Überlebende des Hamas-Massakers singt für den ESC

Yuval Raphael, Überlebende des Hamas-Massakers, vertritt Israel beim ESC 2025 in Basel. Mit ihrer Musik will sie „für all die Engel, die jetzt nicht hier sein können“ singen und Stärke zeigen – trotz der politischen Kontroversen, die sie erwartet.

picture alliance/KEYSTONE | MICHAEL BUHOLZER

Yuval Raphael hat das Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 überlebt, indem sie sich unter Leichen versteckte. Die 24-Jährige vertritt nun Israel in Basel beim Eurovision Song Contest 2025. Sie möchte „für all die Engel, die jetzt nicht hier sein können“ singen.

Yuval Raphael stammt aus Ra’anana, nördlich von Tel Aviv, und verbrachte dort den Großteil ihres Lebens. Wie alle Frauen in Israel musste auch sie eine zweijährige Wehrpflicht absolvieren. Während dieser Zeit im Militär kontrollierte sie palästinensische Arbeiter, die an der Grenze nach Israel einreisten, um dort zu arbeiten. Daher war sie von dem Alarm am 7. Oktober nicht überrascht, schließlich befand sie sich im Israel-Gaza-Grenzgebiet. In einem Interview erzählt Raphael, dass sie von der plötzlichen Alarmbereitschaft nicht einmal panisch wurde, denn in Israel gehören Raketenangriffe, Bunker und Sirenen zum Alltag.

Raphael war mit Freunden auf dem Nova-Musikfestival, als die Hamas-Terroristen ihren Angriff begannen. Als sie und ihre Freundinnen realisierten, wie schlimm der Angriff wirklich war, versuchten sie, mit dem Auto zu fliehen. Doch sie kamen nicht weit und mussten in einem Bunker am Straßenrand Schutz suchen. Auch dort wurden sie und etwa fünfzig weitere Menschen nach kurzer Zeit von Terroristen entdeckt und beschossen. Immer wieder tauchten Terroristen auf, schossen auf Überlebende oder warfen Granaten hinein.

Während des Angriffs telefonierte sie mit ihrem Vater, der sie anwies, sich tot zu stellen. Die aufgezeichneten Gespräche dokumentieren das barbarische Massaker und Raphaels Verzweiflung bis zu dem Punkt, an dem sie sich den Tod wünschte. Acht Stunden musste sie unter den leblosen Körpern ausharren, bis die IDF eintraf. Raphael sagte in einem Interview über diesen Moment: „Ich kann nicht erklären, wie schwer ein Körper wird, wenn er tot ist.“ Von den 50 Menschen überlebten nur sie und elf weitere. Auch ihrer Freundin, die von sechs Schüssen getroffen wurde, konnte das Leben gerettet werden.

Nach dem grausamen Massaker, bei dem 1.200 Israelis ums Leben kamen und 251 Israelis sowie internationale Staatsbürger nach Gaza entführt wurden, begann für Raphael die Heilung durch die Musik. Sie startete eine professionelle Gesangskarriere und trat zum Vorsingen für den ESC in Israel an. Mit Demi Lovatos Song „Anyone“ setzte sie sich gegen drei weitere Bewerber durch. Unter diesen befand sich auch Daniel Wais, ein weiterer Überlebender des Hamas-Massakers. Beim Angriff der Terroristen auf das Kibbutz Be’eri wurde Wais’ Vater ermordet, später auch seine Mutter, die von der Hamas als Geisel nach Gaza entführt und dort getötet wurde.

Raphael möchte „für all die Engel, die jetzt nicht hier sein können“ singen. In einem Interview vor dem Vorentscheid in Israel sagte sie: „Ich möchte die Geschichte erzählen, aber nicht aus einer Position des Mitleids heraus. Ich möchte sie aus einer Position heraus erzählen, in der ich stark bin angesichts dieser Situation und angesichts der Buhrufe, von denen ich zu 100 Prozent überzeugt bin, dass sie vom Publikum kommen werden.“

Mit dieser Aussage spielt sie auf Eden Golan an. Im vergangenen Jahr stand diese als israelische Eurovisions-Vertreterin in Malmö, Schweden, auf der Bühne. Dort kam es zu Drohungen gegen sie und zu Anti-Israel-Protesten auf den Straßen, bis Golan durch den israelischen Sicherheitsdienst Shin Bet geschützt werden musste. Ebenso wurden Stimmen laut, die forderten, Israel angesichts des Krieges mit der Hamas vom ESC auszuschließen. Ihren nach dem Anschlag vom 7. Oktober benannten Song „October Rain“ musste Golan umbenennen und verändern, da er als zu politisch eingestuft wurde. Trotz der Angriffe gegen sie erreichte Golan den fünften Platz.

Als ihre Nachfolgerin ist Raphael sich bewusst, welchen Schikanen sie sich aussetzt. Dennoch erklärte sie, dass sie Israel in Europa aus einer Position der Stärke und mit Stolz auf ihr Land vertreten möchte. Nun wird sie nach Basel reisen und an dem größten Musikwettbewerb der Welt teilnehmen. Dieser findet vom 10. bis 17. Mai in der St. Jakobshalle in Basel statt. Das Lied, mit dem Raphael beim ESC antreten wird, soll erst im März von einem Komitee ausgewählt werden.

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Kommentare ( 4 )

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Radler
2 Tage her

Angesichts der Hasstiraden und der Diskriminierung durch die Jury beim letzten ESC sollte auch 2025 wieder jeder, der auf der Seite Israels steht, als Zuschauer für Israel abstimmen. Denn der Sieger wird aus der Jurywertung und der Zustimmung der Zuschauer ermittelt. Und dieses Zuschauervotum hatte die israelische Teilnehmerin im letzten jahr nach vorn gebracht auf Platz 5.

traene im ozean
3 Tage her

Angesichts des Horrors, den diese junge Frau erleben musste (von dem Massaker in dem Betonbunker gibt es Handyaufnahmen der Opfer) habe ich größten Respekt und wünsche ihr, dass ihr Gesang und Engagement dabei helfen das Trauma zu heilen.

Möge die zivilisierte Welt das Massaker der Hamas Terroristen NIEMALS vergessen und vergeben!

giesemann
4 Tage her

Acht Stunden brauchten die IDF, bis sie vor Ort waren … . Kaum zu glauben, dass da alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Michael M.
4 Tage her

Der ESC ist seit vielen vielen Jahren zu einer reinen Polit-Veranstaltung verkommen und kann daher als Gesangswettbewerb abgeschafft werden und zwar unabhängig davon, wer was für welches Land singt bzw. welche politische Botschaft verbreitet werden soll.

Last edited 4 Tage her by Michael M.