Der polnische Premier Mateusz Morawiecki sieht das »Haus Europa« in Gefahr. Vor seiner Reise ins Baltikum nahm er eine Rede an alle Europäer auf, mit der er für einen Schutz der europäischen Grenzen warb. Für ihn geht es dabei längst um die Selbstachtung des Kontinents.
Langsam wächst in einem Teil der hiesigen Presse die kognitive Dissonanz. Hatte man nicht in »Flüchtlingen« immer etwas Positives gesehen? Und nun sollen dieselben »Flüchtlinge« die »Waffen« in einem »hybriden Krieg« sein. Da regt sich etwas, fast Widerspruch. Doch die Polen, die sich dank ihrer Ressourcen als Wortführer der Ostmitteleuropäer eignen, halten tapfer dagegen.
Am Sonntag war Premier Mateusz Morawiecki auf Besuchstour in den baltischen Ländern, von denen zwei – Litauen und Lettland – ebenfalls, wenn auch gerade weniger drastisch von dem hybriden Konflikt betroffen sind. Estland, das keine gemeinsame Grenze mit Weißrussland, dafür aber eine lange mit Russland hat, schickt derweil eine der ersten militärischen Unterstützungseinheiten nach Polen: fast 100 Soldaten, darunter Militärpolizei, Aufklärungseinheiten und Pioniere, dazu Überwachungselektronik und einige Drohnen. Am späten Sonntagabend traf Morawiecki noch mit den eigenen Grenzschützern in Krynki zusammen und ließ sich zur aktuellen Lage an der Grenze informieren.
It is crucial for the EU to maintain unity and increase international pressure on the Minsk regime that is the only cause of irregular migration through the Eastern EU border. #WeDefendEuropepic.twitter.com/VEKXX7HBwo
— Ingrida Šimonytė (@IngridaSimonyte) November 21, 2021
Auch an den letzten Tagen war wieder von größeren Gruppen von Migranten berichtet worden, die versuchten, über die grüne Grenze nach Polen zu gelangen. Dabei wurden erneut Schleuser gefasst, darunter zwei Syrer, ein Georgier, Ukrainer und ein deutscher Staatsbürger. Am Sonntag erst versuchten 150 »aggressive Ausländer« im Bereich des Außenpostens Dubicze Cerkiewne die Grenze zu überschreiten – anscheinend erfolglos. Die Anwesenheit weißrussischer Einheiten im Hintergrund wurde allerdings von den Polen bemerkt.
Morawiecki ist der Sohn eines Veteranen der Solidarność-Bewegung, des theoretischen Physikers Kornel Morawiecki. Selbst studierte er Geschichte, BWL und Europastudien. Als Ökonom begleitete er den polnischen EU-Beitritt, lehrte verschiedene Fächer in Breslau, bevor er die Leitung der Bank Zachodni WBK übernahm, der heutigen Santander Bank Polska. Später wurde er Finanzminister unter Beata Szydło. Premierminister wurde er 2015, nachdem seine Vorgängerin ihre Überzeugungskraft in den anhaltenden Kämpfen mit der EU-Kommission abgenutzt hatte. Erst im folgenden Jahr trat er der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) bei.
»Heute ist Polen das Ziel, morgen werden es Deutschland, Belgien, Frankreich oder Spanien sein«
Man kann vermuten, dass sich Morawiecki mit den Mechanismen der EU ausreichend auskennt, hat er doch die erste Monographie zum EU-Recht in polnischer Sprache mitverfasst. In einem mit dramatischer Musik unterlegten Video fordert er nun die Europäer auf, sich an ihrer Ostgrenze zu verteidigen. Für Mateusz Morawiecki ist es keine »gewöhnliche Migrationskrise«, die sich derzeit vor allem an der Ostgrenze seines Landes abspielt. Er sieht den Konflikt, der sich in den vergangenen Tagen am deutlichsten am Grenzübergang Brusgi–Kuznica zeigte, als »hybriden Krieg«, den der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko »mit klammheimlicher Unterstützung Wladimir Putins« gegen die EU führe.
