Heftige Krawalle und Zusammenstöße in Leeds

Im englischen Leeds revoltierte ein Stadtteil für eine Nacht. Ursprünglich ging es um eine Familie, der die Kinder entzogen wurden. Der Anlass ist gleichgültig, am Ende eskalierte eine große Menschenmenge und es brannten Straßenzüge.

Die Stadt Leeds im Norden Englands ist insgesamt keine unelegante Erscheinung, sondern beherbergt etwa den größten Finanzsektor des Landes außerhalb von London und eine elegante Einkaufsstraße. Dieselbe Eleganz gilt aber wohl nicht im gleichen Maße für den Stadtteil Harehills, der wie so mancher Ort in Großbritannien in den letzten Jahrzehnten einen massiven Austausch seiner Bevölkerung erlebt hat. Und es ist nicht von Stadtteilen die Rede, die etwa gentrifiziert oder von Studenten bevölkert wurden. In Harehills leben inzwischen (laut Zensus von 2021) zu 42 Prozent Muslime. 1996 wurde die Jamia-Masjid-Bilal-Moschee für pakistanische Muslime an einer der Haupteinkaufsstraßen errichtet, die seither eines der am meisten frequentierten Gotteshäuser am Ort ist. Harehills ist dabei kein Vorort, vielmehr noch Teil der Innenstadt der – samt Eingemeindungen – Fast-Millionenstadt.

Am Donnerstagabend kam es in Leeds-Harehills zu gewalttätigen Unruhen und Ausschreitungen, die ihren Ausgang offenkundig nahmen, als der Sozialdienst der Stadt am Donnerstagnachmittag laut Medienberichten vier Kinder aus einer Roma-Familie im Viertel abholen ließ. Das ging nur mit Unterstützung der Polizei. Über den Anlass dieses Verwaltungsaktes lässt sich nur spekulieren. Der Telegraph zitiert einen Ortsansässigen: „Ich habe gehört, dass ein Baby von einem Geschwister verletzt wurde. Aber es war nur ein Unfall, und es ist schon eine Weile her. Sie konnten es nicht glauben, als das Krankenhaus den Sozialdienst anrief. Nach all dieser Zeit nahmen die Sozialarbeiter die vier Kinder in Obhut. Sie gaben der Familie keinen Grund. Sie sagten nur, es sei das Beste.“ Die Eltern hätten ihre Kinder aber nie verletzt und verstanden deshalb nicht, wieso eine vermeintliche Verletzung ihrer Aufsichtspflicht solche Folgen haben sollte. „Und deshalb waren die Leute so wütend.“

A migrant community in the Harehills neighborhood of Leeds, England attacked police as revenge for them responding to help child protective workers who came to a home with endangered… pic.twitter.com/n2gt7RHHUG

— Andy Ngô 🏳️‍🌈 (@MrAndyNgo) July 18, 2024

Am Ende attackierte eine große Menschenmenge, die schwerlich nur aus den ortsansässigen Roma bestand, einen Doppeldeckerbus, setzte ihn in Brand und warf ein Polizeiauto um. Hunderte von Anwohnern gerieten mit den Beamten aneinander und bewarfen Polizeifahrzeuge mit Steinen und anderen Gegenständen.

In einem Video war zu sehen, wie eine Gruppe von Männern einen großen Doppeldeckerbus mit Feuerzeugen in Brand steckte. Der Busfahrer konnte sich noch aus dem brennenden Bus retten. Es blieb angeblich nur ein ein verkohltes und verbogenes Wrack zurück. Daneben zeigten die vielfach über die sozialen Medien geteilten Videos wiederum fast das ganze Ausmaß der Verwüstung.

Neben diesen Bildern wurden auch andere gesichtet, auf denen die Menge die Scheiben eines Polizeifahrzeugs mit diversen Gegenständen (darunter ein Kinderwagen, Steine und Fahrräder) einschlug, bevor sie das Fahrzeug auf die Seite kippte.

Die Polizei von West Yorkshire erklärte, die Beamten hätten die Kinder und die Behördenmitarbeiter sicher herausgeholt, bevor die Gewalt im Laufe des Abends weiter eskalierte. Laut der Polizei wurden die Unruhen „von einer kriminellen Minderheit angezettelt, die die Beziehungen zur Gemeinschaft stören will“. Die Einwohner wurden aufgefordert, keine weitere Spekulationen über die Ursache anzustellen. Auch die Bürgermeisterin von West Yorkshire, Tracy Brabin (Labour Co-op), nahm einzelne Aufrührer ins Visier, die „Spannungen in der Gemeinde geschürt“ hätten, und rief dieselben auf, „noch einmal nachzudenken“.

