Nigeria: Brutale Christenverfolgung steht auf der Tagesordnung

Westafrika gehört zu den „Hotspots“ der weltweiten Christenverfolgung, wo Boko Haram und islamische Milizen plündern, brandschatzen und töten. Sie träumen von der Einrichtung des Kalifats. Im Gespräch mit einem Hilfswerk wird deutlich, dass Europa der Konflikt nicht kaltlassen kann.

IMAGO / ZUMA Press
Die Archivaufnahme zeigt den friedlichen Protest gegen die dauernden Übergriffe, Attacken und Verschleppungen von Christen in Lagos, Nigeria, am 22. Mai 2018. Geändert hat sich seitdem wenig.

Platz 6. So weit oben steht Nigeria auf dem „Weltverfolgungsindex“ der christlichen Hilfsorganisation Open Doors. Die Negativ-Rangliste nennt die 50 Länder, in denen es für Christen am gefährlichsten ist, ihren Glauben zu leben. Das müsste eigentlich verwundern, denn immerhin die Hälfte der Bevölkerung bekennt sich zum christlichen Glauben. Doch das Land ist geteilt: in einen christlichen Süden und einen muslimischen Norden, der zur Sahel-Zone gehört und zahlreiche Probleme der angrenzenden Sahel-Staaten teilt.

Die Diskriminierung von Christen gehört dort zur Tagesordnung und hat eine lang zurückreichende Tradition. Sie fristen ein Dasein als Bürger zweiter Klasse. Illia Djadi, Westafrika-Experte von Open Doors, berichtet im Gespräch mit TE, dass es die christlichen Einwohner dort „gewohnt“ seien, verfolgt zu werden. Als „Ungläubige“ besitzen sie keine Grundrechte. „Sie haben keine Erlaubnis, die Schule zu besuchen oder Kirchen zu bauen“, sagt er. Christinnen würden zur Heirat mit Muslimen gezwungen. Djadi liest einen Brief vor, den er erst an diesem Tag erhalten hat: Die Gemeinde eines Pfarrers wurde angegriffen, viele Kirchgänger und Kirchenführer, auch Schulkinder verschleppt. „Nigeria ist das Land mit der brutalsten Christenverfolgung“, so Djadi weiter.

Rund 100 Millionen Christen leben in Nigeria, schätzt Open Doors. Im Sommer berichtete die Organisation, dass allein im Bundesstaat Plateau seit April mehr als 300 Christen ermordet worden seien. Er ist aufgrund seiner Position zwischen christlichen und muslimischen Territorien ein Brennpunkt. Milizen der muslimischen Fulani überfallen regelmäßig christliche Dörfer. Sie plündern und brandschatzen die Orte, töten und vertreiben die Christen oder nehmen sie als Geiseln. Auch der Gouverneur des Bundesstaates, Barrister Caleb Mutfwang, betonte, dass es sich um eine „sorgfältig geplante Dezimierung unserer Bevölkerung“ handele. Laut Open Doors erlitten mehr als 5.000 Christen insgesamt in Nigeria zwischen dem 1. Oktober 2021 und dem 31. September 2022 das Martyrium, weitere 4.700 wurden entführt. Beobachter sprechen von einem „stillen Genozid“.

Das obige Beispiel steht nicht allein. Am 7. Mai 2023 griffen die Fulani einen Gottesdienst im Bundesstaat Kaduna an. Ein Gemeindemitglied wurde getötet, 40 – darunter auch Kinder – verschleppt. Am 3. Oktober griffen die Fulani-Milizen ein Lager für Binnenvertriebene an. 11 Frauen, die außerhalb des Lagers nach Brennholz suchten, wurden abwechselnd mit vorgehaltener Waffe vergewaltigt. Es gab 2023 zahlreiche ähnliche Vorfälle in weiteren nördlichen Bundesstaaten. Alltagsdiskriminierung, Alltagsmorde, Alltagsterrorismus reiht sich in Nigeria aneinander und zermürbt die christliche Bevölkerung. In den nördlichen Staaten bleiben solche Formen ohne Konsequenzen: Hier gilt vor allem das Recht der Scharia. Der Präsident des Landes, Bola Tinubu, ist selbst Muslim und hat muslimische Vertreter in die Regierung berufen. Das galt auch für seinen bis 2023 amtierenden Vorgänger Muhammadu Buhari, der einer Fulani-Familie entstammte.