Doch der Vorwurf an Lukaschenko ist nur eine Episode in Morawieckis Rede. Er stellt klar: »Heute ist Polen das Ziel [der Angriffe], doch morgen werden es Deutschland, Belgien, Frankreich oder Spanien sein.« Dahinter verberge sich »die Organisation von Migrationsrouten«. Das reicht offenbar für ein polnisches Publikum, um das Verfehlte der Vorgänge zu verdeutlichen. Ungesagt bleibt, dass es sich um illegale Migration und also um Schleuserhandwerk handelt. Der Satz hat kein Subjekt, obwohl bald wieder vom Druck Lukaschenkos und Putins die Rede ist. Morawiecki nennt auch die europäische Abhängigkeit von russischem Gas, dessen Preise durch eine »drastische Reduktion« der Liefermengen gestiegen sei.
Morawiecki versucht eine europäische Einigung auf neuer Grundlage
Insgesamt findet sich in der Rede des polnischen Premiers eine Verknüpfung verschiedener Motive: Zum einen werden Russland und das verbündete Weißrussland als Aggressor hervorgehoben. Das dürfte vor allem ein Signal nach innen und an die anderen Ex-Warschauer-Pakt-Staaten sein. Zum anderen hebt Morawiecki »Europa« als einigende Idee hervor. Das ist – auch – ein Signal an Brüssel, Paris und Berlin: Hier werden eure Werte und euer Regnum, die EU, angegriffen. Helft mit, es zu verteidigen. Daneben können sich auch Briten, Norweger und Schweizer davon angesprochen fühlen. Briten und Amerikanern dankte Morawiecki ausdrücklich für ihre Hilfe.
An dieser Stelle kann Morawiecki bei zahlreichen Aussagen anderer Politiker anknüpfen. So hatte jüngst der slowenische Innenminister Aleš Hojs sich mit der englischen Formel »No more refugees welcome« für ein Ende der illegalen Migrationsströme nach Europa ausgesprochen. Aus Griechenland hatte zeitgleich der zuständige Minister Notis Mitarakis die Notwendigkeit sicherer Grenzen angesprochen. Dass Ungarn, Österreich, Litauen und überhaupt der Osten des Kontinents derselben Meinung sind, ist seit einem Aufruf für funktionierende Grenzbarrieren deutlich.
Mittelfristig auf dem Tapet: der Migrationssog aus den Ländern Westeuropas
Einen Kompromissvorschlag hatte Morawiecki dennoch für Lukaschenko, sozusagen eine gesichtswahrende Lösung für den Nachbarn im Osten: Polen würde die Rückführung der Migranten aus Weißrussland bezahlen. Jederzeit sei man dazu »in der Lage«, wie der Premier nach dem Treffen mit der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas sagte. Auch diplomatische Kontakte zum Irak und anderen Ländern in Nahost könnten dabei behilflich sein, so Morawiecki.
So zeigen sich die Polen versöhnlich und zum Frieden bereit. Zugleich sendet Warschau aber Signale der Härte an Minsk, was den eigentlichen Grenzstreit angeht: Während Weißrussland eine Öffnung des Grenzübergangs bei Brusgi fordert, der Spielort der dramatischen Szenen aus dem Morawiecki-Video war, erwägt Polen die Schließung weiterer Grenzübergänge. So reagierte man mit ökonomischem Druck auf den von Lukaschenko zugelassenen und verstärkten Migrationsdruck. Daneben muss freilich – mittelfristig – der Migrationssog aus den Ländern des westlichen Europas in den Blick kommen und möglichst abgestellt werden.
