In Venezuela kann man beobachten, wie eine sozialistische Regierung ein reiches Ölland ruiniert. Hunger, Hyperinflation und Gewalt verängstigen die Bürger. Bis vor Kurzem fanden viele Linke das Land noch toll. Im April sind Präsidentschaftswahlen, aber das Ergebnis steht wohl jetzt schon fest.
Viele Jahre ging es bergab, dann stand Venezuela einige Zeit am Rande des Abgrunds, und nun ist das Land mit den größten Erdölreserven der Welt im freien Fall in diesen Abgrund. Eine schwere Rezession stürzt Venezuela in die Armut, die Staatskassen sind leer, es herrscht eine galoppierende Inflation.
Die Folgen für die Bevölkerung sind verheerend. Die Preissteigerungsrate hat nach Angaben des faktisch abgesetzten Parlaments 2.600 Prozent erreicht, einige Ökonomen halten einen Anstieg bis auf 30.000 Prozent in diesem Jahr für möglich.
Wegen der rapiden Geldentwertung ist die Kaufkraft des staatlichen Mindestlohns auf unter drei Euro (nach dem inoffiziellen Wechselkurs) gesackt. Davon kann man bloß noch ein Ei am Tag kaufen. Nur wer Devisen hat, kann auf dem Schwarzmarkt noch einkaufen; in den offziellen Supermärkten mit den regulierten Preisen sind die meisten Regale leer.
Die sozialistische Regierung von Präsident Nicolás Maduro schiebt die
katastrophalen Zustände auf einen ominösen „Wirtschaftskrieg“, den die angeblich faschistische konservative Opposition mithilfe des Auslands gegen das Regime führe. In Wahrheit haben die Sozialisten das Land 19 Jahre nach ihrer Machtübernahme restlos ruiniert.
1999, als Hugo Chávez an die Regierung kam, war Venezuela das zweittreichste Land in Lateinamerika. Inzwischen ist es auf einen der letzten Plätze in Lateinamerika gefallen. Seit 2013 ist die Wirtschaft um etwa 40 Prozent geschrumpft. Die Misere wird flankiert von einer ausgeprägten Repression der Opposition, der faktischen Ausschaltung der Demokratie und der grassierenden Gewaltkriminalität. Alles zusammen ein tödlicher Cocktail für das einst wohlhabende Karibikland.
Ende 1998 war Hugo Chávez, ein ehemaliger Fallschirmjägeroffizier, in demokratischen Wahlen an die Macht gelangt. Sein sozialistisches Programm hatte viele Fantasien geweckt – sowohl bei der venezolanischen Unterschicht, der er Sozialprogramme versprach, als auch bei den Linken weltweit, die eine Chance auf ein Revival nach dem Scheitern des Ostblock-Sozialismus 1989 erhofften. Vom „Sozialismus im 21. Jahrhundert“ träumten sie.
Ölboom deckte politische Fehler zu
Die ersten Jahre schien es gut zu gehen; Chávez schwamm auf der Woge des Ölbooms. Als er an die Macht kam, kostete ein Barrel Rohöl nur zehn Dollar, als er im März 2013 an Krebs starb, stand der Ölpreis bei mehr als dem Zehnfachen. Mit den Gewinnen des staatlichen Ölkonzerns PDVSA, der rund 95 Prozent des Staatshaushalts füllte, ließen sich Sozialprogramme, neue Krankenhäuser, Wohnblocks für die Unterschicht, TV-Geräte und Kühlschränke (meist rechtzeitig vor Wahlen) finanzieren.
Doch das war keine nachhaltige Politik. Das Geld floss in Konsum und Sozialprogramme, Investitionen wurden vernachlässigt.
