Juristisches Gremium des Europarats kritisiert Annullierung rumänischer Wahl

Die Venedig-Kommission warnt vor einem gefährlichen Präzedenzfall: Die Annullierung der rumänischen Präsidentschaftswahl stützt sich auf geheime, unbelegte Vorwürfe. Kritiker sehen darin einen Angriff auf demokratische Grundprinzipien – mit weitreichenden Folgen.

IMAGO

Die Venedig-Kommission, das beratende Gremium des Europarats für Verfassungsfragen, hat Bedenken hinsichtlich der Annullierung der rumänischen Präsidentschaftswahlen im vergangenen Dezember geäußert.

In dem am 28. Januar veröffentlichten Bericht der Venedig-Kommission wird betont, dass die Annullierung von Wahlen nur das letzte Mittel sein sollte, das durch solide Beweise gestützt wird. „Die Annullierung eines Teils der Wahlen oder der Wahlen als Ganzes kann nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen als ultima ratio und unter der Bedingung zugelassen werden, dass Unregelmäßigkeiten im Wahlprozess das Ergebnis der Wahl beeinflusst haben könnten“, so die Kommission.

Der Bericht hebt hervor, dass Entscheidungen zur Ungültigerklärung von Wahlen fundiert, transparent und auf klaren, überprüfbaren Beweisen basieren müssen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in demokratische Prozesse zu wahren.

„Die Befugnis der Verfassungsgerichte, Wahlen von Amts wegen für ungültig zu erklären, sollte – wenn überhaupt – auf außergewöhnliche Umstände beschränkt und klar geregelt sein, um das Vertrauen der Wähler in die Legitimität der Wahlen zu sichern“, heißt es weiter.

Die Entscheidung des rumänischen Verfassungsgerichts sorgte für erhebliche Kontroversen. Die pro-westliche Kandidatin Elena Lascorni, die in der ersten Wahlrunde den zweiten Platz belegte, erklärte Anfang Januar, der rumänische Staat schulde seinem Volk eine „Erklärung“.

Der Bericht betont zudem, dass eine Wahl nicht auf Grundlage „geheimer Informationen“ annulliert werden dürfe: „Nach Auffassung der Venedig-Kommission müssen solche Entscheidungen die Verstöße und Beweise klar benennen und dürfen sich nicht ausschließlich auf Verschlusssachen stützen, die allenfalls als kontextuelle Informationen herangezogen werden dürfen. Andernfalls wäre die notwendige Transparenz und Überprüfbarkeit nicht gewährleistet.“

Die Annullierung, die zur Disqualifikation des rechten Kandidaten Călin Georgescu führte, basierte ursprünglich auf geheimen Dokumenten, die am 28. November vorgelegt und am 4. Dezember freigegeben wurden.

Die rumänischen Behörden rechtfertigten die Entscheidung mit angeblichen „russischen Beeinflussungsmaßnahmen“. Kritiker hingegen argumentierten, dass die vorgebrachten Unregelmäßigkeiten nicht ausreichten, um eine Annullierung der Wahl zu rechtfertigen.

Gabriel Elefteriu, stellvertretender Direktor des Rates für Geostrategie, erklärte: „Die vorgelegten Dokumente enthalten keine konkreten Beweise für eine russische Einmischung in die rumänischen Präsidentschaftswahlen und auch keine glaubwürdigen Verbindungen zwischen Călin Georgescu und Russland.“

Die Überprüfung durch die Venedig-Kommission wurde am 13. Dezember auf Antrag von Theodoros Rousopoulos, Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, eingeleitet. Ziel war es, die rechtlichen Standards und Bedingungen zu klären, unter denen Verfassungsgerichte Wahlen für ungültig erklären können.

Dieser Bericht folgte auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), Georgescus Berufung gegen die Annullierung der Präsidentschaftswahlen zurückzuweisen.

In einem Gespräch mit Brussels Signal am 22. Januar kam Elefteriu zu dem Schluss, dass die Annullierung der Wahl ein schwerer Schlag für die Demokratie sei. Sie spiegele einen breiteren Trend im Westen wider, wo grundlegende demokratische Rechte von politischen Regimen untergraben würden, die an der Macht bleiben wollten.

Die Kommission berät die Mitgliedstaaten in Rechtsfragen und unterstützt sie dabei, ihre rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen an die europäischen und internationalen Standards für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit anzupassen.

Dieser übersetzte Beitrag ist zuerst bei Brussels Signal erschienen.

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Kommentare ( 23 )

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horrex
27 Tage her

Es kann gut sein, dass wir auch hier bald wieder(!) werden erleben müssen, dass demokratische Wahlen/Abstimmungen angefochten werden. Es würde mich micht besonders wundern. –

Rolfo
27 Tage her

Rumäniens Wahlannulierung ist eine Blamage der rumänischen Demokratie und auch auch eine Blamage der EU, die in einem ihrer Mitgliedsländer einen solchen Affront nahezu widerspruchslos – gar wohlwollend – geschehen lässt. Ex-Breton goss noch Öl ins rauchende Feuer.
Die Russen-Begründung ist bereits seit der ersten Trump-Wahl lächerlich, als das jahrelange Amtsenthebungsverfahren gegen Trump / Stichwort Russiagate sich hauptsächlich als Intrige des Nobelpreisträgers Obama und Mrs Hillary entpuppte.