EU-Kommissarin Ylva Johansson äußerte nun die Meinung, Lukaschenko habe sich »wie ein Reiseveranstalter ohne Lizenz benommen, der teure Reisepakete in die EU verkaufte«. Familien und Kinder seien »in eine Tragödie gelockt« worden. Man kann sich nur sehr wundern: Die mengenmäßig viel teureren »Reisepakete«, die in Nordafrika und der Türkei und bis auf den Balkan an Migranten verkauft werden und die auch dort zu Druck auf die EU-Außengrenzen und menschlichen Tragödien auf allen Seiten führen, haben Johansson nie ähnliche Reden abgerungen. Ganz im Gegenteil.
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Die EU- Oststaaten machen das schon ganz gut. Wichtig fürs Überleben dieser Länder ist der Zusammenhalt im Schulterschluss mit Österreich. Die Masseneinwanderung aus kulturfremden Ländern wird auch in Zukunft für diese Ostländer kein Thema sein. Mentalität sei dank. Die EU- Mitgliedschaft brauchen diese Ost-Staaten im Grunde nicht, die Nato Zugehörigkeit aber schon. Für den Rest der EU, insbesondere Deutschland, sehe ich tief schwarz. Italien war meine Hoffnung, als einziger Großer in diesem Block. Das hat sich gründlich erledigt. Die Italiener sind zusammen mit Salvini auf ganzer Linie eingeknickt. Die Briten sind raus aus diesem EU-Irrenhaus, das Beste was sie machen… Mehr
Das Gebiet zwischen der polnischen Westgrenze und der französischen Ostgrenze, der dänischen Süd- und der kleinen schweizerischen Nordgrenze, ist wahrscheinlich zunehmend ein rechtsfreier Raum. Das haben die Polen wahrscheinlich beobachtet. Sie wollen vermutlich auch nicht wieder unter dem Wohlwollen ihrer östlichen Nachbarn leben. Sie suchen Allianzen um ihre öffentliche Sicherheit und den Wohlstand, den sie sich in den letzten 30 Jahren erarbeitet haben für ihre Bevölkerung zu wahren. Ihre klugen Politiker werden diese Allianzen mutmaßlich finden, sie wollen vermutlich nicht so enden wie die länger dort lebenden Menschen dieses Gebietes, die immer mehr ihres Geldes an eine mutmaßliche Sekte abdrücken… Mehr
Diese illegale Migration läuft doch nicht erst seit 2015.
Wer sich die Bevölkerungsentwicklung bis 2050 ansieht, für den ist das verschwinden der Deutschen im eigenen Land offensichtlich.
Demographie lässt sich nun einmal nicht schön reden!
Was heißt denn Westeuropäer? Wenn man richtig hinhört wollen die vor allem nach Deutschland! Die Einladung Merkels ist immer noch der Antrieb! Früher oder später werden sie hier landen und wir werden weiterhin dafür aufkommen müssen und zahlen, zahlen, zahlen. Und nicht nur mit Geld, sondern auch auf Kosten der Sicherheit! Im Moment können wir uns glücklich schätzen, dass Polen die Außengrenze, so gut es geht, schützt. Die Polen leisten da hervorragende Arbeit und müssen sich dafür auch noch von den üblichen Verdächtigen blöd anmachen lassen!