Trotz der gewaltigen Zahl an Vertreibungen und Ermordungen streift das Nachrichtengeschehen die Lage in Nigeria nur am Rande. Erst beim Putsch im Nachbarland Niger tauchte das Thema Christenverfolgung kurz auf, das nicht nur Nigeria, sondern weite Teile der Sahel-Staaten betrifft. In einer Region, in der die Demokratie tendenziell schwach ausgeprägt ist, sorgen solche Umstürze für zusätzliche Instabilität. Die Militärregierungen sind oftmals mit der muslimischen Mehrheitsbevölkerung vor Ort verdrahtet, der Schutz der dortigen Christen spielt eine noch geringere Rolle als in den gestürzten demokratischen Systemen.

Die anhaltenden Staatsstreiche in der Region eröffneten eine „Ära der Ungewissheit“, so Djadi gegenüber TE. „Terroristen profitieren von dieser Situation.“ Zugleich werde der Putsch zur Regel, um die Macht in Westafrika zu übernehmen. In dem Machtvakuum breiteten sich intolerante, radikale Gruppen aus, die Kontakt zu Al-Kaida und dem Islamischen Staat hätten. Bekanntestes Beispiel ist die Terrorgruppe Boko Haram. Das Ziel aller dieser Gruppen ist die Einführung eines Kalifats in Westafrika. Mit der Schwächung der Vorort-Regierungen wird diese Vision jeden Tag ein Stück mehr Realität. „Die Sahelzone ist das neue Epizentrum des Islamischen Staates“, sagt Djadi – und verweist darauf, dass sich auch in Somalia und Mosambik ähnliche Entwicklungen abzeichnen.

Das Pfingstmassaker war ein weiteres Mal, dass die Christenverfolgung in Westafrika und speziell in Nigeria in der Weltöffentlichkeit ankam. Am 5. Juni 2022 stürmten die bewaffneten Täter eine Heilige Messe im Bundesstaat Ondo und töteten 50 Menschen. Djadi sieht darin einen entscheidenden Wendepunkt. Die Dschihadisten hatten bis dahin den Norden dominiert, der mehrheitlich christliche Süden kannte eine solche Gewalt nicht. Mit dem Attentat auf die Franz-Xaver-Kirche von Owo aber war die Christenverfolgung nun nicht nur in Ausläufern, sondern mit voller Wucht im Süden angekommen.

Djadi warnt davor, die Situation vor Ort nur als afrikanisches Problem abzutun. Die internationale Gemeinschaft negiere und ignoriere die Krise. Die verarmte muslimische Bevölkerung – und nicht zuletzt die junge Generation – werde zur Beute der Islamisten und ihrer radikalen Ideologie, indes die Region zum Spielball von Interessen ausländischer Mächte in einem neuen „Scramble of Africa“ geworden sei: Neben den USA und Frankreich treibe die russische Wagner-Gruppe ihr Unwesen, auch China, die Türkei und Saudi-Arabien mischten mit. „Allein in Burkina Faso gibt es 2 Millionen ‚displaced persons‘, das ist ein Zehntel der Bevölkerung“, sagt Djadi. Die Botschaft ist klar: Gehen Mord und Vertreibung in Westafrika weiter, stürzen die bereits fragilen Staaten in sich zusammen und übernimmt der radikale Islam die Hand, dann droht ein Massenexodus.

