Schottland: Umstrittener Regierungschef Humza Yousaf tritt zurück

In Schottland ist die Koalition aus SNP und Grünen geplatzt. Humza Yousaf beklagte das weiße Schottland, steckte Männer in Frauengefängnisse und erwarb sich zuletzt mit einem drakonischen Hassredegesetz negativen Ruhm. Mit ihm ist das woke Prinzip gescheitert, sich eine neue Welt zu generieren.

picture alliance / empics | Andrew Milligan

Es ist eine weitere Implosion des internationalen Systems woker Regierungen an einem seiner Pfeiler nach dem frühen Rücktritt von Leo Varadkar in Irland. Im Grunde implodiert in diesem Fall – nach Nicola Sturgeons Rückzug vor einem Jahr – sogar derselbe Pfeiler zum zweiten Mal. Der schottische First Minister Humza Yousaf (SNP) ist zurückgetreten, um zwei Misstrauensanträgen zuvorzukommen, über die im Laufe dieser Woche abgestimmt werden sollte. Einer davon richtete sich gegen ihn selbst, einer gegen seine Regierung. Der vom Volk ungewählte Yousaf ist damit nach Jahresfrist schon wieder politisch abgeschrieben, und das hat mehr als nur einen Grund.

Vorausgegangen war der Bruch der Koalition mit den Grünen, und der folgte wiederum logisch aus einer Ankündigung von Energieministerin Màiri McAllan, dass die Senkung der schottischen CO2-Emissionen um 75 Prozent in den kommenden sechs Jahren nicht stattfinden werde. Die Opposition sprach von einem „erniedrigenden“ Rückzieher. Die grünen Minister – Patrick Harvie und Lorna Slater sind ihre unwichtigen Namen – fanden das Vorgehen „feige“ und „schwach“.

Was sie eigentlich meinten: Yousaf hätte die unbeliebten Politiken, die den Bürgern und der Wirtschaft schaden, einfach durchziehen sollen. Das geschah aber ohnehin nicht. In der Vorwoche war aufgrund einer Wortmeldung des UK Climate Change Committee deutlich geworden, dass das 75-Prozent-Ziel wegen des „unzureichenden Handelns“ der schottischen Regierung ohnehin nicht erreichbar ist. Als „unzureichend“ galt etwa das Handeln in den Sektoren Heizen, Transport, Landwirtschaft und Wiederherstellung der Natur. Es sind dieselben Themen, die grüne Politiker auch in Deutschland und der EU vorantreiben und die sie dem Wahlvolk vergeblich zu verkaufen versuchen, damit aber immer wieder scheitern.

Netto-Null nur dem Namen nach

In Schottland bestand das Netto-Null-Ziel also nur dem Namen nach. Es war ein Vorhaben, das nicht gelingen konnte, und wenn, dann nur unter größten Opfern für die Zivilbevölkerung. Es wäre Krieg gegen die eigenen Bürger gewesen, und das Land sollte nach dem Willen der Grünen in eine Art Kriegswirtschaft versetzt werden.

Nun hatte Yousaf aber eins nicht bedacht, als er die Koalition mit den Grünen aufkündigte, vielleicht hatte er dazu auch keine Gelegenheit, weil er die Entwicklung nicht mehr aufhalten konnte: Mit dieser Koalition war auch seine eigene Berechtigung als erster „multikultureller First Minister“ Schottlands dahin.

Im Londoner Spectator wundert sich Iain Macwhirter nicht über den schnellen Rücktritt: Der Politiker sei schon früher als Humza „Useless“ bekannt gewesen, Humza der Nutzlose. Macwhirter, ehemaliger Kommentator für die BBC und den schottischen Herald, meint gar, Yousafs Abtritt könne die Unabhängigkeitshoffnungen der schottischen Nationalisten für eine Generation begraben, vielleicht sogar der „devolution“, jener begrenzten Autonomie des Landes mit eigenem Parlament und Regierungschef, ein Ende machen. Das scheint sehr pessimistisch.

