerzhaft trifft. Das wenigste, was sie gebrauchen können, sind russische Rubel! Keine Bank der Welt, außer der Russischen Staatsbank würden diese in Dollar umtauschen. Sie waren es gewohnt, das “Putinsche Schweigegeld” nach Belieben rund um die Welt zirkulieren zu lassen und nicht zuletzt damit ihren luxuriösen Lebensstil, inklusive stattlicher Immobilien, prächtiger Luxusjachten und Privatflugzeugen, zu finanzieren. Hinzu kommt, dass größere Teile dieser Schätze mittlerweile bis auf Weiteres von den westlichen Staaten konfisziert worden waren, wie auch die Konten der Verfügung entzogen sind.
Bitteren Humor verriet übrigens Londons Oberbürgermeister, indem er in dem beschlagnahmten Palast des Oligarchen und noch “FC Chelsea Besitzers”, Roman Abramowitsch, Obdachlose einquartierte. Der Oligarch selbst hatte den Einmarsch in die Ukraine verurteilt und angekündigt, den Erlös aus dem Verkauf seines britischen Fußballclubs komplett für ukrainische Flüchtlinge zu spenden.
Man darf gespannt sein, wie der Kampf zwischen dem Mächtigsten und den reichsten Russen weitergeht, wobei eines schon jetzt klar ist, er wird mit harten Bandagen geführt.
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„Bitteren Humor verriet übrigens Londons Oberbürgermeister, indem er in dem beschlagnahmten Palast des Oligarchen und noch “FC Chelsea Besitzers”, Roman Abramowitsch, Obdachlose einquartierte. Der Oligarch selbst hatte den Einmarsch in die Ukraine verurteilt und angekündigt, den Erlös aus dem Verkauf seines britischen Fußballclubs komplett für ukrainische Flüchtlinge zu spenden.“
Es regiert heute im ach so rechtsstaatlichen Westen, hier in London, offenbar nur noch die Willkür. Wer definiert denn, wer oder was ein „Oligarch“ ist, und welcher Rechtsgrundlage beruhen diese Beschlagnahmungen und Enteignungen? Kann mir das mal einer beantworten?
„Diese vertraglich vereinbarte Prozedur will die “Nummer 1”, wie seine Umgebung Putin nennt, abstellen. Betroffen davon wären vor allem die rund zwanzig mächtigsten Oligarchen im Reich des neuen Zaren.“ Kann Herr Gafron eigentlich mal eine Definition von „Oligarch“ bringen? Die Einstufung als solcher liefert ja heute im ach so rechtsstaatlichen Westen anscheinend die Rechtfertigung für so ziemlich jede Enteignung oder zumindest Beschlagnahme von Vermögenswerten. Regiert hier inzwischen die blanke Willkür? „Vielleicht erinnern sich noch manche an die Fernsehbilder eines Zusammentreffens des damals neuen Präsidenten Wladimir Putin mit den mächtigsten und reichsten Magnaten des Landes im Frühjahr 2000. Mit am Tisch… Mehr
kann hier jemand das Problem mit der „Gasrechnung“ für Doove erläutern….die Kunden haben vorher in Euro an Bank A überwiesen, nun sollen sie in Euro an Bank B überweisen, seit wann bestimmt mein Kunde auf welcher Bank ich mein Konto haben muß, das bestimmt immer der Zahlungsempfänger und wird auch nicht vertraglich geregelt, bzw. kann jederzeit geändert werden.. Die Oligarchengeschichte ist eine nette Abrundung, Fakt scheint doch aber wohl zu sein, daß die Bank A gepfändet also die Zahlungen „eingefroren“, Rußland also keinen müden Cent, Kopeke oder was auch immer für sein Geld erhält ? Oder nicht? Die ganze Diskussion… Mehr
Durch die Entrichtung des Kaufpreises würde der Rubel natürlich wieder aufgewertet werden, das ist klar.
Ich wünschte, der Euro könnte auch wieder aufgewertet werden.
Tatsache ist jedenfalls, dass wir seit mit dem Atomausstieg und dem Verzicht auf einheimische Braunkohle immer mehr Gas und Öl von Putin gekauft und damit seine Kriegsvorbereitungen mitfinanziert haben.
Das sollte man mal die FFF-Kids („Frieren für Frieden“) mal verklickern.
Ist mir nicht ganz klar. Putin könnte sich doch auch einfach das benötigte Geld drucken lassen, so wie das hier bei uns schon Gang und Gebe ist. Stichwort: Monetarisierung der Staatsschulden / Keynesiasismus. Der Spontispruch der Grünen „Wozu brauchen wir Kraftwerke, der Strom kommt doch aus der Steckdose“ ist erweitert worden um „Wozu brauchen wir eine Wirtschaft, daß Geld kommt doch von der Bank“.
Die Motivation Putins bzw. der Chefin der russ. Zentralbank ist finanztechnischer Natur. Die Zentralbank etabliert einen Eigenhandel mit Rubel vs. Euro, um den Rubel zu stützen. Die Oligarchen spielen dabei keine Rolle.
Unser Erfolgsrezept mit relativ billiger Energie für die Industrie und einem wachsenden Heer von Billiglöhnern bricht jetzt in sich zusammen.Putin hat uns noch einmal eine Schwämme an Neubürgern in unser Land gespült welche leider unser Sozialsystem noch mehr belasten. Hinzu kommt der Wandel in der Industrie wo immer weniger Menschen benötigt werden für die Wertschöpfung. Aber die Grünen setzen ja auf einen Bauernstaat vergangener Zeiten.
So wie es ausschaut ist das Target2 Modell auch anderswo gern gesehen: The much-vaunted Russia-India RUB-INR tradeflaunted as the previous catalyst for “the end of the dollar!” is, according to the Indian press, looking far more mundane. The Business Standard reports India and Russia may keep RUB out of the proposed INR-RUB trade, given its high post-sanctions volatility: payments for the rising level of commodity trade that is indeed happening are likely to be settled in INR *pegged to the dollar*, and deposited in an Indian bank account. Under the proposed trade mechanism, when India imports goods from Russia, INR… Mehr
etwas zur Golddeckung des Rubels:
https://tomluongo.me/2022/03/28/got-gold-rubles-russia-just-broke-the-back-of-the-west/
Dazu kommt die forcierte Blockbildung Russland-China-Indien.
Die drei bilden gerade einen massiven Wirtschaftsblock gegen die USA.
Ich glaube, dass wir uns ein Problem schönreden, wenn wir in der Forderung von Rubelzahlungen eine Disziplinierungsmaßnahme für Oligarchen sehen. Es gibt derzeit durch die Sanktionen faktisch ein Exportverbot nach Russland. Russland braucht aber westliche Technik für seine Wirtschaft und westliche Konsumgüter, um das Volk bei Laune zu halten. Die Einnahmen in EURO/Dollar stehen Russland aufgrund der Sanktionen bei West-Importen derzeit nicht zur Verfügung. Aber die russische Zentralbank könnte sie ja jederzeit für den innerrussischen Zahlungsverkehr in Rubel tauschen. Warum will Putin dann, dass wir Öl und Gas in Rubel bezahlen? Weil der Westen aufgrund der Exportverbote nach Russland derzeit… Mehr
Diese vielen Luxusjachten und Paläste werden bestimmt an jemanden verhökert und zu Geld gemacht, der dieses mit ehrlicher, sozial gerechter Arbeit in einem demokratischen Staat mit supi-dupi moralischen Werten verdient hat, nicht wahr?