Zugleich verschreckte das sozialistische Regime private Unternehmer. Tausende Betriebe wurden verstaatlicht, die verbliebene private Wirtschaft mit einem dichten Netz an Regulierung und Kontrollen überzogen. Das Militär übt inzwischen (wie in Kuba) in fast allen Bereichen die Wirtschaftsaufsicht aus. Eine wuchernde Bürokratie mit tausenden Neueinstellungen treuer Parteigänger kostete viel Geld. Der für die Staatskasse gemolkene Ölkonzern PDVSA wurde mit sozialistischen Parteikadern besetzt, erfahrene Manager und Techniker wurden vertrieben.
Auch die Regierung blähte sich auf – zeitweise gab es mehr als 30 Minister und 107 stellvertretende Minister, darunter sogar einen, der für das „oberste Glück des Volkes“ zuständig sein sollte. Tatsächlich blühten vor allem die Korruption und Selbstbereicherung der sozialistischen Elite. Zwei ehemalige Chávez-Minister schätzten später, dass rund 300 Milliarden Dollar aus dem Ölgeschäft in den Taschen korrupter Politiker, Bürokraten und Generale versickert seien.
Vor etwa fünf Jahren kippte das Land. Denn einerseits begann der Ölpreis stark zu fallen. Anderseits zeigten sich nun die Folgen der Misswirtschaft. Die Ölproduktion ist mangels Investitionen inzwischen auf den niedrigsten Stand seit 30 Jahren gefallen und kommt nur noch auf die Hälfte des Niveaus zu Chávez’ Amtsantritt. Im Ölland Venezuela wird wegen maroder Raffinerien das Benzin knapp, das bislang beinahe verschenkt wurde.
Die unsicherste Stadt der Welt
Derweil machen bewaffnete Banden die Straßen unsicher. Caracas ist die unsicherste Stadt der Welt. Im vergangenen Jahr gab es insgesamt 26.616 Morde in Venezuela – es ist damit das zweitgewalttätigste Land der Erde nach El Salvador. Zur Mordwelle tragen nicht nur Gangs und Drogenbanden, sondern auch die sozialistischen Colectivos bei – Gruppen zur „Verteidigung der Revolution“, die schon Chávez bewaffnen ließ und deren Grenzen zum organisierten Verbrechen oft fließend sind.
Die Proteste im April und Mai 2017 richteten sich gegen die faktische Entmachtung des Parlaments. Bei den letzten (halb) freien Wahlen im Jahr zuvor hatte die Opposition immerhin eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen errungen. Beim offensichtlich gefälschten Referendum im Sommer 2017 für eine Verfassungsversammlung „triumphierte“ Maduro, das neue Pseudoparlament ist mit sozialistischen Kadern besetzt. Nun operiert er faktisch wie ein Diktator.
Zuletzt versuchte das Regime, die leeren Staatskassen durch einen Trick neu zu füllen: mit einer staatlichen Digitalwährung namens El Petro, die angeblich mit Erdöl unterlegt sein soll. Es ist der letzte verzweifelte Versuch des Regimes, sich angesichts der leeren Kassen noch einmal etwas Geld zu beschaffen. Im April finden Präsidentschaftswahlen statt. Höchstwahrscheinlich wird Maduro sie für sich entscheiden, denn an eine freie und faire Wahl glaubt niemand mehr. Maduro stützt sich auf das Militär, das von kubanischen Beratern durchsetzt ist. Sein Land verarmt in rasendem Tempo. Wieder einmal scheitert ein Sozialismusexperiment unter großen menschlichen Opfern.
Marcela Vélez hat anderthalb Jahrzehnte als Redakteurin für lateinamerikanische Zeitungen und einen TV-Sender gearbeitet, seit sechs Jahren lebt und arbeitet sie in Frankfurt als Korrespondentin und Autorin, Schwerpunkte Wirtschaft und Politik.
Der Beitrag „Sozialismus im freien Fall“ ist in Heft 04/2018 von Tichys Einblick Magazin erschienen >>
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Zehn Jahre Herrschaft des Sozialismus in der Sahara, und es wird dort der Sand knapp.
Nicht nur der Ölboom finanzierte die Blase – Chavez liess zudem das Gold aus dem Staatsschatz „repatriieren“.