Will man alles richtig einordnen, so hat man eine durchwachsene Gemengelage. Da wären die unumstößlichen Gesetzmäßigkeiten einer EU, die sich selbst nicht an ihre eigenen Spielregeln hält. Die auf einer beachtlichen Selbstüberschätzung eine moralische Institution sein will. Zu beachten wäre da die Tatsache, dass man Weißrussland dazu benutzte den EU- Unternehmen eine gewisse Gewinnspannenerhöhung durch das Lohngefälle zwischen EU-Tarifen und jenen in Weißrussland zu verschaffen. Das aber nur am Rande. Durch, sagen wir einmal einer gewissen laxen Haltung im internationalen Verkehr es zu der momentanen Situation an der Polnisch- Weißrussischen Grenze kam, stellt sich für mich die Frage wieso so… Mehr
Sehen Sie, liebe Polen, da Demographie genau wie die Physik in Wahrheit den mathematischen Gesetzmäßigkeiten unterliegen, kennen Sie vergleichbare Situationen durchaus aus dem Film „Titanic“ nach Ihren Zusammenstoß mit dem demographischen Eisberg! Wie Sie ja selbst wissen, holten die totaaal woken, vielfältigen und toleranten Offiziere der Titanic sämtliche nicht englischsprachigen Passagiere der Party und Eventszene aus der dritten Klasse schnellstmöglich an Deck, um mittels Sprachkursen und einer Fachkräfteausbildung als Schiffsingenieur und Schiffsmechaniker die Bundesrepublik Titanic doch noch vor ihren ansonsten sicheren Untergang zu retten! Nur ein pöser populistischer Pursche, den man GENAU aus diesem Grund auch mit viel Schmackes zu… Mehr
Die Freiheit des Westens wird nicht am Hindukusch verteidigt, sie wurde es dort nie, sondern in Polen. Also in Europa. Die Polen sind gerade dabei, sich einen entscheidenden Platz in den Geschichtsbüchern zu sichern. Als Verteidiger des Abendlandes. Zitat:“EU-Kommissarin Ylva Johansson äußerte nun die Meinung, Lukaschenko habe sich »wie ein Reiseveranstalter ohne Lizenz benommen, der teure Reisepakete in die EU verkaufte«. Familien und Kinder seien »in eine Tragödie gelockt« worden. Man kann sich nur sehr wundern: Die mengenmäßig viel teureren »Reisepakete«, die in Nordafrika und der Türkei und bis auf den Balkan an Migranten verkauft werden und die auch dort… Mehr
Wenn die Zufuhr von Flüchtlingen hybride Kriegsführung ist, was sind dann bitte die Leute, die die sog. „Seenotrettung“ im Mittelmeer betreiben? Landesverräter? Und was ist dann bitte die EKD? Eine als Kirche getarnte Organisation für Landesverrat?
Der Schlepper Nr.1 heiß immer noch: Asselborn
Die Schlepperorganisation dahinter: Brüsseler Bürokratie
Lukaschenkos Schachzug zwingt die EU in die Rolle, die sie eigentlich von selber einnehmen müsste. An der ungarischen Grenze kann die EU demnächst wieder beweisen, wie verlogen oder ehrlich das westliche Europa ist.
Nein. Das europäische Asylrecht mit Prüfung an der Aussengrenze, mit Abschiebungen, mit (normaler, nicht üppiger) Versorgung wäre ok, hätte Merkel es nicht sabotiert. Dazu gehören auch deutsche Gerichte, die Hartz4 vorschreiben und Rückführungen von Asylbetrügern, die dort bereits Asyl bekamen, nach Italien und Griechenland verbieten. Dazu gehört auch die fixe Idee Asylanten, die alle wegen des Geldes nach Deutschland wollen, egal ob berechtigt oder nicht, auf die anderen EU Länder zu verteilen.
Der Einsatz der Polen zum Schutz einer östlichen Außengrenze der EU (nicht Europas) ist mehr als nur bemerkenswert, der Einsatz Griechenlands zum Schutz einer südlichen Außengrenze der EU sollte jedoch nicht vergessen werden. Auffällig ist auch hier widerrum, dass seitens der EU-Bürokratie in Brüssel mit laut Berichten ca. 30.000 EU-Beamten offenbar keinerlei materielle oder personelle Unterstützung zur Sicherung dieser EU-Außengrenzen erfolgt, genügend finanzielle Mittel sollten eigentlich auch im Hinblick auf die 3-stelligen Milliarden!-Beträge Deutschlands vorhanden sein. Das osteuropäische Staaten Rußland als Bedrohung sehen, ist sehr verständlich, unzureichend gefüllte Erdgasspeicher in Europa jedoch mit Vertragsverletzungen seitens der russischen Gazprom zu begründen… Mehr