Private Rettungsschiffe missachten staatliche Vorgaben und kooperieren mit Schleppern

Die Arbeitsteilung mit Schleppern und Menschenhändlern ist die Grundlage für Nichtregierungsorganisationen (NGO) im zentralen Mittelmeer. Ermittlungsergebnisse aus Sizilien und Recherchen aus der Schweiz zeigen das Ausmaß der NGO-Verstrickung.

IMAGO / Hans Lucas

Die private „Seenotrettung“ im Raum zwischen Nordafrika und Süditalien scheint derzeit eine neue Blüte zu erleben. Am ersten Weihnachtstag legte das Schiff „Ocean Viking“, das von der deutsch-französischen Organisation „SOS Méditerranée“ betrieben wird, mit 114 Migranten im Hafen von Trapani in Sizilien an. Zeitgleich meldete die deutsche „Sea-Watch 3“ den Antransport von 180 Personen aus zwei Schiffsunglücken in der Region. Wenig später befanden sich laut der Tageszeitung Il Giornale allerdings schon 550 Personen auf dem deutschen NGO-Schiff. Das war die Ausbeute von etwas mehr als 30 Stunden, wobei unklar bleibt, wie die Nichtregierungs-, dafür aber kirchennahe Organisation – mit der die EKD zusammenarbeitet – zu den Migranten kommt.

Am Tag zuvor, Heiligabend, hatte es in wenigen Stunden fünf Bootsanlandungen auf Lampedusa gegeben. Am 25. Dezember wurde ein weiterer Kahn mit 89 Migranten aus Bangladesch, Eritrea, Pakistan und Gambia von der italienischen Küstenwache vor der Insel aufgegriffen. Weitere Boote wurden vor der kalabresischen und apulischen Küste gesichtet oder sie landeten dort an. So tauchten zwei Segelschiffe aus der Türkei auf, jeweils mit rund hundert Insassen, wobei zwei mutmaßliche Schlepper festgenommen wurden. Matteo Salvini, dessen Partei drei Minister im Kabinett von Mario Draghi stellt, kritisierte: „Dass wir in Zeiten von Covid und ‚Super Green Pass‘ insgesamt 70.000 klandestine Bootsankünfte haben, ohne Regeln und Kontrollen, ist respektlos gegenüber den Italienern, die derzeit Opfer bringen.“ Im November hatten allein die „Ocean Viking“ und die „Sea Eye 4“ mehr als tausend Migranten nach Italien gebracht.

A bordo della nostra nave ci sono adesso più di 270 naufraghi salvati fra ieri e oggi in tre diverse operazioni. pic.twitter.com/JCRkUZh04a

— Sea-Watch Italy (@SeaWatchItaly) December 25, 2021

Diese und andere Geschehnisse zeigen die Aktualität und Bedeutung älterer Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft von Trapani, die bis ins Jahr 2016 zurückreichen. Damals fiel zwei Wachleuten auf, dass sich das von der deutschen NGO „Jugend rettet“ betriebene Schiff „Iuventa“ oft verdächtig der libyschen Küste annähert, bis in den Bereich, der für die internationalen „Seenotretter“ ganz sicher tabu ist: die Zwölfmeilenzone, in der die Küstenwache des nordafrikanischen Staates die Hoheitsrechte ausübt.

Zusammenarbeit mit Schleppern als Arbeitsgrundlage

Seit nun mehr als fünf Jahren liegen deutliche Hinweise darauf vor, dass das deutsche NGO-Schiff immer wieder in diesen Bereich nahe der Küste eindrang und so eine Art „Taxi-Dienst“ für die illegalen Migranten übernahm. Die aufgelesenen Migranten wurden dann normalerweise an größere Schiffe übergeben, die sie zu den italienischen Häfen brachten. Es war ein arbeitsteiliges Geschäft, bei dem sich die kleinen Bootsbesatzungen anscheinend unmittelbar mit Schleppern einließen. Dieser Vorwurf wurde von den Aktivisten natürlich stets bestritten, dennoch sind die Beweise inzwischen sehr zahlreich geworden. Im Frühjahr erhob die Staatsanwaltschaft Trapani Anklage gegen 21 Aktivisten der NGOs „Jugend rettet“, „Ärzte ohne Grenzen“ und „Save the Children“.

