Soleimani – zwischen Verdammung und Bewunderung

Getötet wurde laut irakischem Staatsfernsehen neben anderen auch der irakische Milizkommandant Abu Mahdi al-Muhandis.

ATTA KENARE/AFP via Getty Images

Die Bedeutung des Militärschlages kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. US-Raketen, von einer Drohne abgefeuert, ließen außer einem Haufen verbranntem Blech nicht mehr viel übrig. An seinem auffallenden Ring konnte der Leichnam von Soleimani identifiziert werden. Der Auto-Konvoi mit dem General und weiteren Personen, darunter sein Schwiegersohn, fuhr im Morgengrauen entlang des Flughafens, als Raketen einschlugen. Nach arabischen Medienberichten waren sie zuvor gelandet und wurden von Milizangehörigen abgeholt.

Getötet wurde laut irakischem Staatsfernsehen neben anderen auch der irakische Milizkommandant Abu Mahdi al-Muhandis. Den Tod Soleimanis bestätigten das iranische IRGC sowie die Dachorganisation der Popular Mobilisation Force (PMF). Das ist jene Organisation, die vom Iran unterstützte Milizen koordiniert. Die PMF erklärte laut Al Jazeera, dass fünf weitere Personen bei dem Angriff getötet wurden.

US-Präsident Donald Trump ordnete den Angriff an und hielt sich ebenso wie die US-Regierung auffallend mit Jubelmeldungen zurück; es dauerte lange, bis die ersten offiziellen Reaktionen aus Washington kamen. Trump schickte zuerst lediglich das Bild der amerikanischen Flagge über Twitter in die Welt. Republikaner gratulierten ihm – auch für den erfolgreichen Ausgang.

Der Iran rief eine dreitägige Staatstrauer im Gedenken an Soleimani aus. Irans Präsident Ayatollah Ali Khamenei erklärte ihn zum Märtyrer und kündigte heftige Rache an. Ein Korrespondent von Al Jazeera in Bagdad schätzte die Liquidierung als bedeutenden Wendepunkt im Irak und im gesamten Mittleren Osten ein. Die Region stünde seit den US-Angriffen auf PMF-Kräfte nahe der irakischen Grenze und den Protesten vor der US-Botschaft in Bagdad auf der Kippe.

Kein Zweifel: Die außergewöhnlich heftigen Proteste vor den Toren der amerikanischen Botschaft in Bagdad in den vergangenen Tagen schockierten Pentagon und Weißes Haus. Kleinere Nadelstiche gab es schon länger, die jedoch zuletzt an Intensität zunahmen. Trump entschloss sich zu der sehr heftigen amerikanischen Reaktion. Israel wollte schon früher den Kommandanten des Terrors aus dem Verkehr ziehen. Doch Bush und zuletzt Obama überzeugten Israel, dies nicht zu tun. Jetzt der Angriff als ein »Akt der Verteidigung« Amerikas, der ein deutliches Zeichen an das iranische Regime sendet: »Bis hierhin und nicht weiter!« Der republikanische Senator Lindsey Graham: »Er hat amerikanisches Blut an den Händen.«

Irans Reaktion dürfte eher verhalten ausfallen. Sie haben alle Hände voll zu tun, die Bevölkerung zu unterdrücken, die sich immer heftiger gegen die islamischen Revolutionsgarden zu wehren versuchen. Das Wirtschaftsembargo wirkt seit langem und drückt auf die Wirtschaftskraft und fördert die Unruhen in der Bevölkerung. Beim Freitagsgebet in Teheran wirkten die Gläubigen auf dem Boden nicht wie aufgehetzte und aufgepeitschte Massen in Moscheen. Eher ungläubig hörten sie der Predigt mit den üblichen »Tod und Verdammnis« Wünschen zu. Auffallend oft wischten sich die älteren zuhörenden Männer übers Gesicht. Haben sie doch eher die mangelhafte Versorgungslage im Blick.

Der Militärschlag zeigt auch eines: Von einem Rückzug Amerikas aus dem Mittleren Osten kann keine Rede sein. Für einen modernen Krieg müssen nicht mehr Tausende von Soldaten unter hohen Gefahren im Land stehen. Militärsatelliten liefern Bilder in kaum vorstellbarer Detaillierung, und mit Drohnen lassen sich bestürzend präzise Angriffe ausführen.

Ob das Iran davon abhält, weiter ihre Milizen im Iran anzuheizen, wird man sehen müssen. Bleibt schließlich die Frage, ob es eigentlich noch eine deutsche Außenpolitik gibt. Denn auch Deutschland ist betroffen. Die Hisbollah unterhält hierzulande einen höchst professionellen Apparat, der zuschlagen kann, wenn der Befehl aus Teheran kommt. Eine Infrastruktur des Terrors wurde aufgebaut; Terrorzellen in Europa können aktiviert werden. Seit langem ist bekannt, dass Anschläge auch in Europa geplant sind. Dies ist auch ein Werk Soleimanis.

Ein Skandal, dass die Bundesregierung nichts tut, um die Hisbollah in Deutschland zu unterbinden und diese damit indirekt sogar unterstützt. FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff forderte, die Hisbollah müsse zur Terrororganisation erklärt werden. Er weist auch daraufhin, dass Soleimani im Iran den Status eines »Popstars« genoss. »Kein scherzhafter Begriff«, meinte er, sondern ein Begriff, der den Schrecken charakterisieren sollte.

Nicht nur im Iran. Die Berichte der Tagesschau über Leben und Tod von Soleimani lesen sich wie eine Hommage an den Kommandanten des Terrors. Schon fast bewundernd beschreibt eine ARD-Korrespondentin Aufstieg und Leben Soleimanis. »Damit stieg er auf zu einem der ranghöchsten Generäle des Landes – sehr angesehen und respektiert bei der Führung.« Die Kriegsverbrechen, für die der »schlimmste Terror-Kommandeur der Welt« (Bild) mit verantwortlich war, erwähnt sie nicht.

— Arye (ARO) Sharuz Shalicar (@aryeshalicar) January 3, 2020

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