Nato-Jubiläum: Biden ohne Pannen

Biden will nicht abtreten, vehement fordert er von seiner Partei, sich hinter ihn zu stellen. Wehe dem, der ausschert. Jetzt wollte der US-Präsident beim Nato-Jubiläum auch den internationalen Verbündeten beweisen, dass er es noch drauf hat. Die Sorge war groß. Konnte Biden überzeugen?

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Evan Vucci
US-Präsident Joe Biden beim Nato-Jubiläum, Washington, USA, 9. Juli 2024

Dienstag begrüßte Gastgeber Joe Biden Staats- und Regierungschefs anlässlich des Nato-Jubiläums in Washington. Eine Möglichkeit für den wegen seiner kognitiven Ausfälle seit fast zwei Wochen im Dauerfeuer der Kritik stehenden US-Präsidenten, auf internationaler Ebene seine Führungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Auch im Ausland war sein desaströser Auftritt beim TV-Duell mit Trump und dem TV-Interview mit George Stephanopoulos nicht verborgen geblieben. Hinter vorgehaltener Hand fragte man sich, ob der wichtigste Nato-Partner überhaupt zurechnungsfähig sei. In Italien machte man im TV offen Witze über ihn.

Desaster mit Ansage

Sein Stab behauptet, Ausfälle seien die Folge von wahlweise Übermüdung/Erkältung/Hate Speech. Aber: Seit mehr als einem Jahr arrangierten und inszenierten Berater des Weißen Hauses laut Wall Street Journal den Zeitplan, die Bewegungen und die persönlichen Begegnungen von Biden. Man versuchte, unbedingt unter Verschluss zu halten, wie das Alter bei dem ältesten Präsidenten in der Geschichte der USA seinen Tribut fordert.

Bidens tägliche Reiseroute, Pressekonferenzen und Medienauftritte wurden vehement eingeschränkt, man schützte ihn vor spontanem Austausch. Bei Treffen mit Sponsoren wurde sichergestellt, dass man nur Höflichkeiten austauscht. Während intern Bidens Ausrutscher immer offensichtlicher wurden, versicherten seine Top-Berater nach außen, dass es dem Präsidenten gut ginge.

So erklärt sich, dass Bidens abgrundtief schlechte Leistung bei den beiden TV-Auftritten viele Mitglieder seiner Partei, darunter etliche Mitarbeiter des Weißen Hauses, so entsetzte. Sie hatten schon seit geraumer Zeit keine direkte Begegnung mehr mit dem Präsidenten und alle Gerüchte um seinen Zustand wurden vom Weißen Haus als rechte Hate Speech abgetan.

Biden versagt sogar bei diktierten Fragen

Letzte Woche zeigte sich, dass die beiden TV-Auftritte kein Ausrutscher waren. Biden gab ein Radio-Interview, das ebenfalls desaströs lief. Er stammelte etwas davon, die erste schwarze Frau im Weißen Haus zu sein beziehungsweise der erste schwarze Vize-Präsident. Aber noch schlimmer: Er versagte, obwohl die Fragen abgesprochen waren. Radiomoderatorin Andrea Lawful-Sanders wurde gerade gefeuert, nachdem sie zugab, sie hätte Joe Biden nur die Fragen gestellt, die das Weiße Haus ihr vorab geschickt hätte.

— Libs of TikTok (@libsoftiktok) July 7, 2024

Mit anderen Worten – nicht einmal mit bekannten und vorbereiteten Fragen kann Biden umgehen.

Olaf Scholz deckt Biden

Jetzt also die Bewährungsprobe vor internationalen Leadern. Olaf Scholz hat bisher bei der Scharade mitgemacht. Wir erinnern uns, dass er von Biden vor einigen Wochen als scharfem Denker sprach: „Ich finde, dass Joe Biden jemand ist, der sehr klar ist, der genau weiß, was er tut.“ Auch jetzt noch wischt Scholz Befürchtungen einer Überforderung des Gastgebers erneut weg. „Nein, diese Sorge habe ich nicht“, sagte der Kanzler vor der Abreise zum Nato-Jubiläum.

Pech, dass das Wall Street Journal nun enthüllte, dass die Deutschen schon 2022 wussten, dass Biden nur zwischen 10 und 17 Uhr einigermaßen fit ist. Man hatte versucht, dem Präsidenten entgegenzukommen, und ein Treffen mit Olaf Scholz für den frühen Abend geplant. Die informelle Veranstaltung sollte im Schloss Elmau während des G7-Gipfels stattfinden. Leider war auch der frühe Abend noch zu spät für Biden. Zur großen Überraschung des Kanzlers kam statt des Präsidenten nur Außenminister Antony Blinken und erklärte, dass Biden ins Bett gegangen sei.

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Biden weiß, dass er auf dem Prüfstand steht. Nicht nur national, auch international. Beim Nato-Geburtstag konnte er endlich mal wieder besser aussehen. Seine Rede – mithilfe von Telepromptern gehalten – war fast flüssig. Er stammelte nicht, es gab nur wenige kleine verbale Stolperer wie diesen: „Putins Aggressionskrieg gegen die Ukraine geht weiter und Putin will nichts weniger als … Uran, Uran, Ukraines Kultur zu zerstören und die Ukraine von der Karte zu streichen“, sagte Biden. Trotzdem. Sein Blick war klar und sein Gang überraschend wenig staksend.

Ein Bibbermoment: Als er Jens Stoltenberg die „Medal of Freedom“, die höchste zivile Auszeichnung der USA, umlegen sollte und doch arg an dem Verschluss herumnestelte. Das Seidenband des Ordens war anschließend völlig verdreht, aber immerhin – der Orden hing um Stoltenbergs Hals. Als man anschließend gemeinsam zu den Sitzen zurück ging, strich Stoltenberg dem US-Präsidenten beruhigend über den Rücken.

Es war 17 Uhr, anscheinend war Biden ausgeschlafen. Wie er sich bei den internationalen Leadern am Abend verkaufen konnte, werden wir wohl erst in den nächsten Tagen erfahren – wenn überhaupt.

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