Nach Southport will Starmer hart durchgreifen – gegen den Protest

Nach der Bluttat von Southport will Starmer durchgreifen, aber nicht gegen Messergewalt und die Ursachen. Es ist die Handvoll unbändiger Protestler, die er einfangen will, etwa mit mehr Gesichtserkennung. Auch online seien nach den Morden „Verbrechen“ begangen worden.

picture alliance / empics | Henry Nicholls

Wie bereits erwartet, hat Keir Starmer in einer außerplanmäßigen Pressekonferenz eigene Schlussfolgerungen aus dem vielfachen Messermord von Southport gezogen. Wobei die nun vorgeschlagenen Maßnahmen gar nichts mit der Gefährdung junger Mädchen durch Messerattentäter mit unklarem Hintergrund zu tun haben. Es sind Schlussfolgerungen aus der Reaktion der Southporter und anderer Briten, die an mehreren Orten – darunter auch London – Protestmärsche abhielten, die teils zu Kämpfen mit der Polizei eskalierten. Warum, das bleibt auch weiterhin unklar. Videos und Bilder geben keinen Aufschluss darüber, von wem die sicher überflüssigen Gewaltakte ausgingen, aus welcher Motivation heraus und in welchem Kontext sie geschahen.

Es sei eine „winzige, hirnlose Minderheit“ von „Schlägern“ gewesen, die in Southport Wohnhäuser, Läden und eine Moschee beschädigt hatten, sagte Starmer. Das sei „kein Protest“ und nicht legitim, sondern „ein Verbrechen, (…) ein Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit und die Vollstreckung der Justiz“. Die Beschreibungen der Proteste durch Starmer stellen alles in den Schatten, was man über den Messermord an drei kleinen Mädchen sagen oder hören konnte. Daneben war ein dutzend weiterer Kinder und Erwachsener teils lebensgefährlich durch Messerstiche verletzt worden. Aber dieses Phänomen ist für Starmer natürlich kaum beherrschbar, die laut ihm organisierte Gewaltbereitschaft der „rechtsextremen“ Demonstranten schon. Die Gewalt der britischen Demonstranten wird nun schlichtweg in den Raum gestellt als Anlass für neue staatliche Regelungen.

So will der Premier die Fähigkeiten der Polizeikräfte des Landes in einer Weise stärken, dass alle gewalttätigen Störungen der öffentlichen Ordnung dadurch zu bekämpfen wären, die – so Starmer – „unabhängig von den scheinbar ursächlichen Motiven aufflammen“. Der Premier hat also festgestellt und sieht voraus, dass die Ungeduld des britischen Volkes mit ihm und den Regierenden generell nichts mit realen Zuständen im Land zu tun haben kann, sondern nur mit irgendwelchen anderen Faktoren. An erster Stelle stehen hier stets „Hass“ und Desinformation, die daneben auch die Gestalten der „Miss-“, „Falsch-“ und „Fehlinformation“ oder gar der nur „schädlichen Information“ annehmen kann, bei der der Wahrheitsgehalt dann schon sehr hoch sein darf. So ist zumindest der internationale Diskussionsstand. Im Fall von Southport sollen es Falschinformationen gewesen sein, gestreut angeblich von Russland, dass der Attentäter irgendetwas mit dem Islam zu tun habe und vielleicht ein Einwanderer sei. Beidem widersprach die Polizei, auch wenn sie sonst keine Angaben zum Täter machte.

Starmer will Gesichtserkennung ausweiten

Das Messerattentat von Southport bleibt – auch durch das Schweigen der Polizei – ein unverständlicher Akt roher Gewalt, der vor allem durch die (ethnische?) Distanz zwischen Mörder und seinen Opfern geprägt schien. Der junge Mann mit ruandischen (?) Wurzeln hatte offenbar absolut nichts mit diesem Feriencamp oder Tanzkurs zu tun. Sollte man nun annehmen, dass er schlicht neidisch auf die gewissermaßen blühende britische Gesellschaft war, in der schon junge Mädchen nach US-Popsongs der neuesten Machart tanzen lernen? Wie erklärt sich die Tat sonst beim Fehlen einer irgendwie brauchbaren Täterbiographie? Die britischen Behörden lassen die Bürger erst im Dunkeln und wundern sich dann über Mutmaßungen und Gerüchte.

Für Starmer sind außerdem die Unruhestifter in der britischen Gesellschaft um vieles schlimmer: Die Schläger seien hochgradig „mobil“, ähnlich wie Fußball-Hooligans. So will Starmer nun auch gegen den außer Rand und Band geratenen politischen Protest vorgehen – und beschädigt dabei vielleicht die Rechte aller Briten. Denn die zentrale Maßnahme, die er vorschlägt, ist die Nutzung der Gesichtserkennung auszuweiten. Die Polizei kann das Mittel derzeit nur da einsetzen, wo es „notwendig, verhältnismäßig und gerecht ist“. Eine Gummivorschrift, aber mit Einschränkungen, die in jedem Einzelfall überwunden werden müssen.