Im März 2023 war Yousaf auf die aus Erschöpfung und wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetretene Nicola Sturgeon gefolgt, deren Linie er fortführte, wenn auch mit wenig Fortune. In Erinnerung blieb eine Wutrede über das „weiße Schottland“, in dem es noch zu wenige farbige Spitzenkräfte gäbe.

Am Montag sagte Yousaf, nachdem er ein Wochenende lang überlegt habe, sei er zum Schluss gekommen, dass die Beziehungen der SNP über die „politischen Gräben“ hinweg nur mit jemand anderem an der Spitze „repariert“ werden könne.

Wird es pragmatischer in Schottland?

Aus seiner eigenen Partei waren zuvor Rufe laut geworden, die postmodernen Spielereien (etwa um einen schottisches Selbstbestimmungsgesetz) zu lassen und sich auf die Wirtschaft des Landes zu konzentrieren. In den Umfragen hat die SNP in den letzten drei Jahren massiv verloren, während Scottish Labour gewann. Beide Parteien trennen heute nur noch wenige Prozentpunkte voneinander, wo es einst über 20 Prozentpunkte waren.

Gräben gibt es viele in der schottischen Politik, und die SNP hat sie fast alle extra tief ausgehoben. Unüberwindbar scheint der Graben zur Alba-Partei, die sich ebenso für die Unabhängigkeit Schottlands einsetzt, aber Anstoß am wokem Nebenprogramm der SNP nimmt. Die Grünen scheinen sogar bereit, mit Yousafs Nachfolger (soweit aus ihrer Sicht geeignet) weiter zu regieren, dabei war es aber letztlich ihre Agenda, die den Regierungschef zu Fall brachte.

Zu erwarten wäre nun eigentlich, dass der pragmatischere Flügel der SNP das Ruder übernimmt. Aber das ist noch nicht klar und sogar eher unwahrscheinlich. Der ehemalige Vize-Regierungschef John Swinney (unter Nicola Sturgeon) hat eine Kandidatur nicht ausgeschlossen. Er stünde für Kontinuität.

Die sozial konservative und ökonomisch gemäßigte Kate Forbes war schon bei der Sturgeon-Nachfolge hinten eingeordnet worden, weil sie einer bestimmten (christlichen) Konfession angehört. Das war abenteuerlich, denn über die genaue „Konfession“ des pakistanisch-stämmigen Muslims Yousaf wusste man weitaus weniger. Man wählte die Blackbox statt einer Kandidatin, die manchen im britischen Medien-Establishment wegen ihrer konservativen Ansichten unbequem war.

Das Hassredegesetz bleibt – vorerst – Yousafs Vermächtnis

Zuletzt hat Yousafs illiberales Hassrede-Gesetz den Ruf Schottlands weit über die Landesgrenzen hinaus beschädigt. Der SNP-Gesetzentwurf zur Gender-Anerkennung (Gender Recognition Reform Bill) war zuvor durch ein Veto Londons gestoppt worden. Auch diese beiden Gesetze, die sich gleichermaßen wenig um hergebrachte Prinzipien wie Rede- und Meinungsfreiheit scheren, sind im Grunde auf dem Mist der grünen und woken Bewegung gewachsen und wurden nicht nur von der Wahlschottin J. K. Rowling unerbittlich kritisiert und auch durch zivilen Ungehorsam bekämpft.

Und die schottischen Grünen lehnten es ab, den lange erwarteten Cass-Bericht zu medizinischen Eingriffen in die Körper von Jugendlichen (wegen fragwürdiger Transgender-Diagnosen) als wissenschaftlich zu akzeptieren. In Schottland hatte der Bericht auch aus diesem Grund kaum eine Auswirkung. Die Bastion aus postmoderner SNP und Grünen hielt. Und das dürfte nicht zur Beliebtheit der Regierung beigetragen haben. Am Ende war es beinahe ein Zufall, dass die Mesalliance zerbrach, und auch wieder nicht: Die Klima-Ziele von SNP und Grünen haben sich als nicht umsetzbar und äußerst unbeliebt erwiesen. Nur deshalb legt man hier also den Rückwärtsgang ein.