Schon im Februar 2017 berichtete Frontex vom häufigen Vordringen der privaten „Retter“ in die libysche Zwölfmeilen-Zone. Der Spiegel wusste gar, dass das Vorstoßen nach Süden notwendig sei, denn auch die libyschen Schlepper setzten ja auf immer billigere Schlauchboote, die kaum für die Hochseefahrt geeignet waren. Eine Karte nach Frontex-Daten zeigt, dass zwischen 2014 und 2016 immer mehr Migrantenboote relativ nahe an der libyschen Küstenlinie „gerettet“ wurden. 2016 wurden schließlich fast sämtliche Boote in der Zwölfmeilen- und der sogenannten Anschlusszone aufgespürt.

Nun hat die Schweizer SonntagsZeitung direkt mit libyschen Schleppern gesprochen und so die Vorwürfe der italienischen Behörden erhärtet: „Das Mittelmeer ist zum Massengrab geworden für Menschen, die nach Europa migrieren wollen. Das hält manche Hilfsorganisationen aber nicht davon ab, mit Menschenhändlern zusammenzuarbeiten.“ Die libyschen Schlepper bestätigten, dass es Kontakte von Schleusern mit sogenannten „Rettungsschiffen“ gibt, wie der Schweizer Blick schreibt. So würde aus Schleppersicht sichergestellt, dass die Migranten wirklich nach Italien gelangen – und das ist natürlich, wie auch die Erkenntnisse über andere Schlepperrouten zeigen, die beste Eigenwerbung, vielleicht sogar die Voraussetzung für hohe Einnahmen aus dem Schleppergeschäft.

Gewalt an Migranten – vor den Augen ihrer Retter?

Die SonntagsZeitung kann sich dabei offenbar auf die Ermittlungsergebnisse der italienischen Behörden stützen, die einen verdeckten Ermittler als Sicherheitsmann auf dem NGO-Schiff „Vos Hestia“ unterbrachte. Die „Vos Hestia“ befand sich während der Übergabeaktionen häufig in unmittelbarer Nähe zur „Iuventa“. Auf dem von „Save the Children Deutschland“ betriebenen Hochseeschlepper waren auch schon die beiden Wachmänner tätig, die 2016 erstmals die Touren der „Iuventa“ in libysche Gewässer dem italienischen Auslandsgeheimdienst Aise meldeten.

Im Mai 2017 brachten die italienischen Behörden Wanzen in der „Iuventa“ an. Gleichzeitig wurde ein verdeckter Ermittler als Sicherheitsmann auf der „Vos Hestia“ eingeschleust. Es sind die Fotos dieses Polizeiagenten, die die „Iuventa“-Besatzung stark belasten. Sie zeigen beispielsweise, wie das NGO-Schiff Migranten aus Booten aufnimmt, die Boote aber nicht unbrauchbar macht, sondern sie zum Teil nach Libyen zurückschleppt, während am Horizont schon neue Schlepper auftauchen. Andere Bilder zeigen, wie Menschenschmuggler seelenruhig den Motor eines Bootes abmontieren, offenbar um ihn wiederzuverwenden.

Laut der Tageszeitung La Repubblica ist aber auch die Gewalt der Schlepper gegen die Geschleppten auf den Bildern festgehalten: Ein Schlepper schlägt erst Migranten mit einem Gürtel, später droht er einem Jugendlichen mit einem Eisenrohr. Später zeigt das Verschlussmaterial denselben Schlepper, wie er in das Boot der NGO „Save the Children“ springt, noch später spaziert er unbelangt im Hafen von Reggio Calabria herum. Klar ist auch, dass die NGOs selbst nur „dokumentarische“ Bilder ihrer Einsätze (siehe der Tweet oben) gemäß ihren Interessen veröffentlichen.