Kaum noch für Erstaunen sorgt dabei, dass diese Maßnahmen erst jetzt präsentiert oder erwogen werden, nicht schon, als dutzende Roma und womöglich auch ortsansässige Muslime in Leeds randalierten, oder als sich Bangladescher noch danach auf Londoner Straßen heftige Revierkämpfe lieferten. Aber die Gesichtserkennung wird natürlich für alle im Königreich gelten und kann also auch bei armen, verfolgten Minderheiten Anwendung finden, die man sonst rhetorisch schont, auch wenn sie gelegentlich über die Stränge schlagen, vor allem sobald der britische Staat etwas von ihnen einfordert wie etwa Kinderschutz. Wobei: vielleicht sollte er (der Staat) sich gar nicht mit so etwas befassen, wenn in der Folge dann ganze Viertel abgefackelt werden?

Übrigens hatte schon die abgewählte Sunak-Regierung die Ausweitung der Gesichtserkennung in ihrer Criminal Justice Bill vorgesehen, angeblich mit Zugriff auf die Führerscheinbilder aller Briten. Das Oberhaus forderte im Januar eine staatliche Regulierung des Einsatzes von Gesichtserkennung durch die Polizei (wie etwa bei Musikkonzerten von Beyoncé oder auch im Einzelhandel geschehen). Nun scheint Labour in dieser Sache fast bruchlos den Stab von den Tories zu übernehmen.

Breitseite gegen das Internet, auch gegen Videos der Opposition

Zudem fuhr Starmer eine Breitseite gegen Apps und Internet-Foren, auf denen „gewalttätige Ausschreitungen online angezettelt wurden“ – auch das sei ein Verbrechen. Oh weh, so viele Verbrechen geschahen rund um den Messermord von Southport. Vielleicht waren sie sogar schlimmer als das Ausgangsverbrechen. Die Online-Konzerne, die auf der Insel keinen Digital Services Act (DSA) der EU mit weitreichenden Zensurmöglichkeiten zu fürchten haben, warnte Starmer: „Es geschieht zu Ihren Bedingungen. Und das Gesetz muss überall beachtet werden.“

Wie er für eine bessere Anwendung des „Gesetzes“ nach seinem Verständnis sorgen will, dazu ließ sich der Jurist Starmer nicht aus. Aber sogar einige Videos des Oppositionspolitikers Nigel Farage (Reform UK) auf X kamen ihm verdächtig vor. Es brauche die „richtige Balance“ in den sozialen Medien des Königreichs, so Starmer. Obwohl es die ja gar nicht gibt: Das Internet ist eine weltweite Einrichtung, ebenso Seiten wie X, Facebook usw. und die Anwendungen wie TikTok und andere. Was will Starmer hier also regeln? Bei der EU fing alles mit netten „Codes of conduct“ an, an die sich die Unternehmen „freiwillig“ hielten und endete mit der Zensurgesetzgebung von Gnaden Thierry Bretons und Ursula von der Leyens, auch im Sinne von Nancy Faeser übrigens. Auf der Insel bemerkt man, dass man noch nicht so weit ist, aber ähnliche „Probleme“ am Horizont erkennt, die auch die britische Parteienherrschaft einer eigentlich in den jüngsten Wahlen geschwächten Labour-Partei in Frage stellen. Wenn schon Äußerungen von Oppositionspolitikern eine Rolle spielen, dann sollte man hellhörig werden.

Kurzum: Es war irgendwie erwartbar, dass Starmer den Schulterschluss mit den Straf- und Sicherheitsbehörden suchte, sobald es ging, nachdem das Land von Messergewalt und der entsetzten Antwort der Bürger darauf durchgeschüttelt wurde. Im Hintergrund brodeln, wie gesehen, unzählige ethnische Konflikte, die das Land ohnehin zu zerreißen drohen. Es muss mit Starmer nicht auf der größten aller Bühnen geschehen. Dazu dienen neue Polizeivollmachten und Gesetze zur digitalen Überwachung, die man sich ab nun auch von der neuen Regierung in London erwarten muss.

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Kommentare ( 48 )

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MarkB
1 Monat her

False Flag Angriffe um erhöhte Überwachungsmaßnahmen der Bürger zu rechtfertigen… Woher kommt mit das bloß verdammt bekannt vor!?! Irgendwas mit 3 zahlen und einem /

wackerd
1 Monat her

Die Mehrheit der Briten will es offenbar so. Dann sollen sie auch damit leben. Bitte sehr.

Ahnungslos
1 Monat her

Nicht nur GB, sondern ganz Europa kocht.

Wien:
https://youtu.be/MhBOECq7sB0?si=hmysIsGw7JP-OBAF

London:
https://youtu.be/AKnLCzFDj88?si=YGrKq2S3vXRIi3Qy

Irland:
https://youtu.be/6Qg-cUH69M4?si=_B4gtCfLQaQBgd8P

Weitere werden folgen….

