Tichys Einblick
40.000 Stunden Videomaterial

Die neuen Bilder vom „Sturm auf das Kapitol“

Friedliche Menschen, die im Kapitol Schlange stehen und freundlich mit Beamten sprechen, statt pöbelnde Hooligans, die das Gebäude stürmen – das sind die Bilder, die Tucker Carlson nun exklusiv bei Fox News zeigte. Bei CNN zeigt man sich entsetzt und empört darüber.

Trump-Anhänger vor dem Capitol in Washington, 06.01.2021

IMAGO / Pacific Press Agency

Die CNN-Moderatoren waren entsetzt, dass Tucker Carlson gestern Abend auf Fox News exklusiv Ausschnitte aus dem Video-Material der Überwachungskameras vom Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 veröffentlichte. Statt der uns allen bekannten Bilder einer pöbelnden Hooligan-Menge sah man friedliche Menschen, die im Kapitol Schlange standen und freundlich mit den Beamten sprachen. Bei CNN konnte man gar nicht so heftig mit dem Kopf schütteln, wie man entsetzt war über das gezeigte Videomaterial.

Man ist sich einig bei CNN: Fox hat das bisherige Narrativ mit den neuen Bildern sträflicherweise komplett auf den Kopf gestellt. Es sei verstörend, wie unverantwortlich Tucker Carlson mit dem Material umginge, und noch verstörender sei es, dass Fox die Video-Aufzeichnungen exklusiv von Speaker Kevin McCarthy bekommen hätte. Viel Empörung. Aber worum ging es denn nun? Außer natürlich darum, dass man vermutlich einfach neidisch war, dass nicht CNN die 40.000 Stunden Videomaterial exklusiv sichten und auswählen konnte, was man dem Zuschauer zeigt.

Am 6. Januar 2021 marschierten Tausende Trump-Anhänger nach seinem Auftritt zum Kapitol. Sie waren wütend, hatten das Gefühl, der Ausgang der Wahlen sei manipuliert und gefälscht worden. Sie wollten ihre Wut und ihren Protest gegen die nun amtierende Biden-Regierung zum Ausdruck bringen. Jeder kennt die Bilder, die bisher in den Medien gezeigt wurden: Der geschminkte Q-Anon-Schamane mit Büffelhörnern, Maga-Männer, eine Mischung skurriler, schriller, irrer Trump-Fans, die Scheiben einschlugen, im Kapitol randalierten und Angst und Schrecken verbreiteten. Das nicht zuletzt von CNN gesetzte Narrativ lautete, Maga-Anhänger seien irre, aggressiv und hemmungslos und von Trump persönlich angestiftet worden.

Was war jetzt also bei dem neuen von Tucker Carlson gezeigten Videomaterial anders? Fangen wir mit der aufgebrachten Menschenmasse an. Bei Tucker Carlson sah die Menge ganz anders aus. Irgendwie mehr nach Schlange stehenden Touristen, die das Kapitol besichtigen wollten. Ordentlich aufgereiht, ruhig, ohne Gewalt. Einige waren sogar zu sehen, wie sie wieder aufräumten, was Vandalen zuvor heruntergeschmissen hatten. Insgesamt konnte man sagen, dass die große Masse absolut friedlich war, und nur ein kleiner Teil randalierte. Einzelfälle quasi.

Bilder dieser „Einzelfälle“ hat man oft gesehen. Einige von ihnen sitzen jetzt sogar im Gefängnis. Die neuen Bilder lassen aber auch hier vieles in neuem Licht erscheinen. Fangen wir mit dem Bekanntesten, dem halbnackten Schamanen mit den Hörnern auf dem Kopf an. Jacob Chansley, so sein Name, ein 33-jähriger Marineveteran aus Arizona, wandert in dem neu veröffentlichten Videomaterial nicht nur unbehelligt an mehreren schwer bewaffneten Polizisten vorbei, sondern er bekam offensichtlich sogar noch eine Art Tour durchs Kapitol. Zwei Polizisten führten ihn durch mehrere Flure, zu mehreren Eingängen und wollten ihm sogar eine Tür öffnen.

Der Höhepunkt: Die Beamten flanierten mit dem unbewaffneten Schamanen durch eine Gruppe von neun schwerst bewaffneten Polizisten. Nicht nur Tucker Carlson kam es so vor, als ob Beamte und Schamane „Partner in Crime“ seien.

Chansley wurde für fast vier Jahre inhaftiert. In einem Gefängnisinterview, das von Carlson gezeigt wurde, sagt er: „Das Einzige was ich bedaure ist, dass ich glaubte, es sei okay, dass wir im Kapitol waren, da wir von Polizisten hereingewunken wurden.“

Wie passt das mit der bisher verbreiteten Version der Vorgänge zusammen, dass die äußerst unterbesetzte Capitol-Police nur versuchte, die aggressiven Demonstranten davon abzuhalten, in die Räume der Abgeordneten einzudringen? Hätte man nicht zumindest diesen, schon optisch auffälligen Mann festnehmen und abtransportieren können, statt ihn herumzuführen und frei laufen zu lassen?

Auch der Tod von Brian Sicknick, Polizist der Capitol-Police, steht plötzlich in einem anderen Licht. Bisher hieß es, er sei von der wütenden Menge am Eingang des Kapitols mit Pfefferspray attackiert und fast tot geprügelt worden. Nun sieht man ihn nach der Pfefferspray-Attacke munter und wohlbehalten durchs Kapitol laufen, er trägt sogar einen Helm. Das macht es laut Tucker Carlson noch unglaubwürdiger, dass die Randale ursächlich für seinen Tod sind. Er starb am 7. Januar, Todesursache waren mehrere Schlaganfälle.

Fragen werfen auch Aufnahmen eines anderen Teilnehmers des Sturms aufs Kapitol auf: Ray Epps, auch als Maulwurf oder FBI-Informant bekannt. Er rief bei der Demonstration zum Sturm auf das Kapitol auf, wurde aber nie angeklagt. Dabei machen die Videos zweifelsohne klar, dass er in seinen Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss mehrfach gelogen hat. Sowohl über seinen Aufenthaltsort als auch über die Dauer seines Aufenthalts im Kapitol sowie seine Rolle bei den Randalen. Oft wurde bereits vermutet, dass er ein sogenannter „Agent Provocateur“ war. Schließlich hatte er selbst verkündet, er hätte die Demonstration dirigiert.

Tucker Carlson und sein Team haben gerade erst angefangen, die Videos auszuwerten. Wir werden sicherlich noch viele neue Erkenntnisse über den Sturm aufs Kapitol bekommen.

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