Nun ist Schottland mit seinen 5,4 Millionen Einwohnern sicher nicht das Epizentrum der westlichen Welt, erst recht nicht, seit man sich durch die eigene Führung so sehr isolierte und in eine Sackgasse manövrierte. Aber trotzdem ist der Rücktritt Yousafs ein Signal in die richtige Richtung.

Der Kolumnist Macwhirter befürchtet, dass Kate Forbes, obwohl sie ihm als die kompetenteste Kandidatin gilt, wiederum leer ausgehen wird. Es könnte also auf einen weiteren Sturgeon-Klon hinauslaufen, vielleicht sogar wieder mit den Grünen im Boot. Denn auch diese Kooperation der SNP scheint fast alternativlos zu sein. So könnten erst die nächsten Wahlen mit einem Labour-Sieg – analog zu London – einen Wandel bringen. So sieht es die Demokratie für die Unbelehrbaren vor.

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Kommentare ( 24 )

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Lansab
7 Monate her

Mr. Yousaf trat bei der Krönung von King Charlie im Schottenrock auf. Hatte keine Ahnung, wer das war. Ich: „Wer ist das denn? Was macht ein Pakistani/Inder/Afghane im Kilt???“, Kommentator: „Und da ist der First Minister Schottlands“, Ich: „Ach du Schei…“ Dann hörte ich sein Klagelied, dass Schottland „zu weiß“ sei. Da war dann ALLES klar. Wenn einem Schottland zu weiß ist, ist man im falschen Land. Dann wäre man in Pakistan besser aufgehoben. Immer wieder bemerkenswert: Da verlassen die Leute zu Millionen ihre Heimatländer, weil sie die Zustände dort nicht ertragen, und wollen dann flugs die gleichen Zustände in… Mehr

Haba Orwell
7 Monate her

> und der folgte wiederum logisch aus einer Ankündigung von Energieministerin Màiri McAllan, dass die Senkung der schottischen CO2-Emissionen um 75 Prozent in den kommenden sechs Jahren nicht stattfinden werde.

Gerne würde ich Großbritannien danach (in unabhängigen Medien) sehen, als Lehrobjekt und Abschreckung. In dieser Funktion könnten die gerne auch Umma ausprobieren. Jenes Großbritannien, aus dem ein Herr Johnson vor zwei Jahren Richtung Kiew aufbrach, um den bereits ausgehandelten Frieden zu verhindern, worauf eines der beteiligten Länder diese Woche gerade eine halbe Million Gefallene erreichte. Wieso muss sich ständig sonst wer für die Angelsachsen opfern?

Fatmah
7 Monate her

Der Wokismus führt anscheinend dazu, das man Menschen mit zweifelhaften Ansichten hochpusht, das sehe ich bei den Grünen genauso. Leute die nichtmal einen Zeitungskiosk führen könnten, werden dort zu Ministern gemacht.
Im Fall der Schotten gilt wohl, Hauptsache nicht weiß, alt oder hetero.
Liebe Woke: Die Physik und die Realität kann man nicht mit Wunschdenken überlisten, das hat schon Herr Newton festgestellt.

Homer J. Simpson
7 Monate her

Ich finde es ja immer sehr befremdlich und kurios, wenn Zugewanderte aus anderen Kulturkreisen politische Ämter und Posten in Verwaltung und Regierung erhalten. Das ist übrigens in all deren Herkunftsländern nicht möglich! Aber der liberal-woke Westen soll von diesen Kreisen auf wortwörtlich links gedreht werden. Samt der Identität und Kultur der indigenen Bevölkerung, also final der weißen Menschen. Vergessen wird auch immer, wie suboptimal bis schlecht es mit den Kultur-, Politik- ind Gesellschaftsstilen dieser Klientel bestellt ist, sind doch alle deren Herkunftsländer und Kulturkreise rückständig, auf Entwicklungshilfe der ersten Welt angewiesen und technologisch, wissenschaftlich wie kulturell nicht präsent wie destruktiv.… Mehr

ReneKall
7 Monate her

Alba gu brath, ich hoffe die Schotten besinnen sich wieder auf ihre Traditionen und Werte. Die Aussicht bleibt gering, aber man wird ja noch hoffen dürfen.
Das gilt im Übrigen auch für Deutschland.

maru
7 Monate her

Warum suchen sich europäische Länder solche Canaillen als Premierminister aus?
Wenn er diese Position in Pakistan hätte – ja gut. Aber warum in Schottland?