Moral + Werte werden instrumentalisiert, um damit dezidiert unmoralische Werte zu verfolgen. Das merken die Leute natürlich und sie können noch so stark soziale Medien verbieten, es kocht doch irgendwann über. Oder wurde die französische Revolution über Instagram / Twitter / Facebook organisiert?

Felix Dingo
1 Monat her
Antworten an  Ahnungslos

Darüber berichten die ÖRR natürlich nicht. Aber über die Kirschblüte in Japan muss der Michel unbedingt informiert werden.

Stefferl
1 Monat her

In England hat man das Muster aus Deutschland übernommen. Nach dem Mordanschlag auf Stürzenberger und Rouven Lauer hat man sich auf den Protest gegen Rechts konzentriert, anstatt den Mord und den Mordanschlag zu verurteilen.

Haba Orwell
1 Monat her

> Im Hintergrund brodeln, wie gesehen, unzählige ethnische Konflikte, die das Land ohnehin zu zerreißen drohen.

Dann können die Briten die Woke Weltherrschaft vergessen. Die einfachen Briten schlafwandeln genauso wie die Michels – und machen sich so etlicher Untaten mitschuldig, welche Großbritannien begeht.

the NSA
1 Monat her

Starmageddon’s party erhielt nur 33.02\% aller Votes.
Wg. des absurden Wahlrechtes, erhielten sie dafuer 412/650 Sitzen.
Tories: 121/650 seats mit 23.7 \%
Libs: 72/650 12.2 \%
Reform UK 5/650 14.3 \%
Also erhielt Nigel Farage’s Party wesentlich mehr Stimmen als die Libs (FDP, totale EU Fanatiker), aber nur 5 (!) Stize, statt 72 …
Sinn Fein, ehem. Terroristen aus Ireland, erhielten 7 Seats, mit nur 0,7 \%….

Im Juni 2024 wurde Starmageddon gefragt, was ihm liebe sei: WEF oder das UK Parliament.
Antwort……WEF !

Haba Orwell
1 Monat her
Antworten an  the NSA

Dennoch sind es 86%, welche sich den Great Reset wünschen – dann werden die halt groß transformiert. Der Tommy hat Klimagedöns im Kopf nicht weniger als der Michel – und die machen ständig Druck, den korrupten Unfug global durchzuziehen. Neuestes Beispiel:

https://tkp.at/2024/08/02/am-weg-zur-weltregierung-fuer-klimawandel-und-gesundheit-mit-beschluss-wha77-14/

Auch GB war unter den 16 Ländern, welche nach der Klima-Schnupfen-Weltregierung lechzen. Besser, das Land geht unter als die übrige Welt muss sich damit rumplagen.

giesemann
1 Monat her

Der PM hat eine Heidenangst, dass ihm das Land um die Ohren fliegt – nicht anders als hier.

CIVIS
1 Monat her

…und was sagen wir da in Richtung Großbritannien: Herzlichen Glückwunsch; willkommen im Club der Selbsthasser auf die eigene Bevölkerung !

Last edited 1 Monat her by CIVIS
the toothfairy
1 Monat her

Warum wird der Zustrom von illegalen Migranten nicht gestoppt, obwohl die regierenden Politiker kein Konzept für die Lösung der dadurch entstandenen Probleme haben?

Waehler 21
1 Monat her

Aus dem Focus Online „Dabei sind 39 Polizisten teils schwer verletzt worden.“ Was ist gewonnen, wenn nach einer solchen schlimmen Tat weitere Gewalt ausgeübt wird? Gerne wird von beiden Seiten auf die Opfer Bezug genommen, doch die sind tot! Die, die mit dem Leben davongekommen sind, waren sicherlich nicht dabei. Also! To whom is it a benefit? Ich habe den Eindruck, dass es eine immer größer werdende Gruppe von Menschen gibt, die ihren Frust durch Gewalt abarbeiten. Ich habe aber auch den Eindruck, dass solche Zustände und Situationen gezielt heraufbeschworen werden, um dann Stück für Stück die Freiheit der Bürger… Mehr

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Waehler 21

Tja – man wüsste halt gerne, mit welchem Befehl diese Polizisten in den Einsatz gingen. Und wenn sich sich wie solche hätten aufspielen müssen, die friedlich gegen die Coronapolitik auf die Straße gingen, müsste man sich dann halt auch nicht wundern, dass welche mit Blessuren zurückkommen.
Wurde beschrieben, wie viele Demonstranten verletzt wurden?
Heute demonstrieren welche in Berlin – ein Ballweg Revival: https://querdenken-711.de/b0308-demo-berlin-03082024/
Und Montag dann überall wieder anderswo. Meistens vor Rathäusern ab 18:00 Uhr.