Die verweigerte Zusammenarbeit mit den Behörden

Noch schockierender als diese Vorgänge sind ihre Umstände. Denn während Migranten eingeschüchtert und angegriffen wurden, schaute die Besatzung der „Rettungsschiffe“ offenbar zu. Immer wieder begaben sie sich in die Nähe der Schlepper, um wiederum Migranten abzuholen. Auch Whatsapp-Nachrichten belegen das planvolle Vorgehen der NGOs, so wenn eine „Save the Children“-Aktivistin laut Il Giornale schreibt, sie wolle die Schlepper bitten, nicht mehr 1.000 Personen auf einmal loszuschicken. Das seien nämlich zu viele, um sie auf den NGO-Schiffen aufzunehmen.

Man sieht, wie schnell hehre Ziele – in diesem Fall Hilfseinsätze ohne Beteiligung staatlicher Akteure – in unsichere und trübe Gewässer führen können. Davon wissen die Unterstützer in Deutschland und anderen Ländern häufig nichts. Ihren Betrieb konnte die „Iuventa“ seit 2016 nur dank der prominenten Unterstützung durch die Refugees-welcome-Bewegung des deutschen Show-Gewerbes beginnen. 40.000 Euro wurden monatlich an Spenden gebraucht, um das Schiff zu betreiben. Von den Vorwürfen ist neben „Save the Children“ und „Jugend rettet“ auch die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ betroffen, die seit 2015 mit eigenen Schiffen im Mittelmeer Rettungseinsätze unternimmt und bis April 2020 auch an der „Ocean Viking“ beteiligt war. Vor Libyen war „Médecins sans frontières“ mit der „Vos Prudence“ vertreten, der im August 2017 das Anlegen in Trapani untersagt wurde.

Zuvor hatte die italienische Regierung von den Aktivisten die Unterschrift unter einem neuen Kodex verlangt, der den NGOs das Navigieren in der libyschen Zwölfmeilenzone untersagt. „Ärzte ohne Grenzen“ und „Jugend rettet“ verweigerten die Unterschrift, weil das Dokument den Zustieg von italienischen Polizisten vorsah. Das Ultimatum der Regierung ließ man verstreichen. Stattdessen beschlagnahmten die Behörden die „Iuventa“, deren Besatzung sie dank der Bildbeweise die Kooperation mit Schleppern vorwarfen. Laut der Website der NGO richten sich die Ermittlungen gegen zehn ihrer Mitglieder. Daneben sind elf weitere aus anderen Organisationen angeklagt.

Auch die „Vos Hestia“ wurde im Oktober 2017 im Hafen von Catania durchsucht, um belastendes Material sicherzustellen. Die tragende NGO-Sektion „Save the Children Deutschland“ sagte dazu, das gesuchte Material kreise um „Vergehen, die derzeit nicht die Arbeit unserer Organisation betreffen“. Die Durchsuchung erfolgte unter Federführung der Staatsanwaltschaft von Trapani, die auch die Ermittlungen gegen die Besatzung der „Iuventa“ führt. Gefunden wurden auf der „Vos Hestia“ zahlreiche elektronische Geräte mit dem schon zitierten belastenden Material. Im Herbst 2017 zog sich die deutsche „Save the Children“ aus dem privaten Rettungsgeschäft im Mittelmeer zurück. Die „Vos Hestia“ ist derzeit im Roten Meer unterwegs.