Um dieses Problem zu lösen, brauche es einen „holistischen Ansatz“. Dabei warnt er explizit davor, die Regierungen zu sehr in die Pflicht zu nehmen, da die Korruption ein inhärentes Problem sei. Mehr Geld würde die Korruption nur noch mehr anheizen. Christliche Hilfswerke wie Open Doors – in Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen und einheimischen Kirchen – sind in ihrer Tätigkeit vor Ort nicht nur effizienter, sie hätten oftmals auch ein hohes Ansehen: weil sie etwa Schulbildung für alle anböten und ohne Unterschied Essen an Bedürftige verteilen. Ein Anzeichen für den guten Ruf sei auch, dass die Eliten ihre Kinder vornehmlich in das schickten, was man früher „Missionsschulen“ nannte. Hilfswerke und Kirchen spielten deswegen eine Schlüsselrolle.

Zugleich stießen aber Open Doors und andere Hilfswerke immer wieder an ihre Grenzen wegen der großen Nachfrage nach Medizin, Bildung und weiterer Hilfe, um die Krise zu bewältigen. Das Risiko, dass die Region ins Chaos abdriften könnte, bleibt weiterhin hoch. „Vergesst nicht die Sahelzone, vergesst nicht das Afrika südlich der Sahara!“, appelliert Djadi. Die Krise werde auch Europa treffen, wenn sich die Menschen erst auf den Weg machten. Das gilt nicht nur für die Migration, sondern auch kriminelle Banden wie die nigerianische Mafia. Die Gewalt wende sich nicht nur gegen die Christen, sondern auch gegen den Staat, um die fragile Region weiter zu destabilisieren. „Die Zerstörung des Staates ist die Agenda der Terroristen.“ Dann werden Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit in noch weitere Ferne rücken als bisher.


Der Artikel erscheint aus Anlass zum heutigen Gedenktag an verfolgte Christen in der Welt (Red Wednesday).


 

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Kommentare ( 52 )

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Sabine Ehrke
11 Monate her

Christenverfolgung und dazu der Hass auf ‚weiße‘ Menschen in EUROPA. Deutschlands nationale Sozialisten der Ampel Koalition tun alles dafür, weltweit.

LF
11 Monate her

Und unsere Regierung belohnt Nigeria für diese Christenverfolgung mit 640 Millionen € Steuergeld für Entwicklung, stand 02-2023.
Die Christen hätten in Nigeria keine Probleme, wenn Sie diese genauso herzlich Aufnehmen und versorgen würden, wie wir das mit Migranten bei uns machen. Wie ungerecht es doch zugehen kann, oder, jeder verteidigt seine eigenen Interessen?

Bambo
11 Monate her

Deshalb hat unser kluger Olaf, also der mit den Gedächtnislücken, gleich nach der Haushaltsperre im Rahmen eines Sparpaketes 4 Mrd an das ölreiche Nigeria überwiesen. Auch für die Ukraine gab es nochmal 8 Mrd. Nachschlag. Und für Indien gibt es auch 10 Mrd. Dazu noch 370 Mio. für die Taliban und 200 Mio. für den Terror der Hamas. Die Regierung arbeitet hart für die Interessen der deutschen Bevölkerung. Danke nochmals, danke.

Last edited 11 Monate her by Bambo
Innere Unruhe
11 Monate her

Provokante Frage – Warum soll es uns kümmern? Warum hören wir nicht, dass sich die Uma von diesen Vorgängen distanziert? Die Frage richtet sich an den Zentralrat der Muslime – woher soll ich wissen, ob ein Muslim, dem ich gegenüber stehe, eine ist, der gerne Menschen verschleppen würde? Oder ober es eben nicht tun würde? Was genau macht Islam zur friedlichen Religion? Bitte mit Beispielen. Es geht doch nur noch darum, jenen, die produktiv arbeiten – dem Westen – den Wohlstand abzunehmen. Schwarze und Opfer interessieren die Linke doch nicht. Auch nicht die Christen. Es geht doch nur ums Geld,… Mehr

NordChatte
11 Monate her

Und das Schlimme daran ist, daß der deutsche Staat in diese Länder – besonders nach Nigeria – deutsches Steuergeld hineinpumpt als gäbe es kein Morgen.

helmut kassner
11 Monate her

Fast jeden Sonntag höre ich die Übertragung eines Gottesdienstes im Radio. Im Fürbittengebet am Schluß des Gottesdienstes wird für alles Mögliche gebetet nicht aber für die Verfolgten Christen. Meistens hat man die Gelegenheit anschließend die jeweilige Gemeinde anzurufen. Als Antwort auf die Frage warum nicht für die verfolgten Christen gebetet wird, hört man die dollsten Ausreden; Spitzenreiter für mich eine Pastorin aus Dresden: Das würde den Gottesdienst überfrachten.