Das Problem des Sozialismus ist es, dass ihm irgendwann das Geld anderer Leute ausgeht. (Margret Thatcher)
So ist das immer im Sozialismus. Erst kommen die großen Versprechen. „Reichtum für alle“. Dann die große Umverteilung. Das Umverteilte wird aufgegessen, bis nichts mehr vom Wohlstand da ist. Dann kommt die Unzufriedenheit. Dann der Gulag für Unzufriedene. Dann das Chaos. Und wenn das System völlig erschöpft ist, muss irgendwer mit frischem Geld von außen die Trümmer wegräumen. Manchmal wiederholt sich Geschichte eben doch.
Bereits am 21. April 2016 schrieb ein anderer Leser: Es hat keinen Sinn. Es kann zehnmal schief gehen, hundert Mal, immer wieder. Die Anhänger des Sozialismus werden sich durch Fakten und Erfahrungen ihre schöne Idee nicht kaputtmachen las-sen. Sie werden erst sagen: Es läuft doch gut („Lula hat Millionen aus der Armut geholt“, „Chavez hat den Armen auf den Hügeln ihre Würde zurückgegeben“), wenn das nicht mehr aufrechtzuerhalten ist, kritisieren sie milde, schwächen die Kritik aber gleich ab („War nicht alles schlecht in der DDR, alle hatten Arbeit“, „Auf Kuba haben immerhin alle eine Gratis-Krankenversorgung“), wenn dies dann nicht mehr… Mehr
„Doch das war keine nachhaltige Politik. Das Geld floss in Konsum und Sozialprogramme, Investitionen wurden vernachlässigt.“
Kommt mir bekannt vor.
Das ist der entscheidende Punkt. Das Hauptuebel ist aber, das Verstaatlichen auch kleiner Betriebe, den Fehler wird unser Regime nicht machen. Wuerde ja sonst das schoene, viele Geld ausgehen, das man mit vollen Haenden verteilt.
Den Bericht über Venezuela kann nur bestätigen-aus einer etwas anderen Perspektive- obwohl ich dss Land nie betreten habe. Natürlich suchen die Venezaner nach Alternativen. Es gibt zwei Sorten Ratten, die hungrigen und die satten, die einen bleiben vergnügt zu Haus, die anderen wandern aus. (Heinrich Heine). Wohin wandern sie aus? In die Nachbarländer natürlich, nach Ecuador vor allem, wo sie Dolaritos verdienen können und wo ich zur Zeit lebe, sogar bis nach Peru, wie ich gehört habe. In Ecuador danken sie Gott, wenn sie einen Job ergattern, bei dem sie sich für 12,50$ am Tag als Kellnerin oder für 10… Mehr
Wer die Ähnlichkeiten zwischen Venezuela und Deutschland nicht sieht, der wurde wohl eingemauert. Linke, Grüne, Sozen und deren Führerin Merkel marschieren ja den gleichen Weg.
Ich hätte einen Vorschlag: Die Antifa und ihre Unterstützer bei SPD, GRÜNE, LINKE , DGB, etc. zur Selbstfindung nach Venezuela schicken.
Aber nur one way Ticket.
Diesen ideologischen Schrott können die dort behalten.
„Was passiert, wenn in der Sahara der Sozialismus eingeführt wird? Zehn Jahre überhaupt nichts, und dann wird der Sand knapp.“ Soll ein Witz sein, jedoch bewahrheitet es sich immer wieder. Man kann nur jedem empfehlen einmal das “ Das Schwarzbuch des Kommunismus“zu lesen, vielleicht dämmert es dem einen oder anderen zu was LINKE fähig sind, die „Guten“ die Demokraten“ die sich den Staat zur Beute machen und dann ihre Macht mit Zähnen und Klauen verteidigen. Immer wieder will man diesen SOZIALISMUS erneut hoffähig machen und gewaltsam den Völkern auf’s Auge drücken. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht. Dieses mal in Europa ein Experiment… Mehr