Metric
7 Monate her

Die SNP ist das Paradebeispiel dafür, wie eine eigentlich sinnvolle und erfolgreiche links(-patriotische) Bewegung von postmodernen Ideologen gekapert wird – und sich dann selbst versenkt. Am Anfang ärgert man sich noch, später freut man sich über ein schnelles Ende. Kann weg.

Leopold Schmidt
7 Monate her

Jede Demokratie hat die Regierung die sie verdient. Wir verdienen Olav den Vergesslichen, Robert den Zerstörer und Hupsi Bärbock. Sie wurden gewählt. Freiwillig. DAS ISTDemokratie, die Herrschaft des Volkes durch ihre gewählten Repräsentanten. Unsere best and brightest. Und die stolze Nation der Schotten, die Söhne und Töchter von William Wallace, Rob Roy MacGregor, Mary Stuart, David Livingstone und Sean Connery? Ihr bester und klügster, ihr würdigster Repräsentant ist heute halt Humza Yousaf. Klar doch. Wer auch sonst. Auch die Schott:Innen sind noch lange nicht soweit, daß sie auf die Idee kämen, zur Abwechslung mal wieder selbst zu denken. Auch dort… Mehr

Haba Orwell
7 Monate her
Antworten an  Leopold Schmidt

> Und die stolze Nation der Schotten, die Söhne und Töchter von William Wallace, Rob Roy MacGregor, Mary Stuart, David Livingstone und Sean Connery?

Seit 300 Jahren Teil Großbritanniens, welches Imperium General vor etwas über 100 Jahren in Südafrika die Konzentrationslager erfunden hat. Slawen meucheln, ist für die kein Problem (in Deutschland müsste fast jeder zumindest einige slawische Vorfahren haben). Einmal kann es die Briten treffen und wenn die im einst eigenen Land überrannt werden – historische Gerechtigkeit.

Cethegus
7 Monate her
Antworten an  Leopold Schmidt

Ja das ist Demokratie und zwar eine gelenkte!!

ChrK
7 Monate her

>>Es sind dieselben Themen, die grüne Politiker auch in Deutschland und der EU vorantreiben und die sie dem Wahlvolk vergeblich zu verkaufen versuchen, damit aber immer wieder scheitern.<<

Hm.

Worin genau liegt noch einmal REALITER das Scheitern der Grünen in diesem Land? Klar, mit Vernunft und Realitätssinn hat das nichts zu tun, aber was genau hindert sie, es AUF TEUFEL-KOMM-RAUS einfach durchzuziehen und so ihre Version der Realität zu installieren?

Haba Orwell
7 Monate her
Antworten an  ChrK

> aber was genau hindert sie

Sicherlich nicht Michels, die an jeder ÖRR-Propagandasendung kleben und sich bestenfalls wundern, wieso dort ständig Propaganda kommt, welche die sich reinziehen „müssen“?

dienbienphu
7 Monate her

Immerhin hat er den Anstand und tritt zurück. Nicht so wie bei der Ampel

ChrK
7 Monate her
Antworten an  dienbienphu

Mit Anstand hat das wohl eher weniger zu tun…mal sehen, welche Marionette ihn beerbt…

Fieselsteinchen
7 Monate her
Antworten an  dienbienphu

Danke!
Das war auch meine erste Idee! Deutschland bleiben die Grünen erhalten, von Kriegswirtschaft wird schon gefaselt, wenn sich die ganze Welt der ökolinkswoken Spinnerei entledigt, einem Land bleibt sie erhalten: Dummland – Deutschland!

Oblongfitzoblong
7 Monate her
Antworten an  dienbienphu

So freiwillig und anständig ist der Rücktritt nun auch wieder nicht. Yousaf kommt nur der – unehrenhaften – Abwahl durch Misstrauensanträge zuvor. Aber auch solche Anträge kommen bei uns nicht mehr vor.