NGO-Direktive deckte kriminelle Menschenhändler

La Repubblica konkretisiert die Vorwürfe als „Begünstigung der klandestinen Immigration und Falschaussage“, die sich gegen „Ärzte ohne Grenzen“ und „Jugend rettet“ richten. Doch auch der Kapitän der „Vos Hestia“, Marco Amato, sagte einem seiner Mitarbeiter laut Repubblica: „An Bord habe ich andere Aufgaben als die, den Spion oder Ermittler zu spielen.“ Damit wandte er sich auch gegen einen Kollegen, der Angaben zu Schleppern vor der libyschen Küste gemacht hatte. Tatsächlich wenden sich die schriftlichen Einsatzregeln laut SonntagsZeitung explizit gegen eine Weitergabe von Bildmaterial an die Behörden: „Save the Children kommt der Aufforderung nicht nach, Foto-/ Medienmaterial zum Zweck der Identifizierung von Menschenhändlern usw. zu übergeben.“

So wird den NGOs auch ganz konkret vorgeworfen, ihnen bekannte Schlepper nicht bei der Polizei anzuzeigen. Das passt natürlich zur Aussage des „Vos Hestia“-Kapitäns. Unklar bleibt, auf welchen anderen Wegen eine Rettungs-NGO heute Migranten im zentralen Mittelmeer auflesen kann, wenn nicht durch einen relativ engen Kontakt mit den Schleppern. Denn an der Verwendung nicht-hochseetüchtiger Boote hat sich auch in den letzten Jahren nichts geändert.

Daneben finden die NGOs immer neue Kniffe und Tricks, um ihre Agenda voranzutreiben. So beklagt man nun, dass Shell und die Regierung von Malta für Migranten verantwortlich seien, die auf einer Bohrplattform des Erdöl-Unternehmens gestrandet waren. Die 70 Reisenden wurden inzwischen von einem tunesischen Schiff abgeholt und wieder in das nordafrikanische Land gebracht, das heute als Musterland der Demokratisierung in der Region gilt. Die NGOs betrachten die Umstände in dem Land dennoch als „unsicher“. Ein NGO-Klassiker ist daneben die Aussage der deutschen Sea-Watch-Aktivistin Pia Klemp, die eine Ehrung durch die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo mit den Worten ablehnte: „Wir brauchen keine staatlichen Behörden, die entscheiden, wer ein ‚Held‘ und wer ‚illegal‘ ist.“


Anmerkung in eigener Sache: TE hat mehrfach über ähnliche Praktiken von NGOs berichtet, die auf diese Weise den Menschenschmuggel von der Türkei nach Griechenland befördern. Auch hier geht es um logistische Unterstützung und Informationen über Standorte der Küstenwache, Abfahrts- und Ankunftsorte. Mittlerweile sieht sich TE rund einem halben Dutzend Abmahn- und Folgeverfahren ausgesetzt und musste vorerst informative Beiträge aus dem Netz nehmen; auch Presseberichte aus Griechenland und Mitteilungen der dortigen Behörden dürfen wir nicht mehr verbreiten. Nichts soll über das Treiben in Deutschland bekannt werden. Diesen Maulkorb fechten wir an und werden dies bis zur Letzt-Entscheidung bringen. Daran arbeiten Anwälte in Deutschland wie in Griechenland im Auftrag von TE; unterstützt von kompetenten Rechercheuren. Solche Verfahren ziehen sich über Monate und Jahre. Das wissen die Kläger und wollen uns so zum Einlenken zwingen. Da sie von Kirchen und dem Staat gefördert werden, setzen sie darauf, dass sie den längeren Atem haben. Es geht mittlerweile um Aufwendungen in sechsstelliger Höhe. Wir fassen aber den Kampf um die Pressefreiheit als unsere Aufgabe auf. Die Vorgänge in Polen zeigen, dass es sich um ein Verhaltensmuster handelt, mit dem an mehreren Stellen die Außengrenze der EU durchbrochen werden kann. Auch über die Situation an der Grenze zu Weißrussland berichtet TE umfassend und laufend. Es zeigt sich: Hier handelt es sich um ein organisiertes und abgestimmtes Vorgehen von NGOs und linken Regierungen, wie die Äußerungen der neuen Bundesministerinnen beweisen.

Wenn Sie TE in diesem Verfahren weiter unterstützen möchten, und dafür bedanken wir uns herzlich, können Sie dies hier tun:

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