Derweil existieren auch Bilder vom Rückzug der Polizei aus der Nachbarschaft, offenbar noch vor Ausbruch der Unruhen, was irgendwie ermutigend auf die künftigen Randalierer gewirkt zu haben scheint.

Stadtrat Ali im Kampf gegen die Brandstifter

Später wurde auch der neugewählte grüne Stadtrat Mothin Ali gesehen, wie er im Alleingang versuchte, die Plünderer und Brandstifter aufzuhalten, die die Häuser des Viertels in Brand zu setzen drohten. Ali war nach seinem Sieg bei den Lokalwahlen mit Allahu-akbar-Rufen aufgefallen. Weiterhin sah man Ortsansässige, die mit einem großen Kühlschrank auf ein Feuer zuliefen, das lichterloh in der Mitte der Straße brannte. Auch der Kühlschrank wurde – unter dem Jubel der Zuschauer – ein Raub der Flammen.

Laut einem Sprecher von First Bus in Leeds wurden zwei öffentliche Busse in die Unruhen in Harehills verwickelt. Später wurden alle Busfahrer angewiesen, den Bereich großräumig zu umfahren. Labour-Stadträtin Salma Arif forderte die Menschen auf, in den Häusern zu bleiben, während sich das Chaos ausbreitete. Sie sagte: „Die Situation in Harehills ist noch nicht ausgestanden. Wir bitten alle in der Gegend, zu diesem Zeitpunkt zu Hause zu bleiben.“

Eine Anwohnerin rief die Armee zum Eingreifen auf und sagte, die Menschen seien schockiert über den Ausbruch der Gewalt. Die Polizei von Yorkshire teilte mit, es werde eine umfassende Untersuchung aller Straftaten geben. „Alle Straftaten werden von den Ermittlern der Kriminalpolizei von Leeds und dem Mord- und Großfahndungsteam der Polizei vollständig untersucht“, so die Polizei. Die an den gewalttätigen Ausschreitungen Beteiligten würden „mit der ganzen Härte des Gesetzes“ zur Rechenschaft gezogen. Zuvor hatte es einen zweiten Rückzug der Polizei inmitten der Angriffe gegeben.

Farage unter Feuer nach Kommentar: Wann entschuldigen Sie sich für die Massenzuwanderung?

Der Abgeordnete Nigel Farage (Reform UK) bezeichnete die gesehenen Unruhen als Ausdruck der „Politik des Subkontinents“, also von Indien, zweifellos in Anspielung auf die große pakistanische Gemeinde von Harehils. Aber Farage geriet umgehend in die Kritik auch von lokalen Labour-Abgeordneten, weil Farage nichts von der Situation wisse und nicht darüber unterrichtet worden sei, so der Labour-Abgeordnete Alex Sobel. Farage heize „eine Situation durch Fehlinformationen an“. Sobel verlangte eine Entschuldigung von Farage. Der entgegnete allerdings mit der Frage: „Wann werden Sie und die Labour-Partei sich für die unverantwortliche Massenmigration entschuldigen?“

Lee Anderson (auch Reform UK und Abgeordneter für Ashfield) sprach von „schändlichen Szenen“ und kommentierte: „Wenn man eine Dritte-Welt-Kultur importiert, dann bekommt man auch Dritte-Welt-Verhalten. Diese Tiere müssen für immer eingesperrt werden. Sie sind ein Produkt unseres rückgratlosen, verweichlichten Establishments, das unser großartiges Land verraten hat.“ Die äußerst bildhafte Ausdrucksweise zeigt nur, in welch verzweifelter Lage Anderson den britischen Staat sieht.

Innenministerin Yvette Cooper (Labour) zeigte sich „entsetzt über die schockierenden Szenen“ und die Angriffe auf Polizeifahrzeuge und öffentliche Busse. Und das Problem war ja eben auch, dass die Autorität der Polizei in den gesehenen Szenen auf Null gesunken war. Laut Schilderungen warfen Randalierer alle Gegenstände, die sie finden konnten, auf Polizeiautos und auf die Polizisten, die folglich einen Abstand zu den Randalierern hielten, „weil es ziemlich gewalttätig war“. Straßensperren wurden eingerichtet. Die Bevölkerung wurde gebeten, das Gebiet kurzfristig zu meiden. Auf mirakulöse Weise wurden zunächst keine Verletzten an diesem Abend gemeldet. Zum Zeitpunkt dieser Nachricht dauerten die Ermittlungen am Tatort allerdings an.

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