Stefan Z
27 Tage her

In Deutschland steht wenigstens noch der Mensch im Mittelpunkt! Zumindest bei Verfassungsschutz, Staatsanwälten, Gerichten, Faktencheckern, NGO’s und diversen Meldestellen. Dafür sollten wir dankbar sein. Ist doch nett, dass man uns darauf aufmerksam macht wenn wir mal etwas falsches sagen oder schreiben. Das fällt einem selbst ja oft gar nicht auf. Und ohne den ÖRR und die Antifa hätte ich den richtigen Pfad „Unserer Demokratie“ sicher schon längst verlassen.

horrex
27 Tage her
Antworten an  Stefan Z

Ihr Zynismus ist durchaus angebracht!

elly
1 Monat her

Was interessiert die EU schon Demokratie?
Und in Deutschland folgen wieder Tausende dem Ruf der NGOs und demonstrieren angeblich für „Demokratie“.

LF
1 Monat her

Wieso wird sich jetzt aufgeregt, weil es wieder um andere geht? Das hatten wir in Deutschland auch. Und noch viel einfacher. Hier wurde einfach aus ideologischer Sicht ein Machtwort gesprochen und somit eine gesamte Wahl als ungültig erklärt, die wieder rückgängig gemacht werden musste. Diese Wahl damals in Thüringen war absolut legitim! Wie war die Reaktion? Nichts, gar nichts! Nun geht es um ein anderes Land, und schon kommt der deutsche Moralfinger weit nach oben gestreckt. Aber zu dumm, als Erstes bei sich zu kehren. Eigen Reflexion ist diesem Land mittlerweile völlig abhandengekommen.

Erfurter
1 Monat her

Die zukünftige Zusammensetzung dieser derzeit ehrenwerten Kommission sollte man im Auge behalten.
Was von dieser verlautbart wurde ist ja nichts anderes als dem EuGH ein Fehlurteil vorzuwerfen.

Endlich Frei
1 Monat her

Für mich ist das, was in Rumänien geschehen ist, nichts anderes als eine feindliche Übernahme eines fortan nicht mehr souveränen Staates.

Buck Fiden
1 Monat her

Na und? Sie sitzen trotzdem noch in der Machtposition. Ob das rechtswidrig war oder nicht – was ändern die Betrachtungen ex post?
Niemand von diesen Antidemokraten ist eingeknastet, niemand steht vor Gericht. Das ist die Krux…

Sonny
1 Monat her

Das juristische Gremium kritisiert…
Das reicht aber nicht. Wer schreitet wirklich tatkräftig ein, wenn das Wahlergebnis von der vorher herrschenden Regierung einfach als null und nichtig bezeichnet wird, ohne nachvollziehbare Beweise? Da müsste die EU doch sofort auf den Hacken stehen!
Rumäniens letzte Wahlen und deren Folgen zeigt, was instabilen Ländern passiert, wenn das Regierungskartell vom Volk abgewählt wird.
Unter fadenscheinigen Begründungen werden Wahlen einfach so ungültig erklärt. Das ist eine Blaupause für künftige Wahlen auch in anderen Ländern Europas, wie man sich der lästigen politischen Konkurrenz entledigen kann. Ein besorgniserregender Vorgang.

Cimice
1 Monat her

Bei uns in Deutschland, einem erklärten Rechtsstaat, wäre so eine Annullierung natürlich völlig undenkbar. Oder war da mal was? In Thüringen vielleicht? Aber hat sich damals eigentlich irgendjemand in der EU des Falls angenommen? Es hat doch niemanden interessiert. Und aus der angeordneten Interimslösung wurde flugs eine Dauerlösung, eine Landesregierung ohne demokratische Legitimation, dank Merkel. — Blüht uns heuer noch das gleiche, auf Bundesebene?

Stefan Z
27 Tage her
Antworten an  Cimice

Sie müssen da schon unterscheiden! In Deutschland gibt es nicht die Demokratie sondern „Unsere Demokratie“. Da dürfen nur die „Guten“ mitmachen. Natürlich musste Frau Merkel diese „Zufallsmehrheit“ als echte Demokratin annullieren. Sie hat damit nur „Unsere Demokratie“ gerettet. Das war auch völlig in Ordnung so, sonst wären die „echten Demokraten“ der EU doch sofort eingeschritten. Und mal ehrlich, die Deutschen können einfach nicht „richtig“ wählen, da muss „Unsere Demokratie“ ständig wachsam sein. Man hat es jetzt doch gerade erst gesehen, da hätte doch fast eine Mehrheit „Unsere Demokratie“ zerstört. Was bilden die sich den eigentlich ein? Deshalb müssen jetzt AFD,… Mehr