GWR
11 Monate her

Nigeria?
Ist das nicht das Land, dem Deutschland sehr viel Geld überwiesen hat und wo der Clanchef seinen Parlamentarieren neue Geländewagen spendiert hat.
Pro Fahrzeug ca. 150.000 $ und das mal ca. 470. sind ja nur so um die 70 Millionen Dollar.
Aber dafür bekommen wir dann angeblich grünen Wasserstoff.
Da ist an Idiotie nicht zu überbieten.

Moses
11 Monate her

Ist das was Neues? Das Gleiche spielte sich mehr als letzte 25 Jahren in vielen muslimischen Staaten und besonders in Nahen Osten ab, was störte weder europäischen Politiker noch Kirchen. Niemand hat was unternommen oder mindestens darüber laut was gesagt. Die christliche Flüchtlinge hatten nie ein bloß klein bevorzugten Status unter Migranten nach so christliche Europa mitvielen christlichen Parteien.
Auch UN erkannte in dieser Region nur arabische Flüchtlinge um den Israel. Die andere interessierten niemanden.

Schwabenwilli
11 Monate her

Solange die Kirchen und der Papst das Maul nicht aufkriegen………

Ralf Poehling
11 Monate her

Zitat 1:“Djadi warnt davor, die Situation vor Ort nur als afrikanisches Problem abzutun. Die internationale Gemeinschaft negiere und ignoriere die Krise“ Zitat 2:“„Vergesst nicht die Sahelzone, vergesst nicht das Afrika südlich der Sahara!“, appelliert Djadi. Die Krise werde auch Europa treffen, wenn sich die Menschen erst auf den Weg machten. Das gilt nicht nur für die Migration, sondern auch kriminelle Banden wie die nigerianische Mafia. Die Gewalt wende sich nicht nur gegen die Christen, sondern auch gegen den Staat, um die fragile Region weiter zu destabilisieren. „Die Zerstörung des Staates ist die Agenda der Terroristen.““ Genau das. In Afrika läuft… Mehr

Innere Unruhe
11 Monate her
Antworten an  Ralf Poehling

Richtig, der einzige Weg, ist eine Welt, wo Eintritt streng kontrolliert wird.
Die Illegalen gehören eigentlich nach dem australischen Modell behandelt – auf eine Insel abgeschoben.

Ralf Poehling
11 Monate her
Antworten an  Innere Unruhe

Genau das. Das will hier keiner hören, aber weite Teile der islamischen Gesellschaft sind aufgrund der koranischen Indoktrination tendenziell faschistoid, antijüdisch und vollkommen intolerant gegenüber andersdenkenden geprägt und leben das in größeren Ansammlungen dann auch aus. Diese Tendenz muss man der islamischen Umma austreiben. Und zwar in dem man ihr auch klar macht, das derartiges Verhalten hier nicht toleriert wird. Das mag der eine oder andere als Sippenhaft fehlinterpretieren, aber wenn sich der Großteil einer Sippe gegen den Rest der Welt verschwört, dann muss der Großteil der Sippe auch spüren, dass das beim Rest der Welt auf Ablehnung stößt. Wenn… Mehr

Innere Unruhe
11 Monate her
Antworten an  Ralf Poehling

Wäre Islam so toll, wären islamische Länder fortschrittlich und würden Asylanten anziehen, anstatt welche zu generieren.
Daher sind sie als Gesellschaft zu meiden, denn es ist nicht wirklich klar, welchen Beitrag sie zur Weltlkultur und – Wissenschaft geleistet haben. Das gibt zu denken.